Am 12. März hatten wir uns in Kommentaren unter unserem Blogbeitrag -„Es kommt, wie es kommen musste: Oversum-Schwimbad steht vor der Schließung“- Gedanken über die merkwürdigen Wandlungen der Firma s.a.b. gemacht. Denn die s.a.b., immerhin Investor des Oversum Projekts, ist nicht mehr die s.a.b.:
“Hinweis in eigener Sache:
Die sab AG ist nicht die Nachfolgegesellschaft der s.a.b. gmbh & co. kg.
Die sab AG führt keine Projekte in der Bäderbranche durch. Sie entwickelt, plant und baut keine Gesundheits- und Badeparks, betreibt keine öffentlichen Bäder und beschäftigt keine Bäderexperten.
An Projekten in der Bäderbranche sind wir nicht interessiert.”
Zu finden auf der Website ganz unten:
http://www.sab-bodensee.com/Leistungen-Beratung-Projekt.625.0.html
Auf der Ratssitzung vom 31. Januar hat sich der der Fraktionsvorsitzende der SPD Harald Koch bemerkenswert drastisch geäußert (S. 16):
„Meine Damen und Herren, ich selbst hatte vor Jahren von Vertrauen in die SAB-Gruppe gesprochen, obwohl ich eine tiefe Abneigung gegenüber PPP–Projekten hege und mein Genosse Franz Müntefering immer vor Heuschrecken gewarnt hat.
“ … Die Geschäftsfelder, die nun plötzlich im Vordergrund stehen, könnten auch von der Bertelsmann-Stiftung stammen. Bildung, Sporthallen gehört ja nun auch dazu. Das sind wieder Felder, wo die Kommunen -wie bei den Schwimmbädern- unter Druck stehen und leicht Opfer werden können, wegen eben dieses Drucks.
Es ist ja atemberaubend zu sehen, wie sie ihre Spuren verwischen oder umbiegen. Winterberg ist jetzt plötzlich das einzige(!) Vorzeigemodell für den Bereich “Stadtentwicklung”.
Beobachte mal, was in der nächsten Zeit alles bei Google weggewischt werden wird.
Seit ich mich mit der sab beschäftige, weiß ich wie manipulativ Google ist bzw. wie Firmen Einfluß auf ihre dortige Darstellung nehmen können.
…
Was ist zu erwarten? Die sab wird sich neu erfinden und keinerlei Verantwortung mehr für das Schwimmbad in Winterberg tragen wollen. Da Hotels wie das Oversum auch nicht mehr zum Portfolio der sab gehören, werden sie dort auch keine Verantwortung mehr haben. Die aquasphere Gmbh kann bei Bedarf sterben bzw. in die Insolvenz gehen.
Mich würde der Plan interessieren, der in Kraft träte, wenn entweder die Hotel GmbH oder auch die Investor GmbH aquasphere Pleite ginge.
Gibt es da auch einen “Heimfall” an die Stadt Winterberg? Wie ist das geregelt.
Nochmal zum mitschreiben:
Was passiert, wenn die Gäste das Schwimmbad und Fitnesscenter nicht annehmen, wissen wir jetzt so ungefähr, aber was geschieht, wenn dem Oversum die Lohas ausbleiben?
Wenn ich abends schwimmen gehe -heute zu Dritt- und die tote Lobby sehe, bekomme ich merkwürdige Gefühle, so etwas wie Alarmstimmung.
Ich wiederhole mich gerne: da die Öffentlichkeit die Zahlen und Verträge nicht kennt, müssen wir halt noch ein wenig warten.“
Die Grün-Alternative Liste Leimen hat eine gut lesbare Zusammenfassung der aktuellen Verwandlung unseres Obersum-Investors verfasst und kommentiert spöttisch:
„Fast schon komisch wirken die Bemühungen der s.a.b. sich von sich selbst zu distanzieren. Wäre die s.a.b. ein Mensch, würde man bei einem solchen Verhalten auf ernsthafte psychische Probleme schließen müssen, und auch bei einem Unternehmen wirkt das nicht sehr vertrauenserweckend.“
In der informativen und lesenswerten Synopse heißt es zum Schluss:
„Warum solche Mühe, die eigene Geschichte umzuschreiben, fragt man sich. Ist es die Vielzahl der gescheiterten Projekte der GmbH, die es geraten scheinen lässt, sich von ihr und dem Bädersektor ganz zu entfernen? Oder könnten auch die anhängigen Prozesse und mögliche Regressforderungen dazu führen, dass man sich bemüht, einen klaren Trennungsstrich zu ziehen, damit die AG nicht für die GmbH gerade stehen muss?
Wir sind jedenfalls gespannt, wie sich die homepage der s.a.b. weiter entwickeln wird.“
Wir auch.
Nach Informationen der Westfalenpost sei das Amtsgericht Kempten, bei dem die Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH am 1. März als Gesellschafterin den Insolvenzantrag für die Vital Resort Winterberg GmbH eingereicht hatte, nicht zuständig.
Die „aquasphere Winterberg GmbH“ habe als Oversum-Eigentümerin für Mittwoch die Presse zum Gespräch eingeladen. Das Thema sei nicht bekannt.
Hier hat man dann schon mal in weiser Voraussicht auf die Rechtsform verzichtet.
http://www.pressrelations.de/new/material/docs/123892_20104284617708333.pdf
@Leser:
Interessant. Ist diese Pressemappe aktuell? Dann gäbe es ja zwei Firmen mit der s.a.b. im Namen: eine, die offensiv mit dem Bäderbau wirbt und eine andere, die sich offensiv vom Bäderbau distanziert. Mhhh!?
Mal schauen, was heute auf der Pressekonferenz der aquasphere Winterberg GmbH durchsickert. Wenn ich es richtig verstehe, findet diese Pressekonferenz*** einen Tag vor der morgigen Ratssitzung statt. Ein Zusammenhang ist nicht unwahrscheinlich.
*** Wir haben übrigens keine Einladung erhalten, obwohl wir darum gebeten hatten.
Ich vermute aufgrund des Dateinamens das es sich um eine Mappe aus dem Jahr 2010 handelt. Allerdings ist es schon ein sehr fragwürdiges Geschäftsgebahren 3 Jahre später zu erklären man habe zu solchen Projekten quasi keine Verbindungen. All denen die in Erwägung ziehen dieser Behauptung Glauben zu schenken diene diese Datei als Beweis das dem nicht so ist. Ich persönlich finde es sogar höchst amüsant.
Ich halte das alles für Betrug! Sie machen ihre schönen Bildchen in die Mappe, ihre Projekte scheitern und dann wollen Sie es nicht gewesen sein? Ist ja wie im Kindergarten – „Ich war´s nicht, er war´s!“ 😉 …
Gut, dass die Schließfächer mal Thema sind. Diese und die Umkleidekabinen wirken auf mich jedes Mal so, als würden sie auseinanderfallen, wenn ich sie nur schief ansehe!
Die s.a.b.-homepage hat sich, wohl auch aufgrund der Entwicklungen in Winterberg wieder weiter verändert. War bisher unter Projekte/Stadtentwicklung das Oversum als Referenzprojekt zu finden, so ist dieser Unterpunkt jetzt leer. Lediglich bei den Hotels ist das Vitalressort noch immer zu finden.
Auch bei der Unterseite „Leistungen“ gibt es nur noch allgemeines Gelaber, statt wie bisher Verweisen auf das Oversum.
Fragt sich, wie potentielle Kunden der s.a.b. AG (gegründet 2011) ihre bahauptete „langjährige Erfahrung“ abnehmen sollen, wenn auf ihren Kompetenzfeldern keine einzige Referenz angegeben wird.
Schon bekannt, aber etwas ergänzt seitens des Autors[… moderiert …]
Das Geschrei ist jetzt groß, Schuldzuweisungen allgegenwärtig. Lösungsansätze nicht in Sicht. Noch im April soll es in Winterberg eine Bürgerversammlung geben,um die vielfältigen Fragen der Bürger zu klären. (???) Geschätzte zwei Jahre zu spät. Da laufen die „alten Herren aus dem Fichtenweg“ der Entwicklung ganz schön hinterher. Als Bürger, Hotliers, Geschäftsleute und Handwerker der Stadt Fragen zum Projekt und Bau hatten, haben sie keine Antwort bekommen. Nur die, „man müsse das Leutchttumprojekt gut finden und gut reden“. Das ist aus einem anderen Teil der Republik bekannt und hat selbst dort nur 40 Jahre funktioniert. Jetzt ist das „Leuchtturmprojekt“ nicht mal mehr ein kleiner Aussichtsturm, aber die Bürger der Stadt sehen sich auf 30 Jahre hinaus mit den Kosten und dem Ärger konfrontiert. Ohne etwas davon zu haben: Keine Aufträge, keine Beteiligungen, unverantwortliches Preissegment -keine Tourist-Info. in der Stadt. Wahrscheinlich kein Schützenfest dort !
Mechanismen, Hintergründe und Interessenlagen bei Public Private Partnerships erklärt Rügemer (Heuschrecken im öffentlichen Raum, 2. Auflage, 2011) dem Laien in diesem kurzen Interview:
http://www.heise.de/tp/artikel/28/28125/1.html
@Interessierter Bürger: der Artikel ist wirklich gut! Er hat mich angeregt, auch wieder mal im Blog nach „Rügemer“ zu suchen. Man trifft in den Artikeln und Einträgen viele alte Bekannte:
http://www.schiebener.net/wordpress/?s=R%C3%BCgemer&submit=Suche…
Speziell zwei gegensätzliche PPP-Bücher hatte ich hier besprochen:
http://www.schiebener.net/wordpress/?p=12772
@nofretete
Man sollte jetzt nicht nur jammern, sondern auch die Möglichkeiten dieser Entwicklung sehen.
So beispielsweise für das Winterberger Schützenfest: Was hier genau zwischen Stadt, Investor und Schützen vereinbart wurde, weiß ich nicht. Aber irgendwie klingt die Idee, vor und in einem Hotelkomplex mehrere Tage lang ein Volksfest mit lauter Blasmusik, viel Alkohol und lustigem Schießen zu feiern merkwürdig (etwa so wie die — von kombiniertem öffentlichem Schwimmbad mit Schulbetrieb einerseits und Hotelbad andererseits).
Sollten die Winterberger Schützen als Folge der Auseinandersetzung zwischen sab und Stadt kein Schützenzelt vor dem Oversum erhalten, so könnten sie sich bei befreundeten Schützenvereinen deren Hallen mieten. Es gibt wirklich schöne Schützenhallen in den umliegenden Dörfern.
Ein ähnliches Vorgehen biete sich für im Oversum terminierte Veranstaltungen an: Seniorentreff in Grönebach, Entlassfeier der Abiturienten in Elkeringhausen, Neujahrsempfang in Züschen.
Der Kollaps der Kernstadt könnte somit zum Aufblühen der umliegenden Dörfer führen.
@zoom:
Fundgrube, tatsächlich. Ich staune mal wieder.
Da Rügemer im Blog roter Faden und bekannte Größe ist, sei eine Einordnung gestattet und dem Marktliberalismus eine Lanze gebrochen: Seine Perspektive darf man als etwas linkslastig interpretieren, eine pauschale Aburteilung von PPPs ist nicht sachgerecht.
Allerdings zeigt eine Recherche der politik-, wirtschafts- und rechtswissenschaftlichen Literatur zum Thema: Auch in Publikationen (Working Papers etc.) neutraler Wissenschaftler deutscher und angloamerikanischer Hochschulen finden sich verbreitet kritische Stimmen. Neoinstitutionenökonomische und vertragstheoretische Analysen liefern bedenkliche Erkenntnisse, empirische Analysen weisen behauptete Kosteneffizienzen als nicht haltbar aus, man diskutiert die Aushebelung von Budgetrestriktionen, erkennt eine Facette der Entdemokratisierung etc. pp.
Übrigens: Selbst am Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung in Speyer (nicht der wissenschaftlichen Reputation sondern des Bekanntheitsgrads im Fichtenweg wegen bemüht) beurteilt man PPPs als bedenklich, vgl. Mühlenkamp, Holger: Ökonomische Analyse von Public Private Partnerships, FÖV Discussion Paper No. 55, 2010, verfügbar unter: http://192.124.238.248/fbpdf/dp-055.pdf
Fazit: Das Kontrahieren politischer Entscheidungsträger in Stellvertretung des Steuerzahlers mittels PPP im blinden Vertrauen auf eine Expertokratie aus Big 4 und Anwaltskanzleien, bekanntermaßen eher Mandatshonorar als Steuerzahlerwohl maximierend, ist immer und überall (grob) fahrlässig!
Nächste Metamorphose: aus der s.a.b. AG wurde die s.a.b.-consult AG (rückwirkend, wenn man der Historievertrauen kann). Fragt sich, was diese Volte bewirkt hat.
http://www.sab-bodensee.com/Management-Beirat.356+M54a708de802.0.html
@rf
„Alles fließt“
Ein bisschen geht das „sab-consult AG“ und „sab AG“ auf der Website ja noch durcheinander, aber das letzte „sab AG“ wird wohl bald schon verschwunden sein.
Jetzt muss das alles noch bei Google verändert werden, aber dafür müsste noch die URL von sab-bodensee in sab-consult pipapo verändert werden.
Danach wäre dann auch im Internet nichts Schlechtes mehr über die sab zu finden, denn die ganzen alten Links führten ins Nirwana bzw. tauchten im Google-Suchindex nicht mehr auf.
Das wäre meine Erklärung samt Blick in die Zukunft. Wer hält dagegen – die Wette gilt 😉
@Interessierter Bürger
Eine wirklich empfehlenswerte Studie. Tipp für unsere Leser: zuerst das Fazit ab Seite 37 unten lesen. http://192.124.238.248/fbpdf/dp-055.pdf
Einerseits distanziert sich die „sab-Consulting AG“ am Fuße ihrer aktuellen Homepage von den Bäderprojekten der „s.a.b. GmbH & Co KG“, andererseits weist sie in ihrer eigenen Historie ausdrücklich auf das Oversum-Projekt hin: „Es entstanden Partnerschaften … mit der Hochburg des Sauerland-Tourismus Winterberg“, ohne jede Einschränkung.
Muss man das verstehen??
@Reinhard Loos:
Ja – das muss man verstehen 😉 Es ist allerdings nicht in zwei Sätzen zu erklären. Ich beschäftige mich ja auch erst seit dem Nikolaustag 2009 mit der Geschichte:
http://www.schiebener.net/wordpress/?p=5869
Die Links sind übrigens kaputt, wegen der fortwährenden Wandlungen der Investoren- und Projektfirmen.
Die Firmen als Rechts- und Wirtschaftssubjekte werden gegründet, gehen pleite, werden umgegründet – sie sind volatil. Geschäftsführer scheinen zu flotieren. Personen, die heute noch in deiner Wahrnehmung fester Ansprechpartner waren verschwinden und werden durch andere Personen ersetzt.
Das alles ist kein LSD-Rausch, sondern auf Auftragsaquisition ausgerichtetes Handeln.
Die meisten Projekte, die die „alte sab“ in den Sand gesetzt hat, findest du nicht mehr auf deren Seiten. Winterberg ist das letzte „Vorzeigeprojekt“ zur Neuaquise, wird aber auch irgendwann verschwinden.
Es gibt Unternehmen, für die brauchst du kein Haus mit Türen und Fenstern, sondern nur eine Adresse, ein Smartphone, Beziehungen und evtl. ein Auto, weil du ja keine Brötchen backst, sondern Dienstleistungen anbietest.
Soweit erst einmal.