Gespräche am Rande: WAZ-Kahlschlag und Westfalenpost

Freitag abend: Kegeln. Bevor die Bahn geöffnet wird – oben an der Theke. Fragt einer: „Schreibst du noch für die Westfalenpost?“ Antwort: „Nee, ja – keine Zeit , muss zu viel arbeiten, und 7 Euro für 70 Zeilen bei 3 Stunden Arbeit und einer Stunde Schreiben – nee, würde ja wieder gerne, aber nee, geht nicht mehr, kriege ich in der Familie nicht mehr vermittelt.“

„Ich hab‘ auch schon das Abo gekündigt“, sagt einer, obwohl es darum gar nicht geht. „Und da sind noch mehr, der, und der und der, weil…“

(Folgt: Lamento über Qualität der Lokalberichterstattung …)

Sage ich: „Hab‘ ja auch immer gemeckert, aber jetzt soll ja anscheinend ein Drittel der Belegschaft entlassen werden, Kürzungen ohne Ende, Holzhammer, Guillotine …. Ist ja jetzt schon schlecht, aber was dann…“

„Prost!“, sagt einer. „Ich nehm‘ ’ne Linie“, der Nächste.

Kurz und gut: Niemand der Westfalenpost-Leser hier an der Theke im Ort wusste, was im WAZ Konzern passiert. Es waren und sind nicht die Dümmsten, die ich dort getroffen habe, aber wenn die schon nichts wissen bzw. die Dramatik nicht so empfinden, wie sie im WAZ-Protestblog beschworen wird, wer dann außer den Betroffenen?

In nicht allzu ferner Zukunft werden sich Soziologen und Politologen akademisch mit der „Zeitungskrise“ beschäftigen. Das „Protestblog“ wird dabei eine große Fundgrube für gelehrte Betrachtungen sein.

Bis dahin allerdings geht es bei den Beschäftigten „um die Existenz“. Und „die paar Hundert“ Leute wehren sich stellvertretend für Tausende oder sie wehren sich gar nicht. Und wenn sie Ersteres tun wollen, müssten sie dem politischen ABC folgendend den „Gegner“ klar identifizieren und darüber hinaus Bündnispartner gewinnen.

Bei den Gegnern kenne ich mich als „Externer“ nicht aus, aber ich weiß, dass ein möglicher Bündnispartner, nämlich wir Leser, noch nix (nicht viel) weiß. Die Zeit drängt. Mein Briefkasten jedenfalls wartet.

3 Gedanken zu „Gespräche am Rande: WAZ-Kahlschlag und Westfalenpost“

  1. Folgenden Leserbrief schickte ich heute an den Sauerlandkurier (mit der Bitte, sie mögen sich des Themas annehmen):

    Hier und da hört man Meldungen, die WAZ-Mediengruppe plane von ihren 900 Redakteuren 300 zu entlassen. Ein Opfer der aus dem Personalabbau resultierenden Umstrukturierung und Verschlankung würde der Regionalteil der Tageszeitungen. Der Lokalnachrichtenteil der WP und der WR werden sich dann wohl nicht mehr unterscheiden.

    Klar ist, dass die WAZ-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht aus eigener Sicht über ihre mißliche Situation berichten können. Schließlich steht ihr Job auf dem Spiel.

    Um so wünschenswerter wäre es, wenn Kolleginnen und Kollegen nicht betroffener Verlagshäuser und Zeitschriften die Hintergründe und die Sachverhalte recherchieren und uns Leser darüber informieren würden. Schließlich ist zu befürchten, dass durch die geplanten Sparmaßnahmen der WAZ die journalistische Qualität und die Vielfalt leiden werden. Das wiederum könnte zu weiter sinkenden Verkaufszahlen und somit zu weiteren Sparmaßnahmen führen. Irgendwann reicht`s dann wohl nur noch für Todesanzeigen!?

  2. Schade, meine Leserzuschrift zum Thema Personalabbau bei der WAZ-Mediengruppe fand ich leider in der Mittwochs-Ausgabe des Sauerlandkuriers nicht.
    Wer weiß, vielleicht hab ich das Blättchen zu flüchtig durchgeblättert!? Oder die Redaktion plant die Veröffentlichung für die Sonntags-Ausgabe? Kann aber auch sein, die Kurier-MitarbeiterInnen wußten bis dato von nichts und recherchieren jetzt gründlich, damit sie demnächst ausführlich über die Hintergründe und die nicht erfreuliche Situation ihrer Kolleginnen und Kollegen von WP und WR berichten können.

    Da die „Neuausrichtung“ der beiden hiesigen Tageszeitungen ebenfalls Konsequenzen für die Leserinnen und Leser nach sich ziehen wird, wäre es doch auch interessant zu wissen, wie und wie sehr die eh schon etwas dürftige Lokal-Berichterstattung eingedampft wird. Auch darüber könnte der Sauerlandkurier im Interesse seiner Leserschaft berichten! Das fände ich jedenfalls allemal interessanter, als etwas über den Xten Weihnachtsmarkt in Hinterdudeldapfing zu lesen.

  3. Wenn es beim Sauerlandkurier noch jemanden geben sollte, der journalistisch denkt, könnte er für das Blatt ganz gewaltig punkten, soll heißen bei der Leserschaft an Autorität gewinnen.

    Vielleicht kapieren es die Damen und Herren des Anzeigenblattes und lassen sich doch noch zu einer Veröffentlichung hinreißen.

    Aus der „schlanken“ Erscheinungsweise des Kuriers an diesem Mittwoch(und den vorherigen Wochen) schließe ich, dass auch bei den Anzeigenblättern der „Rubel“ nicht mehr so rollt, wie noch vor ??? Jahren.

    Leider habe ich zur Zeit keinen persönlichen Kontakt zu den Redakteuren und ernstzunehmenden Journalisten des Sauerlandkuriers. Sonst hätte ich einfach mal nachgefragt.

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