Kleines Pausenbild und ein paar Zeilen zu Fatih Akins „Aus dem Nichts“

Weihnachtsmärkte sind zwar nicht meine Lieblingsorte, aber auf dem Weg zum Kino stand dieses kleine Riesenrad. (foto: zoom)
Heute waren wir aus dem Sauerland geflohen, um in Kassel den neuen Film von Fatih Akin „Aus dem Nichts“ zu sehen.

Kein Sex und keine Gewalt, wie in „Gegen die Wand“, nicht die gebrochene Lebenslust von „Soulkitchen“, sondern ein politischer Film, der die NSU-Mordserie als Hintergrund und Zitat verarbeitet.

Die Nagelbombe in einer Hamburger Straße zerreißt und vernichtet eine Familie. Vater (Türke?, Kurde?) und Sohn in Fetzen. Die Mutter, deutsch, sucht Gerechtigkeit vor dem Gericht.

Nach dem Anfangsverdacht der Polizei -rein kriminelles Milieu unter ausländischen mafiösen Gruppen- sitzt im zweiten Drittel des Films ein Nazi-Pärchen auf der Anklagebank.

Wie es die Regie will, wird dieses fiese Pärchen wegen angeblichen Widersprüchen in der Beweisführung freigesprochen.

Die überlebende Ehefrau und Mutter spielt ihre Möglichkeiten durch: Drogen, Suizid und nahe dem Ende die Nagelbombe.

Die Lösung ist überraschend, aber am Ende doch „gerecht“ bzw. folgerichtig.

Das Kino in Kassel habe ich mit einer vertieften Portion Wut über die immer noch nicht aufgeklärten NSU-Morde und den wahrscheinlichen Polizeimord an Oury Jalloh in Dessau verlassen.

Trotzdem verspüre ich eine kleine Befriedigung, dass es in Deutschland Regisseure wie Fatih Akin gibt, Stachel im Fleisch der Lügen und Vertuschungen.

7 Gedanken zu „Kleines Pausenbild und ein paar Zeilen zu Fatih Akins „Aus dem Nichts““

  1. „Das Kino in Kassel habe ich mit einer vertieften Portion Wut über die immer noch nicht aufgeklärten NSU-Morde und den wahrscheinlichen Polizeimord an Oury Jalloh in Dessau verlassen.
    (…)
    … Stachel im Fleisch der Lügen und Vertuschungen.“

    Gestern (08.12.2017) begann in Düsseldorf der „Love-Parade“-Prozess. 111 Verhandlungstage hat das Landgericht Duisburg (Außenstelle D’dorf) zunächst für den Prozess angesetzt.

    Ob angesichts der Anzahl der zu vernehmenden Zeugen, Reaktionen auf Anträge von Verteidigern der Angeklagten etc. das Verfahren bis zum Juli 2020 mit einem Urteil abgeschlossen werden wird, ist heute schon fraglich.

    „Lügen und Vertuschungen“ könnten quasi wg. „Fristüberschreitung“ zu den Akten gelegt werden.

      1. Im Fall Oury Jalloh wurde ein „Schwarzer“ vermutlich Opfer einzelner „Staatsdiener“, schlimm genug, aber nicht vergleichbar mit der „Mordserie durch den NSU“, Entschuldigung, durch wen?

          1. Beim link „planet-wissen“ fehlt etwas, nämlich die allererste Frage: wer hat den NSU gemacht? Das war der Staat, um es hier „vergleichbar“ auszusprechen.

  2. Der Spiegel hat den Film ganz anders als ich „gelesen“. Die beiden Rezensenten kommen zu dem folgenden Schluss

    „Ein NSU-Film, der überall spielen könnte und von rassistischen Erfahrungen erzählt, die nicht an Herkunft oder Hautfarbe gekoppelt sind: Nur wer das nicht als Widerspruch empfindet, wird „Aus dem Nichts“ als gelungenen Film betrachten.“

    http://www.spiegel.de/kultur/kino/aus-dem-nichts-von-fatih-akin-mit-diane-kruger-kann-es-wirklich-jeden-treffen-a-1179555.html

    Im Umkehrschluss bedeutet der zweite Teil nach dem „und“, dass den Rezensenten ein Film vorschwebt, in dem Rassismus an Herkunft und Hautfarbe gekoppelt ist.

    Ein imho zu enger Rassismus-Begriff, den schon jeder „Krüppel“ oder „Schwule“ locker sprengt.

    Außerdem wird der Popanz „NSU-Film“ aufgebaut, auf den die Rezensenten dann munter einschlagen.

    Ich habe den Film gestern als einen Film von Fatih Akin mit dem Co-Drehbuchautoren Hark Bohm gesehen, der zwar viele Zitate des Rechtsterrorismus enthält, diese aber mit künstlerischer Freiheit verarbeitet.

    „Aus dem Nichts“ ist kein „NSU-Film“.

Kommentare sind geschlossen.