Kommentar: Können Patientenakten zu Waisen werden? Veramed Klinik Meschede – Posse oder Skandal?

Vorbemerkung: Als ich gerade auf die Kommentare unter dem Artikel „Die verlassene Veramed-Klinik in Meschede und die vermissten Patienten-Akten. Die Geschichte geht weiter …“ antwortete, wurden meine eigenen Einlassungen immer länger. Ich poste sie deswegen hier als Blogartikel:

Bei allem Hin und Her um die Besitzverhältnisse kann ich persönlich mit meinem schlichten Verstand nicht begreifen, warum derartige Akten nicht sofort gesichtert werden, unabhängig von irgendwelchen Insolvenzverläufen.

So wie ich es verstehe, handelt es sich bei den Patientenakten der ehemaligen Veramed Klinik um hochsensibles Datenmaterial. Allen Verantwortlichen war seit langem bekannt, dass dieses Material ungesichert in einem verlassenen Gebäude eingesehen werden konnte und kann.

Gibt es überhaupt Verantwortliche oder müssen wir die Krankenakten als Waisen betrachten?

Kleines Gedankenspiel: in den USA hätte eine Sammelklage mit erheblichen finanziellen Konsequenzen schnell zur Klarheit geführt bzw. die Verantwortlichen wären sich dieser drohenden Möglichkeit bewusst gewesen.

Hier in Deutschland scheint niemand verantwortlich – es ist ein Trauerspiel, vielleicht eine Posse, vielleicht ein Skandal. Wir werden sehen.

Die Türen, die jetzt in der alten Klinik eingebaut werden, sind Alibi-Installationen, die das Problem nicht lösen, sondern nach außen dokumentieren sollen, dass „man sich kümmere“.

Weiteres Gedankenspiel: angenommen, das Winterberger Krankenhaus gehe Pleite, was passierte dann mit den Akten?

Kleine Rechercheaufgabe: in Bad Fredeburg ist eine Klinik pleite. Was passiert dort mit den Akten.

Kleine Anekdote am Rande: in einer mir bekannten Stadt ist ein mir bekannter Arzt Pleite gegangen. Patienten benötigen für ihre Versicherung/Rente/etc. ihre Akten. Die sind weg.

Können in Deutschland Krankenakten heimatlos werden?

Können in Deutschland Patientinnen und Patienten nicht darauf vertrauen, dass ihre Krankendaten geschützt sind?

Können in Deutschland Patientinnen und Patienten nicht darauf vertrauen, dass jemand für ihre Patientendaten verantwortlich ist?

Ich befürchte, dass dieser „Urban Explorer“ Recht haben könnte:

„Ich war in einigen Kliniken in letzter Zeit – überall liegen die Patientenakten rum – ich kenne Keine wo es nicht so ist, selbst die Personalakten mit Fotos fliegen überall rum – wer soll das denn auch wegräumen? Wenn jetzt Einer geschrieben hätte „hey ich war in ner Klinik und da lagen KEINE Akten rum“ – das wäre mal was Neues“

11 Gedanken zu „Kommentar: Können Patientenakten zu Waisen werden? Veramed Klinik Meschede – Posse oder Skandal?“

  1. Mittlerweile scheint ja etwas Bewegung in die Sache zu kommen und einige Institutionen fangen an sich Gedanken über den Schutz der Patientendaten zu machen. Warum muss so etwas sooooooooo lange dauern? Bereits im Januar 2011 hat die SBL an den Landrat die erste Anfrage zu den Patientenakten in der ehemaligen Veramed-Klinik gestellt!

    Das hat jetzt noch länger gedauert als beim Thema Fracking. Da sind von der ersten Anfrage der SBL bis zu den Aktivitäten der Verwaltung „nur“ 1,5 Jahre vergangen…

  2. Ich verstehe auch nicht so ganz, warum die Gebäude nicht vernünftig gesichert werden. Es ist für „Urban Explorer“ (oder kurz: Urbex) sicherlich spannend und interessant so etwas zu erkunden, allerdings sind nicht alle so vernünftig und machen nur Fotos.
    Es kann ja nicht sein, dass jeder mal eben in der Klinik reinmaschiert und sich rausholt was er braucht. Auf der Videoreihe auf Youtube sind in vielen Räumen abgestellte Rechner zu sehen, ich will gar nicht wissen welche Daten da noch drauf sind. Die kann sich jeder einfach so unter den Arm klemmen, weil diese Räume rein gar nicht abgesichert sind!

  3. Heute war in der WP ein Interview mit einem „Urban Explorer“ der mehrfach in der Veramed-Klinik war. Das Interview ist sehr interessant, er erzählt darin auch, dass die Veramed-Klinik noch über außergewöhnlich viel Inventar verfügt!

  4. @Leon R.
    Gibt es einen Link? Ich werde mal gucken … 🙂

    Bin wieder da: „Sie nennen sich Urban Explorer, das heißt, sie erkunden heimlich verlassene Gebäude, einsame Industrieruinen und ehemalige Krankenhäuser – wie die Veramed-Klinik in Beringhausen. Wir haben mit einem dieser Menschen über seine verbotenen Besuche in Beringhausen gesprochen. Er will anonym bleiben.“ …

    http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-meschede-eslohe-bestwig-und-schmallenberg/warum-einsame-gebaeude-so-reizvoll-sind-id7465559.html

  5. Wie die WP berichtet, gehören die Akten nicht zur Insolvenzmasse. Da das Krankenhaus jedoch privat betrieben wurde, sei nun niemand mehr zuständig.

    http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-meschede-eslohe-bestwig-und-schmallenberg/patienten-akten-keiner-will-die-kosten-tragen-id7468676.html

    Auch für Patientenakten einer Arztpraxis wäre im Fall einer Insolvenz niemand zuständig.

    Was spricht dagegen, dass Patienten im Falle einer Insolvenz grundsätzlich ihre Akten erhalten? Die Kosten müssten aus der Insolvenzmasse gedeckt werden, denn schließlich erwirtschaften private Arztpraxen und private Kliniken private Gewinne.

  6. @Johanna:
    Für solche Angelegenheiten wie Patientenakten ist der Hochsauerlandkreis gesetzlich zuständig. Denn die Rechtsaufsicht über die Krankenhäuser obliegt gemäß § 11 Abs. 4 KHGG (Krankenhausgestaltungsgesetz) dem Kreisgesundheitsamt!

  7. @Reinhard
    „Für solche Angelegenheiten wie Patientenakten ist der Hochsauerlandkreis gesetzlich zuständig. Denn die Rechtsaufsicht über die Krankenhäuser obliegt gemäß § 11 Abs. 4 KHGG (Krankenhausgestaltungsgesetz) dem Kreisgesundheitsamt!“

    Dann wäre aber doch nicht, so wie im WP-Artikel geschildert, die Stadt Meschede in der Pflicht, und zwar auch nicht vorrübergehend!?

  8. @Gabi:

    Nachdem man verzweifelt/mit Nachdruck/etc. die Verantwortlichen gesucht haben wird, wird uns folgende Schuldige präsentiert werden. Es ist

    DIE GESETZESLÜCKE

  9. Ich verstehe nicht, warum nicht einfach jeder seine Akten erhält bei einer Klinikschließung?! Das spart Geld für die Einlagerung und es gibt keine Schwierigkeiten an diese Unterlagen zu kommen.

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