Röhrtalbahn: Rundbrief des VCD und der Lokalen Agenda 21 an die Mitglieder des Kreistags und des Ausschusses für Wirtschaft, Struktur und Tourismus

Der bereits fertig gestellte Röhrtalbahnsteig 4 im Bahnhof Neheim-Hüsten. Dort können bereits ab 2025 solch hochmoderne Triebwagen nach Sundern fahren, mit direktem Übergang aus den Zügen der Oberen Ruhrtalbahn. (foto: vcd)

Im folgenden dokumentieren wir eine Stellungnahme des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) HSK und der Arnsberger Agenda 21 zum Antrag der CDU Hochsauerlandkreis die Reaktivierung der Röhrtalbahn zu stoppen.

Über den Antrag der CDU wurde hier im Blog berichtet: Nachhilfeunterricht für die CDU im Hochsauerlandkreis: Wie läuft die Reaktivierung einer Schienenstrecke ab?

Röhrtalbahn: Rundbrief an die Mitglieder des Kreistags und des WST-Ausschusses

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit großer Sorge haben wir den jüngsten Vorstoß zur Stilllegung der Röhrtalbahn zur Kenntnis genommen. Wir setzen uns nun schon seit fast 20 Jahren für die Reaktivierung des Schienenpersonenverkehrs (SPNV) zwischen Neheim-Hüsten und Sundern ein. Hierfür sehen wir sehr große Chancen in den nächsten Jahren. Denn in Politik und Gesellschaft ist die Erkenntnis gereift, dass der Verkehrsträger Schiene gestärkt werden muss, da der Verkehrsträger Straße trotz großer baulicher Anstrengungen immer mehr an seine Grenzen kommt. Die Verkehrswende kommt derzeit auf technischer, politischer, städtebaulicher und nicht zuletzt Nutzer-Ebene sowie aus Gründen des Gesundheitsschutzes, Klimawandels und der Lebensqualität immer mehr in Gang. Gleichzeitig sind die finanziellen Grundlagen für den SPNV langfristig von Bund und Ländern gesichert. Daher wäre eine Stilllegung einer Bahnstrecke rückwärtsgewandt und unzeitgemäß!

Die Kosten einer Reaktivierung der Röhrtalbahn wurden im Jahr 2011 gutachterlich abgeschätzt, ebenso der volkswirtschaftliche Nutzen dieser Maßnahme nachgewiesen. Konsequenterweise wurde die Röhrtalbahn daraufhin auf Vorschlag der Städte Arnsberg und Sundern, des HSK und des Regionalrats in den vordringlichen Bedarf des SPNV-Bedarfsplanes des ZRL aufgenommen.

Als nächster planerischer Schritt muss nun eine detaillierte Untersuchung der Kosten und eine aktualisierte Kosten-Nutzen-Rechnung erfolgen, woraufhin die Aufnahme in den ÖPNV-Bedarfsplan des Landes NRW erfolgen wird. Die ZRL-Verbandsversammlung hat die hierfür erforderlichen Mittel im April 20119 freigegeben! Nach Abschluss dieser Untersuchungen können Fördergelder für die notwendigen Baumaßnahmen an die RLG fließen.

Schon ab Mitte der 2020er Jahre könnte nach Angaben des ZRL der Personenverkehr auf der Röhrtalbahn wieder in Betrieb genommen werden – und dies alles bei Entlastung der kommunalen Kassen, insbesondere des RLG-Miteigentümers HSK!

Die finanzielle Lage des kommunalen Unternehmens RLG – das ja in weiten Teilen des HSK und des Kreises Soest auch den Busverkehr sicherstellen muss – würde sich durch die Einnahmen aus den Trassengebühren für den Personenverkehr auf der Schiene (ca. 5 – 6 Euro pro gefahrenem Zug-km auf der Röhrtalbahn – dies entspricht etwa 700.000 Euro pro Jahr!) nachhaltig verbessern. Außerdem gäbe es auch eine beachtliche Wertsteigerung der RLG-eigenen Röhrtalbahn durch die Investitionen für die Reaktivierung (inklusive Bahnsteige), die komplett aus den Regionalisierungsmitteln des Bundes erfolgen wird!

Die Verbesserung der RLG-Einnahmesituation durch die SPNV-Reaktivierung schafft zudem eine günstigere wirtschaftliche Lage der RLG und/oder neue Spielräume für den RLG-Busverkehr im HSK.

Kosten entstehen also durch die Reaktivierung für den Kreis nicht, das Gegenteil ist der Fall!

Lehnt man dieses Angebot im HSK nun ab (obwohl man sich seit Jahren genau dafür eingesetzt hat!), fließen diese Investitionsmittel in andere Regionen und verbessern dort den Nahverkehr – nicht aber in unserer Heimat! Steuermittel würden dadurch nicht eingespart.

Zusätzlich dürfte die Annahme des Antrags zur Stilllegung der Röhrtalbahn durch den Kreistag dazu führen, der RLG ihre Geschäftsmodell zu entziehen, denn die Strecke müsste zur Übernahme durch andere Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) ausgeschrieben werden.

Das schafft interessante Perspektiven für konkurrierende Bahnunternehmen. Im besten Fall würde dann die Röhrtalbahn im Besitz eines anderen Bahnunternehmens als der RLG für den Personenverkehr reaktiviert, im schlechten Fall bliebe zunächst alles, wie es derzeit ist, und im schlechtesten Fall könnte dieses neue EIU die Trasse und die Filetgrundstückee (z. B. Sundern Innenstadt und Hachen mit Bahnhöfen zentral im Ort, Stemel mit direktem Zugang zum Sorpesee-Radweg) gut vermarkten.

Den Kommunen wären jedoch zunächst alle stadtplanerischen Möglichkeiten entzogeen, diese Flächen gemeinsam mit der RLG zu entwickeln!

Für die Errichtung eines Radweges auf der Röhrtal-Trasse gibt es hingegegen weder einen Bedarf noch ist bislang ansatzweise die Höhe der Kosten bekannt. Wir haben bei einigen Bahntrassenradwegen die Kosten recherchiert und kamen stichprobenhaft auf Kosten von 200.000 bis 300.000 Euro pro km, was für das Röhrtal einen Betrag von ca. 3 bis 4 Mio. Euro bedeuten würde – nur für den Bau des Radweges, nicht für den Abbau der Bahnstrecke. Dazu kommen noch die Kosten für die Entsorgung von 14 km Holz-Bahnschwellen (Sondermüll Kategorie IV)!

Völlig unklar ist auch, wer die Trägerschaft eines solchen Radweges übernehmen soll. Ist daran gedacht, den Etat des Hochsauerlandkreises hiermit zu belasten?

Da Fahrrad und Bahn sich optimal ergänzen, so wie es bei der Oberen Ruhrtalbahn und dem Ruhrtalradweg der Fall ist, sollten sie generell nicht in Konkurrenz zueinander gesetzt werden.

Im Röhrtal besteht seit Jahrzehnten ein durchgehender Radwanderweg, der Bestandteil des Radnetzes NRW (R-Netz, Knotenpunktsystem) ist. Darüber hinaus gibt es alternative Wegstrecken auch für Alltagsradler, z. B. von Hüsten durch die gesamte Ortsdurchfahrt Müschede, von Reigern bis Hachen die B229 straßenbegleitend, zwischen Hachen und Stemel sowie neuerdings durch die gesamte Ortsdurchfahrt Stemel bis zum Ortseingang Sundern entlang der L519.

Zusätzliche Optimierungen sind konkret in Planung, z. B. im Bereich der Stadt Sundern die Asphaltierung der gesamten Strecke des R-Weges zwischen Sundern und Hachen sowie der Anschluss des Gewerbegebietes „Dümpel“ für Alltagsradler.

Ein Radweg auf der Röhrtalbahntrasse würde zudem an den Kreuzungen mit der Landes- und Bundesstraße im Röhrtal eine Sicherung mit Ampelanlagen erforderlich machen, um Radfahrern – egal, ob Alltagsradlern oder Familien- oder Gruppenradlern – überhaupt eine Überquerung der vielbefahrenen Relation B229/L519 zu ermöglichen. Dies würde für Kfz und auch für Busse zu zahlreichen Stopps führen (nicht nur zweimal pro Stunde, wie bei den Personenzügen)!

Keineswegs ist übrigens seitens der RLG daran gedacht, nach der Reaktivierung des Schienenpersonenverkehrs den Busverkehr im Röhrtal komplett einzustellen. Es kommt z. T. sogar zu eine Angebotsausweitung, da das Oberdorf von Müschede erstmals durch eine neue Stadtbuslinie in einem Halbstundentakt an Neheim und Hüsten angebunden würde – zusätzlich zum Schienenverkehr auf der Röhrtalbahn. Dies ist bereits in der Potentialanalyse aus dem Jahr 2011 nachzulesen.

Zudem wurde bei der Modernisierung des Bahnhofs Neheim-Hüsten die Röhrtalbahn bereits berücksichtigt. Denn das Gleis 4 am neuen Mittelbahnsteig ist so konzipiert, dass von dort aus die Röhrtalbahn starten kann. Damit ist eine wesentliche bauliche Vorleistung bereits erbracht.

Wir appellieren daher an Sie: Blockieren Sie nicht den Weg für eine Reaktivierung der Röhrtalbahn! Die Vielzahl der derzeitigen Reaktivierungsvorhaben in NRW und bundesweit zweigt, dass wir uns hier in guter Gesellschaft befinden. Bei einem Verzicht auf die Reaktivierung der Röhrtalbahn würden keine Steuergelder gespart, sondern woanders investiert, nicht aber in unserer Heimat und in unsere RLG. Stärken Sie den Wirtschaftsstandort HSK!

Nur mit einer starken, gut ausgebauten Bahn und dem darauf ausgerichteten Busverkehr kann der Verkehr im Sauerland umweltverträglicher und für Pendler, Touristen, Schüler attraktiver gestaltet und gleichzeitig der Verkehrsträger Straße entlastet werden. Dies wäre auch ein guter Beitrag zum Klimaschutz!

Mit freundlichen Grüßen

Guido Schulte
VCD Hochsauerland e. V.

Rainer Fischer
Lokale Agenda 21

2 Gedanken zu „Röhrtalbahn: Rundbrief des VCD und der Lokalen Agenda 21 an die Mitglieder des Kreistags und des Ausschusses für Wirtschaft, Struktur und Tourismus“

  1. Röhrtalbahn: Für über 100.000 Menschen Zukunft – Bürgermeister der Städte Arnsberg und Sundern gegen Zerstörung der Röhrtalbahn

    „Auf den noch verwaisten Schienen sollen so schnell wie irgend möglich wieder Züge rollen. Da sind sich Bürgermeister Ralf Paul Bittner aus Arnsberg und sein Amtskollege aus Sundern, Ralph Brodel, einig. In einer gemeinsamen Pressemitteilung weisen sie auf die Faktenlage hin und bitten gleichzeitig um eine sich versachlichende Diskussion.“

    Die gemeinsame Erklärung ist unter nachfolgendem Link abrufbar:

    https://www.arnsberg.de/aktuell/presseservice.php?http://www.presse-service.de/data.aspx/static/1018862.html

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