Deponieverordnung NRW – Ist da der Bock zum Gärtner gemacht?

Nachdem der Hochsauerlandkreis wiederholt negative Erfahrungen durch unsachgemäßen Umgang mit hoch belasteten Abfällen gemacht hat, bat die Sauerländer Bürgerliste (SBL)  am 05. Juli 2011 die Kreisverwaltung um eine schriftliche Antwort auf mehrere Fragen zur Abfallsituation auf der Boden- und Bauschuttdeponie Bestwig.

SBL-Kreistagsmitglied Reinhard Loos wollte u.a. erfahren, welche Abfälle mineralischer und organischer Art bei der Deponie in Bestwig abgelagert werden und in welchen Mengen. Des Weiteren fragte der Kreistagsabgeordnete, wie der Hochsauerlandkreis sicher stelle, dass die Mitteldeutsche Hartstein-Industrie GmbH (MHI) dort keine unbehandelten Klärschlämme oder andere hochgefährliche Stoffe deponiert und ob irgendwelche Probleme mit dieser Deponie oder aus ihrem Umfeld bekannt geworden seien. -Die MHI war zwischen 1982 und 1992 Betreiber der Deponie „Am Meisterstein“ in Siedlinghausen. Die „Meisterstein-Kippe“ geriet immer mal wieder in die Schlagzeilen. Der Grund:  Es sind dort erhebliche Mengen Klärschlamm vor allem aus der Kläranlage Winterberg- Züschen abgekippt worden.-

Der Hochsauerlandkreis antwortete mit einem Schreiben mit Datum vom 20.07.2011, erläutert zunächst das Genehmigungsverfahren und listet auf, welche Abfälle seit 2005 in Bestwig abgelagert werden. Es handelt sich dabei um: Beton, Ziegel, Fliese und Keramik, Gemische aus Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik, Bitumengemische aus dem Straßenaufbruch, Baustoffe auf Gipsbasis, Boden und Steine. Kupolofenschlacke einer Firma aus Bestwig sei befristet von März 2004 bis Ende 2005 und derzeit von August 2010 bis Ende 2012 zur Beseitigung zugelassen. (Kupolofenschlacke fällt beim Schmelzen von Eisen und Stahl an.) „Der Deponiebetreiber hat für die Jahre 2005 bis 2010 die Annahme von rund 52.000 t Bauschutt sowie rund 55.000 t Boden und Steine berichtet. Ferner wurde für diesen Zeitraum die Annahme von rund 48.000 t Kupolofenschlacke berichtet, von denen rund 20.500 t als Recycling-Material abgegeben wurde“, erläutert der HSK.

Die Frage der SBL: „Wie stellt der HSK sicher, dass die MHI auf der Deponie Bestwig keine unbehandelten Klärschlämme und andere Stoffe mit hohem Gefährdungspotential annimmt bzw. angenommen hat und deponiert“, beantwortet der HSK mit dem Hinweis auf die durch die Plangenehmigung vorgegebenen entsprechenden baulichen, betrieblichen und organisatorischen Maßnahmen, die der Betreiber einzuhalten hat. Dazu erklärt die Kreisverwaltung weiter: „Die Kontrolle des Abfalls hat  im Rahmen des vorgegebenen Annahmeverfahrens durch den Deponiebetreiber zu erfolgen. Der Betreiber hat ein Betriebstagebuch zu führen sowie über die Abfallanlieferung eine Eingangsbestätigung auszustellen.“
Ende des Zitats. – ??? –  Das bedeutet demnach also:
Selbstkontrolle!
Wie praktisch!

Der Hochsauerlandkreis geht anschließend näher auf die Frage der SBL ein und erläutert: „Klärschlämme oder andere Stoffe mit hohem Gefährdungspotential sind auf der Deponie nicht zugelassen.“ Und: „Aktuelle Grundlage für die Überwachung ist das vom Kreistag am 08. Oktober 2010 beschlossene angepasste Überwachungskonzept für die Boden- und Bauschuttdeponien von 1996 (Drucksache 8/247). So wurde die Anlage auch in den vergangenen Jahren durch Kontrollgänge auf der Deponie sowie Prüfung des Betriebstagebuches überwacht und dokumentiert. Beeinträchtigungen der Schutzgüter nach § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG wurden nicht festgestellt.“

Die Drucksache 8/247 vom 16.09.2010 kramen wir nun mal hervor und sehen, sie beschäftigte sich mit der Anpassung des Überwachungskonzeptes für die Boden- und Bauschuttdeponien. Der Kreistag stimmte übriges am 08.10.2010 bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung mehrheitlich einem ausgedünnten Überwachungskonzept zu. So wurde beschlossen, Deponien der Kategorie III nicht mehr einmalig in zwei Monaten zu überwachen, sondern einmalig in vier Monaten, Deponien der Kategorie II nicht mehr einmalig monatlich, sondern einmalig in zwei Monaten  und Deponien der Kategorie I nicht mehr im zweimaligen monatlichen Turnus, sondern nur noch einmalig monatlich zu überprüfen. Für die Deponie der MHI in Bestwig bedeutete das allerdings keine Änderung der Anzahl der Überprüfungen; denn die Kippe wurde gleichzeitig von Kategorie II auf Kategorie I hochgestuft. Es bleibt demnach bei 12 Überwachungen pro Jahr.

Die Kreisverwaltung ließ  in der besagten Drucksache 8/247 durchblicken, sie hätte Personalmangel: „Die Umsetzung dieses Überwachungskonzeptes setzt voraus, dass die seit einem Jahr vakante Stelle des zweiten technischen Sachbearbeiters in diesem Produktbereich wieder besetzt wird,“ und erläuterte weiter, dass der Umfang der Aufgaben in diesem Produktbereich nicht geringer geworden sei und die Wiederbesetzung der Stelle des zweiten technischen Sachbearbeiters erforderlich sei.

Und nun noch folgender Satz dazu, ebenfalls zitiert aus der Drucksache 8/247:
„Durch die Deponieüberwachungsverordnung in NRW im Jahr 1998 wurde die Eigenverantwortung der Betreiber für einen ordnungsgemäßen Deponiebetrieb gestärkt.“

Da fragen wir uns: Ist es nicht höchste Zeit, die Deponieüberwachungsverordnung des Landes NRW zu ändern?
Denn nach der gültigen Regelung wird der Bock zum Gärtner gemacht!

3 Gedanken zu „Deponieverordnung NRW – Ist da der Bock zum Gärtner gemacht?“

  1. Die Stellungnahme des zuständigen HSK als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (örE)liest sich in Teilen wie eine Formulierung aus der Feder des beauftragten Deponiebetreibers.
    Im übrigen ist die zitierte DeponieverwertungsVO aus 1998 nahezu antiquiert und aus dem Zusammenhang gerissen. Die Argumentation, dass personelle Gründe zu einem eingeschränkten Überwachungsprocedere der Kreisdeponien führten und führen, ist fatal und zugleich rechtlich nicht haltbar. Die Verantwortlichkeit für die ordnungsgemäße Erfüllung der Entsorgungspflichten verbleibt einzig und allein beim HSK als örE (§ 16 Abs. 1 KrW-/AbfG). Die beauftragten Dritten müssen über die erforderliche Zulässigkeit verfügen. Das ist nach den bekannt gewordenen Tatbeständen des Drittbeauftragten (MHI) auf der Deponie Meisterstein recht zweifelhaft. Der Dritte wird lediglich als Erfüllungshilfe des Verpflichteten (HSK) tätig, ihm wird lediglich die rein technische Durchführung der Pflicht vertraglich überantwortet.
    Insofern bedarf die Stellungnahme des Hochsauerlandkreises schon inhaltlich und rechtlich einer substanziellen Ergänzung. Die Verantwortlichen stehlen sich quasi aus der Ihnen gesetzlich übertragenen Verantwortung als örE. Abfall- und haftungsrechtlich im Falle möglicher umweltgefährdender Beseitigung von Abfällen fatal; nicht zuletzt auch für den Steuerzahler.

Kommentare sind geschlossen.