Klimagesichter im Hallenberger Rathaus

Vorträge und Gespräche auf der Finissage des Klimajahres. Flucht vor Krieg, Hitze und brennenden Palmenwäldern

Anhand von sieben lebensgroßen Figuren und informativen Texttafeln erfuhren Besucher*innen, wie der Klimawandel in verschiedenen Regionen der Welt das Leben vor Ort beeinflusst. Die Menschen hinter den Figuren berichten über ihre Schicksale, ihre Sorgen, aber auch über ihre Hoffnungen. (fotos: zoom)

Die Ausstellung „Klimaflucht – die bewegenden Geschichten hinter dem Klimawandel“ wurde am vergangenen Dienstagnachmittag mit einer Finissage im Rathaus Hallenberg beendet. Die Exponate hatten einen Monat lang die Geschichten von Menschen erzählt, die aufgrund des Klimawandels ihre Heimat verlassen mussten, und gaben Einblick in die Ursachen und Folgen klimabedingter Migration. (Siehe auch hier im Blog). Im Mittelpunkt des Nachmittags stand der Vortrag der 2018 aus dem Irak geflüchteten Klimabotschafterin Yusri Mohammed mit Berichten und Bildern über ihr von Krieg und Krisen erschüttertes Heimatland.

Anhand von sieben lebensgroßen Figuren, informativen Texttafeln und Audio-Aufnahmen erfahren Besucher*innen, wie der Klimawandel in verschiedenen Regionen der Welt das Leben vor Ort beeinflusst. Die Menschen hinter den Figuren berichten über ihre Schicksale, ihre Sorgen, aber auch über ihre Hoffnungen.

Auf der Finissage des Hallenberger Klimajahres informierten Yara Behrens und Verena Patzelt von der Deutschen KlimaStiftung über ihre Arbeit und die Ziele der Ausstellung.

Freuen sich über eine gelungene Veranstaltung (v.l.): Thomas Grosche, Verena Patzelt, Yusri Mohammed, Yara Behrens, Enrico Eppner, Christoph Hammerschmidt, Kim Peis

Es gehe mit der Ausstellung, so Yara Behrens, darum, die rechtliche Schutzlücke für Klimaflüchtende aufzuzeigen. Der Status Klimaflüchtling sei im EU-Recht nicht vorgesehen. Die Anzahl der Flüchtenden seien nur sehr schwer zu ermitteln, Menschen migrierten häufig innerhalb eines Landes. In Deutschland wären die Umzüge nach der Ahrtal-Katastrophe ein Beispiel für innerstaatliche Migration.

Im vergangenen Jahr mussten rund 26,4 Millionen Menschen ihre Heimat aufgrund von Katastrophen und klimabedingten Ereignissen wie Dauerregen, Dürren, Hitzewellen und Stürmen verlassen – nach Angaben der UNO-Flüchtlingshilfe die höchste Zahl seit einem Jahrzehnt.

Neben den großen Katastrophen wie Feuersbrünsten und Überschwemmungen gebe es auch viele Veränderungen, die schleichend beginnen, bspw. das Steigen der Meeresspiegel und das Abschmelzen der Gletscher.

Inzwischen hat die Klimastiftung 53 Menschen aus 25 Ländern zu Klimabotschafter*innen ausgebildet.

Die 2018 aus dem Irak geflüchtete Yusri Mohammed ist eine der Botschafterinnen. Heute absolviert die 33-Jährige ein Masterstudium zur Umweltingenieurin an der Universität Kassel. Ihren Bachelorabschluss als Bauingenieurin hatte sie schon vor ihrer Flucht im Irak gemacht. Den Impuls zu ihrem heutigen Studium erhielt Yusri Mohammed noch in der alten Heimat. In ihrer Präsentation sieht man u.a. das Bild eines Sees, am Ufer Häuser, die aus Schilf und Zuckerrohr errichtet wurden. Nachhaltiges Bauen mit natürlichen Materialien im Irak.

Es gebe Gemeinsamkeiten zwischen dem Irak und Deutschland, das Bier, Ostereier und auch den Schnee, denn auch im Irak existieren die unterschiedlichsten Klimazonen.

Bäume in Deutschland: Eiche, Buche, im Irak: Palmen. Yusri Mohammed zeigt Bilder von brennenden Palmenwäldern. Krieg vernichtet Umwelt und treibt den Klimawandel zusätzlich an. Ihre 1972 geborene Mutter hätte inzwischen viele Kriege, auch mit Chemiewaffen, erlebt.

Yusri Mohammed verdeutlicht in ihrem Vortrag die Folgen des Krieges für die irakischen Palmenwälder.

Klimakrise, Hitze von 50°C, Konflikte – Ein weiteres Bild: Warum liegt dieses Neugeborene in einem Kühlschrank? Es sei nicht tot, sondern werde vor der Hitze geschützt.

Die Hitze sei das eine, aber dann sei da noch der Staub, überall Staub. Eincremen und Schminken? Unmöglich, weil sich der Staub festsetzt. Mascara und Wimperntusche verkleben zu einer fettigen Staubschicht. Dunkle Kleidung sieht nach kurzer Zeit verschmutzt und dreckig aus.

Alles hängt mit allem zusammen: Krieg, Öl, Korruption, Hitze,Wassermangel – die Klimakrise hat viele Gesichter

Die Flucht nach Deutschland wäre ein Kultursprung gewesen; auch hätte sie zuerst die fremde Sprache lernen müssen, um fit für das Studium werden. Sie vermisse ihre Eltern und den Geschmack der Maulbeeren.

Im Workshop an der Sekundarschule Medebach/Winterberg habe sie die 15-jährigen Schüler*innen gefragt, was diese am meisten von Deutschland vermissen würden, sollten sie fliehen müssen. Die Antworten: Deutsches Bier, die Natur, Currywurst, der Hund, die Eltern.

Zu Beginn der Finissage erobern sich die Schüler*innen der Hallenberger Grundschule das Foyer des Rathauses, um einen Weihnachtsbaum mit besonderer Deko zu schmücken.

BM Enrico Eppner spricht mit Grundschulkindern über ihr Projekt Müllvermeidung und den Workshop „Weihnachtsbaum-Deko aus gesammeltem Abfall“.

In einem Upcycling Workshop haben sie zusammen mit Klimamanagerin Kim Peis und dem Waldpädagogen Markus Genster aus eigens gesammeltem Müll Weihnachtsbaumschmuck hergestellt.

Unternehmt etwas gegen den Klimawandel, mahnt Yusri Mohammed, damit eure Kinder in Deutschland nicht eines Tages Currywurst und Bier vermissen müssen.

Kim Peis schildert wie sie im Alltag angesichts der vielen Krisen oft Lethargie und Hoffnungslosigkeit empfindet, aber als sie Yusri kennenlernte, habe diese ihr Motivation, Hoffnung und Mut gegeben.

BM Eppner dankte der Klimastiftung und der Klimamanageri für die Organisation und inhaltliche Vorbereitung der Ausstellung. „Wir haben noch einiges zum Thema Klimawandel vor, Ausstellungen, Vorträge, Waldpflanzaktionen.“ Er wolle alle einladen, den Blick durch die Augen von Yusri Mohammed auf die Situation in der Welt zu werfen. Alles sei mit allem vernetzt. Was wir in Deutschland, auch vor Ort, machen, könne ausschlaggebend sein für andere Länder.

So viele Klimagipfel und doch scheint der Klimawandel ungebremst. Im Hintergrund Bilder der Michèle Noach Ausstellung: hier das Verschwinden der Gletscher

Der Bürgermeister betont die Bedeutung der interkommunalen Vernetzung. Die kleinen Schritte im politischen Alltag seien wichtig. Ein gutes Zeichen war es daher, dass auch Akteurinnen und Akteure aus den benachbarten Gemeinden gekommen wären. Anwesend waren u.a. Thomas Grosche (BM Medebach), Christoph Hammerschmidt (Regionalmanager LEADER Hochsauerland), Norbert Kremser (AG KlimaZukunft Winterberg) und nicht zu vergessen die Schülerinnen und Schüler der Grundschule Hallenberg. Der Lions Club sorgte für den weihnachtlichen Glühwein.

Bürgermeister Enrico Eppner wies am Ende mit einem Augenzwinkern auf die kulturellen Gemeinsamkeiten der beiden Länder Irak und Deutschland hin und überreichte der Klimabotschafterin eine große Flasche lokalen Hallenberger Landbieres.

Nach der Ausstellung in Hallenberg geht es in Korbach weiter. Dort werden ab dem 6. Dezember 2024 im Wolfgang-Bonhage-MUSEUM sogar 14 Figuren aufgestellt sein.

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