Wilhelm Busch – ein Antisemit!? Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück …

Wilhelm Busch, Plisch und Plum, Kapitel 5:

Kurz die Hose, lang der Rock,
Krumm die Nase und der Stock,
Augen schwarz und Seele grau,
Hut nach hinten, Miene schlau –

Schmulchen Schievelbeiner

So ist Schmulchen Schievelbeiner.
(Schöner ist doch unsereiner!)

So schreibt und zeichnet Wilhelm Busch, dessen Zeichnungen ich für zwei Artikel hier und hier im Blog verwendet habe.

Wilhelm Busch ein Antisemit? Ich weiß es (noch) nicht, weil mir diese Geschichte erst gestern Abend unter die Augen gekommen ist.

Alles kalter Kaffee!“ mag die Fachwelt hier rufen, „ist doch schon alles lange bekannt und x-mal durchgekaut!“

Das habe ich dann auch gemerkt als ich ein wenig in der Literatur gestöbert habe. Ich aber hatte bisher von Buschs Zeichnungen, Gedichten und Prosa außerhalb des Max und Moritz Genres keine Kenntnis genommen. Einmal ist eben immer das erste Mal.

Darum nutze ich jetzt diesen Eintrag nicht, um die Wissenden zu erleuchten, sondern um den Ignoranten – wie ich es einer bin – etwas zum Nachdenken zu geben. „Wilhelm Busch – ein Antisemit!? Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück …“ weiterlesen

NRW Zukunftsbericht 2025: Hombach aufgeblasen – Rüttgers als öko-liberal-feministischer Arbeiterführer

Zukunftskommission NRW 2025: Heißluft für politische Karrieren?
Zukunftskommission NRW 2025: Heißluft für politische Karrieren?

Bodo Hombach, WAZ Geschäftsführer, hat als stellvertretender Vorsitzender einer von Jürgen Rüttgers ins Leben gerufenen „Zukunftskommission 2025“ den Abschlussbericht vorstellen dürfen, da der Vorsitzende Lord Ralph Dahrendorf nicht zur Verfügung stand.

Bodo Hombach, der stellvertretende Vorsitzende, ist noch immer voll des Lobes – auch über die Debatte, die im Anschluss an die Vorstellung bislang entstanden ist: „Ein sensationeller Start. Die Zeit scheint reif dafür gewesen sein.“

In einem heute im WAZ Medium „Der Westen“ erschienenen Artikel wird der WAZ-Mann Bodo Hombach vom Autor mächtig mit heißer Luft aufgeblasen und lässt seinerseit viel heiße Luft entweichen.

Hombach, früher Kanzleramts-Minister und SPD-Wahlkampf-Manager, heute Geschäftsführer der WAZ Mediengruppe, beobachtet auch, wie neue Anforderungen auf die Politik zukommen. Erst recht im Vergleich zur Gegenwart: „Die Politik“, sagt Hombach, „ist unglaublich argumentationsarm geworden.“

Hübsch finde ich die solitäre Formulierung: Erst recht im Vergleich zur Gegenwart …

Peinlich, dass der WAZ-Geschäftsführer sich in seinem eigenen Medium von seinen eigenen Journalisten derart als Lichtgestalt herausheben lässt. Man merkt die Absicht und ist verstimmt.

Eine nette Satire über den WAZ-Geschäftsführer findet sich im Gewerkschaftsblog „medienmoral“.

Informativer ist die FAZ, die das Treiben und die Interessen des geschmeidigen Instinktpolitiker Rüttgers als öko-liberal-feministische Arbeiterführer genauer beobachtet und beschreibt:

Schon gilt Rüttgers vielen im Land tatsächlich als Arbeiterführer.

Doch das genügt ihm nicht. Er will als ein Politiker wahrgenommen werden, der zudem umsichtig vorausschaut. Weil zuweilen schon allein Namen Nachrichten sind, hat er seine im Mai vergangenen Jahres berufene Zukunftskommission als eine Art ausgelagerte übergroße Koalition angelegt. Der Liberale Lord Ralf Dahrendorf führt den Vorsitz eines Gremiums, in dem sich Hubert Kleinert, der ehemalige Politiker der Grünen, ebenso wiederfindet wie Telekom-Manager René Obermann, der Thyssen-Krupp-Vorstandsvorsitzende Ekkehard Schulz, hochangesehene Hochschullehrer, Rüttgers besonderer Parteifreund Friedrich Merz, Gewerkschaftsführer Hubertus Schmoldt, der Leiter der Salzburger Festspiele, Jürgen Flimm, oder die Publizistin Alice Schwarzer. Es scheint, als habe Rüttgers nun sogar den Anspruch, der öko-liberal-feministische Arbeiterführer zu sein.

Nachdem ich den FAZ Artikel gelesen hatte, schien mir der Verdacht naheliegend, dass es bei der Zukunftsstudie nicht um die Zukunft des Landes NRW geht, sondern um die Zukunft von Jürgen Rüttgers samt seiner Kommissionsmitglieder.

Arbeitsauftrag: Die Studie analysieren.

Eine ähnlich Studie gibt es im Übrigen schon seit 1969:

„In The Year 2025 – If Mankind is Still Alive They May Find…“ Zager and Evans

Da ich in meinem Blog keine Werbung mache: Selber suchen! Der Song ist einfach immer noch gut!

… gründe einen Arbeitskreis.

Die Debatte kommt "vor Ort": Bald auch im Hochsauerland?
NachDenkSeiten – Die Debatte kommt „vor Ort“: Bald auch im Hochsauerland?

Nachdem ich vor Kurzem hier über die Absichten der NachdenkSeiten geschrieben hatte, Gesprächskreise für Leserinnen und Leser dieser großen politischen Website links von Andrea Nahles zu initieren, habe ich mich heute entschlossen, meine 5 Cent bei Helmut G. Schmidt einzuwerfen.

Wer weiß? Vielleicht bin ich der 1003. Leser, der sich aus dem Hochsauerland meldet oder der erste, zweite, dritte.

Es ist auf jeden Fall ein Experiment, das beweisen muss, ob eine lokale Debattenkultur entlang der NachDenkSeiten möglich ist. Ausgang ungewiss. Ich hege viele Zweifel.

Die Bertelsmann-Stiftung, der demographische Wandel und meine Bauchschmerzen Teil I

Bertelsmann-Stiftung: Probleme sind unser Geschäft
Bertelsmann-Stiftung: Probleme sind unser Geschäft

Als ich heute die Haushaltsreden der CDU und SPD im Winterberger Rat las, war ich zuerst erstaunt, dass sowohl der CDU- Haushaltsexperte als auch der SPD-Gegner dem „demographischen Wandel“ einen großen Stellenwert in ihren jeweiligen Reden zumaß.

„Alle Achtung!“ dachte ich, „die Bertelmann-Stifung hat es vollbracht, den Begriff „Demographischer Wandel“ in die politische Landschaft zu meißeln.“

Ich bekam instinktiv politische Bauchschmerzen.

Noch weiß ich nicht, was die Bertelmann-Stiftung umtreibt, sämtliche Kommunen in Deutschland mit statistisch aufbereitetem Material über die Bevölkerungsentwicklung in den nächsten Jahrzehnten zu versorgen.

Aus meinem politischem Instinkt heraus sage ich:

Bertelsmann macht dies nicht aus wohltätigem Antrieb. Bertelsmann hat es geschafft, ein gesellschaftliches Phänomen, nämlich die Veränderungen der Zusammensetzung der Bevölkerung verbunden mit Bewegungen von Teilen der Bevölkerung wie sie seit eh und je vorkommen, als Problem zu definieren, es in einen Begriff zu gießen, der dann in die Köpfe der Menschen und vor allen Dingen der politischen Entscheidungsträger versenkt wird, um im Anschluss hilfreich Lösungen anzubieten.

Spätestens ab hier macht Bertelsmann Politik, und es bliebe zu untersuchen, wie sich das Vorgehen der Stiftung für den Konzern anschließend oder meinetwegen parallel in barer Münze auszahlt.

Ich unterscheide dabei drei Ebenen:

  • die Verarbeitung und Aufbereitung des statistischen Materials
  • die Verbreitung und Auswertung des Materials bei den Kommunen
  • die Ableitung von Lösungsmöglichkeiten für das so bereitete Problemfeld

Aus welchen Gründen habe ich eigentlich Bauchschmerzen? „Die Bertelsmann-Stiftung, der demographische Wandel und meine Bauchschmerzen Teil I“ weiterlesen

Liebe FR, im Sauerland wachsen Fichten und keine Tannen!

Dunkle Fichten und das helle Grün der Buchen: hier ausnahmsweise in der Mehrzahl
Nirgendwo Tannen, sondern dunkle Fichten und das helle Grün der Buchen: hier ausnahmsweise in der Mehrzahl

Die Recherchetiefe der Frankfurter Rundschau tendiert in manchen Artikeln leider gegen Null.

In einem Bericht über ein sogenanntes „Aussteigertelefon für CDUler“ der rechtsextremen Pro-NRW-Bewegung heißt es (Hervorhebung von mir):

Das Aussteigertelefon scheint dennoch zu funktionieren. Nur SPDler oder Grüne haben sich bislang noch nicht gemeldet. Gerade aus dem Sauerland, behauptet der selbst ernannte Telefon-Psychologe Berger, kämen viele Anrufe, darunter auch „dicke Fische“, die aber noch anonym bleiben wollten. Das hügelige Tannenland, konservative CDU-Hochburg, ist für seine rechtslastigen Wähler bekannt. „Sie sind mit dem dramatischen Linksrutsch der CDU nicht einverstanden“, heißt es bei Berger. Diese „Enttäuschten“ lade er „unverbindlich“ auf einen Kaffee oder eine „Diskussionsveranstaltung“ ein. „Und meistens funktioniert es.“

Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich Berge. Und auf den Bergen wachsen seit über 100 Jahren schnell wachsende Fichten. Ab und zu scheint im dunklen Grün der Fichtennadeln das helle Grün der Buchenpopulationen auf. Von Tannen keine Spur. Die Fichte ist das Brot des Sauerlandes.

Über den weiteren inhaltlichen Gehalt des Artikels würde ich dann nachdenken, wenn sich die Autorin die Mühe gemacht hätte, ein paar Tatsachen zu belegen und sich nicht nur im Wesentlichen auf die Aussagen des rechtsextremen Telefonseelsorgers von Pro-NRW zu stützen, sowie auf im Text nicht weiter belegte Annahmen:

„ist für seine rechtslastigen Wähler bekannt“

Wo ist der Beleg? Wo beginnt im politischen Koordinatensystem der Autorin rechtslastig?

Der dem Artikel zu Grunde liegende Sachverhalt wird auf diese Weise nicht befriedigend ausgeleuchtet.

Wie ticken die Konservativen und was können die Linken daraus lernen?

Jonathan Haidt on the five foundations of morality
Jonathan Haidt talks with Henry Finder about the five foundations of morality

Aus dem Dunkel der Kommentare habe ich dieses 20-minütiges Video gezerrt. Jonathan Haidt, Professor für Psychologie an der „Virginia Uiversity“, stellt auf einer Konferenz der Zeitschrift The New Yorker vor einem linksliberalen Publikum sein Konzept der fünf grundlegenden Pfeiler der Moral vor und erläutert die Funktionsweise der Konservativen Moral, aber damit einhergehend auch Strukturen der „linken“ Wertvorstellungen.

Eine seiner Thesen ist, dass die „liberals“, so werden die „Linken“ in den USA bezeichnet, unbedingt die konservativen Denkweisen verstehen müssten, um politikfähig zu sein.

Interessant ist Haidts Einschätzung von Al Gore, Hillary Clinton und Barack Obama. Haidt weist hier im Jahr 2007 nach, aus welchen Gründen nur Obama die Wahlen gegen die Konservativen gewinnen konnte.

Jonathan Haidt hat eine flinke Zunge. Man muss schon ein bisschen Englisch (verstehen) können:

http://www.newyorker.com/online/video/conference/2007/haidt

Kommunale Zukunftsgespräche Teil II: Gibt es Hoffnung für das Hochsauerland?

Herausforderungen für das Hochsauerland
Die Herausforderungen für das Hochsauerland

“Wenn man heute Deutschland neu erfinden müsste, dann gäbe es keine Dörfer mehr.”

Vor zwei Tagen hatte ich über den äußeren Rahmen und das Referat von Reinhard Loos über den „demographischen Wandel“ im Sauerland berichtet(hier) und versprochen, die Podiumsdiskussion in einem zweiten Artikel auszuwerten.

Diese Versprechen löse ich an dieser Stelle zu einem geschätzten Fünftel ein.

Franz-Josef Rickert, Fachbereichsleuter Strukturförderung und Regionalentwicklung beim Hochsauerlandkreis(HSK), erklärte gleich zu Beginn der Aussprache, dass er froh sei, zum Thema zu referieren, selbst wenn nur 20 Zuhörer anwesend seien.

Das Hochsauerland sei vom Bevölkerungsrückgang besonders betroffen wie auch viel andere Landkreise. Diese lägen aber zumeist im Osten, in den neuen Bundesländern.

„Man kann das Thema nicht oft genug diskutieren“, bekräftigte Rickert und versuchte deutlich zu machen, welche „Stellschrauben“ es für ihn vor Ort gäbe.

Weder die Finanzierung der Renten noch die Steuerreform sei ein Thema für die Kommunen.

Wie aber könnte der Kreis es schaffen in die Bildungswanderung einzugreifen?

„Die jungen Leute kommen gehen weg zum Studieren und kommen nicht zurück.“

An der Fachhochschule in Meschede gäbe es 1800 Studienplätze, die in naher Zukunft auf fast 3000 aufgestockt würden. Das aber reiche nicht zur Trend-Umkehr.

Die Mobilität sei sehr wichtig: „Abends ins Theater, Ausgehen, Kneipenbummel ohne Auto“, da wo es einen hervorragenden öffentlichen Personennahverkehr gäbe , stiege auch die Bevölkerung.

Den gäbe es aber nicht im Hochsauerland, „denn wenn nur dreimal am Tag der Bus fährt, dann ist das unattraktiv“.

Zusammen mit dem Kreis Soest untersuche er zur Zeit innovative Busverbindungen, aber die Kehrseite sei: „Je weniger Menschen in der Region wohnen, desto weniger werden den ÖPNV benutzen. Die Buslinien im Hochsauerland finanzieren sich zum größten Teil über die Schüler.“

Am Hellweg, so Reinhard Loos, gäbe es eine hervorragenden ÖPNV . Die Bevölkerung wachse in Geseke um 4 Prozent, hingegen schrumpfe sie in Meschede um 11 Prozent.

„Wir kämpfen!“, versprach Franz-Josef Rickert, „immerhin haben wir zu den Hauptzeiten noch einen Halbstundentakt bei der oberen Ruhrtalbahn.“

—Hier mache ich einen Schnitt.—

Es fehlt die gesamte Diskussion zur Breitband-Initiative, Schulpolitik, Arbeitsmarktpolitik und Ärzteversorgung, die ich irgendwann noch einmal verwerten werde, aber nicht hier in der Berichterstattung über den Mittwochabend im Mescheder Kreishaus.

Viele interessante Fakten und bereichernde Beiträge kamen vom Podium und aus dem Publikum.

Schade, es hätte richtig zur Sache gehen können, denn, so Matthias Schulte-Huermann: „Alle etablierten Parteien waren eingeladen und glänzten durch Abwesenheit.“

In Teil III werde ich darüber nachdenken, ob und gegebenenfalls wie es einen Sinn macht, die Diskussion um den Bevölkerungsrückgang im HSK zu verbreitern.

Gymnasium Winterberg: Kommunikations-Insel – Spender unbekannt?

Baustelle "Kommunikations-Insel" im vergangenen Winter
Geschwister-Scholl-Gymnasium Winterberg: Baustelle „Kommunikations-Insel“ im vergangenen Winter

Ich habe mir inzwischen die Print-Ausgabe des von mir kritisierten Artikels „Meinungsvielfalt zur Kommunikations-Insel am Gymnasium Winterberg“ besorgt und wie geschrieben ausgeschnitten.

In meiner Kritik hatte ich bemängelt, dass der Artikel in „DerWesten“ ohne Autorenangabe ist erschienen ist. Dies ist bei der Print-Ausgabe nicht der Fall.

Ich weiß nicht, ob die Unterschlagung des Autors Nachlässigkeit oder Usus ist.

Nachdem sich mein Adrenalin-Spiegel gesenkt hatte, habe noch einmal über die Baustelle auf dem Schulhof des Gymnasiums nachgedacht und meine Ohren offen gehalten.

Die Gespräche, die geführt habe, haben mich davon überzeugt, dass der Kern der Geschichte durch die folgenden Fragen offen gelegt werden könnte:

Wie sieht der Finanzierungsplan aus?

Wer sind die „großzügigen Spender“?

Beantworten müsste diese Fragen in letzter Konsequenz der Schulträger. Das ist die Stadt Winterberg.

Grube für die Bahn

Zwei Dinge fallen mir an Rüdiger Grube, dem Nachfolger von Hartmut Mehdorn auf:

Erstens war er bislang Manager eines Autokonzerns.

Zweitens gilt er als Vertrauter Mehdorns.

Letzteres kommentiere ich nicht.

Zu der Tatsache, dass Grube als Manager von Daimler geht, um mit Hilfe von Ziehvater Mehdorn zur Bahn zu kommen, folgender Gedanke:

Ich habe noch vage in Erinnerung, wie die Zerstörung des öffentlichen Nah- und auch Fernverkehrs in den USA vonstatten ging: Die Autokonzerne kauften die Bahn und legten sie still. Fortan benötigte der US-Amerikaner ein Auto zur Fortbewegung in den USA, insbesondere in den Metropolen.

Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl. Nennen wir es Intuition.

Update: noch kurz vor dem PC-Shutdown gesurft und hier ist Albrecht Müller.

Bevölkerungsschwund, Schulschließungen und verlassene Häuser und Dörfer. Hat das Sauerland ein Zukunft?

Auf dem Podium: Reinhard Loos, Matthias Schulte-Huermann, Franz-Josef Rickert
Auf dem Podium: Reinhard Loos, Matthias Schulte-Huermann, Franz-Josef Rickert

Gestern Abend fand das „Erste kommunale Zukunftsgespräch“ im Kreishaus Meschede statt. Eingeladen hatte die Kreistagsfraktion der Sauerländer Bürgerliste(SBL). Das Thema lautete etwas sperrig: „Demographischer Wandel – Herausforderung für eine vorausschauende Entwicklung unserer Städte und Gemeinden.“

Auf dem Podium referierten und diskutierten Reinhard Loos, Teamleiter für die Bevölkerungsvorausberechnungen im „Wegweiser Kommune“ der Bertelsmann Stiftung, Matthias Schulte Huermann(Moderation, SBL) und Franz-Josef Rickert, Fachbereichsleiter Strukturförderung und Regionalentwicklung beim Hochsauerlandkreis.

Im großen Plenarsaal des Kreishauses saßen 20 interessierte Bürgerinnen und Bürger aus der Altersgruppe 40++, von denen sich die meisten in Bürgerinitiativen(Meschede) und freien Wählergemeinschaften(Hallenberg, Medebach) engagieren.

„Normalerweise kommen 60 bis 300 Leute zu meinen Vorträgen“, wunderte sich Reinhard Loos und mutmaßte die mangelhafte Berichterstattung in der Westfalenpost und Westfälischen Rundschau als Ursache. „Ohne Tagespresse ist es schwierig, so etwas hinzukriegen.“

Loos ist Statistiker und hat mit seiner Firma 200 Millionen Daten für alle Gemeinden in Deutschland bis zum Jahr 2025 hochgerechnet.

Das Ergebnis ist für das Hochsauerland schlecht:

Das mittlere (mediane) Alter steigt von 42 auf 48 Jahre. Die Bevölkerung sinkt um 9,2 Prozent. Wichtige Altersgruppen brechen dramatisch ein:

die 3-5-Jährigen bis zu 20 Prozent,

6-9-Jährige bis zu 30 Prozent und

die 10-15-Jährigen bis über 30 Prozent.

Ein Drittel der Winterberger wird beispielsweise 65 Jahre und älter sein.

Das alles hat Folgen für Kitas, Grundschulen und die Schulen der Sekundarstufe I wie zum Beispiel Schließungen und Ausdünnung von Betreuungseinrichtungen und Schulen.

Die 18 bis 24-Jährigen wandern zur Ausbildung in die Städte ab und kommen nicht wieder.

Den Zuwachs haben Paderborn, Köln, Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis.

Die Ironie der Sauerländer Lebens- und Liebeslust: „Die Frauen im Hochsauerland bekommen zwar viele Kinder(pro Frau), aber es sind nur noch wenige(Frauen) da.“ (Reinhard Loos)

Folgt man dem Statistiker Loos, sind die Aussichten für das Sauerland düster:

  • weniger junge Leute
  • mehr alte Menschen
  • weniger Steuern
  • weniger Schlüsselzuweisungen

Seine Zahlen seien solide, wissenschaftlich fundiert und belastbar.

Einzig ein anderes ehernes Gesetz der Statistik könne, so Loos, den Trend ins scheinbar Bodenlose umkehren – das Gesetz der „selbstzerstörerischen Prognose“, welches sich in dem Moment auswirke, wenn die Gemeinden begännen, auf die Prognose zu reagieren.

Die Beiträge und Gedanken der nachfolgenden Podiums- und Plenumsdiskussion werde ich morgen in einem zweiten Artikel verarbeiten.

Zitat von Franz-Josef Rickert:

„Wenn man heute Deutschland neu erfinden müsste, dann gäbe es keine Dörfer mehr.“