Prügel-Affäre und politische Untätigkeit an der Basis: Patrick Sensburg verliert CDU-Kreisvorsitz.

"Einer von uns" notiert sich etwas. (foto: zoom)
Beim Bundestagswahlkampf 2013 in Pose: „Einer von uns“ notiert sich etwas.*** (archivfoto: zoom)

Der Sauerländer CDU-Abgeordnete Patrick Sensburg hat heute seinen Job als CDU-Kreisvorsitzender des Hochsauerlandkreises verloren. Es ist wegen der sogenannten „Prügelaffäre“ auch innerhalb seiner eigenen Partei unter Druck geraten.

(zu den Vorwürfen gegen Sensburg siehe beispielsweise hier im Blog.)

In der CDU im Hochsauerlandkreis brodele es, schrieb die Westfalenpost. Der 15-köpfige Vorstand des Kreisverbandes wäre auf Drängen mehrerer Vorstandsmitglieder am heutigen Samstag zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengekommen. Einziger Tagesordnungspunkt: Patrick Sensburg und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe.

Wörtlich:

„Gewalt gegen Frauen ist völlig inakzeptabel“, sagt Stefan Lange aus Sundern, stellvertretender Kreisvorsitzender. „Dieses Verhalten passt nicht in das christlich geprägte Weltbild.“ Frauen würden durch solche Vorkommnisse abgeschreckt. Die Unruhe unter den 6200 Mitgliedern sei groß.

Im Ergebnis der Vorstandssitzung hat Sensburg den Vorsitz des CDU-Kreises heute verloren. In der offiziellen Sprachregelung heißt es laut Spiegel:

„Die umfangreiche Arbeit imNSA-Untersuchungsausschuss und die Lösung der im Raume stehenden privaten Vorwürfe erfordern derzeit meine ganze Kraft“, sagte Sensburg am Samstag in einer Sitzung des geschäftsführenden CDU-Kreisvorstands. Der Vorstand nahm den Rücktritt an.

Das sehr „CDU-nahe Lokalblock“ (nach Sauerländer Bürgerliste) Blickpunkt-Arnsberg-Sundern schätzte die Situation heute am frühen Nachmittag so ein[1], dass die „Prügelaffäre“ lediglich der Tropfen gewesen sei, der das Fass im Sauerland zum überlaufen gebracht habe. Die politische Arbeit des Bundestagsabgeordneten sei schon vorher mangelhaft gewesen. Gleichzeitig wird der von Angela Merkel „kaltgestellte“ Bierdeckel-Steuer-Politiker Friedrich Merz, dessen bärbeißige und kantige Art im Sauerland immer noch viele Sympathien genießt, wieder ins Spiel gebracht.

Die Häusliche-Gewalt-Affäre sei der Tropfen, der noch gefehlt habe. Sensburg vernachlässige den Kreisverband. Es gebe von ihm keinerlei Initiative für Programmarbeit und Kreisverband der CDU. Der NSA-Untersuchungsausschuss habe zu einer weiteren Vernachlässigung seiner Vorsitzendenarbeit im Hochsauerland geführt. Das Zukunftsthema der Digitalen Infrastruktur des ländlichen Raumes werde nicht bearbeitet. Bereits seit über einem halben Jahr habe der Kreisvorstand nicht mehr getagt. Arbeitskonferenzen fänden nicht mehr statt. In einigen Ortsvereinen werde das Comeback von Friedrich Merz gefordert.

Ob Patrick Sensburg als Politiker ohne Rückhalt an der Basis den Vorsitz des NSA-Untersuchungsausschusses behalten kann, ist nach dem heutigen Samstag mehr als fraglich geworden.

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[1] Update I: der Artikel ist heute Abend mitsamt der Sensburg-Unterstützer-Kommentare von der Website gelöscht worden. Soviel zur Diskussionskultur im HSK.

Update II: heute Morgen (25.01.2015) ist der Artikel samt Kommentaren wieder online:
http://www.blickpunkt-arnsberg-sundern.de/stimmung-in-cdu-ortsverbaenden-fuer-comeback-von-friedrich-merz

Der Artikel ohne Kommentare ist hier als PDF zu lesen.

*** Zur Pose von Patrick Sensburg siehe auch unser Kommentar von 2013: Wahlplakate VI: Einer von uns – das Paralleluniversum

9 Gedanken zu „Prügel-Affäre und politische Untätigkeit an der Basis: Patrick Sensburg verliert CDU-Kreisvorsitz.“

  1. Der HSK kommt (indirekt) heute außergewöhnlich oft in den Medien vor.
    Drei Beispiele:
    http://www.sueddeutsche.de/news/politik/politik-sensburg-tritt-als-cdu-kreisvorsitzender-zurueck-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-150124-99-03434 (Die dpa-Meldung erscheint ähnlich auch in vielen anderen Medien)
    http://www.focus.de/politik/deutschland/nach-pruegel-vorwurf-patrik-sensburg-tritt-als-cdu-kreisvorsitzender-zurueck_id_4428647.html
    http://www.bild.de/politik/startseite/politik/telegramm-15478710.bild.html
    In den meisten Berichten wird die stellvertretende Kreisvorsitzende Hiltrud Schmidt aus Olsberg zitiert.

    1. @Reinhard Loos

      Der BILD Link von dir funktioniert nicht mehr. Habe mal gesucht: http://www.bild.de/politik/inland/dr-patrick-sensburg/tritt-nach-pruegelvorwurf-als-cdu-kreis-vorsitzender-zurueck-39482898.bild.html

      Die Süddeutsche gibt als Info-Link http://www.cdu-hsk.de/ an.

      Dort ist aber nichts zur Affäre um Sensburg zu finden. Das Internet als Informations- und Diskussionsmedium ist für die CDU aber auch nicht wirklich wichtig. Gilt leider auch für einige andere Parteien …

  2. Lesenswerter Kommentar beim wieder freigeschalteten Artikel von Blickpunkt Arnsberg-Sundern:

    Jemand der seine Freundin/ Frau auch nur zu feste anpackt, hat im Sauerland als Politiker nichts, aber auch gar nichts zu suchen! Egal, ob die Staatsanwaltschaft gegen Prof. Dr. Sensburg ermittelt oder nicht, er hat seine Vorbildsfunktion nicht wahrgenommen und hat der CDU und dem Sauerland geschadet. Die Handlung, die er selbst zugegeben hat, reicht hier vollkommen aus.

    Quelle: http://www.blickpunkt-arnsberg-sundern.de/stimmung-in-cdu-ortsverbaenden-fuer-comeback-von-friedrich-merz#comment-207623

  3. Mmmhhh …

    „Prügelaffäre
    Patrick Sensburg nach Prügelvorwürfen mit Freundin verlobt“

    Und dann diese Formulierung: „Nach den Prügelvorwürfen hat Patrick Sensburg sein Amt als CDU-Kreisvorsitzender aufgegeben. Indessen soll er sich mit seiner Freundin verlobt haben.“

    „INDESSEN SOLL ER SICH“ … Was ist denn das für eine Sprache? Belege, Quellen? Und so etwas dann in die Überschrift zusammen mit dem Bild … mmmhhh

    http://www.derwesten.de/wp/staedte/nachrichten-aus-meschede-eslohe-bestwig-und-schmallenberg/sensburg-gibt-cdu-kreisvorsitz-ab-id10271983.html

    Auch auf Twitter gibt sich die Westfalenpost sehr „distanziert“ 😉

  4. „Indessen soll er sich mit seiner Freundin verlobt haben.“

    Und bei Überreichung des Verlobungsrings fiel er auf die Knie und deklamierte

    Wenn du alles satt hast, dir klein und hässlich vorkommst,
    deine Augen voller Tränen sind –
    glaub mir, ich trockne jede einzelne von ihnen.
    Ich steh zu dir, wenn die Zeiten rauher werden und alle Freunde verschwunden sind.
    Ich bin für dich wie eine Brücke über aufgewühlten Wassern –
    versprochen!
    Wenn du total am Ende bist, auf der Straße liegst,
    mit Bangen an den Abend denkst –
    ich werde dich trösten, für dich einstehen.
    Und wenn es dann dunkel wird und dich der Schmerz umfängt,
    bin ich für dich wie eine Brücke über aufgewühlten Wassern –
    versprochen!
    Lass einfach los, meine Silberfee, lass dich einfach treiben.
    Deine Zeit ist gekommen, all deine Träume werden wahr, sieh nur, wie hell sie strahlen!
    Wenn du einen Freund brauchst: ich bin in deiner Nähe
    und heile deinen Kummer –
    wie eine Brücke über aufgewühlten Wassern.

    Ach ja, vor 45 Jahren – am 26.01.1970 – veröffentlichten Simon & Garfunkel das „Bridge over Troubled Water“-Album

    https://www.youtube.com/watch?v=q-XCmb6t6Zw

  5. Auf der Startseite der HSK-CDU – http://cdu-hsk.de – lese ich:

    Pressemitteilung des geschäftsführenden CDU Kreisvorstandes vom 24.01.2015:
    Der CDU-Kreisvorsitzende Patrick Sensburg, MdB hat in der heutigen Sitzung des geschäftsführenden CDU-Kreisvorstandes sein Amt als Kreisvorsitzender angeboten. (…) – Der geschäftsführende Kreisvorstand hat den Rücktritt angenommen. (…)

    Vorgenannte Website weist aktuell (28.01.15 – 23.20 Uhr) unter „Personen – Kreisvorstand – Gf. Kreisvorstand“ – http://cdu-hsk.de/personen/kreisvorstand/gf-kreisvorstand – immer noch Herrn Sensburg als Vorsitzenden aus.

    Fällt das in die Kategorie „Denkmalpflege“ oder ist der konsistente Umgang mit dem Neuland-Medium wirklich so schwierig 🙂

  6. Eine neue Dimension der Affäre?

    Robin Alexander in der Welt:

    http://hd.welt.de/wams-hd/wams-hd_politik/article137220319/Warum-trat-4-Mann-im-NSA-Ausschuss-zurueck.html

    Zitat:
    „Das ist schade. Denn auch Kiesewetters Version, die er ursprünglich vor der Öffentlichkeit verbergen wollte, wirft weitere Fragen auf. Es ist noch ein zweiter CDU-Abgeordneter aus dem Untersuchungsausschuss mit dem Reservistenverband verbandelt – und dieser Parlamentarier hat gerade eine Menge Probleme.“

  7. @zoom

    Aufschlussreicher Artikel in der WamS. Mal gespannt, wie P.S. reagiert. Schätze mit Verdrängen und Stillschweigen.

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