Neues zur „Download-Affäre“ im Hochsauerlandkreis: Verdachtskündigung mit fragwürdiger Begründung

Bemerkenswertes gab es am Dienstag im Arbeitsgericht Arnsberg zu hören. Dort stand die Verhandlung der Kündigungsschutzklage eines der beiden ehemaligen Mitarbeiter der Kreispolizeibehörde an, dessen Arbeitsverhältnis wegen angeblicher illegaler Downloads gekündigt worden war (Aktenzeichen 1 Ca 1139/12).

(Der Artikel ist zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Der ehemalige Mitarbeiter erklärte noch einmal, dass er nichts gemacht habe, was eine Kündigung rechtfertige. Für das Netzwerk in der Zentrale der Kreispolizei war er gar nicht zuständig, sondern z.B. für das Polizei-Funknetz im Kreisgebiet. Deshalb sei er auch des öfteren außerhalb seines Büros tätig gewesen.

Sein Anwalt wies darauf hin, die Ermittlungen hätten ergeben, dass viele Mitarbeiter Zugang zu dem Rechner hatten, auf den der gekündigte Mitarbeiter angeblich Musiktitel der Gruppe ‘Ich und Ich’ heruntergeladen hatte. Es habe sich um einen Testrechner gehandelt, der nicht Bestandteil des Netzwerkes in der Kreispolizeibehörde ist. Der Zugang sei ohne Passwort möglich gewesen, das hätte sogar die bisherige für die Verwaltung zuständige Abteilungsleiterin überprüft (die übrigens laut Bericht des WDR auch den Aktenvermerk schrieb, dass es der betreffende Mitarbeiter nicht gewesen sein könne). Es stünde nach den Ermittlungen darüber hinaus fest, dass für Downloads ein USB-Stick in den Rechner gesteckt worden sei, als der gekündigte Mitarbeiter gar nicht im Gebäude der Kreispolizei anwesend war.

Der Rechtsanwalt kritisierte ferner, dass die Staatsanwaltschaft 1 1/2 Jahre gebraucht hätte, um eine Anklageschrift zu erstellen. Bis zur Gerichtsverhandlung beim Amtsgericht Meschede habe es noch ein weiteres Jahr gedauert. Der ehemalige Mitarbeiter sei nicht verurteilt worden, sondern es sei eine Einstellung des Strafverfahrens gegen Zahlung von 500 Euro erfolgt, zur Vermeidung eines langwierigen Verfahrens und unter Vorbehalt. Dies vorläufige Ergebnis könne widerrufen werden, wenn die Leitung der Kreispolizeibehörde daraus einen Kündigungsgrund ableite.

Erhebliche Kritik gab es seitens des Rechtsanwalts erneut gegen die Ermittlungen durch die Kreispolizeibehörde Meschede und die Staatsanwaltschaft Arnsberg. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso die Kreispolizei in ihren eigenen Angelegenheiten selbst ermittelt habe, statt dies an eine andere Polizeibehörde abzugeben. Und die Staatsanwaltschaft habe nach der Anzeige gegen die Vorgesetzten in der Kreispolizeibehörde wegen falscher Anschuldigung innerhalb von nur 3 Wochen das Verfahren eingestellt, nachdem sie für die Ermittlungen gegen den ehemaligen Mitarbeiter weit mehr als ein Jahr gebraucht hatte, und sei den vorliegenden Zweifeln an der Schuld des gekündigten Mitarbeiters nicht angemessen nachgegangen.

Dazu eine Anmerkung: Das Justizministerium des Landes NRW sichert in seiner Broschüre “Was Sie über den Strafprozess wissen sollten” allen Bürgerinnen und Bürgern des Landes zu: “Bei der Erforschung des Sachverhalts hat die Staatsanwaltschaft auch die den Beschuldigten entlastenden Umstände zu ermitteln. Sie ist zu strenger Objektivität verpflichtet.” In den nächsten Wochen wird sich vielleicht zeigen, ob diese Anforderung für die Staatsanwaltschaft Arnsberg auch dann gilt, wenn die Polizei selbst in einen Fall verstrickt ist…

Der gekündigte Mitarbeiter betonte, dass er nicht gegen Zahlung einer Abfindung ausscheiden, sondern seinen Arbeitsplatz behalten möchte. Ihm ginge es auch darum, seine Reputation wieder herzustellen.

Die Kreispolizeibehörde wurde durch einen Anwalt aus einer auf Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei aus Paderborn vertreten. Dem fiel dazu ein, dass er sich eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht vorstellen könne, weil der gekündigte Mitarbeiter gegen die aus seiner Sicht falschen Anschuldigungen seiner Vorgesetzten vorgegangen sei.

Daraus lassen sich aus Sicht eines Beobachters 2 Fragen ableiten: Darf ein Mitarbeiter sich nicht gegen Fehlverhalten seiner Vorgesetzten wehren, und wer sagt, dass bei einer fehlenden Basis für künftige Zusammenarbeit nur das Ausscheiden des Mitarbeiters infrage kommt?

Die Kreispolizeibehörde ist sich übrigens selbst der Umstände nicht sicher. Denn sie hat eine sogenannte Verdachtskündigung ausgesprochen.

Die ist laut Bundesarbeitsgericht bereits „dann zulässig, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen und die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören“.

Seine Entscheidung will das Arbeitsgericht am 22.4. verkünden.

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