Hat die SPD die Warnsignale gehört? Fehlersuche auf Wahlkonferenz in Bestwig.

Achim Post engagiert sich für Wandel, Beständigkeit und Selbstkritik. (foto: zoom)

„Wir dürfen uns nicht in die Tasche lügen. Die SPD liegt in den Umfragen zur Bundestagswahl bei 20%“.

Achim Post (Vorsitzender der NRW Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion) kommt schnell zur Sache. Vor der „Flüchtlingsfrage“ wäre die Politik wie in Stein gemeißelt erstarrt gewesen. Jetzt sei alles in Bewegung.

Konferenz der Sauerländer SPD zum Wahljahr 2017. Der Versammlungssaal im Bestwiger Gasthof Hengsbach ist am Dienstag Abend fast komplett gefüllt. Die Mehrzahl der Genossen ist männlich und, wie sich im Verlauf der nächsten zwei Stunden herausstellen wird, sehr kritisch.

Achim Post, seit Oktober 2012 Generalsekretär der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE), skizziert  die Weltlage von Trump über Europa bis Deutschland in dunklen Farben.

In der Einschätzung von Trump gebe es zwei „Schulen“. Die einen meinten, es werde schrecklich, die anderen hofften darauf, dass Trump von den Sachzwängen eingerahmt und gemäßigt werde.

Das Kabinett Trump, so Achim Post, sei ein „Horrorkabinett“ mit dem König der Zwangsversteigerungen, dem König der Bankrotteure.  Die Umweltbehörde werde von einem Minister geleitet, der den Klimawandel leugne, „Mad Dog“ wäre ins Verteidigungsministerium und die Verachtung der Minderheiten ins Justizministerium eingezogen.

„Ich habe bei Ben Wisch angefangen. Damals war die Lage in der Welt sehr übersichtlich.“ Heute jage ein Schrecken den anderen. Syrien schrecklich, der Nahe Osten so schlecht wie noch nie.

„Der Gewinner des Jahres 2016 ist Putin.“

Auch in Europa stünden schwere Zeiten bevor. Die Rechtspopulisten um Geert Wilders könnten bei den Wahlen im März in Niederlanden stärkste Partei werden. Die Sozialdemokraten würden nach Umfragen auf 7% abstürzen.

Marine Le Pen habe im April/Mai eine Chance die Wahlen in Frankreich zu gewinnen. Wenn Le Pen gewinne, so Post, „haben wir ein richtiges Problem, und ich meine EIN RICHTIGES PROBLEM“.

In Tschechien würde eventuell im Oktober mit dem Unternehmer und Milliardär Andrej Babis eine Mischung aus Trump und Berlusconi zum Ministerpräsidenten gewählt.

Die Lage für die SPD in Deutschland sieht Achim Post durchwachsen. Den Kanzlerkandidaten hätte die SPD, wäre es nach ihm gegangen, früher bestimmen sollen. Eine Urwahl der Mitglieder wäre aber nur möglich gewesen, wenn auch andere Kandidaten ihren Hut in den Ring geworfen hätten. Martin Schulz und Olaf Scholz seien bei anderen Gelegenheiten nicht durch Zurückhaltung aufgefallen.

Im Jahr 2017 gehe es politisch richtig los. „Und was macht die SPD“?

1. Die SPD solle zusammenhalten und sich „nicht gegenseitig in die Fresse hauen.“

2. Mutig sein. Immerhin habe man, trotz Minderheit in der Bundesversammlung, Frank Walter Steinmeier als Bundespräsidentenkandidaten durchbekommen.

3. Die SPD solle sich nicht nur als Regierungspartei, sondern auch als Mitgliederpartei und Volkspartei sehen. Bis auf die AfD solle man für Regierungsbündnisse mit allen anderen im Bundestag vertretenen Parteien offen sein.

4. Ralf Dahrendorf habe schon 1983 das Ende des sozialdemokratischen Zeitalters konstatiert, doch die alten Inhalte der Sozialdemokratie seien „kein kalter Kaffee“.

Das alte sozialdemokratische Milieu (Reihenhaussiedlung, alle waren gleich) sei zerstört. 1973 arbeiteten zum ersten Mal mehr Menschen im Dienstleistungssektor als in der Industrie. Heute hätten mindestens 20% der Beschäftigten kein ordentliches Arbeitsverhältnis.

Für welche Inhalte sollte die SPD heute eintreten?

Kampf für Demokratie. „Wir haben doch vor zwei Jahren noch gedacht, unsere Demokratie wäre unzerstörbar.“ Doch heute sei sie gefährdet durch Nazis, Islamisten, russische Hacker und türkische Nationalisten.

Europa. Wer wie in England 30 Jahre gegen Europa hetze, brauche sich nicht zu wundern. Wirtschaftlich starke Regionen in England und Schottland waren gegen den Austritt. Trotz aller Schwächen habe Europa Vorteile, „Wir profitieren vom Binnenmarkt.“

Soziale Gerechtigkeit als Kern. Die 20% der SPD hätten ihre Ursache auch in der Agenda 2010. Das Krankensystem müsse wieder paritätisch finanziert werde. Man müsse gegen die Rente mit 71, die vom Sachverständigenrat gefordert werde, sein.

Friedenspolitik. Das Säbelrasseln zwischen der NATO und Putin sei sehr gefährlich.

Die Zuhörer sind ernsthaft und kritisch. (foto: zoom)
Die Zuhörer sind ernsthaft und kritisch. (foto: zoom)

In der nachfolgenden Diskussion wurden Unsicherheit und Unzufriedenheit geäußert. Es gab niemanden, der für ein „Weiter so“ gesprochen hätte.

Einige Stimmen:

„Wie brechen wir unsere Vorstellungen auf den ländlichen Raum hinunter. Wie erreichen wir die Leute?“

„Wir müssen uns für die Leute einsetzen, die nicht so gut bezahlt werden, für die Leiharbeiter, für die mit den 400 Euro Jobs.“

„Vissmann hat über Weihnachten alle Leiharbeiter entlassen, aber 10 Flüchtlinge eingestellt. Das ist ein Problem.“

„Die Leute gehen uns verloren. Es sind nicht wenige. Wir brauchen gerechte Arbeit und gerechte Bezahlung.“

„Mit Populismus sind wir schlecht beraten.“

„Gabriel ist als Kanzlerkandidat nicht der Kandidat, den die Leute wollen.“

„Es fehlt das Zukunftsgefühl.“

„Der Mindestlohn wird unterlaufen, das Tariftreuegesetz gebrochen.“

„Wir müssen uns von ALLEN Parteien abgrenzen können.“

„Wir haben kein Problem mit den Rechtspopulisten, sondern ein Problem mit unserer Glaubwürdigkeit.“

„Wir schaffen es nicht die Vergangenheit adäquat aufzuarbeiten. Hartz IV ist „Scheiße“. Wer hat denn die Rente mit 67 erfunden?“

„Die Kollegen sehen [Müntefering] aus Sundern  als Verursacher der Rente mit 67.“

„Schröder unterstützt Gabriel. Ist das gut? Die Kolleginnen und Kollegen sehen: die haben es nicht gelernt.“

„Wie haben uns in den vergangenen Koalitionen verzwergt.“

„Das andere, was wir in letzter Zeit erreicht hatten, das war die AGENDA.“

„Viele unserer Wähler wählen AfD.“

„Ich hoffe, bete, dass wir nicht noch einmal mit 20% in die große Koalition gehen.“

„Wie war das mit der Mehrwertsteuererhöhung. Im Wahlkampf dagegen. Die CDU für 2% und Steinbrück schließt als „Kompromiss“ 3% ab.“

Die Kandidaten: Dirk Wiese (Bundestag), Peter Newiger (Landtag) und Margit Hieronymus (Landtag).
Die Kandidaten: Dirk Wiese (Bundestag), Peter Newiger (Landtag) und Margit Hieronymus (Landtag).

Das Lokale im Hintergrund
Über all den Problemen, die die SPD zu verarbeiten hat, rückten in den knappen zwei Stunden die beiden Landtagskandidaten Peter Newiger und Margit Hieronymus in den Hintergrund.

„Wir haben unsere Landtagskandidaten nicht konfrontiert“, bemerkte ein Teilnehmer gegen Ende der Veranstaltung. Der Wirtschaftsstandort NRW, sowie die Bildungspolitik wurden nur angerissen.

Franz Schrewe, ehemaliger Bürgermeister von Brilon, war sauer über die „verdammte ewige Schlusslichtdebatte[NRW]. Man müsse nur die richtigen Zeitungen lesen, dann „sind wir nicht mehr Schlusslicht“, beklagte er die Berichterstattung der heimischen Presse.

Rüttgers CDU, das wäre Stillstand gewesen. „Nix hat sich getan als die CDU dran war.“

Er ärgerte sich über die „rechten Hetzer“, die auf den Leserbriefseiten viel Raum bekämen.

Der Briloner Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese, der die Veranstaltung organisiert hatte, zeigte sich am Schluss optimistisch. Die heimische SPD wäre gut aufgestellt und sehr gut vernetzt. Für das Hochsauerland habe er in seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter viel erreicht, Gelder für Infrastrukturprojekte wie den Wegeschluss der B7n.

Die Diskussion sei notwendig und ehrlich gewesen. „Wir haben im HSK immer gut gelegen.“

53 Gedanken zu „Hat die SPD die Warnsignale gehört? Fehlersuche auf Wahlkonferenz in Bestwig.“

  1. Oh je.

    Na, mal positiv sehen: vielleicht schafft die SPD doch noch die 5 % Hürde, bei den vielen guten Ideen

  2. Rente mit 67 ist sicherlich nicht toll, mit 63 wäre bestimmt besser. Bloß: wo soll bi steigender Lebenserwartung das Geld herkommen um das zu finanzieren? Solange diese Schlüsselfrage nicht beantwortet wird, muss an der Stelle nicht weiter diskutiert werden. Wie sagte Müntefering: um festzustellen, dass das so nicht passt, reicht die sauerländischen Volksschule.

    Wir müssen uns über Alternaive Systeme Gedanken machen, über Teilzeitarbeit im Alter etc. Da muss vielmehr Flexibilität rein, nicht bloß: entweder Du arbeitest Vollzeit, oder Du arbeitest garnicht.

    Und wenn Hartz 4 so ein Mist ist wie immer behauptet wird, ok, dann lässt es uns abschaffen. Und statt dessen bieten wir WAS an?

  3. Frau Le Pin heißt Marine. Der zweite Vorname ihre Vaters war Marie… Toller Experte, der diesen Artikel schrieb…

  4. @ Bernd Schwens

    Sie haben Recht: über „Rente mit 67“ muss man nicht reden:

    Haben Sie mal im Straßenbau / Tiefbau gearbeitet?

    Ich zwar nur ganz kurz – in den Semesterferien – aber es reichte, um zu verstehen, dass man so etwas nicht lange durchhält – und schon gar nicht bis „67“.

    Ich war übrigens so von der modernen „Sklavenarbeit“ beeindruckt, dass ich an der „UdK“ (Universität der Künste) versucht habe, sie darzustellen:

    Im Fach „Ergonomie“ des Studiengangs „Industrial Design“: Für meine Presslufthammer-Performance gab es auch einen Schein:

    das geht voll auf die Gelenke, Wirbelsäule (Bandscheiben) …

    Das war nur ein Beispiel, es gibt viele Berufe, die man ab einem bestimmten Alter gar nicht mehr ausüben kann, selbst wenn man wollte.

    Und das „Wollen“ hat noch eine andere Grenze: welcher Arbeitgeber will Arbeitnehmer über 50 Jahre, wenn er jüngere finden kann?

    Die Rente mit 67 ist also für viele nichts anderes, als eine extreme Rentenkürzung, weil sie nie das Rentenalter erreichen werden.

    Dass die SPD da mitmacht, ist nicht „sozial“ – die SPD sollte sich einen neuen claim suchen.

  5. @ Thomas Klaßen

    „Frau Le Pin“?

    „Pin-Up“ – abgekürzt?

    ( sie scheinen ja wirklich ein „Experte“ zu sein )

  6. @ zoom

    gab es bei der SPD-Veranstaltung auch Ideen für die Gestaltung der ZUKUNFT ?

    oder nur ein Kreisen um den Status Quo, und die Fehler, die die SPD gestern gemacht hat?

    Bei „Zukunft“ denke ich – beispielsweise – an:

    – die Herausforderung durch „Robotik“ und „Künstliche Intelligenz“, und die Konsequenzen für den Arbeitsmarkt:

    dabei fällt mir erst wirklich auf, wie absurd die „Rente mit 67“ ist

    – Sozialgesetzgebung: haben die SPD-Politiker schon mal etwas vom „Bedingungslosen Grundeinkommen“ gehört?

    – „…“: ad libitum – alles andere, das irgendwie mehr als Stillstand ist …

  7. @Andreas Lichte

    Mein Eindruck von der Veranstaltung war, dass es eher eine Bestandsaufnahme (Referat von Achim Post) und Aussprache über Fehler war sowie der Versuch sich zu positionieren.

    Post hat die vier Felder skizziert, auf die sich die SPD konzentrieren soll:

    1. Demokratie
    2. Europa
    3. soziale Gerechtigkeit
    4. Friedens- und Entspannungspolitik

    Finde ich nicht schlecht, wenn sich da nachhaltig etwas tun würde. Eine mitreißende Idee habe ich nicht wahrgenommen.

    Post hatte das ebenfalls angesprochen. Das habe ich nicht im Artikel stehen. Er drückte es so aus, dass der Arbeit der SPD, insbesondere vor Ort, „eine Erzählung“ fehle. Ich denke, er meinte das, was heute oft mit „Narrativ“ umschrieben wird.

  8. @ zoom

    „Finde ich nicht schlecht, wenn sich da nachhaltig etwas tun würde. Eine mitreißende Idee habe ich nicht wahrgenommen.“

    Ich finde, das ist ein Widerspruch: wie soll sich etwas tun, wenn es keine (mitreißende) Idee gibt?

    Gerade auch die angesprochenen Themen brauchen dringend eine „Idee“, ein „weiter so!“ wird meines Erachtens nicht mehr gehen, dabei:

    1. Demokratie
    2. Europa
    3. soziale Gerechtigkeit
    4. Friedens- und Entspannungspolitik

    1. @Andreas Lichte

      Sehe ich genauso. Meine Einschätzung ist so, wie ich die SPD wahrnehme. Ich habe ja auch geschrieben: „wenn sich da nachhaltig etwas tun würde“.

  9. Mein Wunsch ist, dass sich die HSK-SPD mehr Gedanken macht, wie sie hier im Kreisgebiet die Felder #1 (Demokratie) und #3 (Soziale Gerechtigkeit) weiterentwickeln kann und will. Da gibt es Nachholbedarf.
    Das Profil einer Partei hängt nicht nur davon ab, welche Initiativen Bundes- und Landesverband starten!
    Aber Weihnachten ist vorbei, und auch dann werden nicht alle Wünsche erfüllt…

    1. @Andreas

      Er hat sich ja hier nicht inhaltlich geäußert, ist weder auf deine oder meine oder andere Argumente im Artikel eingegangen. Ich hoffe, dass diese Art der Argumentation nicht typisch für die SPD ist.

      Viele Wählerstimmen lassen sich so jedenfalls nicht gewinnen – freundlich ausgedrückt.

  10. Im Spiegel ist ein interessantes Interview mit Thomas Beschorner, Professor für Wirtschaftsethik und Direktor des Instituts für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen, erschienen.

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sozialdemokratie-in-der-krise-gastbeitrag-thomas-beschorner-a-1129338.html

    Es handelt von der verlorenen Geschichte, im Sinne von Erzählung (Narrativ), der SPD.

    Achim Post hatte das Thema auf der Veranstaltung ja ebenfalls angesprochen.

    „Er drückte es so aus, dass der Arbeit der SPD, insbesondere vor Ort, „eine Erzählung“ fehle. Ich denke, er meinte das, was heute oft mit „Narrativ“ umschrieben wird.“

    Das hatte ich hier im Kommentar angemerkt:
    http://www.schiebener.net/wordpress/hat-die-spd-die-warnsignale-gehoert-fehlersuche-auf-wahlkonferenz-in-bestwig/#comment-68818

  11. @ zoom

    was sagst Du denn zum Artikel des SPIEGEL?

    ich hab eigentlich nur 2 x „sowas wie gedacht“:

    „Oh nein! Teflon Tony und Stromlinie Schröder! DAS musste jetzt aber wirklich nicht sein …“

    „Das hat aber lang gedauert, bis das Grundeinkommen kam, das ging bei mir schneller!

  12. @Andreas Lichte

    Ich habe den Artikel verlinkt, weil er im Grunde genommen nichts Neues bietet, aber in die derzeitige Diskussion passt.

    Den Genossen von der SPD dämmert es, dass sie dabei sind ihre Geschichte und Zukunft (auch das Narrativ) zu verlieren.

    Man kann über die SPD denken, was man will -für mich befindet sie sich seit Schröder/Blair- in einem anderen Orbit-, aber eine Bundesrepublik, in der die SPD unter 20, 15, 10% bei den Bundestagswahlen fallen sollte, wäre eine fürchterlich andere, rechtere Republik.

  13. @ zoom

    „Narrativ“:

    für mich ist „Narrativ“ „Werber-Sprache“.

    Ich seh’ da null Unterschied zu „Markenkern“.

    Und den Markenkern „sozial“ hat die SPD selber zerstört.

    Das ist so, als wenn „Persil“ nicht mehr für „rein“ stünde.

    „Werber“ fällt mir auch wegen des SPIEGEL-Artikels ein:

    1. @Andreas Lichte

      Mit dem Begriff „Narrativ“ tue ich mich auch schwer. Er ist mir vor längerer(?) Zeit zuerst in der Geschichtswissenschaft über den Weg gelaufen. Dort scheint er etabliert zu sein. Mich hat es auf der Veranstaltung auch gewundert, dass zwar nicht nicht „Narrativ“, aber das entsprechende Wort „Erzählung“ in der Argumentation von Achim Post eine Rolle spielte.

      Und ja, bislang klingt es noch substanzlos.

  14. @ zoom

    „… eine Bundesrepublik, in der die SPD unter 20, 15, 10% bei den Bundestagswahlen fallen sollte, wäre eine fürchterlich andere, rechtere Republik.“

    eine Koalition von CDU/CSU und Grünen:

    würdest Du den Unterschied zur jetzigen großen Koalition bemerken?

    1. @Andreas Lichte

      Gute Frage. Was wird das Schicksal der Grünen in einer solchen Koalition sein? Die haben ja auch jetzt schon viele ihrer ehemaligen Positionen aufgegeben. Soweit ich es beurteilen kann, gärt es auch innerhalb der Grünen.

      Jetzt erst mal ab. Morgen ist ein langer Tag.

  15. Hätten die europäischen Sozialdemokraten das nicht verhindern müssen?

    „Forza Italia“ stellt den neuen „EU-Parlamentspräsident“:

    http://www.tagesschau.de/ausland/eu-parlament-tajani-101.html

    Tajani wird Schulz-Nachfolger

    Antonio Tajani gehört zur Forza Italia des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Tajani, früher als Journalist tätig, hat die Partei mitgegründet.

    Bevor Tajani 2010 Vize-EU-Kommissionspräsident mit Zuständigkeit Industrie wurde, war er ab 2008 EU-Kommissar für Verkehr – in der Zeit, als es bereits Hinweise darauf gab, dass Autohersteller bei den Abgaswerten manipuliert haben könnten. Es steht der Vorwurf im Raum, Tajani habe weggeschaut.

    Für die Grünen gilt er als „unwählbar“. Auch bei Sozialdemokraten, Linken, Liberalen und einzelnen Konservativen weckt Tajani Abwehrreflexe. Vielen gilt er als „Berlusconi-Freund“ und politisch insgesamt zu weit rechts. Tajani gilt als Netzwerker. EVP-Fraktionschef Manfred Weber lobte ihn als „überzeugten Europäer“.

  16. Na ja, das Wort „unwählbar“ scheint es ja seit November 2016 nicht mehr zu geben. Und in diesen Minuten wird ein scheinbar „Unwählbarer“ vereidigt. Und er schwörte auf zwei Bibeln (die 2. war die Trumpsche Hausbibel)…
    Ohne Worte und ohne politisches Programm.
    Und er redet, als hätte er himself Amerika entdeckt und wenn das nicht, zumindest erfunden.

    1. @Nofretete

      Vieles, was vor 10 Jahren undenkbar schien, ist heute Wirklichkeit geworden. Rostock-Lichtenhagen 1992 schien vielen als eine Verwirrung unerzogener DDR-Bürger, aber der NSU mordete und heute brennen fast täglich Flüchtlingsheime. Der rechte Terror wird kleingeredet, während die grüne Simone Peter von BILD und ihren eigenen Parteifreunden mit Hass, Häme, Schmäh und Kritik überzogen wird, weil sie (auch, nicht nur!) Kritik am Polizeieinsatz in Köln geübt hatte. Zu Recht, wie sich jetzt auch deutlich gezeigt hat.

      Der finstere Höhepunkt dieser Entwicklung ist die „eines Hitlers würdige Rede“ von AfD Höcke in Dresden.

      Michel Friedmann hat dazu klare Worte gefunden:

      https://www.youtube.com/watch?v=vDUocs7xx74

      Gleichzeitig macht die heimische Westfalenpost mit einem launigen „Auf’n Kaffee“ die AfD hoffähig:

      https://www.wp.de/staedte/arnsberg/afd-mann-ueber-polizeiberuf-bjoern-hoecke-und-spd-vergangenheit-id209269377.html

      Werner Jurga hat in einem neuen Beitrag eine erneute GroKo als quasi alternativlos geschlussfolgert.

      http://www.schiebener.net/wordpress/sonntagsfrage-januar-2017-rechtstrend-ungebrochen/

      Ich sehe das alles nicht so.

  17. Das stimmt @zoom. Ich habe auch überlegt, den völlig abseitigen Herrn Höcke strafrechtlich anzuzeigen… Dann wiederum – die Polizei ist doch eh überfordert… Siehe Köln Silvester 2016. „Nafris“ – wochenlang Falschmeldungen bis heraus kam – siehe da: Kaum jemand aus den Mahgreb-Staaten dabei, dafür 46 Deutsche mit Pass und Herkunftssiegel…
    Mein Gott, wo sind wir hingekommen. Ich war ja nie ein Fan von Joschka Fischer, aber einem Satz aus einem kürzlich veröffentlichten Interview muss ich zustimmen: „Die westliche Welt, so wie wir sie kennen, wird es demnächst nicht mehr geben.“ Wir können sagen, wir sind live dabei und in Farbe. Die Sicherheitsarchitektur der Welt ändert sich.
    Und was Amerika betrifft: „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ stimmt auch nicht mehr. Vom Baulöwen und Casino-Bankrotteur zum Präsidenten…

  18. Beispiel für ein „Narrativ“:

    „Die westliche Welt, so wie wir sie kennen, wird es demnächst nicht mehr geben.“

    Die „westliche Welt“, von der Joschka Fischer spricht, hat es nie gegeben, genauso wenig wie das andere „Narrativ“:

    „Vom Tellerwäscher zum Millionär“

  19. Erfolgsfaktoren für ein aktiv gesteuertes Narrativ (Wikipedia):

    Es braucht
    • ein Problem
    • den Mut, es zu erkennen
    • den Willen, es zu lösen
    • die Kraft, ein Ziel zu beschreiben
    • die Verpflichtung, es zu erfüllen

    Im Lichte der konkreten Erfahrungen sind viele Punkte der Agenda 2010 heute fraglich. Richtig war aber die Debatte um die Rente mit 67. Und mutig der damalige Schritt von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering den Weg dahin zugehen. Denn die entscheidende Frage war und ist, wie kann eine auskömmliche Rente sicher gestellt werden, wenn die Zahl derer die das System nutzen können im Vergleich zu denen die es finanzieren sich immer schwieriger entwickeln. Und Müntefering hat im Gegensatz zu seinen Vorgängern und seinen Nachfolgern den Mut gehabt eine systemimmanente Antwort zu geben. Sie hätte mit vielen Punkten flankiert werden müssen, z.B. der stärkeren Haftungsbeteiligung von Unternehmen für schlechte Arbeitsbedingungen. Aber im Kern ist sie richtig.
    Um mich für einen Beitrag zum Thema hier zu legitimieren: auch ich kenne die Arbeitsbedingungen im gewerblichen Bereich aus eigener Erfahrung. Ausbildung als KFZ Mechaniker, Fließbandarbeit, Versandhelfer (Pakete stapeln), Aushilfsfahrer, Helfer im Garten- und Landschaftsbau. Allerdings seit 30 Jahren Schreibtischarbeit. Sowohl im gewerblichen Bereich als auch im Dienstleistungsbereich sind die Risiken zunehmend mehr in psychischen als in physischen Ursachen zu sehen. Die körperlichen Arbeitsbedingungen haben sich in vielen Bereichen positiv entwickelt. Hier ist viel geforscht und die Unternehmen, auch auf Grund vieler gesetzlicher Auflagen haben viel investiert. Belastender und risikoträchtiger ist dagegen der wachsende Leistungsdruck in allen Bereichen der Wirtschaft. Effizienzsteigerungen werden nicht durch technologischen Fortschritt und Prozessoptimierung erzielt, sondern zunehmend durch steigende Leistungserwartung.
    Der historische Fehler in der Altersvorsorge ist die Abkehr vom Umlagesystem. Im neoliberalen Glauben an die unendliche Weisheit der Märkte haben auch Sozialdemokraten geglaubt und einige glauben dies immer noch, dass in den kapitalfinanzierten Alterssicherungssystemen das Heil zu suchen ist (Riesterrente, Betriebsrente, etc.). Zum einen können diese Systeme nur ein Teil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nutzen aber alle finanzieren es, zum anderen zeigen die vielen globalen Krisen der letzten Jahre welche Risiken damit verbunden sind. Am Ende führen diese Systeme zu mehr Verteilungsungerechtigkeit.
    Gerecht und solidarisch lässt sich die Altersversorgung nur im Umlagesystem darstellen, egal ob beitrags- oder steuerfinanziert, oder gar beides. Und die Rente muss dann bei mindestens 50% liegen. Dazu muss die Bemessungsgrundlage erweitert werden, die Voraussetzungen für Vollbeschäftigung hergestellt werden, die Arbeitsbedingungen noch weiter verbessert, so dass die Menschen auch bis 67 arbeiten können. Durch einen Mix aus Anreizsystemen und Sanktionen wird es gelingen dieses Ziel zu erreichen. Ich kann mir z.B. vorstellen, dass Unternehmen in einen speziellen Fonds (ähnlich der Berufsgenossenschaft) einzahlen, aus denen die Renten für die Beschäftigten finanziert werden, die gesundheitsbedingt vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden. Für die Beschäftigung von Menschen über 60 entfällt die Einzahlungspflicht und für Beschäftigte zwischen 65 und 67 werden aus diesem Fond Prämien gezahlt.

  20. Die Grundwerte der SPD sind Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit. An diesen Prinzipien muss sich sozialdemokratische Politik messen lassen. Prinzipien sind verlässlicher als spontane Überzeugungen. Gerade in unsicheren Zeiten verschaffen sie Orientierung und sind Richtschnur in schwierigsten Situationen (Ferdinand von Schirach)
    Freiheit: Freiheit und Sicherheit sind kein Widerspruch, aber wir müssen uns überlegen wieviel Freiheit wir aufgeben um scheinbar mehr Sicherheit zu erzielen. Und wie schmal der Grat ist auf dem wir uns bewegen, wissen wir aus der eigenen Geschichte und können dies aktuell in der Türkei nachverfolgen. Und die Sorge um die Konsequenzen ist in zahlreichen literarischen Werken beschrieben seit Jahrzehnten beschrieben(z.B. E.M Forster, Die Maschine steht still). Wir brauchen ausreichend und bestens ausgebildete Polizei, auch im ländlichen Raum. Überwachungskameras und Bewegungsprofile im Internet helfen vielleicht im Ballungsraum bei der Verbrechensaufklärung. Elektronische Fußfesseln vermitteln das Gefühl von Handlungsstärke, Verbrechensprävention ist das nicht. Wir brauchen gute Schulen, gute Sozialarbeit, gute Bedingungen für Eltern und andere Prävention. Kostet alles Geld. Wir brauchen aber auch international Prävention um die Ursachen für Kriege und Flucht zu bekämpfen. Wir brauchen einen starken Staat, aber keinen Überwachungsstaat. Die demokratischen Parteien helfen sich nur über den nächsten Wahltermin mit dem Wettbewerb um die lautesten Forderungen nach verschärften Gesetzen. Gesetze schaffen keine Sicherheit, sondern deren Umsetzung. Und da hapert es schon bei den bestehenden. Überlastete Staatsanwaltschaften und Gerichte, zu wenig Polizeibeamte werden auch bei verschärfter Gesetzgebung der Flaschenhals der reaktiven Sicherheit sein.
    Solidarität: Soziale Marktwirtschaft kann nur funktionieren, wenn die Gewinner sich mit den Verlierern solidarisieren, ggfls. müssen. Der neoliberale Mainstream, dem auch die SPD lange verfallen war und in Teilen der Funktionärsebenen noch ist, hat das Gegenteil bewirkt. Die Mitte, auf die sich alle gestürzt haben löst sich auf, politisch und ökonomisch. Die Basis der SPD, die gewerkschaftlich gut organisierten Industriearbeiter verlieren an Relevanz. Der SPD gelingt es nicht das neue Proletariat in den prekären Dienstleistungsbereichen z.B. in der Zeitarbeit zu erreichen. Nie war die Gesellschaft global und national so polarisiert, sowohl politisch als auch ökonomisch. Hier bedarf es mehr als zaghafter Programmatik die sich zudem sich vom Mainstream abhebt. Hier bedarf es in der SPD der Förderung von kritischen Querdenkern.
    Gerechtigkeit: Nicht Gleichmacherei aber Chancengerechtigkeit, dafür muss die Sozialdemokratie wieder stärker stehen. Die SPD in NRW muss das Thema Bildungsgerechtigkeit vorantreiben. Das dreigliedrige Bildungssystem ist schon lange überholt. Das Thema Inklusion muss besser flankiert werden. Wir brauchen flächendeckend Gesamtschulen. Wir brauchen eine Verteilungsgerechtigkeit der Vermögen und Einkommen. Nie war der Unterschied zwischen Arm und Reich so groß. Wir brauchen einen deutlich erhöhten Spitzensteuersatz, die Vermögenssteuer und eine effektivere Erbschaftssteuer. Das ist auch ein gutes Konjunkturprogramm. Die unzureichende Investitionsbereitschaft bedingt die extrem niedrigen Zinsen. Gleichzeitig haben wir im Bereich der öffentlichen Infrastruktur einen immensen Investitionsstau. Und von Vollbeschäftigung sind wir noch weit entfernt. Diese sogenannte Liquiditätsfalle lässt sich nur durch staatliche Intervention zur Rettung der Marktwirtschaft überwinden. Der Staat muss finanziell gestärkt werden, damit der Wohlstand für alle, auch im Alter gesichert werden kann. Aber auch bei den Beschäftigten sind die Einkommensunterschiede für gleiche Arbeit noch nie so extrem gewesen. Auch hier hat der von allen Seiten gehuldigte radikale Individualismus letztendlich zu einer nie dagewesenen Entsolidarisierung geführt, die sich bis in die Alterssicherungssysteme fortsetzt. Nur die umlagefinanzierte Rente ist sozial gerecht. Steuersubventionierte Betriebsrenten sind für die, die sie in Anspruch nehmen können gut. Sie stellen aber eine Umverteilung vom neuen Proletariat (prekäre Beschäftigung) dar. Und wir brauchen eine Entbürokratisierung der sozialen Transfersysteme. Jeder Versuch über Kennziffern basierte Systeme Anspruchsgerechtigkeit herzustellen hat eher das Gegenteil produziert. Wir haben uns zu einer Misstrauensgesellschaft entwickelt, die ungerecht ist und Wutbürger hervorbringt, die mit einfachsten rhetorischen Mittel sogar intellektuelle Flachformate an die Spitze der größten Atommacht der Welt bringt.
    Fazit: Wir brauchen eine Sozialdemokratische Partei mit ihrer Geschichte und ihren Grundwerten, Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit. Wir brauchen in der SPD Funktionäre die daran arbeiten. Es gibt viel zu tun in den Vorständen, den Parteiräten und Parteikonventen. Ich kann nur empfehlen, dass die Ämter nicht nur besetzt, sondern in diesem Sinne auch ausgeübt werden.

    1. @Michael Stechele

      Vielen Dank für die beiden Kommentare. Das wäre ja ein eigener Blogbeitrag gewesen.

      Werde nach der Arbeit in Ruhe lesen.

  21. Gerade hat Martin Schulz auf seine Facebook Seite Folgendes gepostet. Irgendwelche Kommentare?

    Heute ist ein besonderer Tag für mich, der mich tief bewegt.
    Sigmar Gabriel hat eben im SPD-Präsidium angekündigt, dass er mich am Sonntag als Kanzlerkandidaten und zukünftigen Parteivorsitzenden vorschlagen wird. Das ist eine außergewöhnliche Ehre für mich, die mich mit Stolz, aber auch mit Demut erfüllt.
    Ich bedanke mich bei Sigmar Gabriel, auch weil ich weiß, wie schwer ihm dieser Schritt gefallen ist. Sigmar und ich haben in den letzten Wochen bewiesen, dass wir gute Freunde sind und dass wir uns nicht haben auseinander treiben lassen.
    Ich werde morgen vor der SPD-Bundestagsfraktion und am Wochenende im Parteivorstand meine Bewerbung erläutern und dann am Sonntagmittag im Willy-Brandt-Haus in einer Rede darlegen, was meiner Überzeugung nach in Deutschland getan werden muss, damit die Menschen hier weiterhin gut leben können.
    Es geht um viel in diesen Tagen: es geht ein tiefer Riss durch unsere Gesellschaft, nicht nur in Deutschland, sondern auch in allen europäischen Gesellschaften und weltweit. Es gibt eine große Verunsicherung. Wir müssen diesen Riss schließen und wieder zu einem neuen Miteinander kommen. Wir brauchen neuen Mut und neue Zuversicht, denn Deutschland und Europa haben alle Chancen, wenn wir uns unterhaken und die richtigen Entscheidungen treffen.
    Ich will, dass die hart arbeitenden Menschen, die sich an die Regeln halten, sicher und gut in Deutschland leben. Ich will, dass es gerecht und dass es fair zugeht. Dass wir eine gute Zukunft für unsere Kinder und Enkel gestalten und dass die Menschen in den ländlichen Regionen dieselben Chancen und Möglichkeiten haben, wie die in den Ballungsräumen. Ich will, dass Menschen nach ihren Taten und nach ihren Motiven beurteilt werden und nicht nach ihrer Herkunft oder ihrem Geldbeutel.
    Ich will, dass die SPD ihren Führungsanspruch für Deutschland deutlich macht. Wir wollen die Wahl gewinnen, um das Leben der Menschen besser zu machen.
    Ich komme als ein Politiker nach Berlin, der davon überzeugt ist, dass ein funktionierendes Europa grundlegende Bedingung für ein friedliches Leben der Menschen in Wohlstand ist. Mit mir wird es kein bashing von Minderheiten oder von Europa geben und ich sage heute schon allen Populisten und Radikalen den Kampf an.
    Ich will unsere soziale Demokratie verteidigen!

    https://www.facebook.com/martinschulz.eu/photos/a.84734803461.80915.75969208461/10154565190298462/?type=3&theater

  22. @ zoom

    „Ich bedanke mich bei Sigmar Gabriel“

    ist die SPD eine Ein-Mann-Diktatur, in der der Kanzlerkandidat von Gabriel auserwählt weird?

    1. @Leser

      Seeheimer unter sich.

      Im Ernst Nr. 1: Dieser Stil hat wenig von Neuanfang. Mal schauen, wie weit Schulz das mit seinem rhetorischen Talent wird überdecken können.

      Im Ernst Nr. 2: Was hätte die SPD machen können? Die stehen unter Druck. Diskutieren statt exekutieren? Würde strack in die Opposition führen.

      Im Ernst Nr. 3: Vielleicht muss sich die SPD erst in der Opposition erneuern.

      Im Ernst Nr. 4: Die Opposition könnte sehr lange dauern.

      Ich setze mich jetzt wieder an die Biegung des Flusses.

  23. Schulz geht aus Brüssel weg. Gabriel gibt Parteivorsitz ab. Schulz bekommt Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur. Schulz bedankt sich bei Gabriel und Gabriel will Außenminister werden. Diesmal weiß es der „Stern“ und die „Zeit“ zuerst, nicht aber Frau Kraft… Seltsam. Und noch nicht einmal die Gremien, die für Sonntag alles exakt vorbereitet haben und nichts, aber auch nichts sollte nach außen dringen… Was ist da los ? Und wie fühlt sich ein SPD-Mitglied in so einer Situation, gar ein Mitglied der Fraktion ? Nun ich selbst finde Herrn Schulz auch als die bessere Wahl, kann mir wiederum den Herrn Gabriel als Außenminister kaum vorstellen. Die Parteien (auch die CDU) müssen schauen, dass sie nicht nur Häuptlinge haben sondern auch Indianer, die mal Häuptlingen werden könnten. Schön fand ich auch den unverhohlenen Jubel der JuSo ’s. Und Herr Gabriel wundert sich immer noch wegen schlechter Umfragewerte.

  24. Schulz: „Ich will, dass die HART ARBEITENDEN Menschen, die sich AN DIE REGELN HALTEN, sicher und gut in Deutschland leben.“

    „SPD-Arbeitsminister Franz Müntefering hat es auf seine Weise erklärt. »Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen«, sagte er“

    So „sozial“ sind Sozialdemokraten. Deutsche Sozialdemokraten.

    Es geht auch anders, und zumindest Vorwahlen kann man damit gewinnen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Benoît_Hamon

    „Im August 2016 erklärte Benoît Hamon sich als Kandidat für die Präsidentschaftswahl in Frankreich 2017 und trat damit bei den Vorwahlen der PS an. Die erste Runde der Vorwahl am 22. Januar 2017 gewann er mit rund 35 % der Stimmen

    Politische Positionen: … Einsatz für ein bedingungsloses Grundeinkommen für die gesamte Bevölkerung von bis zu EUR 750 pro Monat …“

  25. @Leser – na ja, wenn er denn Kanzler würde, kann er ja dafür sorgen, dass es genügend Arbeitsplätze für die hart arbeiten wollenden Menschen gibt, die sich dann genauso an die Regeln halten können wie die „hart arbeitenden“ Manager von VW, Deutsche Bank, German Pellets etc.
    Es gibt diese Arbeitsplätze nicht und sie werden immer weniger in einer digitalisierten Welt. Hart arbeiten, ja das gibt es noch in Deutschland. Wir haben den größten Niedriglohnsektor in Europa und der wird noch unterlaufen. Hat mal jemand die Reportage über Deutschlands Sklavenarbeit gesehen ? der Schlachthof Vechta in Niedersachsen zum Beispiel. Das ist zum Schämen. Kann uns ja egal sein, da arbeitet kaum noch ein Deutscher dafür ausländische Sklaven.

  26. @ Nofretete

    Genau.

    Wertschätzung muss über etwas anderes als „Arbeit“ passieren. Grundsätzlich. Als ethisches Prinzip. Und erst recht, wenn es nicht mehr Arbeit für alle gibt:

    was ist mit denen, die nicht „hart arbeiten“ können?

    Verhungern lassen, wie Müntefering es sagt?

    Das „bedingungslose Grundeinkommen“ wäre ein _erster_ Schritt, den Menschen als Menschen wertzuschätzen, unabhängig von dem, was er „verdient“: „bedingungslos“

    Das verstehen die neoliberalen SPD-Technokraten natürlich nicht:

    Die haben gar kein „Herz, das schlagen könnte“, der Slogan von Benoît Hamon, Parti Socialiste:

    „Faire battre le cœur de la France“

    das Herz zum Schlagen bringen

  27. Ein persönlicher Grund, warum die SPD – in Berlin – für mich unwählbar ist:

    Tim Renner

    Renner habe ich heute auf dem Savignyplatz angesprochen, als er versuchte, Wahlwerbung für sich zu machen (Dialog sinngemäß, aus dem Gedächtnis):

    Lichte: „Na, zufrieden mit Ihrer Wahl für die Volksbühne (am Rosa-Luxemburg-Platz)?“

    Renner: „Das wird sich erst zeigen, wenn Chris Dercon wirklich angefangen hat, zu arbeiten …“

    Momentan steht „Volksbühne“ nämlich für „Chaos“, weil so ziemlich alle Chris Dercon, Tim Renners Wahl für das „Management“, boykottieren …

    Gestern, am 2.8.2017, kam eine e-mail für eine Petition bei „change.org“:

    „Unterschreiben Sie für den Erhalt der Volksbühne?

    (…) Darum fordern wir den Kultursenator Klaus Lederer dazu auf, sein Wahlversprechen zu halten. Mit der Petition ZUKUNFT DER VOLKSBÜHNE NEU VERHANDELN kämpfen wir für den Erhalt unseres Theaters und brauchen deine Unterstützung.

    Jasna Fritzi Bauer“

    Ich frage Tim Renner: „Sie wollten ja, dass das »Ost« verschwindet, wollten den letzten Rest von »Osten« in Berlin abwickeln …“

    Renner: „Habe ich nie gesagt, das sind FAKE-NEWS!“

    Lichte: „Ich bin ganz sicher, ich führe Tagebuch, hab’s abgeschrieben, es war in irgendeiner Ekelzeitung, ich glaub’ die BZ …“

    Renner: „Glauben Sie nicht alles, was Sie lesen, das sind FAKE-NEWS!“

    (…)

    Das ging noch ewig so weiter, Renner hat versucht, mich zu „entmündigen“ …

    Zuhause hab ich dann gegoogelt. Und: Tim Renner sagt es selber, im Interview:

    BZ: „Sie sagten, dass Ihnen das Beharren der Volksbühne auf der Ost-Identität nicht gefällt. Das wird nur ohne Herrn Castorf zu ändern sein.“

    Tim Renner: „Ich habe gesagt, dass die Zeit für die Volksbühne, sich über den Osten zu definieren, langsam vorbei geht.“

    BZ: „Das steht aber in Leuchtbuchstaben über dem Theater.“

    Tim Renner: „Dann muss dieses Schild da vielleicht eines Tages verschwinden. Die Volksbühne steht nicht im Osten , sondern in der Mitte von Berlin …“

    http://www.bz-berlin.de/kultur/ein-echter-rad-renner-durch-berlins-kultur

    „Kulturstaatssekretär: Ein echter Rad-Renner durch Berlins Kultur“, BZ, Kultur, 27. Juli 2014

  28. … ist das „SPD“, die Welt „unpolitisch zu machen“?

    genau das hat Tim Renner, SPD, mit seiner Ernennung von Chris Dercon (siehe vorhergehenden Kommentar) vollbracht …

    ich dachte, ich les mal, was aktuell so an der Volksbühne passiert:

    „Neue Volksbühne hat jetzt noch mehr Ärger vor dem Start

    Chris Dercons neues Team an der Volksbühne hat in den sozialen Netzwerken mit wenigen Äußerungen für viel Wirbel gesorgt.

    (…)

    Es begann schon damit, dass die alten [Social Media-] Accounts der Volksbühne einfach bruchlos übernommen und von „Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz“ in „Volksbühne Berlin“ umbenannt wurden. Einen Account weiterzuführen, ist nicht so ungewöhnlich und auch an anderen Theatern bereits geschehen. Die unkommentierte Tilgung von Rosa Luxemburg aus dem Namen – übrigens auch schon auf den im Mai verteilten Programmheften sichtbar – zielt dagegen direkt ins Zentrum der Ängste, die seit der Ernennung Dercons zum Intendanten immer wieder artikuliert wurden: Die Volksbühne könne als identitätsstiftender Ort verloren gehen und ihr einzigartiges Gesicht verlieren.

    Hinzu kam ein reichlich rätselhaftes, an esoterische Rhetorik erinnerndes Statement in der ersten Wortmeldung der Volksbühne. „Die Sinne schärfen“, hieß es da, „sich ins Detail versenken. Das Gesamte vom kleinsten Teil denken. Lauschen. Flüstern. Klein werden. Raus aus dem Totalzusammenhang. Kommt zusammen!“, lautete es etwa auf Facebook. Und auf Twitter: „Eine Stadt in der Stadt. Ein Ort der Träume und des Wartens. Es wohnt hier wieder die Utopie.“

    (…)“

    https://www.morgenpost.de/kultur/article211464263/Neue-Volksbuehne-hat-jetzt-noch-mehr-Aerger-vor-dem-Start.html

    – streiche: „Rosa Luxemburg“ – steht scheinbar immer noch für „anders“, eine „andere Politik“ …

    – setze ein: esoterisches Bla Bla Bla – steht das für „SPD“?

    ( MdB SPD Dirk Wiese sagt ja auch nichts, in keiner seiner Werbebotschaften auf diesem Blog )

  29. Ich denke ja, dass es richtig war, Tim Renner anzusprechen, siehe meinen Kommentar vom 3. August 2017, oben …

    aber jetzt „verfolgt“ er mich: Renner kandidiert für den Bundestag und grinst mich in Charlottenburg-Wilmersdorf von jedem zweiten Laternenmast an: sind so viele Wahlkampfplakate „normal“?

    Tim Renner illustriert mit seiner Entscheidung zur Volksbühne – „OST“ – wie sich Politiker „ihre eigene Realität“ schaffen …

    Bilder zur Demontage des „OST“:

    http://www.tagesspiegel.de/berlin/ende-der-aera-castorf-ost-schriftzug-spektakulaer-von-berliner-volksbuehne-entfernt/19977010.html

  30. Tim Renner ist scheiße

    mit freundlicher Genehmigung von Tim Renner, Zitat Tim Renner im Tagesspiegel:

    „Ich finde es legitim, wenn Menschen sagen: Tim Renner ist scheiße. Das muss ich als Politiker aushalten können.“

    „Berliner Volksbühne

    Dercon: Fehlgriff oder Volltreffer

    Ex-Kulturstaatssekretär und SPD-Bundestagskandidat Tim Renner holte Chris Dercon an die Volksbühne. Und schließt nun sein Scheitern nicht aus.

    Tagesspiegel, 10.08.2017, VON HANNES SOLTAU

    (…)

    Heute sagt Tim Renner: „Ich kann nicht ausschließen, dass Dercon ein totaler Fehlgriff war, aber es könnte sich genauso gut als Volltreffer herausstellen.“

    (…)“

    Die „Volksbühne am Rosa Luxemburg Platz“ hatte vor Tim Renners Eingreifen den Ruf als DAS Theater Berlins …

  31. Weiße Schrift auf rotem Grund natürlich eine Aufforderung zu künstlerischer Bearbeitung – Beispiele:

    „Die ente ist sicher – SPD“

    „Tim Penner – SPD“

  32. Nun, das SPD-Bashing ist das eine, aber zur Bundestagswahl treten noch mehr Parteien an.

    Das Beste, was der SPD und den Bürgerinnen und Bürgern passieren kann, ist dass die Partei in der Opposition wieder zu einer sozialdemokratischen Partei wird.

    Punkt.

  33. Neues von der Volksbühne, die Tim Renner, SPD, zu dem gemacht hat, was sie ist (siehe Kommentare oben):

    „Protest gegen neuen Intendanten

    Aktivisten besetzen Volksbühne

    Im Vorfeld war die Aktion angekündigt worden: Etwa hundert Menschen haben die Berliner Volksbühne besetzt – sie wollen so für einen kompletten Neustart am Rosa-Luxemburg-Platz kämpfen.

    Man verstehe sich als Zentrum gegen Gentrifzierung. Zudem kritisierte eine Sprecherin die Einsetzung des neuen Intendanten Chis Dercon: Man setze eine kollektive Intendanz im Haus am Rosa-Luxemburg-Platz ein.

    Dercon solle sein Programm in der Dependance im Tempelhofer Feld fortführen dürfen

    …“

    http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/berliner-volksbuehne-aktivisten-besetzen-theater-a-1169420.html

    Statt den Flughafen Tegel offen zu halten – heute dazu Volksabstimmung in Berlin –, könnte man den Flughafen Tempelhof ja wieder öffnen:

    dann könnte Dercon mit Renner schnell den Abflug machen …

    ( o.k. – nach dem Absturz der SPD ist „Flughafen“ irgendwie unpassend )

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