Pressemitteilung der Briloner Bürgerliste: Sollen Briloner Schüler vom Besuch der Uplandschule abgehalten werden?

In unserem BriefkastenBrilon/Willingen. (bbl_pm) Seit Sommer 2011 besucht Victoria aus Brilon die Uplandschule in Willingen. Die private Realschule in Brilon kam für sie nicht in Frage, so dass sie und ihre Mutter die Gesamtschule in Willingen auswählten. Victoria ist damit eine von mehr als 100 Schülerinnen und Schülern, die jeden Tag aus der Stadt Brilon zur Uplandschule über die hessische Landesgrenze ins benachbarte Willingen fahren.

Nachdem zu Beginn des laufenden Schuljahres 20 neue Gesamtschulen in NRW ihre Tätigkeit aufgenommen hatten und 33 weitere Gesamtschulen für den Sommer 2013 beantragt wurden, ist der Hochsauerlandkreis der einzige aller 53 Kreise in NRW ohne Gesamtschule. Schülerinnen und Schüler aus dem HSK, die eine Gesamtschule besuchen wollen, müssen daher in einen anderen Kreis pendeln. Die nächsten Gesamtschulen innerhalb von NRW befinden sich in Paderborn, Soest und Lippstadt. Da liegt Willingen von Brilon aus viel näher. Hinzu kommt, dass die Uplandschule ab Sommer für die Klassen 5, 6 und 7 wieder vom Abitur nach 8 Jahren auf das Abitur nach 9 Jahren umsteigen wird. Da G8 bei vielen Eltern und Schülern sehr unbeliebt ist, könnte sich dadurch die Attraktivität der Uplandschule weiter erhöhen.

Wegen der großen Zahl von Schulpendlern aus Brilon nach Willingen wurden in den letzten Jahren zwei Schulbusse eingerichtet. Die Kosten für die Fahrkarten in den Schulbussen mussten die Eltern bisher nicht tragen; sie wurden von der Stadt Brilon bezahlt. Diese Zusage hatte die Stadt den Eltern auch für die Zukunft gegeben, bevor der zweite Bus nach Willingen startete. Die Kosten belasteten aber nicht den städtischen Haushalt, denn sie wurden der Stadt in vollem Umfang vom Land NRW erstattet. Grundlage ist der sog. Pendlererlass der Landesregierung.

Das lief über viele Jahre völlig problemlos, bis die Stadtverwaltung erfuhr, dass das Oberverwaltungsgericht in Münster im Jahr 2011 ein Urteil zu Schülerfahrkosten gefällt hatte. Darin ging es um Schüler, die im Schuljahr 2007/2008 aus dem Raum Aachen nach Rheinland-Pfalz pendelten, zu einer Schulform „Realschule plus“. Das OVG stellte fest, dass diese Schulform damals im Schulgesetz des Landes NRW nicht vorgesehen war und die Eltern in diesem Fall keinen Anspruch auf Schülerfahrkosten hatten.

Diese Entscheidung des OVG nahm der Bürgermeister der Stadt Brilon zum Anlass, bei der Bezirksregierung nachzufragen, ob sie auch für die von Brilon nach Willingen pendelnden Schülerinnen und Schüler anwendbar sei. Dies bestätigte die Bezirksregierung und teilte der Stadt mit, die Eltern sollten nur noch bis zum Ende des laufenden Schuljahres die Schülerfahrkosten erhalten. Eine schriftliche Auskunft der Bezirksregierung erhielten die Eltern allerdings erst am 19. Januar über die Stadtverwaltung. Darin wurde darauf verwiesen, dass zur Uplandschule auch ein Grundschulzweig gehöre und die Uplandschule daher als Schulform weder im NRW-Schulgesetz noch im hessischen Schulgesetz vorgesehen sei.

Bezirksregierung und Stadtverwaltung argumentieren auch, dass es sich bei der Uplandschule um eine „kooperative“ Gesamtschule handele; im NRW-Schulgesetz sei aber nur die „integrierte“ Gesamtschule vorgesehen. Das können die Eltern und die BBL nicht nachvollziehen, denn im NRW-Schulgesetz ist nur die Rede von Gesamtschule, ohne Differenzierung. Und sie kennen auch Schulen in NRW, zu denen sowohl die Sekundarstufe I und als auch die Grundschule gehören.

Die Streichung der Schülerfahrkosten hätte für die Eltern erhebliche Konsequenzen. Aus einigen Briloner Familien gehen sogar 2 oder 3 Kinder zur Uplandschule. Pro Kind und Schuljahr entstehen Fahrkosten von etwa 1.000 Euro. Viele Eltern wollen sich daher nicht damit abfinden, dass nun sehr hohe Schülerfahrkosten auf sie zukommen können. Sie bezweifeln die Auskünfte der Bezirksregierung und der Stadt. Sie stellten konkrete Anträge an die Stadt Brilon, dass die Schülerfahrkosten für ihre Kinder weiterhin übernommen werden sollen. Von der Stadtverwaltung erhielten sie daraufhin einen Zwischenbescheid, dass die Ablehnung ihres Antrags beabsichtigt sei.

Die Ratsfraktion der Briloner Bürgerliste (BBL) unterstützt die betroffenen Eltern. Solange es in Brilon oder Umgebung keine Gesamtschule gebe, sei es selbstverständlich, dass die Eltern ihre Kinder unter zumutbaren Bedingungen zur Uplandschule nach Willingen fahren lassen könnten. Wenn die Kinder zu einer Gesamtschule in NRW fahren würden, würden ihnen die Fahrkosten selbstverständlich in vollem Umfang erstattet. Warum dann nicht für den Weg nach Willingen? Zumal viele der Familien ihre Schulwahlentscheidung unter den bisherigen Gegebenheiten getroffen haben. Eine Alternative für die Zukunft wäre z.B. die Gründung einer Gesamtschule in Brilon, aber dafür ist bisher im Rat keine Mehrheit erkennbar. Die BBL musste sogar die Erfahrung machen, dass bereits in den Jahren zuvor in Gremien der Stadt darüber diskutiert wurde, ob man durch Abschaffung der Schulbusse mehr Schüler in Brilon halten könnte.

Die Mutter von Victoria, Melanie Adamczyk, selbst Mitglied der BBL, stellte in der Einwohnerfragestunde der Ratssitzung am 24. Januar mehrere Fragen an den Bürgermeister. Sie wollte z.B. wissen, ob denn auch die Abschlüsse rechtswidrig seien, wenn – wie die Verwaltungen behaupten – die Uplandschule weder nach NRW- noch nach hessischem Schulgesetz anerkannt sei. Dies sei inkonsequent. Darin aber sah der Bürgermeister kein Problem. Melanie Adamczyk wollte weiterhin wissen, warum die Stadt vorgeprescht und von sich aus wegen der Streichung der Fahrkosten bei der Bezirksregierung vorstellig geworden sei. Der Bürgermeister erklärte dazu, dass weder er noch die anderen zuständigen Mitarbeiter für die Kosten haften wollten. Aber diese Antworten helfen den Familien nicht weiter.

Wahrscheinlich wird den betroffenen Eltern nichts anderes übrig bleiben als den Klageweg zu beschreiten. Das aber kann sehr lange dauern. Dabei kann das Land NRW viel Geld sparen, wenn es weiterhin die Schülerfahrkosten nach Willingen finanziert. Denn für jedes in NRW zur Schule gehendes Kind fallen pro Schuljahr etwa 4.000 Euro Kosten für Lehrer an, viel mehr als für die Fahrkosten nach Hessen.

Der Rat der Stadt Brilon hat sich mittlerweile einem Antrag der BBL angeschlossen, mit dem die Stadtverwaltung aufgefordert wird, die betroffenen Eltern bei der Durchsetzung ihrer Interessen zu unterstützen. Aber auch dieser Beschluss hat bereits mehrere Monate gedauert. Und konkrete Lösungsansätze sind bisher nicht erkennbar. Für die Eltern drängt die Zeit. Sollen sie ihre Kinder wegen des Fahrkostenrisikos jetzt zu einer Schule in Brilon ummelden oder darauf hoffen, dass sich doch noch eine positive Lösung findet?

Melanie Adamczyk hofft nicht nur auf die Lokalpolitik. Sie hat sich außerdem mit einer Petition an den Petitionsausschuss des Landtags gewandt. Auch dort ist die Angelegenheit in Bearbeitung.

7 Gedanken zu „Pressemitteilung der Briloner Bürgerliste: Sollen Briloner Schüler vom Besuch der Uplandschule abgehalten werden?“

  1. Das ist kaum zu glauben. Die Erstattung von Fahrtkosten, bzw. das Vorenthalten dieser Zahlungen als Steuerungsmittel von Schülerströmen ist auch in anderen Gegenden ein gern genutztes Mittel. Aber dass hier Schülern, die bereits eine Schule besuchen, die Fahrtkosten vollständig gestrichen werden, finde ich skandalös.
    Die Begründung dieser Entscheidung hört sich unsinnig an.

  2. Es ist sehr schade, dass die BBL den Eltern aktuell falsche Hoffnungen macht. Ein vermeintlicher Jurist (ist er nämlich nicht) der BBL versucht sich immer wieder in den Vordergrund zu spielen und konterkariert hier Lösungen, da er oftmals alles besser zu wissen glaubt.

    Die aktuelle Rechtslage ist leider derzeit so wie sie ist. Das bestätigen Bezirksregierung als auch das grüne Ministerium von Frau Löhrmann.

    Den Beitrag der SPD-Ratsfraktion am Donnerstag (siehe Bericht in der Westfalenpost), dass man in Gesprächen mit der Landtagsfraktion aktuell versucht die aktuelle Gesetzeslage zu ändern, um so für die Zukunft wieder eine Fahrtkostenerstattung zu ermöglichen, ist da viel sinnvoller, als Familien mit dürftigen juristischen Hoffnungen auf den Klageweg zu drängen.

    Schade BBL. Aber der besagte Herr ist ja nicht umsonst von den Gründen im Kreistag ausgeschlossen worden.

  3. Zitat Thomas: „Aber der besagte Herr ist ja nicht umsonst von den Gründen im Kreistag ausgeschlossen worden.“

    Das stimmt nicht! „Der besagte Herr“ wurde nicht aus der Kreistagsfraktion der Grünen ausgeschlossen. Er verließ die Fraktion und zwar ganz freiwillig. Zusammen mit einem anderen ehemaligen Mitglied der Grünen Kreistagsfraktion gründete er im Oktober 2006 die SBL. Der Hintergrund für die damaligen Unstimmigkeiten innerhalb der HSK-Grünen waren die bis heute zum Teil immer noch ungeklärten Vorgänge um die Industriechemikalie PFT.

  4. @ Thomas glaubst du ich hätte einen Vormund der mir sagt was ich tun und lassen soll? Ich habe selbst ein Gehirn zum Nachdenken und WIR als Eltern sind auf „den besagten Herrn“ zugegangen. UND was noch wichtiger ist, ist, dass er im Gegensatz zu anderen Volksvertretern seinen Posten sehr ernst nimmt und sich für die Belange der Menschen einsetzt, was man von vielen anderen leider nicht behaupten kann sondern es trifft doch meistens zu zu sagen wer immer noch glaubt das Volksvertreter das Volk vertreten glaubt auch dass Zitronenfalter Zitronen falten. Den Eindruck gewinnt man auch hier in Brilon wenn man sich die Vertreter der regierenden Parteien ansieht.. Thomas, du kennst die Rechtslage? Woher hast Du die Information dass die Bezirksregierung das bestätigt? Aus der Zeitung? Im Übrigen finde ich es UNVERSCHÄMT, dass Du statt sachlich zu bleiben persönliche Angriffe verübst. Tenor: Umgang miteinander in der Schulausschutzsitzung.. Scheinbar kennst Du das von daher oder von den Ratssitzungen?
    Was lernen wir daraus? ERST informieren, DANN kommentieren.

  5. @Thomas:
    Die SPD in Brilon hat das Dilemma, das viele Schülerinnen und Schüler aus Brilon zur Gesamtschule nach Willingen gehen und künftig die Schülerfahrkosten selbst tragen sollen, mit verursacht. Falls die SPD jetzt zu der Erkenntnis gekommen ist, dass die Fahrkosten weiterhin übernommen werden soll, ist dies eine erfreuliche Entwicklung. Jede Initiative, die den Schülerinnen und Schülern sowie ihren Eltern hilft, ist zu begrüßen.
    Und eine politische Lösung ist allemal besser als der Weg einer Klage. Daher würde sich die BBL freuen, wenn die jetzt von der SPD gestarteten Aktivitäten zum Erfolg führen. Aber von vorneherein ausschließen darf man den Rechtsweg nicht, zumal die Bezirkskregierung – wie sich in anderen konkreten Fällen gezeigt hat – mit ihren juristischen Einschätzungen nicht immer richtig liegt.

    Und: Wenn wir endlich eine Gesamtschule als Alternative zu den bisher vorhandenen Schulformen gründen würden, würden weniger Schülerinnen und Schüler aus Brilon zur Uplandschule gehen.

    Übrigens: Warum versteckt sich jemand, der für eine Partei aktiv ist, als „Thomas“ in der Anonymität?

  6. Zu Peter ?
    Das wäre für alle Beteiligten die die Kosten jetzt haben oder nicht haben möchten eine Lösung, geht aber nicht so einfach, da die Wohnsitzgemeinde der Schüler für diese Kostenerstattung erstmal zuständig ist und diese vom Land zurücherstattet bekommt.

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