Große Koalition will Autobahnprivatisierung beschließen

Teilstück des neuen Autobahnabschnitts der A 46 bei Bestwig-Velmede. (archivfoto: zoom)

Diesen Freitag soll vom Bundeskabinett eine umfassende Grundgesetzänderung verabschiedet werden [1].

(Dieser Artikel von Carl Waßmuth  ist heute auf der Website Gemeingut in BürgerInnenhand erschienen.)

Die Änderung behandelt vordergründig die notwendige Neufassung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen sowie eine Reform der Autobahnverwaltung. Faktisch sind die Änderungen derart umfassend, dass man auch von einer „Föderalismusreform 3“ sprechen könnte. Die Gewerkschaft Ver.di kommentierte die Entwürfe z.B. wie folgt:

„Mit dem Referentenentwurf wird eine Neuausrichtung des Verhältnisses von Bund und Ländern angestrebt, die in ihrer Bedeutung den Reformen der bundesstaatlichen Ordnung (Föderalismusreform I und II) gleichkommt.“

Bedauerlicherweise wird zu dieser Reform in ihrer gesamten Bedeutung bisher kaum berichtet. [2]

Wir von GiB hatten bisher kritisiert, dass die Entwürfe die Zentralisierung und formelle Privatisierung der Autobahnverwaltung beinhalten und dazu auch ermöglichen, dass die funktionale Privatisierung über öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) von Einzelabschnitten zum flächendeckenden Prinzip erhoben wird. Seit vergangenem Donnerstag werden wir in dieser Auffassung auch vom Bundesrechnungshof unterstützt (siehe dazu hier). Heute will ARD dazu berichten.

Der Deal zwischen Bund und Ländern hat aber noch einen weiteren Aspekt: Die Zustimmung zu dieser Form der Autobahnreform hat sich der Bund von den Ländern unter anderem durch zusätzliche 9,5 Mrd. Euro jährlich erkauft. Was der Bund  und insbesondere Finanzminister Wolfgang Schäuble da verhandelt hat, ist für den Bundeshaushalt insgesamt aber nachteilhaft. Als Gegenleistung gestatten die Länder die Autobahnreform. Und auch die kommt den Bund teuer, wegen des aufwendigen Umbaus, aber insbesondere wegen des Einbezugs von privatem Kapital über ÖPP! Nicht nur die Autobahnreform selbst verdient, näher betrachtet zu werden, sondern auch möglicherweise der hohe Preis, der dafür bezahlt wird. Aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger  sieht es nach einem „lose-lose-Geschäft“ aus.

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[1] Geändert bzw. neu abgefasst werden sollen die Artikel 74, 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f und 143g. Zu dem GG-Änderungsentwurf wurde auch ein Artikelgesetz vorgelegt, das in neun Einzelgesetze ändert (Maßstäbegesetz, Finanzausgleichsgesetz, Gesetz über Finanzhilfen für Seehäfen, Stabilitätsratsgesetz, Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Kommunalinvestitionsförderungsfonds“, Kommunalinvestitionsförderungsgesetz, Finanzverwaltungsgesetz, Haushaltsgrundsätzegesetz, Bundeshaushaltsordnung). Vier Gesetze sollen neu verabschiedet werden: Ein Gesetz über die Errichtung einer Infrastrukturgesellschaft Verkehr, ein Begleitgesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs ab dem Jahr 2020 insgesamt und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften, ein  Sanierungshilfengesetz sowie ein Gesetz zur Verbesserung des Online-Zugangs zu Verwaltungsleistungen

[2] Dies hat sich inzwischen geändert:

Heute Abend PlusMinus: http://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/autobahnen-privat-100.html

Heute der Spiegel: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/privatisierung-von-autobahnen-gutachten-sieht-chancen-fuer-regierungsplaene-a-1124742.html

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