Protokoll der 1. Ratssitzung vom 25. Juni 2014 jetzt online. Darin: Reden von Bernd Kräling und BM Werner Eickler

Rathaus Winterberg
Das Rathaus in Winterberg. (archiv: zoom)

Das Protokoll der ersten Ratssitzung vom 25. Juni 2014 ist jetzt online. Es enthält auch die Rede des Altersvorsitzenden Bernd Kräling (FDP) zur Vereidigung des Bürgermeisters Werner Eickler.

(Anmerkung: Diese Rede war bislang in den Mitteilungen und Presseerklärungen den Stadt Winterberg nicht erwähnt worden. Wir hatten daraufhin am 2. August eine Anfrage an Bürgermeister und Pressestelle geschrieben, die allerdings bis heute nicht beantwortet worden ist.)

Darüber hinaus ist im Protokoll ebenfalls  die Rede des Bürgermeisters selbst nachzulesen.

Da wir die bemerkenwerte Rede von Bernd Kräling bereits am 27. Juni  hier im Blog dokumentiert hatten, hier nun auch die Rede Werner Eicklers laut Protokoll:

[Ab hier Zitat]

Im Anschluss daran [an die Vereidigung] richtet sich Bürgermeister Werner Eickler mit den folgenden Worten an die Anwesenden:

„Sehr geehrter Herr Kräling als Altersvorsitzender in unserem Ratsgremium, liebe Gisela Quick, liebe Ratskollegen, verehrte Gäste,

zunächst sage ich Bernd Kräling ganz herzlichen Dank, der als Altersvorsitzender die „Einführung und Verpflichtung des Bürgermeisters“ übernommen hat.

Für mich beginnt damit die vierte Wahlperiode, bald mein 16. Amtsjahr. Im November 2013 hatte ich mich entschieden, nicht erst im Herbst 2015 zur Wahl anzutreten, sondern mich gemeinsam mit allen Ratsfraktionen bereits in 2014 der Verantwortung zu stellen. Dies insbesondere auch deshalb, weil wir, d.h., alle drei Ratsfraktionen, Bürgermeister sowie unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung und in unseren Betrieben über viele Jahre so vieles gemeinsam entwickelt und dann auch oft einmütig entschieden haben.

Nun es gab sicher schon einfachere Zeiten, sich einer Wahl zu stellen, in der unsere unzweifelhaft erreichten Erfolge leider von wenigen kritischen Themen überlagert wurden. Vor diesen Hintergründen sind – was mich betrifft – die 53 % unserer Bürgerinnen und Bürger, die mir zum vierten Mal das Vertrauen gehalten haben, ein gutes Ergebnis mit einem klaren Handlungsauftrag für mich als Bürgermeister. Deshalb freue ich mich über meine Wiederwahl und darauf, dieses Vertrauen auch in den kommenden gut 6 Jahren mit Zuversicht, Schaffenskraft und dem offenen Blick nach vorn rechtfertigen zu können. Auch zukünftig verstehe ich mein Amt als Bürgermeister in Anlehnung an das Zitat des amerikanischen Theologen William Shedd „Ein Schiff, das im Hafen liegt, ist sicher. Aber dafür sind Schiffe nicht gebaut“ als herausforderndes, Mut erforderndes Amt.

Herzlichen Dank allen Wählerinnen und Wählern. Und auch denjenigen, die mir ihr Vertrauen nicht ausgesprochen haben, sage ich: Ich werde versuchen, sowohl Vertrauen zu geben, wie auch Vertrauen zurückzugewinnen. Ich möchte mich an dieser Stelle bewusst auch öffentlich bei meiner Familie bedanken, die gerade in den letzten Jahren noch häufiger auf mich verzichten musste. Mein Dank gilt ausdrücklich meiner Ehefrau Irmhild und meinen drei Söhnen, für die tolle Unterstützung, den Rückhalt und das Verständnis, was ich alltäglich erhalte.

Liebe Ratskollegin, liebe Ratskollegen, dass Winterberg in den vergangenen 15 Jahren die Möglichkeit hatte, sich so hervorragend zu entwickeln, erforderte Mut von Ratsgremium und Bürgermeister sowie Beständigkeit, um den wirklich manchmal nicht einfachen Kurs zu halten. Notwendige Entscheidungen wie z.B. die Einführung eines Fremdenverkehrsbeitrages in 2013 waren sicherlich weniger populär. Und selbstverständlich waren die Schwierigkeiten um das Oversum von uns nicht geplant und schon gar nicht verursacht. Es war unser gemeinsames Ziel, in dieser schwierigen Zeit immer das Beste für unsere Stadt zu wollen, uns eben nicht den einseitigen Vorgaben des Investors zu unterwerfen, sondern unsere in 2009 für den „worst-case-Fall“ vereinbarten Bedingungen durchzusetzen, auch wenn der Weg lang, schwierig und kritikbehaftet war. Kritik kam sicherlich auch deshalb auf, weil es uns einfach nicht möglich war, das so komplexe Projekt Oversum unter den juristischen Zwängen und dem Kampf für diese für uns gute Lösung für unsere Bürger so transparent zu machen, dass alle auch alles nachvollziehen konnten. Auch das hat es natürlich nicht gerade einfacher gemacht, auch unsere Reputation in den Augen der Öffentlichkeit hat logischerweise deshalb sichtbar gelitten – verständlicherweise mehr bei dem immer im Focus stehenden hauptamtlichen Bürgermeister. Fakt ist aber, dass das Projekt über mehr als 10 Jahre immer gemeinsam von allen Ratsfraktionen entwickelt wurde, es einstimmig auf den Weg gebracht und über die ganze Zeit auch von allen Fraktionen mitgetragen wurde.

Nach vorne geschaut geht es nach Lösung der Eigentumsverhältnisse nun darum, in der neu begonnenen Wahlperiode das Oversum zu dem zu machen, was es eigentlich von Beginn an sein sollte. So werden wir schrittweise Optimierungen vornehmen. Zunächst ist das die räumliche Verbindung von Wellness und Sauna mit unseren Bädern, so dass dieser Bereich „aus einem Guss“ unseren Bürgern und Gästen zur Verfügung steht.

Meine Damen und Herren, wir waren und wir sind stolz auf unsere Gemeinsamkeit, die Stärke Winterbergs, unseren Mannschaftsgeist, den wir immer nach vorne gestellt haben. Wir, d.h., Rat, Verwaltung, Bürgermeister, unsere Bürger, unsere Vereine, unsere Unternehmen und Investoren haben es stets als Vorzug empfunden, dass es in Winterberg gelingt, die anstehenden Fragen fair und sachlich auszudiskutieren und dann oft fraktionsübergreifend zu einvernehmlichen Entscheidungen zu kommen. Obwohl bei einigen von uns der Eindruck bestehen mag, dass sich diese Gemeinsamkeit nicht unbedingt im persönlichen Wahlergebnis widergespiegelt hat, bin ich der Meinung, dass Gemeinsamkeit unsere Stärke ist und es gar nicht sein kann, dass sie uns geschadet hat! Dabei ist es vielleicht auch meine Aufgabe, uns alle darauf aufmerksam zu machen, dass wir alles daran setzen sollten, schwierige Themen nicht so in den Vordergrund rücken zu lassen, dass alles andere, insbesondere unsere Erfolge, dahinter verblassen.

Warum sage ich das? Nun, die Menschen aus der Region beschreiben – auch in den kritischen Oversum-Zeiten – ganz andere, positivere Bilder unserer Stadt. So wird gesagt: Ihr habt vieles und richtig bewegt, es gab und gibt keinen Stillstand… Ihr seid die Tourismusstadt Nr. 1 im Sauerland geworden, Winterberg hat sich deutlich sichtbar positiv entwickelt, u. a. tolle Infrastrukturen, Kunstrasenplätze… Ihr habt eure Dörfer immer mitgenommen, stärkt die Vereine, auch die Schulen haben sich sehr gut entwickelt… Deswegen wurde ich oft in den letzten Wochen gefragt: Warum stellt ihr euch nicht positiver nach vorne? Zeigt doch, auf welch tollen Wegen ihr seit 15 Jahren unterwegs seid!

Meine Damen und Herren, diese Meinungen aus der Region haben ihre Berechtigung! Und daher hier mein Apell und meine Bitte: Bei allen Problemen, den gelösten, den vorhandenen und den noch kommenden ist es auch unsere eigene Aufgabe, unsere Stadt selbst souverän und voller Selbstvertrauen nach außen zu tragen und zu demonstrieren. Natürlich dürfen wir dabei keinesfalls die Herausforderungen ausblenden – so waren meine Worte auch nicht gemeint. Gemeint ist vielmehr, dass Herausforderungen aus der gemeinsamen Stärke heraus bewältigt werden sollten!
Beispiel Windkraft: Hier baue ich auch auf unsere Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Mit ihren Worten beim Dorfjubiläum in Siedlinghausen zum Landesentwicklungsplan, dass sich unsere Dörfer auch zukünftig bedarfsgerecht entwickeln können, hat sie positive Signale gegeben. Ich hoffe nur, dass „bedarfsgerecht“ auch für den Windkraftausbau gilt. Für mich – sicherlich auch für alle Ratsfraktionen – gilt, dass der Windkraftausbau nur mit Augenmaß und nur im Konsens mit den Bürgerinnen und Bürgern erfolgen kann. Doch mit dem jetzt kurz nach der Kommunalwahl auf den Tisch des Regionalrates gelegten Entwurf des Regionalplanes (Teilplan Energie)

droht Ungemach, denn es deutet sich an, dass sich meine auf der Bürgermeister-Info-Seite von November 2013 gehegte Befürchtung bestätigt. Nach diesem Entwurf drohen uns acht Windkraftflächen, acht!, die von „oben herab“ jetzt eingestielt werden. Wir selbst haben seinerzeit nur drei gefunden, von denen allein die Fläche bei Altenfeld noch unsere Zustimmung findet und im laufenden Verfahren ist. Selbst wenn wir im bald anstehenden Beteiligungsverfahren den Regionalplan in seinen gravierenden Auswirkungen ablehnen, kann es uns passieren, dass ein von „oben“ beschlossener Regionalplan uns durchaus zur Umsetzung über Flächennutzungspläne zwingen kann. Gerade dann – und das ist ein weiteres Beispiel – wird Gemeinsamkeit von uns gefragt sein. Dann müssen wir möglicherweise unsere legitimen Interessen gemeinsam mit unseren Bürgerinnen und Bürgern deutlich vertreten.
Meine Damen und Herren, andere Themen werden in den nächsten Jahren anstehen: Nach wie vor müssen wir alles für unsere Vereine, für unsere Dörfer, für unsere Kinder, für unsere Schulen tun, aber auch offen sein, sollten sich Schulstrukturen ändern müssen. Unsere Finanzsituation hängt nicht allein von uns, sondern auch davon ab, ob das Land NRW den ländlichen Raum stärker würdigt als bisher, was es legitim einzufordern gilt. Die äußerst vielseitigen demographischen Herausforderungen sowohl für Jung als auch Alt haben wir uns ins Logbuch mit der Vision Winterberg 2030 und der angestrebten Bürgerbeteiligung geschrieben. Und unser Platz 1 im Tourismus erfordert weiterhin uneingeschränkte Priorität von allen drei Ratsfraktionen.

Und deshalb, liebe Ratskollegin und Ratskollegen, noch einmal mein Apell an uns alle: Lassen Sie uns weiterhin mit Gemeinsinn und Gemeinsamkeit zum Wohle unserer Stadt arbeiten…, wobei es durchaus nachvollziehbar ist, wenn der ein oder andere auch mal unterschiedliche Positionen einbezieht, diese dann anzunehmen und kontrovers zu diskutieren. Das ist okay, aber immer mit gutem Ziel vor Augen. Wenn aber Initiativen nicht nur öffentlichkeitswirksam, sondern auch letztendlich zum Ziel führen sollen, dann warten unsere Bürgerinnen und Bürger, warten wir im Rat der Stadt Winterberg nun bald zwei Monate darauf, dass die SPD-Initiative zur Erhaltung des Freibades konkretisiert wird.

Vielleicht haben Sie ja einen Weg gefunden, wie Folgestrukturen aussehen könnten, wie sie finanziert werden könnten… doch es wird höchste Zeit, einen solchen konkreten Antrag aufs Papier zu bringen, denn der von allen Ratsfraktionen – also auch von Ihnen sehr geehrte SPD-Fraktion – einstimmig beschlossene Abriss steht in Kürze an und die Bundesknappschaft sucht derzeit intensiv wirtschaftlich tragfähige Nachnutzungen und Investoren für das ihr und nicht der Stadt gehörende Freibad mit Grundstück. Ausgehend von diesem aktuellen Beispiel sollten wir in Zukunft stets bei allen Initiativen – wo immer sie auch herkommen – vor Augen haben: Alle Vorschläge sollten umsetzbar und auch finanzierbar sein.

Und mit dem Blick nach vorn, meine Damen und Herren, werde ich – was meine Person betrifft – wie seit 15 Jahren das Meine dazutun, dass der Zusammenhalt auf allen Ebenen möglich ist und funktioniert und überall entsprechende Transparenz besteht. Ich bin jederzeit für alle Bürgerinnen und Bürger da, als erster Bürger unserer Stadt, aufmerksam und verantwortungsbewusst, den man wie gewohnt ansprechen und dem man sowohl Anregungen als auch Kritik mitteilen kann. Auch zukünftig liegt mir viel daran zu erfahren, welche Bedürfnisse, Wünsche und Interessen die Winterbergerinnen und Winterberger, unsere Vereine, unsere Schulen, unsere Jugend, unsere Senioren haben. Meine Mitarbeiter und ich bieten immer Beratung und Hilfestellung quasi „aus einer Hand“ an.

Liebe Ratskollegin, liebe Ratskollegen, unsere Arbeit für unser Winterberg mit seinen Dörfern ist – wenn ich mal an die Fußball WM denke – Mannschaftssport. Stets und bei jeder Entscheidung gilt es abzuwägen, was für das Wohl unserer Stadt Winterberg und unsere 14 Dörfer insgesamt das Beste ist. Ist es nicht ein schönes Gefühl, wenn ein Team über sich hinauswächst und richtig was bewegt? Bei der Fußball-WM erleben wir aktuell wieder, wie viele sich davon begeistern lassen. Ich freue mich auf unsere gemeinsame Arbeit und lade Sie alle herzlich ein, an der Zukunft unserer Stadt und unserer Dörfer mitzuwirken. Vielen Dank.“ [Zitat Ende]