Cafe Lueg

Es ist spät am Abend. Gestern habe ich meine Eltern in Dinslaken besucht. Vorher jedoch bin ich, wie in letzter Zeit immer häufiger, durch die Einkaufsstraßen meiner alten Heimatstadt geschlendert und habe einen Milchkaffee bei Cafe Lueg getrunken.

Diese Streifzüge haben mit großer Wahrscheinlichkeit ihre Ursache im Alterungsprozess. Meinen Vater hat es zeitweise auch immer wieder nach Gelsenkirchen gezogen. Gut so. Da habe ich dann auch etwas von gelernt. Das ist aber nicht mein Thema, sondern Cafe Lueg. Das „e“ in Lueg ist ein Dehnungs-„e“. Bitte also „Luhg“ aussprechen.

Cafe Lueg befindet sich heute in der Duisburger Straße:

Cafe Lueg in der Duisburger Straße
Cafe Lueg in der Duisburger Straße

Früher befand sich das Cafe in der Neustraße. Die Irrwege wie es zum Umzug kam lasse ich aus. Das kann jemand anderes erzählen. Das Cafe Lueg in der Neustraße wurde im Volksmund mit halb verunglückter Ironie „Cafe Lügen“ genannt.

Es war der Platz, an und in dem ich viele meiner Freistunden verbrachte. Und dann waren da noch die anderen Schülerinnen und Schüler, die bei Cafe Lueg ihre Auszeiten nahmen.

Wir saßen in großen Trauben um kleine Tische herum und diskutierten über die Fragen der Zeit. Ich erinnere mich noch an monatelange Diskussionen über Sinn und Nutzen der Atomkraft. Es waren alle Positionen vertreten. Paul (was macht der eigentlich heute) spielte oder war der Advocatus diaboli: „Pro!!!“ – „Ich als Physiker, meine … !“

Damals habe ich gelernt, dass Streiten Spaß macht und es kein persönlicher Angriff ist, wenn jemand eine entgegengesetzte Meinung hat.

Bei Cafe Lueg hingen viele Zeitungen an vielen Haken. Ich habe nur noch „Die Zeit“ in Erinnerung , die damals einen linksliberalen Schwenk vollzogen hatte und äußerst informativ war (dann kam irgendwann leider das Gesülze von Theo Sommer, aber das ist wieder ein anderes Thema).

Es waren gute und schlechte Zeiten, aber wir haben solcherart gelernt.

Das Schöne am Cafe Lueg in der Duisburger Straße ist immer noch: Es hängen viele Zeitungen an vielen Haken.

Lesen im Cafe Lueg
Lesen im Cafe Lueg

Gesehen und angeschaut habe ich: WAZ, NRZ, RP, SZ, FAZ, Rheinischer Merkur, Die Zeit.

Ich habe festgestellt, dass die NRZ nicht mehr „Neue Ruhr Zeitung“, sondern „Neue Rhein Zeitung“ heißt.

Alles andere erzähle ich bei späterer Gelegenheit, denn es ist der 24. Dezember und ich sollte im Bett liegen und das neues Buch von John le Carré (hoho: Weihnachtsgeschenk!) lesen: A most wanted man.

Aber das ist ein anderes Thema.

3 Gedanken zu „Cafe Lueg“

  1. ja, da werden sehr lebendige erinnerungen wach…hatten wir wirklich so viele freistunden?
    würde gerne mal wieder mit dir einen kaffee dort trinken!! Liebe Grüße und frohe Weihnachten!
    Dörte

  2. Wegen der Freistunden:

    Ich denke, dass der Oberstufenstundenplan sehr locker geflochten war 😉

    Das soll auch heute noch so sein – in NRW.

    Hannes

  3. Theo Sommer …:

    „Doku über Napola-Zöglinge

    „Herrenkinder“ erzählen

    (…)

    „Was ich heute noch dieser Erziehung zugutehalte, wir wurden zur Wahrhaftigkeit erzogen. Wir wurden zu Lauterkeit erzogen, zu Rechtschaffenheit“, sagt Theo Sommer, einige Jahrzehnte lang Chefredakteur und Herausgeber der Zeit. Als einer von 15.000 Schülern hat Sommer eine „nationalpolitische Erziehungsanstalt“ besucht, von denen es gut 40 gab, sogenannte Napolas. Ihr Ideal war: „Glauben. Gehorchen. Kämpfen.“

    (…)

    Die Zuschauer müssen sich selbst fragen, welchen ideologischen Schutt die im Nationalsozialismus Erzogenen ihren Nachkommen weitergegeben haben. Und was es bedeutet, wenn Theo Sommer meint, die „Eliteauswahlkriterien“ der Napola seien „ja vielleicht gar nicht so schlecht“ gewesen. Er macht fast den Eindruck, stolz auf seine Ausbildung an einem Ort der Elitenbildung zu sein, wenn er am Anfang des Filmes sagt: „Wir wurden gefordert, was jungen Menschen guttut.“

    http://www.taz.de/!5151465/

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