CDU-Bürgermeisterkandidatenkandidatur in Niedersfeld: kein Heimspiel für Michael Beckmann

Der Saal im Hotel Niedersfeld war gepackt voll, als sich am Montag Michael Beckmann für die Bürgermeisterkandidatur bewarb. (foto: zoom)

Weit über 50 Bürgerinnen und Bürger drängten sich am Montag zur ersten Vorstellungsrunde der möglichen Winterberger  CDU-Bürgermeisterkandidaten für die Wahlen am 13. September 2020 im Saal des Hotel Niedersfeld. Es war kein Heimspiel für den bislang einzigen Bewerber, den derzeitigen Tourismusdirektor Michael Beckmann.

Nach insgesamt vier Vorstellungsrunden soll der neue Bürgermeisterkandidat am 7. Februar von den Winterberger CDU-Mitgliedern im Rathaus der Stadt gewählt werden.

Das Hilletal mit seinen Ortschaften Grönebach, Hildfeld und Niedersfeld gilt unter den 14 Ortschaften als „Eickler-Land“. Werner Eickler als amtierender Bürgermeister will sich dem neuen Auswahlverfahren nicht stellen. Er saß allerdings (Bild oben rechts) im Saal und machte sich Notizen zu den Ausführungen von Michael Beckmann.

In gut 45 Minuten stellte sich der 55-jährige Tourismusdirektor der Stadt Winterberg mit Lebenslauf und Ideen für ein „motivierends Zukunftsbild“ für Winterberg vor.

In der anschließenden Fragerunde wurde die spürbare Unzufriedenheit der Anwesenden, in großer Mehrheit Männer, mit dem Wahlverfahren deutlich.

„Ich zeige Ihnen heute wie ich ticke“, so Beckmann zu Beginn.  Ein Wahlprogramm gebe es erst, wenn er am 7. Februar  gewählt werde.

„Ich zeige Ihnen heute wie ich ticke.“ Michael Beckmann stellte sich mit einem Füllhorn an Ideen vor. (foto: zoom)

Sein Lebenslauf sei nicht geradlinig, sagte der ehemalige Polizeivollzugsbeamte. („In Gorleben, an der Hafenstraße und Wackersdorf habe ich für Deutschland das Kreuz gerade gehalten.“)

Auf dem zweiten Bildungsweg habe er 1992 sein Fachabitur nachgeholt und eine Verwaltungsausbildung abgeschlossen. Nach drei Jahren Verwaltungstätigkeit (Öffentlichkeit) in einem großen Krankenhaus, sei er schließlich nach Winterberg gekommen, wo er nach wenigen Jahren 2003  einen glücklosen Tourismusdirektor „beerbte“ und ein Jahr später zusätzlich zum Geschäftsführer des Stadtmarketingvereins aufstieg.

Seine Erfahrungen aus den vielen Tourismusprojekten wolle er als Bürgermeister einbringen. Mit dem Amt werde er allerdings mehr Spielräume haben.

Er sei in lokalen und überregionalen Netzwerken verknüpft und verfüge über wichtige Kontakte in beispielsweise Bezirksregierung und Wirtschaftsministerium.

Beim Bürgerbusprojekt für die Höhendörfer habe er bewiesen, dass er „mit anpacke“. Auch heute fahre er noch alle vier bis sechs Wochen den Bürgerbus.

Den dialog-orientierten Stil, den er im Wirtschaftstourismus pflege, wolle er auch ins Rathaus einbringen. Er wolle kontrovers diskutieren, nicht nur schwarz-weiß, sondern lösungsorientiert.

Inhaltlich hatte Michael Beckmann ein Füllhorn an Ideen, aber auch Problemstellungen mitgebracht (Bürgerbeiligung, Mobilität, Wohnen in allen Ortsteilen, junge Familien, Jugend, Alter, Pflege, Fachkräftesicherung, Nahversorger, medizinische Versorger, gute Arbeit in Winterberg, Breitbandausbau, Gestaltung der Stadt- und Ortskerne, Bildung, Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Ehrenamt, bedingungsloses Dorfeinkommen, …)

Exemplarisch zum Themenbereich Wohnen: sympathisch sei im die Idee von Wohnbaugenosssenschaften, Genosssenschaften überhaupt. Tirol experimentiere mit dem sogenannten „5-Euro-Wohnen“ für junge Familien. Vielleicht ließe sich das auf Winterberg übertragen.

Jugend brauche Freiräume, Chancen, um sich zu entwickeln. Das zeigten Festivals aber auch politische Bewegungen wie Fridays for Future.

Die Vereinsamung im Alter sei ein großes Problem, nicht nur in den Großstädten. „Menschen, die wir kennen, kommen nicht mehr vor die Tür.“

Mobilität: „Der Bus fährt, aber keiner fährt mit.“ Der ÖPNV treffe nicht die Lebensverhältnisse. Wie solle ein Lehrling morgens ohne Auto in die Remmeswiese kommen, wenn kein Bus fährt?

Windenergie: Wenn die Landschaft „verspargelt“ werde, fände er es persönlich katastrophal. Aber man könne auch nicht nach dem „St. Florians-Prinzip“ handeln. Ganz ohne Wind werde es nicht gehen.

Die solide Finanzpolitik der Stadt Winterberg und die guten Beziehungen zu den Unternehmern, die sehr viel investiert hätten, wolle er weiterhin pflegen.

Ich lasse es an dieser Stelle mit der Aufzählung bewenden. Wer die Ideen und Projekte des Kandidaten kennenlernen will, sollte zu einer der nächsten drei Versammlungen in den Ortsteilen gehen und sich ein Bild machen:

Dienstag, 28.1.2020 19.30 Uhr
Siedlinghausen, Gasthof Lingenauber

Mittwoch, 29.1.2020 19.30 Uhr
Züschen, Haus des Gastes

Donnerstag, 30.1.2020 19.30 Uhr
Winterberg, Schützentreff am Postteich

Bei der heutigen sogenannten „Regionalkonferenz“ in Siedlinghausen wird man sehen können, ob auch in diesem Ortsteil Unzufriedenheit mit dem Aufstellungsverfahren für den Bürgermeisterkandidaten herrscht.

Die Probleme der CDU in Siedlinghausen („Schulschließung“) und Züschen („Waldverkauf“) haben, wenn ich es richtig beurteile, mit dazu beigetragen, die Wahl des Kandidaten vom Delegiertenprinzip (ca. 5 pro Ort) zum „basisdemokratischen“ Verfahren zu verändern.

Noch ein paar Stichpunkte aus den Wortmeldungen nach der Vorstellung von Michael Beckmann:

Frage: „Warum wurden zwei Top-Leute ohne Not vom Stadtverband gegeneinander in Stellung gebracht?“ Das spiele dem politischen Gegner (SPD) in die Hände.

Der Stadtverbandsvorsitzende Sven Lucas Deimel: Man habe ein Verfahren gewählt, das es ermögliche, die Frage nach dem Kandidaten möglichst breit und demokratisch anzugehen. Dabei sei auch auf die Stimmungslage der Gesamtpartei gehört worden. Bürgermeister Werner Eickler habe sich leider nicht gestellt.

Frage: Grönebach, Hildfeld und Niedersfeld hätten bei Wahlen immer gute Ergebnisse für die CDU erzielt. „Wir können die Situation so nicht verstehen. Werner Eickler hat einen sehr großen Anteil an der Entwicklung der Stadt.“

Sven Lucas Deimel: „Wir haben im Hilletal nicht so schwierige Themen wie in anderen Ortsteilen.“ Im Vorstand habe man durchgespielt, wie es in Siedlinghausen, Züschen und der Kernstadt aussehe. Die Bürgermeisterwahl 2014 sei ein knappes „Va Banque-Spiel“ gewesen. „Die Töne in den anderen Orten waren anders als im Hilletal. Es sei keine Absicht gewesen, den Bürgermeister bloßzustellen.

Wie könnte sich die Lage weiter entwickeln?

Theoretisch gibt es mehrere Möglichkeiten.

1. Michael Beckmann wird  am 7. Februar mit großer Mehrheit als Kandidat gewählt und tritt gegen Anja Licher Stahlschmidt (SPD) an.

2. Michael Beckmann wird am 7. Februar knapp gewählt und a) tritt an oder b) tritt wegen des schwachen Rückhalts nicht an.

3. Werner Eickler entschließt sich am 7. Februar gegen Michael Beckmann anzutreten.

4. Wie 1. und 2., aber Werner Eickler tritt aus dem Amt heraus, ohne CDU-Nominierung, als Bürgermeisterkandidat an.

Mehr fällt mir nicht ein. Was wahrscheinlich ist, kann ich mit heutigem Stand nicht sagen.

Vielleicht gucke ich mir gleich auch noch die Siedlinghäuser „Regionalkonferenz“ an.  Ob ich dann mehr weiß?

4 Gedanken zu „CDU-Bürgermeisterkandidatenkandidatur in Niedersfeld: kein Heimspiel für Michael Beckmann“

  1. @Andreas Lichte

    Ja klar hat Beckmann den Begriff „bedingungsloses Grundeinkommen“ gekapert und für eigene Zwecke uminterpretiert.

    Was er damit meint: die Ortsteile bekommen aus dem Stadtsäckel je nach Einwohnerzahl einen Betrag, mit dem die örtlichen Gremien (Wer ist das?) machen können, was sie wollen: Party, Jugendzentrum schmücken, Stadtfest oder weiß der Geier.

    Dem Ganzen, also der „Re-Interpretation“, haftet ein gewisser Zynismus der Macht an.

  2. -> „In Gorleben, an der Hafenstraße und Wackersdorf habe ich für Deutschland das Kreuz gerade gehalten.”

    „… habe ich für Deutschland das Kreuz gerade gehalten.“

    Sorry, Herr Beckmann: das ist nicht ganz weit weg vom „Freikorps-Sprech“ nach 1918 …

    Die Demokrat*Innen, die bzgl. Gorleben, Hafenstraße und Wackersdorf (ergänze um Mutlangen, NATO-Doppelbeschluss ff.) eine andere Meinung hatten, waren gegen Deutschland ???

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