Caritas-Diözesanvorsitzender Dr. Thomas Witt: “Afghanistan eindeutig kein sicheres Herkunftsland”

“Der Flüchtlingsbeauftragte des Erzbistums Paderborn, Domkapitular Dr. Thomas Witt, hält Abschiebungen nach Afghanistan angesichts der gegenwärtigen Sicherheitslage in diesem Land für nicht konform mit dem geltenden Asylrecht in Deutschland.

(Dieser Beitrag ist heute in ähnlicher Form zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

„Laut Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen ist Afghanistan eindeutig kein sicheres Herkunftsland“, betont Dr. Witt, der zugleich Vorsitzender des Caritasverbandes für das Erzbistum Paderborn ist.

Der UNHCR hatte am 22. Dezember in seinem jüngsten Lagebericht von einer desaströsen Sicherheitslage gesprochen, die sich im zweiten Halbjahr 2016 verschlechtert habe. Selbst das Auswärtige Amt rate seit Ende 2016 dringend von Reisen nach Afghanistan ab.

Dr. Witt: „Niemand darf nach deutschem Asylrecht in eine Krisenregion zurückgeschickt werden, in der lebensbedrohliche Situationen entstehen können oder Menschenrechtsverletzungen drohen.“

Die am 2. Oktober letzten Jahres mit Afghanistan geschlossene Rücknahmevereinbarung bedürfe einer kritischen Überprüfung. „Nicht die Sicherheitslage in Afghanistan, sondern die politische Stimmung in Deutschland war für diesen Beschluss ausschlaggebend“, befürchtet Dr. Witt.

Auffällig sei, dass vor allem alleinstehende junge Männer, auch wenn sie mit Familienangehörigen eingereist sind, vorrangig für Abschiebungen ausgewählt werden. Der Hinweis, dass ein Drittel der Abgeschobenen Straftäter seien, könne zwar dazu dienen „die Stammtische zu beruhigen, läuft aber auf eine Schädigung der Rechtsstaatlichkeit hinaus. Auch für Straftäter gilt das Recht. Und das ist nicht primär eine Schwäche unseres Staates, sondern seine Stärke, um die uns viele Menschen in der Welt beneiden.“ Niemand dürfe aus unserem Land abgeschoben werden, wenn Gefahr für Leib und Leben besteht.

„Diese Rechtslage darf nicht durch Ignorieren oder Schönreden von beunruhigenden Analysen der Situation in Afghanistan ausgehöhlt werden“, so Dr. Witt.

Dabei sei die Rechtslage kein Selbstzweck, sondern sichere die Menschenwürde, die oberstes Prinzip unseres Grundgesetzes ist. Dafür einzutreten sei Aufgabe aller gesellschaftlichen Kräfte. „Die Menschenwürde besitzt jeder Mensch, selbst der Straffällige.“

Mit gemischten Gefühlen sieht Dr. Witt der vom Bundesinnenministerium noch für Januar vorgesehenen zweiten großen Sammelabschiebung nach Afghanistan entgegen. Notfalls müssten die Bundesländer eigene Abschiebestopp-Regelungen in Kraft setzen.”

Quelle: http://www.erzbistum-paderborn.de/38-Nachrichten/20852,%84Eindeutig-kein-sicheres-Herkunftsland%93.html

Thomas Witt war nach seiner Priesterweihe von 1993 bis 1997 Vikar im Hochsauerlandkreis.

8 Gedanken zu „Caritas-Diözesanvorsitzender Dr. Thomas Witt: “Afghanistan eindeutig kein sicheres Herkunftsland”“

  1. „Die am 2. Oktober letzten Jahres mit Afghanistan geschlossene Rücknahmevereinbarung bedürfe einer kritischen Überprüfung.“

    wie wäre diese „kritische Überprüfung“:

    Thomas de Maizière mit dem Fallschirm über Afghanistan absetzen, und abwarten, ob er es allein zurück nach Deutschland schafft

  2. Caren Miosga in den Tagesthemen:

    „Die von der Bundesregierung verbreitete Fake-News, Afghanistan sei ein sicheres Herkunftsland …“

  3. „Rotes Kreuz stoppt Arbeit in Afghanistan

    Das Rote Kreuz setzt seine Arbeit in Afghanistan vorerst aus. Hintergrund ist ein Angriff auf einen Hilfstransport, bei dem sechs Mitarbeiter der Organisation getötet wurden …“

    http://www.spiegel.de/politik/ausland/rotes-kreuz-in-afghanistan-stoppt-arbeit-nach-mord-an-mitarbeitern-a-1133779.html

    Afghanistan ist natürlich immer noch ein „Sicheres Herkunftsland“: wer braucht das „Rote Kreuz“? Thomas de Maizière hat sicher anders vorgesorgt.

  4. „Kooperation vereinbart

    EU schließt Abkommen mit Afghanistan

    Am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz hat die Europäische Union mit Afghanistan einen Kooperationspakt geschlossen: Die EU verspricht dem Land Finanzhilfe, im Gegenzug soll Afghanistan unter anderem der Rücknahme abgelehnter Asylbewerber zustimmen …“

    http://www.tagesschau.de/ausland/eu-afghanistan-101.html

    Ist es nicht „humaner“, wie Donald Trump „illegale Einwanderer“ zurück nach Mexiko zu bringen, als „abgelehnte Asylbewerber“ in ein Land abzuschieben, in dem Krieg herrscht?

    Warum regen sich alle über Trump auf, wenn man selber viel brutaler ist?

  5. Gab es vor den ganzen Kriegen und Operationen kaum mehr als 100 islamistische Terroristen so sind es jetzt 100 000 und mehr… Die Zahl kann niemand benennen, weil man ja nicht weiß wer sie sind und wo sie sind. Und täglich werden es mehr… Man hätte wirklich mal auf jemanden wie Herrn Todenhöfer hören sollen, der seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten vor diesem Szenario gewarnt hat und interessante Bücher dazu geschrieben hat. Oder Herrn Scholl-Latour: „Das eben ist der Fluch der bösen Tat, dass sie, fortzeugend, immer Böses muss gebären.“ Friedrich Schiller in Wallenstein als Vorwort zu seinem Buch „Das Scheitern des Westens im Orient“. Nein. Was fällt ihnen stattdessen ein ? Sitzen sich im feinen Münchner „Bayerischen Hof“ gegenüber mit unverkennbar gebleckten Zähnen und besprechen, ganz im Sinne von Krauss Maffay und Heckler & Koch etc. die Rüstungsausgaben zu erhöhen. Als ob mehr Waffen weniger Krieg, weniger Tod, weniger Flüchtlinge und weniger Extremisten erzeugen würden. Eine geradezu groteske Vorstellung. Und die unterbezahlte und überstundengeplagte Polizei muss die Friedensdemonstranten von den Kriegstreibern schön fern halten. Da wollen wir doch einmal sehen, wie die Parteien im Wahlkampf den Fakt der höheren Rüstungsausgaben an den Wähler bringen wollen. 70 % der deutschen Bürger sind nämlich dagegen. „Schwerter zu Pflugscharen“ ! Eindeutig geht jetzt die Angst um bei den Eliten.

  6. @ Nofretete

    „Sitzen sich im feinen Münchner „Bayerischen Hof“ gegenüber mit unverkennbar gebleckten Zähnen und besprechen, ganz im Sinne von Krauss Maffay und Heckler & Koch etc. die Rüstungsausgaben zu erhöhen. Als ob mehr Waffen weniger Krieg, weniger Tod, weniger Flüchtlinge und weniger Extremisten erzeugen würden.“

    Die Waffen, die der Industrielle hergestellt hat, muss er auch verkaufen. Und wenn die Waffen im Einsatz – im Krieg – erprobt wurden, ist das ein Verkaufsargument.

    Ein modernes Kampfflugzeug, wie beispielsweise die „Dassault Rafale“, hat sehr hohe Entwicklungskosten, das lohnt sich nur, wenn entsprechende Stückzahlen verkauft werden. Wie gut, dass man es mit Krieg bewerben konnte:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Dassault_Rafale#Eins.C3.A4tze

  7. Interessant der Beitrag bei Wikipedia @Hans. Und aus Sicht der Rüstungsindustriellen und Waffenhändler ist mehr Krieg auch sicher super.
    Aus diesem Grund glaube ich auch, das zum Beispiel Syrien für sie der ideale „Spielplatz“ ist und es wenig Interesse an echten Frieden gibt. Kommt ja nicht mal zu echten „Waffenruhen“. Und trotzdem ist es eine Schande für die zivilisierte Welt, dass so etwas überhaupt möglich ist. Da nützen auch die Sonntagsreden der Politiker nichts, die gerade wieder in München gezeigt haben, wie leicht sie zur „Aufrüstung“ zu überreden sind. Sogar eine Frau, Ärztin und Mutter wie von der Leyen.

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