Hamburg-Eimsbüttel: Stadtteilzeitung als PDF-Projekt

In meinem Briefkasten lag heute das Anschreiben eines alten Hamburger Bekannten, der Ende der 80er bis in die 90er Jahre hinein mit einer kostenlosen, linkspopulistischen, werbefinanzierten Stadtteilzeitung namens „HH19“ erfolgreich Inhalte und Themen gegen den Mainstream von Hamburger Abendblatt und der Reklamezeitung Eimbütteler Wochenblatt (analog zu Sauerlandkurier) in Kneipen und Geschäften platzierte.

Pünktlich zum jeweiligen Erscheinungsdatum wurden damals die DIN-A-5 DIN-A-4 großen, handlichen Zeitungen in die „HH19“-Papp-Standordner gefüllt oder den Machern gleich an Ort und Stelle aus der Hand gerissen.

Das Projekt finanzierte sich zeitweise so gut, dass die Redaktion eigene Büro-Räume anmieten konnte. Das Ende von „HH19“ hing, soweit ich es beurteilen kann, mit internen Richtungsstreitigkeiten zusammen.

Jetzt hat der umtriebige Herausgeber ein neues Projekt gestartet – eine Stadtteilzeitung im PDF-Format. Ich bin gespannt, ob es den Eimsbüttelern gelingt, mit ihre Zeitschrift abermals gegen den Medien-Mainstream Boden gut zu machen..

Lässt sich das Projekt auf andere Medien-Monokulturen übertragen? Ich bin mir nicht sicher, aber eine Überlegung sollte es wert sein:

Neue Eimsbütteler Stadtteilzeitung im PDF-Format
Neue Eimsbütteler Stadtteilzeitung im PDF-Format

Liebe Freundinnen und Freunde,

da ich euch über meine Musik fast alle persönlich kenne, aber nicht
genau weiß, ob ihr in Eimsbüttel oder Umgebung wohnt, oder ob ihr
Interesse an unserer neuen Stadtteilzeitung EIMS-NET habt, habe ich euch
einfach alle angeschrieben. Absagen kann ich gut vertragen, vor allem
wenn jemand in Wanne-Eickel wohnt und wird mit einer Eimbüttel-Zeitung
zwangsbeglückt … Wenn ihr diese NetzZeitung also nicht benötigt, gebt
mir einfach eine Nachricht über: mailto:abo@eims-net.de und bestellt sie
ab.
Wenn ihr sie aber gut findet und vielleicht selbst Infos (z.B.
Auftritte, Veranstaltungen o.ä.) bekanntgeben wollt, dann lasst sie euch
einmal im Monat zusendet. Dafür braucht ihr nichts weiter zu tun.
Jetzt aber unser Anliegen:

Mit Freude geben wir die Geburt unserer neuen Stadtteilzeitung für
Eimsbüttel und Umgebung bekannt.
Ihr Name: EIMS-NET
Erscheinungsweise: Monatlich, geplanter Umfang 16 Seiten, verschickt an
ca. 3.000 EimsbüttlerInnen.

EIMS-NET hält sich nur als PDF-Datei im Internet auf und ist auch dort
zu abonnieren und auch abzubestellen.
Ihre Adresse lautet:
http://www.eims-net.de

Unsere E-mail-Adressen:
post@eims-net.de bzw.
redaktion@eims-net.de
abo@eims-net.de

Wir würden uns freuen, wenn euch unser Werk gefällt und bitten um rege
Post, Kritik und Informationen.
Bei Gefallen bitten wir dringlichst um Weiterleitung an FreundInnen und
KollegInnen.
Einige Exemplare von EIMS-NET werden auch in gut frequentierten Orten
Eimsbüttels in gedruckter Form ausliegen.

Ganz liebe Grüße an alle,

Euer EIMS-NET-Team / Peter Gutzeit

7 Gedanken zu „Hamburg-Eimsbüttel: Stadtteilzeitung als PDF-Projekt“

  1. Nachtrag: Heute erschien ein Bericht in der Hamburger Morgenpost:

    http://tinyurl.com/or4k9a

    „Die Kündigung von Stadtteil-Reporter Arndt Prenzel gab den Ausschlag. 15 Jahre lang arbeitete Prenzel beim „Eimsbüttler Wochenblatt“, ehe er aus Kostengründen gefeuert wurde (MOPO berichtete). Aus Wut darüber gründete Peter Gutzeit (63) jetzt „Eims-Net“, eine neue Stadtteilzeitung für Eimsbüttel und Umgebung… „

  2. Haben Sie sich das Heft denn auch angeschaut? Ich finde dort zum Beispiel einen als „journalistischen Beitrag“ getarnten PR-Artikel der Hamburger Sparkasse, die in Finanzspekulationen der HSH-Nordbank verwickelt ist. Oder eine PR-Meldung der wegen ihrer nie aufgearbeiteten NS-Vergangenheit sehr fragwürdigen Vogelschützer der NABU, der mit dem gleichen Wortlaut im „Hamburger Abendblatt“ erschienen ist. Um nur zwei Beispiele zu nennen.

  3. @Petra Porst:
    Ja – der HaSpa-Artikel ist anscheinend PR. Da müsste auch meiner Meinung nach dick „Reklame“ drüber stehen. Zur NABU: Könnten Sie mir zur Vergangenheit der NABU einen Lesetipp geben? Ich finde Ihren Hinweis sehr interessant!

  4. Gerne. Ein gutes Buch zu dem Thema ist: Joachim Radkau und Frank Uekötter (Hrsg.): Naturschutz und Nationalsozialismus (Campus). Auszug: „Zu den peinlichsten Kapiteln der zwölf Jahre NS-Umweltpolitik gehört das Verhalten der Naturschutzverbände, die sich den neuen Machthaber ohne zu zögern an die Brust warfen. Reichsvogelmutter Lina Hähnle schmetterte „ein sieghaftes Heil auf unseren Volkskanzler“ und bot „die freudige Gefolgschaft des Bundes“ an. Der Reichsbund Vogelschutz, Vorläufer des heutigen NABU, wurde dafür mit einer Monopolstellung belohnt (andere Vogelschutzverbände mussten zwangsbeitreten), die die Umsätze des Vereins von 45 000 Reichsmark (1932) auf 85 000 Reichmark (1941/42) hochschnellen ließ.“

    Auf der NABU-Seite gab es letztes Jahr diese Meldung (ist dort wohl noch zu finden):

    06.02.2008 – NABU-Präsident Olaf Tschimpke hat der Enkeltochter von Verbandsgründerin Lina Hähnle zum 95. Geburtstag und zur 95-jährigen Mitgliedschaft im NABU gratuliert.

  5. @zoom:
    Die Macher von Eims-Net können sich nicht von ihrem Geschäftsmodell distanzieren. Das Verhältnis zu „Inhalten“ („Content“) ist bei Anzeigenblättern ja noch offensichtlicher instrumentell als anderswo.
    Eine NABU- oder HASPA-PR erscheint dort nicht wegen dem, was drin steht, sondern als Hinweis auf Geschäftspartner und „Zielgruppen“. Daraus ergibt sich der Themen-Mix und der „Durchschnittsinhalt“ bzw. das „Profil“. Dass dieses eher unscharf ist, liegt an der Wahl des Genres: Obwohl Anzeigenblätter über „Lokalpolitik“ berichten, wirken sie durch den Abgleich der Themenauswahl mit den Interessen von Inserenten (Firmen, Verbänden, Behörden) entpolitisierend, worin wiederum ihre politische Funktion besteht.

  6. @Petra Porst:
    Das wäre auch eine mögliche strukturelle Erklärung für das Scheitern von HH19, obwohl oder weil diese Zeitung in einem linken milieu juste erschien. Mal schauen, wie es mit eims.net weitergeht.
    Eine Stellungnahme bzw. Erklärung habe ich bislang nicht erhalten

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