Inklusion – neue Planungen von SPD und Grünen? Ein Bericht von Matthias Schulte-Huermann. Kritik der GEW an der Umsetzung.

Im folgenden veröffentlichen wir einen Bericht von Matthias Schulte-Huermann (Grüne Sundern) über eine Inklusionsveranstaltung zum Thema Inklusion. Angeschlossen ist die kritische Position der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zur Umsetzung der Inklusion in NRW.

Am 6. Februar fand im Düsseldorfer Landtag auf Einladung von MdL Sigrid Beer eine Informationsveranstaltung zusammen mit Schulministerin Sylvia Löhrmann zum Thema „Inklusion“ statt.

Es wurde intensiv darüber diskutiert, wie der Rechtsanspruch auf Wahlmöglichkeit der Schule, mit dem die Inklusion umgesetzt werden soll, ab dem Jahr 2013/14 verwirklicht werden kann.

Grundlage dieser Entwicklung ist die Umsetzung einer seit dem 26. März 2009 gültigen UN-Konvention über die Rechte von Behinderten.

Frau Lücke-Deckert, Schulamtsdirektorin aus dem Kreis Wesel, verdeutlichte ihre Erfahrungen aus dem Flächenkreis Wesel in der Umsetzung: Förderschulen mit Schwerpunkt Lernen würden durch den Elternwillen überflüssig, während der Förderschwerpunkt Sprache erhalten bliebe. Erhebliche Schwierigkeiten gäbe es beim integrativen Unterricht mit Schwererziehbaren.

Der Schulleiter einer Förderschule aus Ennigerloh zeigte auf, dass seine Schule die schrittweise Selbstauflösung beschlossen habe. Während früher 100 Schüler in der Schule waren seien es jetzt noch 50 mit weiter abnehmender Tendenz. Die Lehrer seiner Schule verrichten einen zunehmenden Anteil ihrer Arbeitszeit in anderen Schulen.

Die Veranstaltung zeigte erheblichen Diskussionsbedarf. Während einem Teil der Teilnehmer die Inklusion nicht schnell genug ging, forderten andere behutsame und langsame Umsetzung.

Es wurde auf die personellen und bisher nicht gelöste organisatorische Probleme verwiesen, die mit dem Aufeinanderprallen verschiedener Systeme vorprogrammiert seien.

Insbesondere von grünen Kommunalpolitikern wurde deutlich gemacht, dass die Inklusion erhebliche Kosten verursachen würde, die die Kommunen vor Ort ohne Landesmittel nicht leisten könnten.

Die Schulministerin forderte hier allerdings mehr „Fantasie“ der Handelnden vor Ort um die räumlichen Problem zu lösen. Geld sei dabei nicht unbedingt das, was notwendig sei.

In der vergangenen Stadtratssitzung hatte Bürgermeister Lins ein Schreiben des Landrats und der Bürgermeister im Hochsauerlandkreis zum Thema „Inklusion“ und deren Umsetzung an die Schulministerin verteilt. Darin wird ein *konnexitätsrechtlicher Ausgleich des Landes* für die erheblichen Folgekosten eines inklusiven Schulsystems gefordert. Erhebliche Investitionen für den Umbau von Schulgebäuden seien notwendig, Zudem hättet der Hochsauerlandkeis gerade erst neue Förderschulgebäude errichtet, die bei einer vollständigen Inklusion nicht mehr benötigt würden.

In einer Stellungnahme vom 12. Februar äußert sich die GEW Nordrhein-Westfalens folgendermaßen:

Wir lesen in dem berühmten Kaffeesatz: Am vergangenen Freitag sollte es – so war zu hören – eine Pressekonferenz der beiden die Regierung tragenden Fraktionen zum Thema ‚Inklusion‘ geben. Es sollte – ohne Zustimmung bzw. Unterschrift der CDU – ein neues Eckpunktepapier zur schulischen Inklusion präsentiert werden, dessen Inhalte in den wesentlichen Punkten durchgesickert sind.

Die drei zentralen Punkte:

  • Rechtsanspruch auf einen Platz in „allgemeinbildenden Schulen“ für die Klassen 1 und 5 ab 2013;
  • kein Termin für das „Auslaufen“ von Förderschulen bestimmter Förderschwerpunkte;
  • keine eindeutige landeseinheitlich definierte und gesteuerte Ressourcenzuweisung.

Obwohl man ja in der Politik bekanntlich nie sicher sein kann, dass letztlich auch umgesetzt wird, was angekündigt wird, hat die GEW NRW ihre Kritik an den rot/grünen Planungen in dieser Woche öffentlich gemacht.

Der Kernsatz lautet: „Die von den Landtagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten ‚Eckpunkte für den Weg zur inklusiven Schule in NRW‘ werden dem eigenen Anspruch bestmöglicher Qualität der Bildung und Erziehung aller Kinder im gemeinsamen Unterricht nicht gerecht und werden von der GEW zurückgewiesen.“

Pressemitteilung der GEW NRW:
http://www.gew-nrw.de/index.php?id=2378

Weblog der schulpolitischen Sprecherin der Grünen, Sigrid Beer:
http://www.gruene.landtag.nrw.de/blog/07-02-2012/%E2%80%9Emit-dem-bekenntnis-zur-inklusion-den-schulen-haben-wir-nrw-einen-einmaligen-prozess

4 Gedanken zu „Inklusion – neue Planungen von SPD und Grünen? Ein Bericht von Matthias Schulte-Huermann. Kritik der GEW an der Umsetzung.“

  1. Schön Schulwelt:

    ‚Die Schulministerin forderte hier allerdings mehr “Fantasie” der Handelnden vor Ort um die räumlichen Problem zu lösen. Geld sei dabei nicht unbedingt das, was notwendig sei.‘

    In der Privatwirtschaft ist klar, dass die Zusammenführung unterschiedlicher Systeme einen erheblichen Aufwand erfordert. Konzepte müssen erstellt, Mitarbeiter geschult und Prozesse beobachtet und ausgewertet werden.

    Bei der Zusammenführung verschiedener Schulformen solle ‚Fantasie‘ helfen. Das ist ja toll. Und so günstig. Synergie zum Null-Tarif. Warum hat die Privatwirtschaft das nur noch nicht entdeckt?

  2. Wenn unser Bildungssystem eine mathematische Gleichung mit einer Unbekannten x wäre, dannn müsste x = finanzielle Mittel und Ressourcen sein.

    Leider werden Lehrerinnnen und Lehrer nicht ausreichend qualifiziert und fortgebildet, wenn neue Anforderungen kommen, sondern es wird einfach gesagt: Macht mal.

    In der Privatwirtschaft wäre ein solches System schon längst mangels Konkurrenzfähigkeit zusammengebrochen.

    Es gibt heute im Jahre 2012 LehrerInnen, die immer noch nicht mit Textverarbeitung, Tabellenkalkulationn und digitalen Präsentationstechniken vertraut sind, die darüber hinaus an ihren Schulen auch gar nicht die technischen Voraussetzungen vorfinden, die die Anwendung dieser schon längst etablierten neuen Kulturtechniken im Arbeitsalltag erlaubte, die darüber hinaus noch nicht mal, wie jeder Angestellte irgendeiner Firma, über einen Arbeitsplatz an der Schule verfügen.

    Diese gebeutelten Geschöpfe sollen jetzt auch noch die Aufgaben der Förderschulen übernehmen?

    Ich weiß nicht.

    Es hilft angesichts dieser Zustände nichts, nun einfach die Größe „Fantasie“ in die Gleichung einzusetzen.

    Das ist politischer Zynismus.

  3. das was ich schrieb war sicherlich verkürzt, deswegen nochmal zur Klarstellung: In der Frage der Lehrerausbildung und in der Frage das zu wenig Förderschullehrer da sind hat Sylvia Löhrmann wenn ich das richtig erinnere eindeutig gestellt, dass zur Veränderung der Situation mehr Gelder zur Verfügung gestellt werden müssen. Der Streitpunkt sind Investitionszuschüsse für Umbauten etc.wie das ja auch aus dem erwähnten Schreiben des Landrats hervorgeht.

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