Hitler, Steiner, Mussolini – Anthroposophie und Faschismus, gestern und heute

Waldorfschulen und Anthroposophie versuchten, mit den Nationalsozialisten zusammenzuarbeiten, wie es in einem Memorandum der Vereinigung der Waldorfschulen an Rudolf Hess offenbar wird: Man erklärte, dass Waldorfschulen „in kleinem Maßstab das verwirklichten, was die Volksgemeinschaft im nationalsozialistischem Staat im Großen anstrebt“(1).

"La Difesa Della Razza" übersetzt: "Die Verteidigung der Rasse"
„La Difesa Della Razza“ übersetzt: „Die Verteidigung der Rasse“

Wurde die Anthroposophie von den Machthabern in Deutschland letztlich als weltanschauliche Konkurrenz wahrgenommen, so war sie in Italien eine willkommene „spirituelle“ Ergänzung des Faschismus. Hier konnten Anthroposophen ihren Traum von der „überlegenen arischen Rasse“(2) ausleben, und daran arbeiten, Rudolf Steiners programmatische Aussage „Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse“(3) zu verwirklichen. Zur Anthroposophie im italienischen Faschismus und ihrer anthroposophischen Rezeption heute.

Von Andreas Lichte, Erstveröffentlichung bei den Ruhrbaronen.

„Rudolf Steiner war ein wahrhaft idealer Vorläufer des neuen Europa von Mussolini und Hitler. Ziel dieser Schrift war es, den Geist und die Figur dieses grossen, modernen, deutschen Mystikers für die Bewegung zu beanspruchen“ eine Bewegung, die nicht nur politisch, sondern auch spirituell ist „eingeführt in die Welt von den zwei parallelen Revolutionen, der Faschistischen und der Nationalsozialistischen Revolution, denen Rudolf Steiner als echter Vorläufer und spiritueller Pionier in idealer Weise angehört“(4).

So das Fazit von Ettore Martinolis Artikel „Ein Vorankünder des neuen Europa: Rudolf Steiner“, in dem er vor allem die perfekte Übereinstimmung zwischen Rudolf Steiners Denken und den grundlegendsten Tendenzen des Faschismus und Nationalsozialismus im politischen, sozialen, und spirituellen Feld betont(5). Martinoli berichtet auch, dass Rudolf Steiner in seiner Wiener Periode „als Anti-Semit wohlbekannt wurde“(6).

Ettore Martinoli war eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der italienischen Anthroposophie. Als Rechtsanwalt verantwortete er das Zustandekommen und Fortbestehen der „Anthroposophischen Gesellschaft Italiens“ [„Società Antroposofica -™Italia“], deren Sekretär er seit ihrer Gründung 1931 war.

Martinoli sah sich in einem Kampf auf Leben und Tod zwischen Faschismus und Judentum, einem Kampf, den der Faschismus gewinnen musste, wenn er sein Ziel, ein „Neues Europa“ zu schaffen, verwirklichen wollte.

Martinoli war nicht nur Autor unzähliger Propagandaschriften gegen die „Jüdische Verschwörung“, sondern betätigte sich als Gründer und Direktor des „Zentrum für das Studium des jüdischen Problems“ [„Centro per lo studio del problema ebraico“] auch  praktisch in der Judenverfolgung, indem er jüdische Einwohner von Triest identifizierte und Listen über sie erstellte. Nach der Besetzung Norditaliens durch die Deutschen wurden Martinolis Listen und gesammelte Dokumente „das Todesurteil für Hunderte und Hunderte von Juden“, so Giuseppe Mayda.

Die Gründung der“Repubblica Sociale Italiana„, „RSI“, einem faschistischen Staat in Norditalien unter der militärischen Protektion des Deutschen Reichs im Jahre 1943, führte zu einer Beförderung Martinolis in den Apparat der RSI. Das“Zentrum für das Studium des jüdischen Problems“ wurde 1944 in“Zentrum für die Rasse“ [„Centro per la Razza“] umbenannt und seine Arbeit fortgesetzt, selbst dann noch, als Triest im Januar 1944 als „judenrein“ erklärt worden war.

Massimo Scaligero

Ist Ettore Martinoli in Deutschland weitgehend unbekannt, so genießt Massimo Scaligero (1906 – 1980) bei deutschen Anthroposophen grösste Wertschätzung. Der deutsche Wikipedia-Eintrag nennt 5 Bücher Scaligeros, die ins Deutsche übersetzt wurden. Das englische Wikipedia bezeichnet Scaligero als „Spirituellen Lehrer“, der den bekannten Anthroposophen Georg Kühlewind beeinflusste. Im italienischen Wikipedia wird Scagligero so beschrieben: „Er war unter den wichtigsten Fortführern der Ideen Rudolf Steiners und trug dazu bei, die Geisteswissenschaft („Geisteswissenschaft“, d.h. die „Anthroposophie“) in Italien bekannt zu machen und zu verbreiten.“

Heute ist Massimo Scaligero bei Wikipedia also ein „Bilderbuch“-Anthroposoph, es findet sich nicht der kleinste Hinweis auf folgendes, Zitat Scaligero:

„Wenn eine essentielle Zielsetzung der rassistischen Doktrin existiert, dann besteht diese notwendigerweise in einer ethisch-wissenschaftlichen Praxis, die die Werte der Rasse richtigstellt, gemäss eines Modells, das nicht erfunden werden muss, sondern das bereits existiert. Dies kann nicht nur durch eine Reihe von Normen der Eugenik und der Gesundheit erreicht werden, sondern auch indem eine rassistische Sensibilität und ein rassistisches Bewusstsein erweckt wird, so dass das Volk nicht passiv die Resultate einer rassistischen Aktion aufnimmt, sondern selbst bewusster Mitwirkender dieser Aktion wird“(7).

Das schreibt Massimo Scaligero 1942 in seinem Leitartikel „Bewusstsein des Blutes“ in der berüchtigten faschistischen, rassistischen und antisemitischen Zeitschrift „La Difesa della Razza“, übersetzt(8): „Die Verteidigung der Rasse“. Viele von Scaligeros annähernd 100 rassistischen Artikeln erschienen 1938–1943 bei „La Difesa della Razza“, 1941–1942 war Scaligero einer ihrer häufigsten Autoren, in etlichen Ausgaben Leitartikler.

Welche „Rasse“ verteidigt Scaligero? Und welches „bereits existierende Modell“ benutzt er dazu?

„Die Rasse von Rom“

Wie alle Rassisten erklärt Scaligero die eigene „Rasse“ für überlegen. Dazu entwickelt Scaligero in seinem frühen Hauptwerk von 1939, einem Buch von 275 Seiten mit dem Titel „Die Rasse von Rom“(9), den Mythos einer „Römischen Rasse“, einer „Rasse“, die, so Scaligero, „zum Sieg vorherbestimmt ist“.

Scaligeros breites Panorama der Entwicklung der „Römischen Rasse“ stellt die rassistische „Wurzelrassenlehre“(10), „hyperboreische“ rassische Ursprünge und den Aufstieg und Fall von „Atlantis“ vor – Elemente, die sich in der „Menschheitsentwickelung“ Rudolf Steiners finden.

In prähistorischen Zeiten begründete „die weisse arische Rasse“ den Westen und „die grossen mediterranen Zivilisationen“. Nordische und mediterrane rassische Gruppen kamen in der „Rasse von Rom“ zusammen, sie ist als „Italisch-Nordische Rasse“ die Synthese der besten Eigenschaften beider Gruppen.

„Ein überlegenes ethnisches Element“ blieb im Kern der „Römischen Rasse“ erhalten und schützte vor einer rassischen Mischung mit minderwertigen Elementen. Deshalb „ist die rassische Zusammensetzung Italiens heute die gleiche wie vor tausenden von Jahren“ und sowohl ihre besondere Spiritualität wie auch ihr spezielles Blut blieben intakt und bilden noch immer „eine organische Einheit.“

Wenn der Faschismus authentische Werte, die „anti-modern, anti-egalitär, aristokratisch“ sind, wieder herstellen kann, dann wird er „die Wiedergeburt einer überlegenen Rasse, die einmal mehr Römisch ist“ erreichen(11).

„Spiritueller Rassismus und biologischer Rassismus“

Schon in Scaligeros Buch „Die Rasse von Rom“ von 1939 werden 2 Charakteristika von Scaligeros Rassismus genannt, die später für ihn bestimmend werden: „Spiritualität“ und „Blut“.

„Spiritueller Rassismus und biologischer Rassismus“(12) heisst folgerichtig ein programmatischer Artikel Scaligeros von 1941: Durch die Integration von biologischen und spirituellen Formen des Rassismus in „eine essentielle Synthese“ will Scaligero einen „wahren und vollständigen Rassismus“ hervorbringen.

Scaligero führt aus, dass die Synthese von Geist und Leben die tiefgreifende Eigenschaft der arischen Rasse sei: die Sinnes-Welt mit spirituellen Kräften wiederzubeleben, und die spirituellen Welten durch die Erfahrung der Sinneswelt zu erreichen – dies sei das universale Gesetz für den arischen Menschen und sei immer die Grundlage der grossen Zivilisationen gewesen.

Seine Auffassung des „idealen arischen Menschen“ verknüpft Scaligero direkt mit der Anthroposophie, erklärt, dass die richtige Integration des Biologischen und Spirituellen im Werk Rudolf Steiners die Form einer endgültigen Lehre angenommen habe. Rudolf Steiner habe in den zwei einseitigen Erfahrungen der menschlichen Seele die zwei Hauptkräfte erkannt, die die Evolution und spirituelle Entwicklung des Menschen behindern. Diese nähmen symbolische Form in den Figuren Ahriman und Lucifer an(13).

Juden verkörpern „untermenschliche ahrimanische Kräfte“

Hauptgegner der menschlichen Entwicklung sind für Scaligero die Juden. Juden verkörpern „untermenschliche ahrimanische Kräfte“, so Scaligero im Kapitel „Anti-Judaismus als Anti-Materialismus“ seines Buches „Die Rasse von Rom“. „Ahriman“ steht in der Anthroposophie für „das Böse“, insbesondere ist Ahriman für den vernichtenden Einfluss des „Materialismus“ verantwortlich. Die Identifikation der Juden mit Ahriman gleicht einem Todesurteil. Und in der Tat beschreibt Scaligero schon 1939 „unsere anti-jüdische Haltung“ mit der Erklärung, dass der römische Weg mit „dem Feind“ umzugehen, sei, „das zu eliminieren, was uns Schaden zufügen kann.“

„Die Eliminierung des jüdischen Virus und die biologische Reintegration der arischen, ethnischen Werte“(14), lautet Scaligeros „Lösung des jüdischen Problems“. Dieser zentrale Satz von 1939 findet sich in vielen späteren Texten Scaligeros wieder.

Scaligero verbindet mit den Juden Demokratie, Humanismus, Säkularismus, Intellektualismus, Sozialismus, abstrakten Rationalismus, Seelenleere, Materialismus, Täuschung und Bestialität und warnt 1939 – nach Inkrafttreten der ersten faschistischen Rasssengesetze 1938 – davor, dass die antisemitische Kampagne des faschistischen Regimes nicht weit genug gegangen sei: „Das spirituelle Ideal der Rasse“ sei noch immer in grosser Gefahr durch „die okkulten Kräften des Judentums“(15). Scaligero ruft seine faschistischen Brüder dazu auf, einen rücksichtslosen Kampf gegen die Juden aufzunehmen, als „eine tiefgehende spirituelle Verantwortung“.(16)

„Arische Einheitsfront“

1941 zeichnet Scaligero das Bild eines apokalyptischen Kampfes zwischen „arischem Geist“ und „jüdischem Geist“ und sagt, dass Nationalsozialismus und Faschismus die Mittel bereitgestellt hätten, diesen Kampf zu gewinnen. Scaligero befürwortet Hitlers Ruf nach einer „vereinigten arischen Front gegen das Judentum“. Hitlers Forderung repräsentiere ein höheres Ziel für die rassistische Kampagne und zeige, wie kompromisslos der Kampf gegen das Judentum sein müsse(17).  Massimo Scaligero in seinem Artikel „Arische Einheitsfront“ in „Die Verteidigung der Rasse“ von 1941:

„Die anti-jüdische Bewegung muss heute richtigerweise eine übernationale Größe erlangen, bis sie zu einem Übereinkommen aller Länder wird. Gerade weil man von einem Ideal der Universalität bewegt ist, das die hierarchischen Differenzierungen nicht abschafft, sondern beibehält und harmonisiert, kann man die Aktion einer ethnisch-kulturellen Gruppe mit internationalistischem Charakter, wie die der jüdischen, nicht zulassen; diese Unzulässigkeit für die Völker erlangt lebendige Bedeutung vor allem sobald mit der Konzeption einer neuen arischen Universalität das Erwachen jenes ethnisch-spirituellen Elementes übereinstimmt, das ursprünglich diesem Ideal der Humanität den Impuls gab. Jetzt ist eine Einheitsfront unentbehrlich, um der Universalität des arischen Ideals ein positives Instrument auf der Ebene des Handelns zu geben, insofern es nicht darum geht, gegen eine Nation zu kämpfen, sondern gegen eine ‘Internationalität’, die Nation in den Nationen ist, und sich nicht nur unter dem Aspekt der Rasse präsentiert, sondern auch unter dem Aspekt der Religion, Kultur, der Denkweise, des Erkennens, des Handelns.“(18)

Rezeption heute

In Wikipedia, der Enzyklopädie mit der grössten Reichweite, gibt es keinerlei Hinweis auf Scaligeros faschistischen Hintergrund (siehe oben), und das obwohl es eine breite Forschungsarbeit zur Geschichte der faschistischen Rassenpolitik gibt, die Scaligeros Rolle in der rassistischen Kampagne diskutiert.

Scaligeros faschistische Texte finden sich auf Websites der italienischen Neofaschisten, so beispielsweise auf einer Literaturliste des „Centro Studi La Runa“, zu dessen Mitgliedern Gianluca Casseri – der â€œitalienische Breivik”, rassistischer Mörder von Florenz gehörte.

Es ist also schlicht unmöglich, Scaligeros Faschismus zu „übersehen“. Das ist Absicht, denn wie sollten Anthroposophen sonst Scaligeros Leben und Werk feiern, wie es die „Anthroposophische Gesellschaft Italiens“ im Dezember 2006 zu Scaligeros hundertstem Geburtstag tat?

Aber wie sollte eine historische Aufarbeitung auch aussehen? Scaligeros Rolle im Faschismus liesse nichts anderes zu, als sich vollständig, unmissverständlich, und endgültig von ihm zu distanzieren. Dann bestünde aber die Gefahr eines „Domino-Effekts“, denn Scaligero führt „nur“ das Werk seines Vorbilds, des Rassisten Rudolf Steiner, fort. Wenn Scaligero stürzt, fällt dann auch Rudolf Steiner?

Helmut Zander, Historiker und Autor des Standardwerkes „Anthroposophie in Deutschland“, über Rudolf Steiners Rassismus und Antisemitismus:

„Steiner ordnete die Rassen einer Fortschrittsgeschichte zu, in der beispielsweise heutige Indianer als »degenerierte Menschenrasse« im »Hinsterben« (GA 105,106.107 [1908]) oder schwarze Afrikaner als defiziente Spezies der Menschen- und Bewußtseinsentwicklung, als »degenerierte«, »zurückgebliebene« Rasse (ebd., 106) erschienen. Umgekehrt habe die weiße Rasse »das Persönlichkeitsgefühl am stärksten ausgebildet« (GA 107,288 [1909]). Dies sind nur Kernsätze einer Rassentheorie, die Steiner 1904 erstmals formulierte, um sie 1910 in einem komplexen System und in zunehmender Abgrenzung zu theosophischen Positionen auszufalten. Mit seinem Ausstieg aus der Theosophie hat er diese Vorstellungen keinesfalls über Bord geworfen, sondern sie 1923 nochmals in Vorträgen vor Arbeitern des Goetheanum in vergröberter, »popularisierter« Form wiederholt, aber ohne Revision im inhaltlichen Bestand. Die weiße war nun »die zukünftige, die am Geiste schaffende Rasse« (GA 349,67 [1923]).“(19)

„In der Konsequenz dieses Denkens lag auch Steiners Bestimmung des Judentums, das ebenfalls als evolutionshistorisch überholt galt (s. 8.3.2b), und in diesen Kontext gehören auch seine Völkerstereotypien, die gleichfalls hierarchisiert waren und die Deutschen als Avantgarde der Entwicklung sahen (s. 14.3.1a).“(20)

„Steiner formulierte mit seinem theosophischen Sozialdarwinismus eine Ethnologie, in der die Rede von »degenerierten«, »zurückgebliebenen« oder »zukünftigen« Rassen keine »Unfälle«, sondern das Ergebnis einer konsequent durchgedachten Evolutionslehre waren. Ich sehe im Gegensatz zu vielen Anthroposophen keine Möglichkeit, diese Konsequenz zu bestreiten.“(21)

Trotz dieses eindeutigen Urteils Helmut Zanders und der Entscheidung der „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM), die Büchern Rudolf Steiners bescheinigte, dass sie „zum Rassenhass anreizend bzw. als Rassen diskriminierend anzusehen“ sind, wird Rudolf Steiners Rassismus von Anthroposophen geleugnet, genauso wie Scaligeros Faschismus.

Motive für die Leugnung des anthroposophischen Rassismus, Faschismus

Die Anthroposophie ist einerseits eine Religion, die auf neue Gläubige angewiesen ist, andererseits ist sie ein Wirtschafts-„Imperium“, mit – formal unabhängigen –anthroposophischen Banken, Unternehmen, Krankenhäusern, Universitäten, und den bekannten Waldorfschulen.

Was würde geschehen, wenn Rudolf Steiner, Begründer und immer noch unangefochtene Autorität der Waldorfschulen, in der Öffentlichkeit mit Rassismus und Faschismus in Verbindung gebracht würde? Die Anmeldezahlen würden zurückgehen, möglich wäre aber auch, dass die öffentliche, finanzielle Förderung der Waldorfschulen in Frage gestellt würde. Es entstünde ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden, und auch die Gewinnung des anthroposophischen Nachwuchses wäre gefährdet. Hier zeigt sich das erste Motiv für die Leugnung des anthroposophischen Rassismus, das „professionelle Motiv“:

Detlef Hardorp kann als Vorstand des „European Council for Steiner Waldorf Education“ und „Bildungspolitischer Sprecher der Waldorfschulen in Berlin-Brandenburg“ im Werk Steiners keinen Rassismus entdecken, sondern höchstens „unzeitgemäßes Vokabular“, siehe beispielsweise den Artikel des SPIEGEL: „Die Lehre von Atlantis“.

Was der Historiker Helmut Zander als End- und Höhepunkt von Steiners Rassendenken zitiert, „Die weiße war nun »die zukünftige, die am Geiste schaffende Rasse« (GA 349,67 [1923])“, wird bei Detlef Hardorp zu, Zitat Hardorp, „Steiners Haltung zur multikulturellen Gesellschaft in einer globalisierten Welt“. Dieses Weisswaschen „gelingt“ Hardorp durch selektives und sinnentstellendes Zitieren Steiners, siehe: „Waldorfschule: Dr. Detlef Hardorp verkauft Rudolf Steiners Rassismus als Multikulti

Bei Hardorp wird aber neben dem professionellen- auch noch ein persönliches, „privates Motiv“ sichtbar: Nur wenn Steiners Heiligenschein unbefleckt bleibt, kann sich Hardorp weiter als der grosse „Geistesforscher“ und Steiner-Experte präsentieren, wie er es mit seinem „Forschungsergebnis“ tat, dass Rudolf Steiner der eigentliche Entdecker der Quantenphysik sei, siehe: „Waldorfschule: Physik vom Hellseher“

Vollends privat wird die Verehrung Rudolf Steiners und Massimo Scaligeros bei Michael Eggert, der meines Wissens keine offizielle Funktion in der Anthroposophie hat, und auch nicht in einer anthroposophischen Einrichtung arbeitet. Eggert soll hier für die Haltung des normalen Durchschnittsanthroposophen stehen.

Michael Eggert wurde von Peter Staudenmaier – dem dieser Artikel zu verdanken ist, siehe „Credits“, unten – und mir über Massimo Scaligeros Faschismus, Rassismus und Antisemitismus umfassend informiert. Michael Eggert hatte also nicht mehr die deutsche Standardausrede „Aber ich hab’ doch nichts davon gewusst!“, als er Massimo Scaligero auf seinem Blog „Egoisten“ als spirituellen Lehrer vorstellte, siehe: „Die Kraft des Lebens“. Kein bedauerlicher Einzelfall, zuletzt gab es im Januar 2012 einen weiteren Blogeintrag Eggerts zu Scaligero: „Unbewegt“

Eggert preist die „Spiritualität“ Massimo Scaligeros an, eine „Spiritualität“, die Scaligero als Legitimation der Judenverfolgung diente. Warum tut Eggert das? Fragen Sie ihn selber nach seinen privaten Motiven. Ich kann nur vermuten, dass es für Eggert und viele andere Anthroposophen einfach zu spät ist, sich von ihrem anthroposophischen Glauben zu befreien. Was bliebe ihnen noch? „Nehmen Sie einem Durchschnittsmenschen die Lebenslüge, und Sie nehmen ihm zu gleicher Zeit das Glück“ – Henrik Ibsen

Credits: Die Darstellung des italienischen, anthroposophischen Faschismus ist eine Kurzzusammenfassung der Forschung von Peter Staudenmaier, seit August 2011 Professor für „Modern German History“ an der Marquette University. Quelle ist Peter Staudenmaiers Dissertation „Between occultism and fascism: Anthroposophy and the politics of race and nation in Germany and Italy, 1900-1945“, insbesondere das Kapitel: „Italian Anthroposophists and the Fascist Racial Laws, 1938-1945“, Seite 446–499. Die Darstellung wurde von Peter Staudenmaier durchgesehen.
Weiterführende Artikel der Ruhrbarone:

3 Jahre Rudolf Steiner ist „zum Rassenhass anreizend bzw. als Rassen diskriminierend anzusehen“ –die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) entschied, dass Bücher Rudolf Steiners rassistischen Inhalt haben

Waldorfschule: Dr. Detlef Hardorp verkauft Rudolf Steiners Rassismus als Multikulti

Waldorfschule: Physik vom Hellseher – Dr. Detlef Hardorp erklärt Rudolf Steiner zum eigentlichen Entdecker der Quantenphysik, von Dr. Tobias Maier

Waldiwissenschaft: Lorenzo Ravagli an der Privatuniversität Witten/Herdecke – über die Umdeutung von Rudolf Steiners Rassismus in Humanismus

Badische Zeitung und Rudolf Steiner: Bejubeln ja, Zitieren nein. – dazu der SPIEGEL: „Bei den Ruhrbaronen plädiert Rudolf Steiner gegen sich selbst“

(1) Memorandum vom März 1935, Titel: „Natur und Aufgaben der Waldorfschulen“, zitiert nach: Peter Staudenmaier, „Der ursprüngliche politische Kontext der Waldorf-Bewegung“

Staudenmaier: „Das Memorandum betonte die besondere Eignung der Waldorfpädagogik, die Schüler zu nationalen Überzeugungen zu erziehen, in dem sie nationale Ideen pflege und die Quintessenz und Pflichten des Deutschtums betone. Waldorf-Erziehung sei in perfekter Übereinstimmung mit den Grundüberzeugungen des nationalsozialistischen Staates.“

(2) Peter Staudenmaier, â€žBetween occultism and fascism: Anthroposophy and the politics of race and nation in Germany and Italy, 1900-1945“, Dissertation, Cornell University, August 2010, Seite 463:

„Though anti-racists do not realize it, »the superior Aryan race« is »the avant-garde of a great marching army« and the racial group which »expresses in itself the potential of evolution.«â€œ

(3) Rudolf Steiner, „Vom Leben des Menschen und der Erde – Über das Wesen des Christentums“, GA 349, Dritter Vortrag, Dornach, 3. März 1923

(4) Ettore Martinoli, „Un preannunziatore della nuova Europa: Rudolf Steiner“, in: „La Vita Italiana“, Juni 1943, Seite 566

Italienischer Original-Text: „Rudolf Steiner fu invece un vero anticipatore ideale della nuova Europa di Mussolini e di Hitler. Si è voluto, con questo scritto, rivendicare lo spirito e la figura di codesto grande mistico tedesco moderno al movimento non solo politico, ma anche spirituale, introdotto nel mondo dalle due parallele rivoluzioni fascista e nazionalsocialista, alle quali egli idealmente appartiene come vero precursore e pioniere spirituale.“

(5) Peter Staudenmaier, â€žBetween occultism and fascism: Anthroposophy and the politics of race and nation in Germany and Italy, 1900-1945“, Dissertation, Cornell University, August 2010, Seite 495:

„Above all Martinoli stresses »the perfect correspondence between Steiner’s thought and the most basic tendencies of Fascism and National Socialism in the political, social, and spiritual camp.«â€œ

(6) Ebd., Seite 495f:

„In a section on Steiner’s »critique of British policy, of Judaism, and of Masonic-plutocratic influence,« Martinoli reports that Steiner »became well-known as an antisemite« during his Vienna period, due to his articles on »the Jewish question« from the 1880s, and continued this pattern in his mature anthroposophical period as well: »In numerous lectures in the years 1917 and 1918 he also directly confronted the influence of Jewish intellectualism within European civilization.«â€œ

(7) Massimo Scaligero, „Coscienza del sangue“ in: „La Difesa della Razza“, 20.8.1942, Seite 4

Italienischer Original-Text: „Se esiste una finalità essenziale della dottrina razzista, questa necessariamente consiste in una prassi etico-scientifica che rettifichi i valori della razza, secondo un modello che non occorre inventare ma che già esiste. Ciò può essere realizzato non soltanto attraverso una serie di norme eugeniche e sanitarie, ma anche destando una sensibilità e una coscienza razzista, così che il popolo non accolga passivamente i risultati di un’azione razzista, ma divenga esso stesso consapevole cooperatore di tale azione.“

(8) Zur Kontrolle schickte ich meine Übersetzung der Scaligero-Zitate der italienischen Botschaft – Antwort der Dolmetscherinnen: „l’abbiamo trovata molto letterale, molto fedele al testo originale e corretta“ – „wir haben sie sehr wörtlich, sehr textgetreu und korrekt gefunden“.

Das miserable Deutsch ist also nicht meiner Übersetzung geschuldet, sondern dem italienischen Original – Scaligero scheint seinem Idol Rudolf Steiner nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch nachzueifern: Max Dessoir spricht vom leerem Gerede Rudolf Steiners, „vorgebracht in einem Jammerdeutsch, (das) peinigt und quält“, und meint: „dieser »voraneilende Menschheitsgenius« sprach wie ein unbegabter Dorfschulmeister“.

(9) Massimo Scaligero, „La Razza di Roma“, Mantero, Tivoli, 1939

(10) „Wurzelrasse“: In der â€žTheosophie“, einer esoterischen Lehre, werden Entwicklungs-Epochen der menschheitlichen Entwicklung als „Wurzelrassen“ bezeichnet. Rudolf Steiner übernahm das Konzept der Wurzelrassen von der Theosophin Helena Petrovna Blavatsky

(11)  Vergleiche: Peter Staudenmaier, â€žBetween occultism and fascism: Anthroposophy and the politics of race and nation in Germany and Italy, 1900–1945“, Dissertation, Cornell University, August 2010, Seite 495ff.

(12) Massimo Scaligero, „Razzismo spirituale e razzismo biologico“ in: „La Vita Italiana“, Juli 1941, Seite 36-41

(13)  Vergleiche: Peter Staudenmaier, â€žBetween occultism and fascism: Anthroposophy and the politics of race and nation in Germany and Italy, 1900–1945“, Dissertation, Cornell University, August 2010, Seite 472f.

(14)  Massimo Scaligero, „Compito eroico dello spirito nell’azione razzista” in: „La Vita Italiana“, September 1939, Seite 327-33.

Italienischer Original-Text: „la eliminazione del virus giudaico e la reintegrazione biologica dei valori etnici ariani“

(15) Ebd., Seite 333

(16) Ebd., Seite 332

(17) Massimo Scaligero, „Fronte unico ario“ in: „La Difesa della Razza“, 20.2.1941, Seite 21-24

(18) Ebd., Seite 22

Italienischer Original-Text: „Il movimento anti-ebraico giustamente oggi deve acquisire un’ampiezza supernazionalistica sino a divenire un’intesa di tutti i paesi. Proprio perché si è mossi da un ideale di universalità che non abolisce ma mantiene e armonizza la differenziazione gerarchica, non si può ammettere l’azione di un gruppo etnico culturale a carattere internazionalistico, quale quello ebraico; tale inamissibilità per i popoli acquista vivente significato sopratutto allorchè alla concezione di una nuova universalità ariana corrisponde il risveglio di quell’elemento etnico-spirituale che inizialmente dette impulso a questo ideale di umanità. Ora, un fronte unico si rende necessario per dare all’universalità dell’ideale ariano uno strumento positivo sul piano dell’azione, in quanto non si tratta di combattere contro una nazione, ma contro una ‘internazionalità’ che è nazione nelle nazioni e si presenta non soltanto sotto l’aspetto di razza, ma sotto quello di religione, di cultura, di modo di pensare, di conoscere, di agire.“

(19) Helmut Zander, „Anthroposophie in Deutschland – Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884–1945“, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2007, Seite 631f.

(20) Ebd., Seite 632

(21) Ebd., Seite 636

10 Gedanken zu „Hitler, Steiner, Mussolini – Anthroposophie und Faschismus, gestern und heute“

  1. update:

    Seit Erscheinen des Original-Artikels beim Blog “Ruhrbarone” wurden beim deutschen Wikipedia-Eintrag zu “Massimo Scaligero” folgende Änderungen vorgenommen – Stand 21.3.2012:

    –

    http://de.wikipedia.org/wiki/Massimo_Scaligero

    Massimo Scaligero

    1941/42 schrieb er häufig für die faschistische Zeitung “La difesa della razza”.

    Literatur

    Peter Staudenmaier: “Between Occultism and Fascism: Anthroposophy and the Politics of Race and Nation in Germany and Italy, 1900–1945″. Diss., Cornell University, 2010 (online).

    Weblinks

    Andreas Lichte: “Hitler, Steiner, Mussolini – Anthroposophie und Faschismus, gestern und heute”. In: Ruhrbarone, 24. Februar 2012.

  2. update – Stand 21.3.2012:

    Der im Artikel, oben, genannte Blogeintrag „Unbewegt“ von Michael Eggert existiert nicht mehr.

    (der andere oben genannte Blogeintrag von Michael Eggert „Die Kraft des Lebens“, in dem Michael Eggert den Faschisten und Antisemiten Massimo Scaligero als spirituellen Lehrer vorstellt, existiert weiter – von “Einsicht” Michael Eggerts ist also nicht auszugehen)

  3. Prof. Peter Staudenmaier im Interview mit Ansgar Martins – hier ein Auszug über Anthroposophie und Nationalsozialismus:

    “(…) Ansgar Martins: Wie gingen Anthroposophen mit dem rassistischen Gedankengut Steiners nach der der ‚Machtergreifung‘ 1933 um? Welche Positionen lassen sich ausmachen?

    Prof. Peter Staudenmaier: Unter deutschen Anthroposophen war es weniger die Rassenlehre Steiners als der Deutschtumsbegriff, der sich als Anhaltspunkt anbot. Aber auch rassenthematische Überlegungen wurden weitergeführt. Ernst Uehli und Sigismund von Gleich beispielsweise verarbeiteten den Ariermythos, während Richard Karutz eine umfassende anthroposophische Rassensystematik vorlegte. Die Positionen reichten bis hin zur ausdrücklichen Zustimmung zu nationalsozialistischen Grundsätzen, so wie bei Karutz oder Ernst von Hippel . So schrieb Karutz z.B. über Hitler:

    „Er macht die höhere Entwicklung der Völker von deren ungleichen Zusammensetzung aus einer organisatorisch befähigten und einer zum Herrschen nicht befähigten Rasse abhängig, er empfindet diese Schichtung als eine uralte, bis in die Rassenbildung zurückgehende […] Das setzt einen geistigen Entstehungsgrund für die Rassen voraus, der Nationalsozialismus ist, vielen unbewußt, tatsächlich eine geistige Bewegung, Rassenbildung und Rassenschichtung in Europa gehen tatsächlich bis in jene atlantischen Zeiten zurück, von denen Rudolf Steiner spricht.“ (Richard Karutz, Vorlesungen über moralische Völkerkunde, 1934, S. 5) (…)

    Martins: Umgekehrt – wie verhielten sich nationalsozialistische Organisationen zur Anthroposophie? Und gab es Resonanzen von zentralen Figuren wie Hitler, Himmler, Heydrich oder Goebbels?

    Staudenmaier: Die Reaktionen aus dem nationalsozialistischen Lager reichten von ausgesprochener Sympathie bis zur unerbittlichen und zwanghaften Gegnerschaft. Dabei waren die anthroposophischen Belange nicht in erster Linie ein Anliegen der zentralen Figuren, mit Ausnahme von Heß, sondern eher der mittleren Ebenen des weitverzweigten und zerstrittenen NS-Apparates. Während der SD die Anthroposophie als „weltanschaulichen Gegner“ einstufte und entsprechend bekämpfte, erhielten Waldorfbewegung, biologisch-dynamische Landwirtschaft, anthroposophische Medizin, Christengemeinschaft, und andere anthroposophischen Projekte wiederholt Schutz und Förderung von nationalsozialistischer Seite. In einem Brief an Erziehungsminister Rust vom 9. 5. 1934, zum Beispiel, lobte der Stab des Stellvertreters des Führers die Waldorfschulen als „ein Instrument von nicht zu unterschätzender pädagogischer Bedeutung“; fünf Tage später resümierte ein Mitarbeiter,

    „die in den Waldorf-Schulen aus deutschem Wesen erwachsene, planmäßig gegen materialistisches Denken und blossen Intellektualismus gerichtete Erziehungsart“ sei bestens geeignet, „bei der Neugestaltung des Erziehungswesens für die Sicherung des geistigen und seelischen Gehalts im Nationalsozialismus“ mitzuhelfen (Ernst Schulte-Strathaus, „Bericht an den Stellvertreter des Führers über die Waldorf-Schulen“ vom 14 .5. 1934). (…)”

    zum vollständigen Interview: http://waldorfblog.wordpress.com/2012/05/07/staudenmaier/

  4. “Anthroposophie und Faschismus

    FRANKFURT/M. (hpd) “Ja, gewiss kam es zu Spannungen…” – ein Interview mit Prof. Peter Staudenmaier über Rudolf Steiners Rassismus und Antisemitismus, deren Stellung im “Mainstream der damaligen Esoterik” und die ideologischen Überschneidungen mit dem Nationalsozialismus und dem Faschismus (…)”

    weiterlesen: http://hpd.de/node/13507

  5. “Anthroposophie und Nationalsozialismus: ‘Die Waldorfschulen erziehen zur Volksgemeinschaft’

    (…) Anthroposophen arbeiteten in allen für sie wichtigen Praxisfeldern mit nationalsozialistischen Organisationen zusammen, im Überblick:

    – Waldorfschulen: „Das Motto der Waldorfbewegung im »Dritten Reich« lautete: »Die Waldorfschulen erziehen zur Volksgemeinschaft.«1 Ihrer Selbstdarstellung zufolge lieferte die anthroposophische Pädagogik einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau des neuen Deutschlands durch »die Pflege des völkischen Gedankens und die Betonung des Wesens und der Aufgaben des deutschen Geistes« und stand damit »im Einklang mit der Grundgesinnung des nationalsozialistischen Staates«.2“3

    – Anthroposophische Medizin: „Die Vereinigung anthroposophischer Ärzte stellte eine Hauptstütze der NS-treuen »Reichsarbeitsgemeinschaft für eine Neue Deutsche Heilkunde dar«.“4

    – „Biologisch-dynamische“ Landwirtschaft: „1935 wurde der »Reichsverband für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise« korporatives Mitglied der nationalsozialistischen »Deutschen Gesellschaft für Lebensreform« (Motto: »Die Weltanschauung der Deutschen Lebensreformbewegung ist der Nationalsozialismus«).“5 (…)

    Credits: Die Darstellung der Geschichte der Anthroposophie im Verhältnis zum Nationalsozialismus ist eine Kurzzusammenfassung der Forschung von Peter Staudenmaier (…)”

    zum vollständigen Artikel mit Quellenangaben: http://www.ruhrbarone.de/anthroposophie-und-nationalsozialismus-die-waldorfschulen-erziehen-zur-volksgemeinschaft/

  6. “Die Waldorfschule und Andreas Molau, Aussteiger aus der rechtsextremen Szene

    Andreas Molau, ehemaliger NPD-Spitzenfunktionär und zuletzt für „pro NRW“ tätig, ist aus der rechten Szene ausgestiegen. Offen bleibt die Frage, ob die „Freie Waldorfschule Braunschweig“, an der Molau von 1996 – 2004 Deutsch, Geschichte und Politik (sic !) unterrichtete, nichts von Molaus damaliger politischer Orientierung wissen konnte.

    Michael Mentzel schreibt am 2. August 2012 auf seiner anthroposophischen Website „Themen der Zeit“ über Andreas Molau:

    „Ein bis zu seiner Entlassung im Jahre 2004 als Waldorflehrer tätiger Rechtsextremer, der nach Aussagen der damaligen Kollegen, Eltern und SchülerInnnen als guter Kumpel, aber nie als Rechtsextremer in Erscheinung getreten und infolgedessen auch nicht aufgefallen war.“

    Ist es wirklich so einfach? Molau sagt in meinem 2009 bei „Publikative“ (damals noch „NPD-Blog.Info“) veröffentlichten Interview:

    „(…) Lichte: Bis zu Ihrer Enttarnung arbeiteten Sie 8 Jahre lang an der Freien Waldorfschule Braunschweig?

    Molau: Welche ‘Enttarnung’? Ich habe mich nie versteckt. Als Lehrer habe ich dasselbe gesagt und getan, wie vorher auch (…)“

    In den Zusammenhang Waldorfschule und Andreas Molau gehört auch das gemeinsame Buchprojekt „Falsche Propheten“ von Andreas Molau und Lorenzo Ravagli, Mitarbeiter der „erziehungsKUNST“, „Bund der freien Waldorfschulen“. Der „Stern“ berichtete: „Waldorf-Pädagogik – Auf Tuchfühlung mit dem rechten Rand“, ohne aus dem Buchprojekt zu zitieren. Korrekte Zitate brachte hingegen Andreas Molau im Interview, wogegen Lorenzo Ravagli mit juristischen Mitteln vorging. Was durfte die Öffentlichkeit nicht erfahren? Was sagt Ravagli bei den im Interview mit „XXX“ zensierten Text-Stellen? Das Interview: (…)”

    weiter: http://www.ruhrbarone.de/die-waldorfschule-und-andreas-molau-aussteiger-aus-der-rechtsextremen-szene/

  7. “Geschichte in der Waldorfschule: ‘Atlantis’ und die ‘Rassen’

    (…)

    Rassismus im Geschichtsunterricht der Waldorfschule

    Historiker wie Peter Staudenmaier und Helmut Zander stellen die Rassenlehre Rudolf Steiners als ZENTRAL für die Anthroposophie heraus. Steiners esoterische Evolutionslehre – die „Menschheitsentwickelung“ – ist Beweggrund und Ziel der Anthroposophie, Zitat Staudenmaier:

    „Ausgehend von Blavatskys4 entwicklungstheoretischem Ansatz baute Steiner eine Evolutionslehre der Völker- und Rassengruppen auf, wonach die menschliche Seele durch aufeinanderfolgende Verkörperungen in immer ‘höheren’ Rassen geistig wie leiblich fortschreitet. Diese Stufenleiter der Rassen steht IM MITTELPUNKT von Steiners esoterischem Verständnis der Gesamtentwicklung der Menschheit, vom Verhaftetsein in der Materie hin zur geistigen Vervollkommnung.”5

    Zum Vergleich Helmut Zanders zusammenfassende Darstellung von Rudolf Steiners Rassenlehre, Zitat Zander:

    „Steiner ordnete die Rassen einer Fortschrittsgeschichte zu, in der beispielsweise heutige Indianer als ‘degenerierte Menschenrasse’ im ‘Hinsterben’ (GA 105,106.107 [1908]) oder schwarze Afrikaner als defiziente Spezies der Menschen- und Bewußtseinsentwicklung, als ‘degenerierte’, ‘zurückgebliebene’ Rasse (ebd., 106) erschienen. Umgekehrt habe die weiße Rasse ‘das Persönlichkeitsgefühl am stärksten ausgebildet’ (GA 107,288 [1909]). Dies sind nur Kernsätze einer Rassentheorie, die Steiner 1904 erstmals formulierte, um sie 1910 in einem komplexen System und in zunehmender Abgrenzung zu theosophischen Positionen auszufalten. Mit seinem Ausstieg aus der Theosophie hat er diese Vorstellungen keinesfalls über Bord geworfen, sondern sie 1923 nochmals in Vorträgen vor Arbeitern des Goetheanum in vergröberter, ‘popularisierter’ Form wiederholt, aber ohne Revision im inhaltlichen Bestand. Die weiße war nun ‘die zukünftige, die am Geiste schaffende Rasse’ (GA 349,67 [1923]).“6

    „Steiner formulierte mit seinem theosophischen Sozialdarwinismus eine Ethnologie, in der die Rede von ‘degenerierten’, ‘zurückgebliebenen’ oder ‘zukünftigen’ Rassen keine ‘Unfälle’, sondern das Ergebnis einer konsequent durchgedachten Evolutionslehre waren. Ich sehe im Gegensatz zu vielen Anthroposophen keine Möglichkeit, diese Konsequenz zu bestreiten.“7

    Was bedeutet das für den Geschichtsunterricht in der Waldorfschule?

    Geschichtsepochenhefte beginnen mit „Atlantis“. Dazu sagt der Anthroposoph Richard Karutz8 – mit dem Ziel, die Vereinbarkeit von anthroposophischer und nationalsozialistischer Rassenlehre herauszustellen: „Der Nationalsozialismus ist, vielen unbewusst, tatsächlich eine geistige Bewegung, Rassenbildung und Rassenschichtung in Europa gehen tatsächlich bis in jene atlantischen Zeiten zurück, von denen Rudolf Steiner spricht.“9

    Im Kapitel „Unsere Atlantischen Vorfahren“ seines Buches „Aus der Akasha-Chronik“ spricht Rudolf Steiner von „Atlantis“ und den „Rassen“, Zitat:

    „Die Vorfahren der Atlantier wohnten auf einem verschwundenen Landesteil, dessen Hauptgebiet südlich vom heutigen Asien lag. Man nennt sie in theosophischen Schriften die Lemurier. Nachdem diese durch verschiedene Entwicklungsstufen gegangen waren, kam der größte Teil in Verfall. Er wurde zu verkümmerten Menschen, deren Nachkommen heute noch als sogenannte wilde Völker gewisse Teile der Erde bewohnen. Nur ein kleiner Teil der lemurischen Menschheit war zur Fortentwicklung fähig. Aus diesen bildeten sich die Atlantier. – Auch später fand wieder etwas ähnliches statt. Die größte Masse der atlantischen Bevölkerung kam in Verfall, und von einem kleinen Teil stammen die sogenannten Arier ab, zu denen unsere gegenwärtige Kulturmenschheit gehört. Lemurier, Atlantier und Arier sind, nach der Benennung der Geheimwissenschaft, Wurzelrassen der Menschheit.“10

    In Atlantis findet also eine Trennung der Menschheit statt, in auserwählte Menschen – „Arier“–, die die „Menschheitsentwicklung“ voranbringen, und andere Menschen, die dem „Verfall“ preisgegeben sind. Die für ihn zwangsläufige Entwicklung fasst Rudolf Steiner in den von Helmut Zander oben erwähnten „Arbeitervorträgen“ im Jahre 1923 so zusammen:

    „Auf der einen Seite hat man die schwarze Rasse, die am meisten irdisch ist. Wenn sie nach Westen geht, stirbt sie aus. Man hat die gelbe Rasse, die mitten zwischen Erde und Weltenall ist. Wenn sie nach Osten geht, wird sie braun, gliedert sich zu viel dem Weltenall an, stirbt aus. Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse.“11

    Im Geschichtsepochenheft liest sich die Auswahl der Menschen mythologisch verklärt so – Atlantis versinkt, und, Zitat Geschichtsepochenheft:

    „Nur ein geringer Teil der Atlantier überlebte die große Flut und die Erdbeben. Diese hatten sich um Manu, den Sonnengeweihten, geschart. Er war dafür ausersehen, das helle Licht der Gedanken zu entfachen. Mit 7 heiligen Rishis führte er sie nach Osten.“

    Zum Vergleich Rudolf Steiner:

    „Das war nach der atlantischen Flut, als diese Kolonie nach Süden ging und dort die erste Kultur der nachatlantischen Zeit begründete, die erste Kultur unserer Zeitepoche. Die fortgeschrittenen Lehrer, die da mit hinunterzogen, die ersten großen Lehrer des alten Indien, sie nennt man die alten Rishis.“12

    Die „erste Kultur der nachatlantischen Zeit“ ist, wie oben ausgeführt, die „Urindische Kulturepoche“. Das Geschichtsepochenheft beschreibt wie Rudolf Steiner eine fiktive Völkerwanderung der auserwählten Menschen: von Atlantis, das laut Steiner im Atlantischen Ozean lag13, zogen die Arier nach Indien.

    Die in der Waldorfschule unterrichtete anthroposophische Kulturepochenlehre ist eine rein weisse Menschheitsgeschichte, eine Geschichte des auserwählten Teils der Menschheit. Aber auch bei den Auserwählten setzt sich die „Menschheitsentwicklung“ fort: Die Höherentwicklung der Menschheit lässt sich anhand der Ausbildung der anthroposophischen „Wesensglieder“ beschreiben.

    Die 9 Wesensglieder im Überblick:

    1. Physischer Leib

    2. Äther-, Lebens- oder Bildekräfteleib

    3. Seelenleib, Empfindungsleib oder Astralleib (im engeren Sinne)

    4. Empfindungsseele

    5. Verstandes- oder Gemütsseele

    6. Bewußtseinsseele

    7. Geistselbst (Manas)

    8. Lebensgeist

    9. Geistesmensch (Atma)

    Bei der Ausbildung zum Waldorflehrer am „Seminar für Waldorfpädagogik Berlin“ wurden die zukünftigen Waldorflehrer auch mit der Bedeutung der „Wesensglieder“ für die „Menschheitsentwicklung“ in den aufeinander folgenden „Kulturepochen“ vertraut gemacht:

    Im Fach „Kunstbetrachtung“, einer anthroposophischen Kunstgeschichte, erläutert der Gastdozent „Dr. Weiss“ [Name geändert] die Entwicklung der Steinerschen „Wesensglieder“ anhand von dafür typischen Kunstwerken: Die alten Ägyper besaßen noch ein „magisches Bewusstsein“, eine unmittelbare Verbindung zur „geistigen Welt“; bei den Griechen bildete sich die „Verstandesseele“ aus; und „um das Jahr 1413 herum begann mit der Entdeckung der Perspektive die Ausarbeitung der Bewusstseinsseele“. „Damit haben die Europäer eine Vorreiter-Rolle übernommen“, erklärt Dr. Weiss.

    Im Zusammenhang mit der Perspektive präsentiert Dr. Weiss noch ein überraschendes Detail: auf nicht nachvollziehbaren Umwegen verortet er den eigentlichen Verdienst an der kulturhistorischen Leistung „Perspektive“ nördlich der Alpen, statt – wie allgemein üblich – in Italien. Aber auch das ist, Zitat Helmut Zander, „kein Unfall“, sondern Anthroposophie, Zitat „ABC der Anthroposophie“:

    „Das Jahr 1413 bezeichnet nun den ungefähren Zeitpunkt, an dem sich in den Völkern des germanischen Kulturkreises die Bewußtseinsseele auszubilden begann. Sie weiter zu entwickeln ist die Aufgabe der bis in die Mitte des vierten nachchristlichen Jahrtausends dauernden Fünften nachatlantischen Kulturepoche.”14

    Bis zum Jahre 3573 n. Chr. haben also die Völker des „germanischen Kulturkreises” die für die Menschheitsentwickelung alles entscheidende Funktion: die menschliche Evolution ist germanisch!

    An dieser Stelle noch einmal der Historiker Helmut Zander:

    „In der Konsequenz dieses Denkens lag auch Steiners Bestimmung des Judentums, das ebenfalls als evolutionshistorisch überholt galt (s. 8.3.2b), und in diesen Kontext gehören auch seine Völkerstereotypien, die gleichfalls hierarchisiert waren und die Deutschen als Avantgarde der Entwicklung sahen (s. 14.3.1a).“15

    „Die Deutschen als Avantgarde der Entwicklung“: ist das damit gemeint, wenn sich die Waldorfschulen in der Öffentlichkeit so vorstellen: „Waldorfschulen als Vorreiter. Nicht mehr lernen, sondern das Richtige.“16?

    zum vollständigen Artikel mit Quellenangaben beim Blog „Ruhrbarone“: http://www.ruhrbarone.de/geschichte-in-der-waldorfschule-atlantis-und-die-rassen/

  8. „‘Töne wie aus einer undichten Gummizelle!’

    (…)

    Bernd Durstewitz: „Haben Sie etwas dagegen, mit der Waldorfschule in Verbindung gebracht zu werden?“

    Harry Rowohlt: „Alles. Wegen der ewigen Verwechselung habe ich mich mal mit den Schriften Rudolf Steiners beschäftigt. Da fand ich eine schöne Textstelle: ‘Der Blonde, Blauäugige ist dem Dunkelhaarigen, Braunäugigen intellektuell überlegen, weil bei Letzterem zuviel Geisteskraft in die Pigmentierung fließt’. Das wäre geeignet gewesen für ein Quellenverzeichnis von Hitlers ‘Mein Kampf’. Töne wie aus einer undichten Gummizelle!“

    (…)“

    zum Artikel bei hpd: https://hpd.de/artikel/10216

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