Erstens kommt es anders – und zweitens als man denkt. Ein Kommentar zur Bundestagswahl am 26. September 2021

Was noch vor wenigen Monaten undenkbar schien, wurde am Sonntagabend mit Bekanntgabe der Prognose durch die Forschungsgruppe Wahlen des ZDF zur endgültigen Gewissheit: Olaf Scholz und seine SPD haben die lange Zeit favorisierte CDU auf Platz 2 verwiesen; die Sozis können nun nach 16 Jahren erstmals wieder den Führungsanspruch auf die Kanzlerschaft erheben.

(Ein Kommentar von Karl Josef Knoppik)

Daß die Partei am Ende doch noch die Nase vorn haben würde, wenn auch lediglich mit 1,7 Prozent Vorsprung, konnte im Frühsommer noch niemand erahnen; die Partei lag damals in Umfragen bei 15 – 17 Prozent. Dies änderte sich, als Armin Laschet, der von vornherein weitaus schlechter bewertet wurde als sein CSU-Kontrahent Söder, in den Wahlkampf einstieg und – man muß es so sagen – von einem Fettnäpfchen ins andere tappte. Der Kandidat, das Unionsprogramm und seine Reden überzeugten viele Bürgerinnen und Bürger nicht. Sein Auftreten während der Hochwasserkatastrophe Mitte Juli war nicht dazu angetan, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen.

Die CDU/CSU, übrigens auch im Hochsauerlandkreis, ist gründlich abgestraft worden. Sie verlor bundesweit gegenüber 2017 fast 9 Prozent, bekam aber m. E. immer noch weit mehr Zustimmung als sie nach 16 Jahren Merkel-Regierung verdient hätte. Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes haben keine klare Entscheidung getroffen; sie schrecken vor fundamentalen Veränderungen zurück, jedenfalls eine große Mehrheit.

Eine siegreiche SPD ändert aber auch nichts an der Tatsache, daß Wahlergebnisse im 20-Prozent-Bereich kein Ruhmesblatt sind – im Vergleich zu den Erfolgen früherer Jahrzehnte. Von den ehemaligen großen Volksparteien ist nichts mehr übriggeblieben.

Es gab also keine großen Gewinner. Falsche Kandidaten, ein müdes, lustloses Wahlkampfgeschehen. Die Grünen haben den Sieg leichtfertig verspielt. Man kann darüber streiten, ob die Ökopartei mit R. Habeck als Kanzlerkandidat ein besseres Resultat erzielt hätte. Fakt ist aber, daß die Grünen in Bezug auf ihre Kernthemen zu harmlos wirkten; scharfe Attacken auf die CDU/CSU und deren bisher regierende Kanzlerin Merkel blieben aus. Klare Kante? Fehlanzeige. Jedermann liebstes Kind sein zu wollen – das funktioniert nicht. Plötzlich, wenige Tage vor der Wahl, konnte sich Habeck wieder beides vorstellen, nämlich ein Bündnis sowohl mit der Union als auch der SPD, während zur selben Zeit Annalena Baerbock äußerte, daß die CDU/CSU nach 16 Jahren in die Opposition gehöre.

Die Kanzlerkandidatin sprach stets von einem Aufbruch für Deutschland, was immer das heißen mag. Ihre Formulierungen waren zu unkonkret, zu vage, zu zaghaft. Besser wäre es gewesen, sie hätte in aller Deutlichkeit eine radikal-ökologische Wende für dieses Land ausgerufen. Stattdessen hörte man aber nicht nur in den TV-Triells die bekannten Forderungen, sprich Beendigung der Kohlenutzung, Einstieg in die E-Mobilität oder den Ausbau erneuerbarer Energieträger. Die wichtigen Zukunftsthemen Landwirtschaft, Verkehr, Energie, Natur-, Klima- und Verbraucherschutz spielten, gemessen an ihrer überragenden Bedeutung, nur eine Nebenrolle.

Dabei wurden den Grünen ihre Urthemen auf dem Silbertablett serviert: Die Flut in NRW, Rheinland-Pfalz und auch in Bayern, die absolut unzureichende Vorbereitung der Städte auf den Klimawandel und seine Folgen; die ungebremste Betonierung und Versiegelung der Landschaft, Umweltzerstörung durch Straßenbau und andere massive nutzungsbedingte Eingriffe – damit einhergehend fortschreitender Flächenverbrauch; Übererschließung der Alpen, sozialverträglicher Klimaschutz, naturschutz- und klimagerechter Waldumbau, Eindämmung der Konzernmacht, ein Bonus für diejenigen, die sich umwelt- und klimakonform verhalten. Von alledem war nichts zu hören, weder im Wahlkampf noch im Fernsehen.

Olaf Scholz profitierte von der Schwäche und den Fehlern des Kanzlerkandidaten Laschet. Der Hanseat steht aber nicht für einen radikalen Politikwechsel, wie er mir und vielen anderen Bürgern vorschwebt, und der sich nur in einem Linksbündnis realisieren läßt. Scholz plädiert für eine so genannte „Ampel“-Koalition aus SPD, Grünen und FDP, hatte sich aber als letzte Option auch die Möglichkeit eines Bündnisses mit der Linkspartei offengehalten, falls man mit der FDP keine Einigung erzielt. Nachdem diese Option durch das schlechte Abschneiden der Linkspartei nun entfallen ist, fällt damit auch die Drohkulisse von rot-grün-rot weg. Das könnte die FDP dazu veranlassen, hohe Hürden für das Zustandekommen einer „Ampel“ zu errichten.

Nicht nur Olaf Scholz, sondern auch Frau Baerbock erwähnten die Linkspartei mit keinem Wort. Ja mehr noch: Die grüne Kanzleraspirantin ließ sich für die schmutzige Anti-Links-Kampagne der CDU und FDP, aber auch von einer mutlosen SPD, einspannen, unterstützt von Teilen der Medien, die sich diese Position zu eigen machten, ohne im geringsten zu prüfen, welche sachlichen Gründe überhaupt gegen eine rot-grün-rote Koalition sprechen. Die ständig wiederbelebte Warnung vor einem Zusammenschluß aus SPD, Grünen und Linkspartei hat sicher zum schlechten Wahlergebnis der Partei beigetragen. Und es lag wohl auch am Führungspersonal. Nichts gegen Janine Wissler und Susanne Hennig-Welsow. Frau Wissler hatte im Wahlkampf keine schlechte Figur gemacht. Doch hätte man Sahra Wagenknecht, die einstige starke und angesehene Persönlichkeit der Linken, nicht aus der Führung der Partei herausdrängen dürfen. Damit tat man sich keinen Gefallen.

Es herrscht in diesem Lande ein starkes Mißtrauen gegen „Links“. Das hat sich die Union zunutze gemacht. Sie wußte genau, daß es noch immer genügend Menschen gibt, die dafür aufnahmebereit sind. Wenn man – wie die Union – vom eigenen Kandidaten und vom eigenen Programm nicht überzeugt ist, wird eben Angst vor dem politischen Gegner geschürt. Und was liegt da näher als bei jeder passenden Gelegenheit das Feindbild „dunkelrot“ hervorzukramen und Angst vor einer Partei zu verbreiten, die angeblich extreme Positionen vertritt und von der nur Unheil kommt. Wirtschaftsverbände, CDU/CSU und FDP brüsteten sich nach der Wahl öffentlich damit, Rot-Grün-Rot verhindert zu haben und verunglimpften damit zugleich auch diejenigen Wählerinnen und Wähler, die aus ehrenhaften Motiven, aus guten Gründen entschieden haben, für „links“ zu votieren.

Die NATO, von der Linkspartei abgelehnt, kann man durchaus in Frage stellen, zumindest in dieser Form. Dazu Dr. Gregor Gysi im August: „Die Kanzlerkandidatin und Kanzlerkandidaten haben die Dimension des Scheiterns der NATO in Afghanistan wohl noch nicht begriffen. Wer nach diesem Fiasko glaubt, die Welt wäre sicherer, wenn Deutschland noch mehr Steuermilliarden in die Rüstung steckte und europäische Truppen auch ohne die USA Kriege führen müßten, denkt vollständig an den Realitäten vorbei (Quelle: n-tv).“

Die Partei von Robert Habeck und Annalena Baerbock mit ihren hohen Ansprüchen an einen grundlegenden Wandel in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft befinden sich nach diesem Wahlausgang in einer äußerst schwierigen Situation. Machen sie der FDP nämlich zu viele Zugeständnisse, die an ihrer Glaubwürdigkeit leiseste Zweifel aufkommen lassen, können sie eine Regierungsbeteiligung sofort vergessen. Faule Kompromisse würde weder die Basis durchgehen lassen, noch würde der Wähler so etwas gutheißen. Folge: Die „Ampel“ wäre vom Tisch.

Zweite Möglichkeit: Einem völlig demontierten, auf ganzer Linie gescheiterten Kanzlerkandidaten Laschet zur Macht zu verhelfen, wäre noch schlimmer. „Jamaika“ hieße im Klartext: Schwarz-Gelb, die sich programmatisch ohnehin ziemlich nahe stehen, setzt die Politik des „Weiter so“ fort, und die Grünen fungieren als Mehrheitsbeschaffer für CDU/CSU und FDP. Für mich ein Horror-Szenario. Schon sehr früh hatte sich die Grüne Jugend vehement dagegen ausgesprochen. Käme es trotzdem zu Schwarz-Gelb-Grün, was voraussetzte, daß sich die Ökopartei um 360 Grad verbiegen müßte, wäre das Schicksal der Grünen besiegelt. Deren Umfragewerte stürzten in den einstelligen Bereich ab. Jegliches Vertrauen in die Regierungsfähigkeit wäre erschüttert; ihre Glaubwürdigkeit völlig dahin.

Sollten die Grünen ihre höchst anspruchsvollen ökologischen Ziele zugunsten der Macht über Bord werfen, würde es sehr wahrscheinlich darauf hinauslaufen, daß sich die Klimabewegung unter dem Dach von Fridays for Future radikalisierte. In der Konsequenz könnte das zur Gründung einer neuen Ökopartei führen.

Karl Josef Knoppik, 29. September 2021

21 Gedanken zu „Erstens kommt es anders – und zweitens als man denkt. Ein Kommentar zur Bundestagswahl am 26. September 2021“

  1. Ich fange mal an, und zwar zur Rolle von Sahra Wagenknecht, die ich überhaupt nicht positiv sehe. Mit ihrem „Nationalbolschewismus“ bedient sie gerade in der Flüchtlingsfrage das Narrativ der Rechtspopulisten bzw. der AfD. Ich erinnere mich an eine Fernsehdiskussion vor Jahren, ebenfalls im Vorfeld von Wahlen, in der sie sich mit Frauke Petry, damals noch AfD Vorsitzende, prächtig verstand. Den ohnehin desaströsen Landesverband der Linken in NRW hat Wagenknecht noch weiter nach unten gebracht.

    Abgesehen von Wagenknecht hat die Linke große strukturelle und strategische Probleme.

    Pascal Beucker kommentiert in der taz: „Absturz der Linkspartei: Destruktive DiskussionenDie Krise der Linkspartei lässt sich nur überwinden, wenn es künftig um verbindende Klassenpolitik statt Trimmen auf Regierungsfähigkeit geht. […] Die destruktiv geführte Grundsatzdiskussion der vergangenen Jahre um Wagenknecht, was für ein Linkssein die Partei verkörpern will, hat viele Sympathien gekostet. Verloren hat die Partei in die eine wie die andere Richtung. Wagenknecht und ihre An­hän­ge­r:in­nen haben falsche Gegensätze aufgebaut, die tief gespalten haben. Was soll das für eine Linke sein, die sich nicht sowohl für die Kassiererin in Köln-Ehrenfeld als auch den Geflüchteten in Eisenhüttenstadt starkmacht? Beides gehört genauso zusammen wie die ökologische und die soziale Frage. Der Begriff „verbindende Klassenpolitik“ mag sperrig sein, trifft aber ganz gut, wofür eigentlich alle in der Partei gemeinsam stehen sollten.“

    https://taz.de/Absturz-der-Linkspartei/!5800464/

    Horst Kahrs meint im ND: „Die Linke braucht mehr als einen NeustartWahltaktische Schwächen sind die Folge tiefergehender Probleme und anhaltender strategischer Schwächen […] Tatsächlich sind diese wahltaktischen Schwächen nur die Folge tiefergehender Probleme und anhaltender strategischer Schwächen. Wie die CDU konnte auch die Linkspartei ihren Führungswechsel pandemiebedingt nicht rechtzeitig vor dem Wahltermin herbeiführen. So blieb der neuen Parteiführung kaum Zeit, noch eigene positive Akzente in Inhalt und Auftritt zu setzen und damit als Unterschied bekannt zu werden. […] Gleichzeitig wurde dank des im April erschienenen neuen Buches von Sahra Wagenknecht die innere Zerstrittenheit der Partei über den künftigen Weg in die öffentliche und innerparteiliche Aufmerksamkeit geholt. Die Wahlniederlagen in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg verhießen für die Bundestagswahl nichts Gutes, sondern offenbarten ebenfalls das Dilemma der Partei. Von der SPD waren (seit 2012) keine Wählerzuströme mehr zu erwarten, die Versuche, Wählerinnen der Grünen mit »konsequenteren« klimapolitischen Forderungen zu überzeugen, die Linke zu wählen, schienen ebenfalls wenig gewinnbringend, mit Blick auf die Bundestagswahl angesichts zugleich drohender Verluste an anderer Stelle sogar gefährlich.“
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1157007.ergebnisse-der-bundestagswahl-die-linke-braucht-mehr-als-einen-neustart.html

  2. Mit der Vorstellung des Kommentators, „die Ökopartei verfüge über die Fähigkeit, sich um 360 Grad zu verbiegen“, habe ich so meine Probleme. Meine zugegeben nur noch schwachen Erinnerungen an den schulischen Geometrie-Unterricht im Fach Mathematik besagen, dass der Kreis eine geometrische Figur von 360 Grad darstellt, d.h. auf den hier zu beziehenden Kontext blieben die Grünen gerade und genau das, was sie auch vorher schon darstellten und wollten. Gemeint hat der Kommentator aber im Sinne des Gebrauchs einer einschlägigen Redewendung doch wohl geometrisch korrekt, dass die Grünen bei einer Koalition mit CDU/CSU und FDP eine Kehrtwende ihres programmatischen Selbstverständnisses und ihrer politischen Absichtserklärungen um 180 Grad vollziehen müssten. Und das sehe ich ähnlich.

    1. Sehr geehrter Herr Dr. Dammann,
      vielen Dank für die Richtigstellung. Genauso habe ich es gemeint.
      Beste Grüße, Karl J. Knoppik

  3. „Keine Partei kommt in Deutschland an die Regierung, ohne sich mit dem Kapitalismus zu versöhnen und der Nato die Treue zu schwören. Die Grünen haben das in der rotgrünen Bundesregierung längst erledigt. Sie haben Deutschland in einen verschärften Klassenkampf von oben getrieben und den Arbeitsmarkt zerlegt. Heute ist Bundeskanzlerkandidatin Annalena Baerbock »die Favoritin von Führungskräften in der Wirtschaft« (»Wirtschaftswoche«).“:

    „Das größere Übel“, von Jutta Ditfurth:

    https://konkret-magazin.de/aktuell/644-das-groessere-uebel

    1. Ja, Jutta Ditfurth – ich mag sie und ihre Kritik an den Grünen und zwar seit Jahrzehnten. Gestern ist sie 70 Jahre alt geworden und in der FR ist ein gutes Interview mit ihr erschienen.

      https://www.fr.de/thema/bundestagswahl-ere754863/bundestagswahl-2021-jutta-ditfurth-gruene-strategische-fehler-interview-news-91000601.html

      Was ich nicht wusste: Bei der legendären Bosbach-Diskussion in der Maischberger-Sendung ist ihr einfach der Saft abgedreht worden, weil sie den Saal nach Aufforderung nicht wie Bosbach verlassen hatte.

      Zurück zum Thema: Ich bin gespannt, wieviel „grüne“ Politik in einer neuen Koalition zu finden sein wird.

      Ich hatte vor Jahren gemutmaßt, dass die Grünen die FDP im Parteiengefüge als Funktionspartei irgendwann ersetzen würde. Heute muss ich feststellen, dass ich mich geirrt hatte – die haben sich einfach funktionsmäßig verdoppelt, wobei sie inhaltlich komplementär zu sein scheinen, was ein Hin- und Herschieben des schwarzen Peters erleichtert.

    1. wenn in Zukunft die FDP die Umwelt- und Sozialpolitik bestimmt …:

      sind schon die Zyankali-Kapseln ausgegeben?

    2. Im neuen „Greenpeace-Magazin“ 5/21 wird in einem Leserbrief ausgeführt, daß gerade das Klimaschutzprogramm der Linken „für seine konkreten Ziele gelobt wird und für den Mut, sich so konkret festzulegen.“ Nach sorgfältiger Lektüre des Bundestagswahlprogramms der Linkspartei stelle ich fest, daß diese in den ökologisch relevanten und konfliktträchtigen Fragen Verkehr, Landwirtschaft, Energie, Natur-, Biodiversitäts- und Verbraucherschutz, Raumplanung usw. einen radikaleren Kurs als die Grünen verfolgen.

      1. Hier ein aktueller Beitrag des Linken-Politikers Lorenz Gösta Beutin:

        „Der sozial-ökologische Umbau ist abgesagt

        Zur klimapolitischen Dimension des Sondierungspapiers von SPD, Grünen und FDP

        Wo die Musik spielt bei der Klimapolitik von SPD, Grünen und FDP wird zu Beginn deutlich: „Neue Geschäftsmodelle und Technologien können klimaneutralen Wohlstand und gute Arbeit schaffen.“ Übersetzt heißt das: Der Markt regelt das mit dem Klima schon, der Kapitalismus wird etwas grün angemalt. Dass die Politik nicht geeignet ist, die Herausforderung der Klimakrise zu bewältigen geschweige denn die Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad zu gewährleisten, war eine Grunderkenntnis der Klimabewegung schon vor der Bundestagswahl.
        […]“

        Alles lesen:

        https://www.die-linke.de/start/nachrichten/detail/der-sozial-oekologische-umbau-ist-abgesagt/

  4. Das Interessante dabei ist doch, wie und in welchem Maße die CDU/CSU sich gerade zerlegt. Dagegen sind die Rezo-Videos ein Pappenstiel. Einblicke in die Ex-Zentralen der Macht. Ich erahne das leise Lächeln aus dem Kanzleramt. („Lasst die Jung’s mal…) Haben wir eigentlich noch einen MP in NRW? Ich höre und lese Widersprüchliches.
    Jetzt kommt also 12€ Mindestlohn. Das ist nicht das wichtigste, aber wichtig. Und es war ein strategisch richtiger Zug von Olaf Scholz. Schauen wir nach GB – 100 000 LKW-Fahrer aktuell fehlen, die Leute prügeln sich um Benzin und Supermarktwaren etc. Warum? Es fehlen nicht einfach LKW-Fahrer, es fehlen die billigen, ausgebeuteten LKW-Fahrer aus Osteuropa. Mit anderen Worten GB fehlt nach dem Brexit Europa. Es fehlen auch Arbeitskräfte in den fleischverarbeitenden Betrieben. Denn das haben in GB genau wie in D Rumänen, Polen etc. erledigt. Unter horrenden Bedingungen zu einem Hungerlohn. Jetzt gibt es keine Visa mehr und die Briten mit Fahrerlaubnis ab einem bestimmten Jahr werden aufgefordert, LKW zu fahren. Lustig. Ich sehe so eine Lady schon Schweinehälften zerlegen. Wenn wir nach GB schauen, schauen wir in die Zukunft.

    1. Was ich zuerst nicht begriffen hatte, war dass „Die Zerstörung der CDU“ nicht das Ziel von Rezo war, sondern dass es eine Zustandsbeschreibung der Partei ist.

      In GB muss inzwischen die Armee die Benzinlaster fahren. Johnson will den Markt alles regeln lassen.

      Die FDP (allein der Gedanke) in einer zukünftigen Regierung bereitet mir Unbehagen.

      1. Aber das muss doch auch Ihnen aufgefallen sein, 100 Armisten als LKW-Fahrer gegen 100 000 die man sucht. Sozusagen der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein. Habe gerade eine Reportage über den Mangel an Service-Kräften in der Gastronomie gesehen. Da gibt es jetzt Roboter, die ähnliches tun. Sehr teuer in der Anschaffung, aber dann… Wie man hört kommt ein harter und langer Winter auf uns zu, bei Strom-,Gas-,und Heizölpreisen jenseits von gut und böse. Vom Tanken ganz zu schweigen.
        Aber mal was ganz anderes – gleich wird der Literaturnobelpreis bekannt gegeben. Seit Jahren setze ich auf Murakami und Philip Roth. Aber wahrscheinlicher ist, dass selbst eine Vielleserin überrascht sein wird. Was mich dann wirklich überrascht ist, dass ich früher an diesem Tag in eine Buchhandlung meiner Stadt gehen konnte und die Werke oder das Neueste von dem Autor*in direkt ausgestellt war und zum Kauf bereit stand. Dies war sozusagen eine zweite Ehrung. In dieser Stadt nicht möglich. Findest du halt nicht im Wühltisch von Löffler. Stattdessen kannst du alle hundert Meter Junk-Food in dich reinschaufeln und 0,33l Bier für 3,50€ oder bei Weizen wird es noch spannender 8,50€ pro Glas. Kriegt man im Angebot ne‘ ganze Kiste für. Soviel zu mehr von demselben. Mehr Fress- und Sauftempel. Keine Buchhandlung.

        1. Gut, dass ich kein Bier mehr trinke und Vegetarier bin.

          Winterberg und Buch – das reimt sich nicht. Ich leihe mir inzwischen Bücher in Kassel, Dortmund und Hagen aus. So bin ich auch nach Jahrzehnten wieder bei Wittgenstein gelandet. Der Mann hat Probleme! 😉

          Und gerade eben: Literaturnobelpreis geht an den tansanischen Schriftsteller Abdulrazak Gurnah. Tja, Überraschung.

          1. Ja, Überraschung wie immer, jetzt ist nur noch spannend wo sie ihm die freudige Botschaft überbringen. Das ist immer sehenswert. Ich erinnere mich noch an Doris Lessing in London. Sehr überrascht und die Großtante oder irgendwie so von Gregor Gysi. Zumindest hatte ich schon zuvor Bücher von ihr gelesen. Von Gurnah werde ich im Umkreis von 100 km hier nichts bekommen. Da muss ich mich halt anstrengen, habe von fast jedem Nobelpreisträger die Bücher gelesen. Wann sind wir so ungebildet geworden?

          2. Und falls jetzt so ein Schnellmerker auf die glorreiche Idee kommen sollte, ich könne es doch bei Amazon bestellen. Mach ich nicht. Aus Prinzip. Seitdem Herr Bezos mit 176 Milliarden Euro sozusagen in Rente gegangen ist, seine schöne, von ihm geschiedene Frau mit X-Milliarden abgefunden hat, die diese an NGO’s verteilt- nach eigenen Angaben „bis der Safe leer ist“ und lieber Bücher schreibt, werde ich an diesem Gigantismus nicht teilhaben. War aber vorher schon mein Instinkt. Hat bei Schlecker funktioniert – könnte wieder funktionieren. Konsumbewusstsein.

          3. Habe gestern zwei Bücher bekommen – direkt beim Verlag bestellt. Direkt beim Buchhandel geht es ebenso schnell oder sogar schneller als bei Amazon oder Thalia.

            Lese gerade ein Büchlein, welches ich bei der Bundeszentrale für politische Bildung bestellt hatte.

            Es gibt viele Quellen für den Lesestoff.

          4. Das hört sich gut an. Versuche es sofort. Sehr gesund übrigens Ihre beschriebene Lebensweise. Am Vegetarier-Sein bastele ich noch. Aber auf jeden Fall größtmöglicher Fleischverzicht ist schon an der Tagesordnung.

          5. Aber interessant zu sehen, Gurnah hatten selbst Literaturkritiker nicht im Focus. Kulturzeit musste den Übersetzer bemühen. Und derzeit gibt es kein Buch in deutscher Übersetzung von ihm auf dem Markt. Das wird sich ändern.

  5. „Ampel-Koalition

    Das sind die Verhandlungsteams von SPD, Grünen und FDP

    21. Oktober 2021

    (…)

    Für die SPD verhandeln

    1. Moderner Staat und Demokratie

    Thomas Kutschaty

    Verena Hubertz

    DIRK WIESE

    Marianne Schieder

    (…)“

    DIRK WIESE, auch bekannt als der rechte „Seeheimer Kreis“, schafft einen „Modernen Staat“ – 

    Neoliberalismus haben wir doch schon lange, kann Wiese das noch steigern? Bekommt jetzt jeder ein Preisschild an den Kopf geklebt – damit man das Humankapital sofort erkennt?

    https://www.deutschlandfunk.de/ampel-koalition-das-sind-die-verhandlungsteams-von-spd.1939.de.html?drn:news_id=1313994

      1. … frag doch mal Wiese …

        Ich weiß nicht, mit welchen Positionen die SPD in die Verhandlungen geht, aber wenn im endgültigen Koalitionsvertrag irgendetwas wie „Moderner Staat“ im Sinne von „sozialer Gerechtigkeit“ verbunden mit „Ökologie“ stehen sollte, wäre das ein Wunder. Wunder.

Kommentare sind geschlossen.