Ausflug nach Marburg gescheitert: kein Karl Raimund Popper nirgends.

Auf und ab: Kirmes am linken Lahnufer in Marburg. (foto: zoom)
Auf und ab: Kirmes am linken Lahnufer in Marburg. (foto: zoom)

Ich weiß nicht, woran es liegt, dass meine Lesegeschichte einen großen weißen Fleck hat, und der heißt „Sir Karl Raimund Popper„.

Ein bisschen hat es was mit Helmut Schmidt zu tun, der, milde auszudrückt, zeitweise nicht auf meiner Favoritenliste obenauf stand. Schmidts Hausphilosoph war besagter Popper, daher konnte er logischerweise (der Freund meines Feindes ist auch mein Feind) nicht mein Hausphilosoph werden.

Inzwischen ist es so, dass Schmidt den Altersradikalen mimt, indem er Menthol-Zigaretten in den öffentlichen Fernseh- und Rundfunkanstalten kontrolliert abfackelt, während ich schon seit Jahrzehnten dem Nikotin entsagt habe.

Seit Monaten denke ich darüber nach, mir den kritischen Rationalisten Popper unter Nichbeachtung des ehemaligen Bundeskanzlers anzueignen.

Genug ist genug der alten Fronten, und außerdem zeugt das oben angeführte „Feind-Freund-Feind“ Schema von einem infantilen Radikalismus.

Popper muss her.

So bin ich also heute aus dem philosophisch eher unaufgeregten Winterberg in die Universitätsstadt Marburg gefahren.

Die Fahrt war unter dem „Popper-Aspekt“ eine einzige Enttäuschung.

In der Universitätsbuchhandlung: kein Popper. „Wir haben da aber noch einen Taschenbuchladen. Popper ist auch als Taschenbuch erschienen. Fahren Sie doch mit dem Aufzug nach unten.“

Ich scanne die Regale: Sloterdijk ohne Ende. Wer den nicht mag, darf Precht, also …

Rechts raus aus der Universitätsbuchhandlung. Aufzug runter und zum …

Taschenbuchladen: kein Popper.

Innerer Monolog: die Linken vom „Roter Stern“ müssen sich doch mit dem Popper irgendwie mal auseinandergesetzt haben und überhaupt …“.  Also Hauptstraße entlang, zwei Ampeln, Eintritt „Roter Stern“.

„Roter Stern“: kein Popper.

An diesem Punkt meiner Suche wäre ich auch schon mit irgendwelcher Sekundärliteratur zufrieden gewesen. Hoch* zum Markt: kein Popper.

(* In Marburg geht es immer hoch und runter)

Jetzt sogar bei „2001“ hereingeschaut. Wie zu erwarten …

Zum Ende hin bin ich dann in einem ganz traurigen Buchladen gelandet. Das Kaufhaus Ahrens hat im linken Flügel die Thalia-Buchhandlung etabliert – eine Austellung von Parfüm, Nippes und Blockbusterbüchern. Dort gibt es alles Mögliche, nur keine interessante Literatur. Also auch: kein Popper.

Was habe ich gelernt?

Man sollte Universitätsstädte nicht überbewerten. Demnächst versuche ich mein Glück in der Landesbibliothek Dortmund.

Wenn die allerdings keinen Popper haben, dann flippe ich richtig aus.

4 Gedanken zu „Ausflug nach Marburg gescheitert: kein Karl Raimund Popper nirgends.“

  1. Ein kleiner Hinweis: In den Hamburger Bücherhallen gibt es insgesamt 24 Exemplare von Karl Popper, davon 15 verschiedene Titel. wie z.B.: Falsche Propheten , Der Zauber Platons; Die offene Gesellschaft und ihre Feinde; Die Welt des Parmenides ; etc. Viel Erfolg.

  2. @Tisha
    Ist leider etwas weit. Allein die Dortmunder Landesbibliothek listet 21 Titel. Und was hat Hamburg schon, was Dortmund nicht hat 😉

  3. Hallo Hannes,
    ich empfehle von Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, wo er mit Platon, Hegel, Marx abrechnet. Der Kritische Rationalismus als Philosophie ist ansonsten eine ziemliche Logelei und eigentlich langweilig, es sei denn man interessiert sich noch brennend für das, was die Erkenntnistheorie für wahr hält. Herrgott, dafür wird man irgendwann zu alt, aber Poppers Beispiele sind auch aus dem Kinderladen der Postmoderne (Philosophie der Semsamstr.): Nämlich mit Vorliebe: Grüner Käse wächst auf dem Mond (oder so) – das meint: Sprachphilosophisch ist es möglich laufend grammatisch korrekten Unsinn daherzureden. Popper hat mich damals während des Studiums inspiriert, obwohl ich seine szientifische/ naturwissenschaftliche Art für baren Unsinn halte – so auch Schmidt mit seiner dahergetragenen Pseudointellektualität von wegen man müsse zum Arzt, wenn man Utopien habe. Hanseatischer Großkotz, der es sich von seinem Intellekt her eigentlich nicht leisten kann. Na, ich steigere mich nachts in Mexiko-City in den Text. – Was ich sagen wollte, vergiss Popper und diese Aura der Wissenschaftstheorie – steriler Mumpitz – die Moralphilosophie ist es, vor allem die englische des 18. Jhs.
    Grüße
    Christopher

  4. Hallo Christopher,

    ich habe mir inzwischen ein Büchlein ausgeliehen gehabt und es sogar gelesen. Den Titel habe ich gerade nicht parat. Es war eine Einführung entlang eines Gesprächs mit Popper.

    Hängen geblieben ist: Seine Forderung, dass eine Aussage, bzw. Theorie falsifizierbar sein muss, um als wissenschaftlich zu gelten, finde ich richtig. Methodisch gewandt hat man ein Werkzeug an der Hand, um Nonsens zu entblößen.

    Was die Naturwissenschaften anging, bin ich, wenn ich mich jetzt richtig erinnere, über seine Auffassung der Evolution gestolpert. Nicht seine Stärke.

    Ich hätte das Buch doch mal besprechen sollen, aber ich hatte damals leider keine Zeit für den Text. Das Bild für den Artikel war und ist zumindest schon fertig.

    „®Schmidt“ ist übrigens eine Marke und kein Philosoph 😉

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