CDU will Reaktivierung der Röhrtalbahn stoppen. Ja, haben die den Knall noch nicht gehört?

Da sprechen sich vier CDU-Verbände im Röhrtal für einen Radweg auf der Bahntrasse aus und wollen damit die Reaktivierung stoppen.

(Unsere Gastautorin Marita Rauchberger ist Kulturmittlerin, Galeristin und Künstlerin. Sie engagiert sich in der „Galerie Eifel Kunst“ gegen „Rechts, gegen Ausgrenzung, gegen Rassismus, gegen braunes Gedankengut und Neonazis“. In ihrer Freizeit reaktiviert sie stillgelegte Bahnstrecken und hat sich schon ein wenig Ruhm als Schienenverkehrsexpertin eingehandelt.)

Ja, haben die den Knall noch nicht gehört? Das geht ja scheinbar wie ein Virus durch die Lande, Eisenbahnstrecken in Radwege umzuwandeln. Wieviel Geld gibt es eigentlich dafür? Wir werden bald ein Land mit Radwegen sein. Klar, die müssen auch sein. Aber ein Radweg ohne eine funktionierende Bahnverbindung wird sich bald totgeradelt haben.

So ein Blödsinn, zu behaupten, dass eine Reaktivierung der Bahn massive Beeinträchtigungen für die Bürger/innen bedeuten würde. Da kann man sich auch woanders getrost sachkundig machen.

Wo Bahnstrecken den Verkehr wieder aufgenommen haben, lassen sich wieder Firmen nieder, siedeln sich wieder junge Familien an. Ein aktiver Beitrag also zum Thema demographischer Wandel. Dass man im christlich-sozialen Lager dahingehend, die Bahnstrecken platt zu machen, mit der „Freie-Fahrt-Für-Freie-Bürger“-Partei kungelt, ist nicht weiter verwunderlich. Dass man damit einen Großteil der Bevölkerung vom Verkehr ausschließt, soweit denkt man ja nicht. Was ist mit Alten, Kranken, Kindern, Menschen mit Behinderungen oder Mütter mit Kleinkindern? Die fahren jetzt alle über die Radwege? Oder haben die Schreier nach dem Radweg immer noch die Angst, dass Eisenbahnen den Geist verwirren und dass der Teufel darin sitzt.

Kommt doch einfach mal im 21. Jahrhundert an, liebe Politiker und Innen. Einer Zeit, in der der Individualverkehr (für die Gegner der Bahn, die nicht wissen, was das ist: DAS AUTO) kaum noch bezahlbar ist und auch nicht mehr umweltverträglich ist.

Wir leben in einer Zeit, in der es moderne Möglichkeiten gibt SPNV zu initiieren. Und in einer Zeit, wo man begriffen hat, dass das notwendige Rückgrat eines vernünftigen ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr) der SPNV (Schienenpersonennahverkehr) ist.

Ich bin sicher, dass es auch im Sauerland ein gut ausgebautes Radwegenetz gibt, denn dafür hat es ja schon mal Gelder vom Land gegeben und das hat sich sicher keine Kommune dort entgehen lassen. Ich bin keine Gegnerin von Radwegen, wenn das jetzt womöglich einige mir unterstellen. Radwege sind dringend für den Freizeitverkehr nötig, locken Touristen an und fördern die Sportlichkeit. Aber einen bestehenden Verkehrsweg auf immer zu zerstören, ist eine grenzenlose Dummheit.

Das Land NRW hat die Röhrtalbahn bereits 2012 in den Bedarfsplan eingestuft. Es gibt eine Potientalanalyse, die sagt, dass die etwa 14 km lange Bahnstrecke von Hüsten nach Sundern genügend Fahrgäste aufweisen kann – im normalen Schienenpersonennahverkehr wie auch im touristischen Verkehr. Da muss keine Museumsstrecke draus werden und auch kein Fahrradweg. Diese Strecke hat Potential! Übrigens besonders, weil sie den Anschluss an die RE 57 (Brilon/Winterberg –Dortmund) gewährleistet.

Egal, ob die Flügelzug- oder Pendelzugvariante bei einer Reaktivierung bevorzugt wird. Beides ist allemal billiger und umweltfreundlicher als die Busse.

Und bitte, liebe PolitikerInnen schmeißt uns nicht wieder zurück ins Mittelalter!

Marita Rauchberger, 24.1.2017

8 Gedanken zu „CDU will Reaktivierung der Röhrtalbahn stoppen. Ja, haben die den Knall noch nicht gehört?“

  1. Für den Bau des Röhrtalradweges ist die Aufgabe der Option Röhrtalbahn nicht erforderlich.
    Grundsätzlich bieten sich drei Optionen an. Zum einen der bestehende Radweg zwischen Müschede und Reigern, der relativ weit von der Verkehrsstraßen geführt wird und eher für geübte Freizeitradler geeignet ist. Dieser spricht weniger den durchschnittlichen Radtouristen an und müsste optimiert werden, um weitere Zielgruppen zu erreichen. Zum anderen könnte die bestehende Trasse der Röhrtalbahn entsprechend umgebaut werden. Zu den großen Nachteilen dieses Konzeptes gehört die häufige Kreuzung der viel befahrenen Landstraße. Als dritte Möglichkeit bietet sich die Fortführung des straßenbegleitenden Radweges an, so wie er aktuell zwischen Hachen und Reigern besteht. Sicherlich vergleichbar aufwendig in der Erstellung, wie der Umbau der Röhrtalbahntrasse. Dafür sind die Folgekosten deutlich niedriger und die Streckenführung durch die wegfallenden Straßenquerungen attraktiver. Die SPD fordert eine schnelle Prüfung der drei Optionen hinsichtlich der Realisierungszeiträume, der Investitionskosten, der Folgekosten und der Nachhaltigkeit. Zur Nachhaltigkeitsprüfung gehören die zu erwartenden Effekte auf den Tourismus und den Einzelhandel, aber auch die Beeinflussung des demografischen Wandels und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes. Mit dieser differenzierten Betrachtung will die SPD der übereilten Forderung nach Aufgabe der Röhrtalbahn zugunsten eines Radweges etwas mehr Sachlichkeit entgegensetzen.

  2. Dankeschön für die Informationen. Es ist schon eine zeitlang her, dass ich dort weggezogen bin und ich bin froh über die Bestätigung, dass es bereits einen Radweg gibt und dass es Parteien gibt, die sich für den Erhalt der Bahnstrecke einsetzen. Mit einem gut durchdachtem Konzept für einen vernünftigen Schienengüterverkehr und Schienenpersonennahverkehr kann es nur zu einem positiven Ergebnis kommen. Zumal Sundern als Wirtschaftsstandort mit Schienengüterverkehrsmöglichkeiten noch deutlich aufgewertet würde und damit auch einen Anreiz für Männer und Frauen bieten würde, sich dort niederzulassen. Damit kämen auch wieder mehr junge Familien in die Region. Im Tourismusbereich sehe ich den Vorteil, dass nicht nur das Sauerland als Naherholungsgebiet für das Ruhrgebiet und dem Rheinland, sondern darüber hinaus auch für die Touristen aus den benachbarten Niederlanden und Belgien attraktiver wird, wenn man mit der Bahn anreisen kann.

  3. Tut mir leid, aber ich finde den Beitrag alles andere als sachlich geschrieben. Vor allem die Wortwahl ist doch stellenweise recht bedenklich.
    Zur Bahn: Von der erwähnten Studie habe ich gehört, dass sie doch stellenweise stark „schöngerechnet“ wurde und selbst dann die Personenzahl gerade mal knapp über der nötigen Grenze lag, um die Reaktivierung zu rechtfertigen. Leider kann ich mich da nur auf Aussagen Dritter verlassen. Jedoch konnte ich mit Geschäftsführern sprechen, deren Betrieb direkt an der Trasse liegen und die früher über diese auch ihre Waren verfrachtet haben. Hier war der Tenor, dass die Strecke nun schon so lange brach liegt, dass die alten Anschlüsse größtenteils gar nicht mehr vorhanden sein und erst wieder neu geschaffen werden müssten. Man habe sich bereits so sehr von der Bahn verabschiedet, dass eine Reaktivierung uninteressant geworden sei.
    Dass sich dadurch neue Betriebe ansiedeln, halte ich auch für utopisch, da diese schon so groß sein müssten, dass sich eine Lieferung per Bahn überhaupt rentiert.
    Zudem ist der aktuelle Radweg entlang der Straße stellenweise extrem gefährlich. Eine Verlagerung in Richtung der Schienentrasse wäre daher wünschenswert.
    Anstelle der Reaktivierung des SPNV würde ich mir eine Attraktivierung des ÖPNV wünschen – z.B. durch moderne eBusse.
    Ob man nun die Gleise direkt abbauen sollte, weiß ich auch nicht so recht zu beantworten. Anstatt aber ein reines Prestigeobjekt zu schaffen, welches am Ende so gut wie gar nicht genutzt wird (den Zug zwischen Brilon Wald und Brilon Stadt habe ich seit der Einführung nie wieder mehr als zu 1/4 gefüllt gesehen), sollte man zunächst überlegen, wie man a) den ÖPNV attraktiver und noch umweltfreundlicher gestalten kann und b) einen auch für Gelegenheits-Radfahrer benutzbaren, sicheren und schönen Radweg realisieren kann.
    Wenn dann die Möglichkeit besteht die Trasse zu erhalten, ist das natürlich schön, da sich vielleicht in Zukunft doch mal die Situation ergibt, dass sich eine Reaktivierung wirklich lohnt. Denn eins ist sicher: Sind die Schienen erst einmal weg, kommen sie wohl nie wieder. Aktuell betrachte ich eine Reaktivierung allerdings nicht als sinnvoll.

  4. Tut mir leid, Herr Otto, dass sie meine Wortwahl stört. Dabei habe ich nun wirklich nichts gesagt, was nicht gesagt werden darf.
    Zu der Wirtschaftlichkeit der Strecke: Da ist Potential und das haben nicht Leute ermittelt, die davon keine Ahnung haben, sondern Menschen, die das gelernt haben und die ganz klar die Fakten auf den Tisch legen können. Wenn das Land NRW eine Bahnstrecke in den Landesbedarfsplan aufnimmt, dann haben die schon vorher geprüft, ob sich das überhaupt lohnt. Da geht es um viel mehr als nur um politische Spielchen.
    Und ja, sie haben recht: Sind die Schienen einmal weg, kommen sie nie wieder! Weisen Sie mir eine Potentialstudie vor, die das Gegenteil von dem sagt, wie die schon vorhandenen Studien. Bloße Spekulation über den Sinn und Unsinn einer Reaktivierung von fachlich nicht kompetenden Menschen, lehne ich allerdings ab.
    Ich bin seit 27 Jahren verkehrsplolitisch aktiv – parteienunabhängig übrigens. Ich habe einige Bahnstrecken sterben sehen, die wirklich keinen Nutzen mehr hatten, aber ich habe auch an vielen Neueröffnungen teilgenommen, die sich heute als ein Segen der Region zeigen.
    Siehe Oleftalbahn in der Nordeifel, siehe Bördebahn von Euskichen-Zülpich-Düren, siehe Ilztalbahn in Bayern usw. Was alle die Bahnstrecken gemeinsam haben und hatten? Gegner der Reaktivierung, die allesamt die gleichen Argumente und Sprüche haben, die man in der jetzigen Diskussion um die Röhrtalbahn auch hört.
    Die jüngsten Erfolge beispielsweise der Bördebahn in NRW oder auch der ehemals stillgelegten Bahnstrecke zwischen Selb und Asch in Bayern zeigen aber, dass eine Reaktivierung nur Vorteile bringt. Die andere Seite können Sie sich gerne in Österreich anschauen. Die Thayatalbahn in NÖ und die Ybbstalbahn in NÖ sind beide verschwunden und zu Radwegen umgebaut worden. Dass dies sich nachteilig auf die beiden Regionen auswirkt, kann man jetzt schon deutlich erkennen.
    Die Eisenbahn ist nun mal das Rückgrat einer jeden Region. Vor allen Dingen, wenn sie eh schon durch eine strukturschwache Gegend verläuft. Warum nur gibt man der Bahn im Röhrtal keine Chance? Das hat mein Sauerland wirklich nicht verdient.

  5. Wenn im Hochsauerland die CDU die Mehrheit hat, ist die Strecke in größter Gefahr. Das sage ich als tiefschwarzer Katholik, der entsetzt ist, wie eine Partei, die sich christlich nennt immer wieder darin befleißigt, Gottes Schöpfung mit Füßen zu treten. Die haben bei uns im Bergischen Land Strecken mit größten Potential ruininiert, wie die Strecke Remscheid – Wermelskirchen – Burscheid – Leverkusen – Köln. Und zur Wiehltalbahn haben die eine „Nicht-„Machbarkeitsstudie erstellen lassen. Statt zu untersuchen, wie eine Reaktivierung möglich ist, wurden vorher Varianten festgelegt und dann so teuer berechnet, dass der Kosten Nutzen Index keine Förderung durch das Land zulässt. Sinnvolle Varianten wurden nicht untersucht und auch mancher kostensparende Nutzen nicht beachtet. Da kommt der Verdacht auf, das Gutachten wurde so ausgeführt, wie es die politische Mehrheit wollte. Durch eine falsch genehmigte Halle durch die Bauaufsicht des Kreises ist die Wiehltalbahn bis auf weiteres nicht durchgehend befahrbar. Was nötig ist, ist die Gründung einer Bürgerinitiative und Kooperationspartner. Streckenbetreiber könnten die Rhein Sieg Eisenbahn oder die Deutsche Regionaleisenbahn werden, beides Unternehmen, die verschen, solche Strecken zu retten. Und solange es keine offizielle Reaktivierung gibt, müsste man jemand finden, der seinen Zug hier einsetzt. Haben die Eisenbahnfreunde Menden noch ihren Schienenbus? Gibt es einen anderen Verein? Könnte das Bahnmuseum Bochum Dahlhausen eine historische Diesellok und zwei alte Waggons hier abstellen? Was die Firmen angeht, können die heute auch über Mobiler LKW die Bahncontainer bekommen. Ich denke mal, die Unternehmer sind gar nicht informiert, was heute auf der Schiene möglich ist. Das ist die Politik der CDU aber auch nicht. Und so wird bundesweit nicht geschaffen, was technisch problemlos möglich wäre, eine ganz neue moderne Container- Güterbahn. Und in Sundern könnte die Strecke als Straßenbahn verlängert werden, die Vogtlandbahn fährt auch durch Zwickaus Straßen. http://viertuerme.blogspot.de/2012/02/guteroffensive-statt-gesundschrumpfen.html

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