Wundersame Wandlung: Die Hafenstraße in Hamburg

Häuser der Hafenstraße in Hamburg St. Pauli
Häuser der Hafenstraße in Hamburg St. Pauli (Foto: Arne List CC)

Die Hamburger Hafenstraße ist der Inbegriff für gewaltsame Hausbesetzungen im Stadtteil St. Pauli. Gemeint sind die Häuser in der Hafenstraße und Bernhard-Nocht-Straße.

Allerdings, und das wissen die wenigsten, bestehen die meiste Zeit verschiedene Miet- oder Pachtverträge zwischen den Bewohnern und verschiedenen Gesellschaften im Besitz der Stadt Hamburg.

Ein kleiner Rückblick: Im Herbst 1981 werden die stadteigenen, von der SAGA verwalteten, leerstehenden und ziemlich verfallenen Häuser still besetzt. In den Monaten davor hatte es in Hamburg bereits zahlreiche Hausbesetzungen (vor allem in Altona und Eppendorf) gegeben, die alle innerhalb von 24 Stunden durch Polizeieinsätze geräumt wurden. Von da an beginnt der bis zur endgültigen Räumungsklage dauernde Häuserkampf der Anwohner gegen Staat und Polizei.

Die bunten mit politischen Statements bemalten Häuser werden vom Hamburger Senat als ständige Provokation gesehen. Seitens der Polizei kommt es zu Hausdurchsuchungen unter fragwürdigen Vorwänden, Großeinsätzen mit Straßenabsperrungen und Wasserwerfereinsatz, sowie seitens der Bewohner zum Barrikadenbau, Straßenschlachten und Solidaritätsdemos mit mehr als 2000 Personen. Dies prägt das Bild der Hafenstraße in der Öffentlichkeit maßgebeblichauch wenn die Bewohner immer wieder versuchen u.a. durch Spruchbänder an den Häusern, Straßenfesten ihre Anliegen öffentlich zu machen.

Das erklärte Interesse der Bewohner bestand darin, den Abriss der Häuser zu verhindern, billigen Wohnraum zu erhalten und in diesem ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Innerhalb des Konfliktes wurde immer wieder versucht, den Zusammenhang zu anderen sozialen Konflikten herzustellen, was sowohl die Stärke der Hafenstraße ausgemacht hat, als auch Grund für die staatliche Repression war.

Im Mai 1987 versucht Jan Philipp Reemtsma die Eskalation zwischen Bewohner und Senat, sowie der Polizei als ausführendem Organ konstruktiv zu stoppen. In einem Brief an Bürgermeister Klaus von Dohnanyi bietet er an, die Häuser zu kaufen und später einer GmbH zu überschreiben. Anfang Juli erklärt der Senat, er sei bis zum September entscheidungsunfähig. Daraufhin zieht Reemtsma am 8. Juli sein Kaufangebot zurück. Bürgermeister Dohnanyi „bedauert“ dies. Er stoppt allerdings in letzter Minute die gewaltsame Räumung durch bereits aufmarschierte Polizei.

1995 werden die Häuser an eine Genossenschaft verkauft und danach saniert.

Heute besteht die Hafenstraße aus 12 Häusern, die Eigentum der Genossenschaft sind. Entscheidungsgremium ist nach wie vor das Plenum, eine Versammlung aus Bewohnerinnen und Bewohnern, Anwohnern und Betroffenen, entschieden wird nach dem Konsensprinzip.

Wer mehr wissen will, kann sich hier informieren:

http://www.nadir.org/nadir/archiv/Haeuserkampf/Hafenstrasse/doku.html

Bald avancierte die Hafenstraße in der Nachbarschaft des Fischmarkts zu einer Touristenattraktion, gerne sah man sich die bunten Häuser mit den darinlebenden „Punks“ und „Anarchos“ an, die angeblich sogar Mitglieder der RAF beherbergt haben sollten.

Das war gestern, was ist heute?

Vorgestern rieb sich der/die erstaunte Leser (in) nicht nur angesichts der neuen Konstellation von Freund und Feind die Augen, sondern auch weshalb wer von wem Unterstützung erhält. Hätte das der Senat doch nur vor 20 Jahren schon gewußt!

Hafenstraße gegen Beachclubs


200 Anwohner der St. Pauli- Hafenstraße wollen die Ansiedlung der heimatlosen Beachclubs „Lago Bay“, „Hamburg City Beachclub“ und „Hamburg del Mar“ verhindern. Ende 2008 hatte der Bezirk vorgeschlagen, die Beachclubs aus Altona unterhalb der St. Pauli-Hafenstraße anzusiedeln.

Unzumutbare Belastungen für die Anwohner“, heißt es in einem offenen Brief an Bezirksämter Mitte und Altona, Stadtentwicklungsbehörde und Bezirkspolitiker. Die Betroffenen kämpfen gegen zukünftige Lärm- und Umweltbelastungen sowie erhöhtes Verkehrsaufkommen. Das Bezirksamt Mitte nimmt die Bedenken der Anwohner sehr ernst: „Von Anfang an haben wir den Schutz der Anwohner bedacht“, sagt Pressesprecherin Sorina Weiland. Erst mal müsse geklärt werden, ob die Beachclubs wie geplant kommen würden. Eine Entscheidung stehe schon in den nächsten Wochen an. Die Linke kündigte Unterstützung gegen die Beachclubs an. Sprecherin Christine Detamble-Voss sagte: „Keine weitere Kommerzialisierung in und um die Hafenstraße.“

Quelle: Hamburger Morgenpost vom 23. Jan. 2009