Ansprache des Altersvorsitzenden Bernd Kräling zur Vereidigung von Bürgermeister Werner Eickler: „Schwarz zu sein, das ist zuwenig, schwarz allein macht keinen König“

Bernd Kräling vor dem Winterberger Rathaus (foto: fdp)
Bernd Kräling vor dem Winterberger Rathaus (foto: fdp)

Am Mittwoch, dem 25. Juni 2014, fand die konstituierende Sitzung des neuen Rates für die Legislaturperiode 2014 bis 2020 statt. Der Altersvorsitzende Bernd Kräling (FDP) leitete die Einführung und Verpflichtung des alten und neuen Bürgermeisters (BM) Werner Eickler. Wir dokumentieren hier die Rede Bernd Krälings samt der Vereidigung des Bürgermeisters.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren des Rates, verehrte Anwesende,

nunmehr darf ich als Ältester der gewählten Vertreter für die neue Ratsperiode zu Ihnen sprechen. Ich nutze diese für mich einmalige Gelegenheit, um zwischen der zurückliegenden und zukünftigen Ratsperiode ein Resümee und einen Ausblick zu geben.

Die vergangenen 5 Jahre waren für Rat und Verwaltung, insbesondere aber für Sie, Herr Bürgermeister, eine harte Zeit. Aufgrund der vor 2009 getroffenen Vereinbarungen haben wir alle an einem Strick gezogen und die geplanten Veränderungen zuende geführt.

Insbesondere das Objekt Oversum [hat uns Sorgen gemacht] und macht uns auch jetzt [noch] Sorgen. Der Abriß von Stadthalle, Eishalle, Kurverwaltung mit div. Einrichtungen, die Stilllegung der städt. Schwimmbäder sowie die Ausführung des Objektes „Neue Mitte“ konnte den Bürgern nicht ausreichend vermittelt werden.

Insbesondere die von der Verwaltung vorgeschlagene 30km-Zone ohne Vorfahrt für den Ring wurde für uns alle ein Fiasko und nach wahrzunehmendem Bürgerprotest, heute sagt man Shitstorm, haben wir diese zurückgenommen.

Ich habe den Eindruck, daß wir zusammen mit Ihnen nicht offen genug kommuniziert haben. Die neue Periode birgt nicht nur Risiken für unsere Stadtkasse, sondern auch Chancen, unseren Bürgern wieder näher zu kommen.

Ich kenne Sie als direkten, aber warmherzigen Menschen, der seine Verwaltung im Griff hat und die Ratsmitglieder mit offener Diskussion auf eine Linie bringen kann. Diese Offenheit sollte von Ihnen ab heute auch mit der Bürgerschaft gepflegt werden.

Nicht nur die gelebte Präsenz auf öffentlichen Veranstaltungen ist entscheidend, sondern die Aufklärung über die geplanten Entscheidungen. Dieses ist uns gemeinsam z.B. bei der Einführung des Fremdenverkehrsbeitrages mit 4 Versammlungen und guter Informationspolitik gelungen. Die Abgabe wird, mit wenigen Ausnahmen, von allen Gewerbetreibenden mitgetragen. So sollten wir auch mit den o.a. Dingen jetzt umgehen.

Das Wahlergebnis, lieber Herr Eickler, hat Ihnen gezeigt, dass man insbesondere in den Ortschaften nicht mehr allem folgt. „Schwarz zu sein, das ist zuwenig, schwarz allein macht keinen König“. Vielfach hat hier Ihr Gegenkandidat mehr Stimmen als Sie erhalten. Ihre Wiederwahl war bis zuletzt am Wahlabend nicht sicher. Ohne Ihre persönliche Heimat, dem Ruhrtal der Stadt, wäre eine Wiederwahl nicht zustande gekommen.

Insbesondere möchte ich an dieser Stelle parteiübergreifend auch Ihrem Gegenkandidaten, dem verehrten Harald Koch für seinen Einsatz im Wahlkampf danken. Er hat sich von seiner Partei in die Pflicht nehmen lassen. Viele Argumente von ihm und seiner Partei wurden von den Wählern positiv aufgenommen und sollten von Ihnen und uns für die Zukunft berücksichtigt werden.

Auch wenn viele Bürger meinen, Opposition sei wichtig: Ja, wir diskutieren im Rat kontrovers. Wenn wir dennoch durchweg zu meist einstimmigen Mehrheitsbeschlüssen kommen, ist das Demokratie und sollte von unseren Bürgern positiv bewertet werden.

Nunmehr, Herr Eickler, möchte ich es halten, wie der Fürst von Monaco nach dem Formel 1-Rennen im jedem Mai: Schön, daß ausgerechnet Sie es sind, den ich hier als Sieger des Rennens begrüßen darf.

Sie haben bereits 3 Ratsperioden hinter sich, für Sie ist die nun folgende Zeremonie nicht Neues, aber dennoch ein feierlicher Akt, den ich gerne mit Ihnen mit der gebotenen Ernsthaftigkeit durchführen möchte.

Ich bitte die in diesem Raum Anwesenden sich zur Vereidigung zu erheben und bitte Sie, Herr Eickler, mir die Vereidigungsformel nachzusprechen:

„Ich schwöre, dass ich das mir übertragende Amt nach besten
Wissen und Können verwalte,

Verfassung und Gesetze befolgen und verteidigen,

meine Pflichten gewissenhaft efüllen

und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.

So wahr mir Gott helfe“

Vielen Dank.
Ich gratuliere Ihnen aus vollem Herzen.

13 Gedanken zu „Ansprache des Altersvorsitzenden Bernd Kräling zur Vereidigung von Bürgermeister Werner Eickler: „Schwarz zu sein, das ist zuwenig, schwarz allein macht keinen König““

  1. Ein originelles Foto und eine angenehm sachliche Rede.

    Die einstimmiger Beschlüsse des Winterberger Rates als Zeichen von Demokratie zu bezeichnen, halte ich jedoch für falsch.

    In einer Demokratie gibt es unterschiedlich Positionen und unterschiedliche Interessen. Diese artikulieren sich in der Wahl unterschiedlicher Parteien. Wenn ständig und immer wieder diese Unterschiede zu „einstimmigen Mehrheitsbeschlüssen“ führen, dann ist davon auszugehen, dass Druck ausgeübt wurde.

    Vor einiger Zeit habe ich bei einer Ratssitzung erleben dürfen, wie sich zwei Ratsmitglieder bei einer Abstimmung enthalten haben. Ein Raunen ging durch den Saal, es wurde kommentiert und gefeixt.

    Einstimmige Beschlüsse sind kein Zeichen von „Demokratie“, sie sind ein Zeichen von fehlender demokratischer Streitkultur und fehlender Bereitschaft, politischen Streit auszutragen.

    Daher ist es sehr klug, wenn die Winterberger Bürger nicht bereit sind, „durchweg zu meist einstimmigen Mehrheitsbeschlüssen“ positiv zu bewerten.

  2. Interessant ist ein Vergleich der Ansprache im O-Ton mit der heutigen Berichterstattung über die Ansprache in der WP.
    Vielfach umfassender tauchen im WP-Bericht die rosaroten Kommentare des wiedergewählten Bürgermeisters gegenüber den auf ein Minimum gekürzten kritischen Worte von Bernd Kräling auf.

    0-Ton der Ansprache:
    „Insbesondere das Objekt Oversum [hat uns Sorgen gemacht] und macht uns auch jetzt [noch] Sorgen. Der Abriß von Stadthalle, Eishalle, Kurverwaltung mit div. Einrichtungen, die Stilllegung der städt. Schwimmbäder sowie die Ausführung des Objektes „Neue Mitte“ konnte den Bürgern nicht ausreichend vermittelt werden.
    Insbesondere die von der Verwaltung vorgeschlagene 30km-Zone ohne Vorfahrt für den Ring wurde für uns alle ein Fiasko und nach wahrzunehmendem Bürgerprotest, heute sagt man Shitstorm, haben wir diese zurückgenommen.
    Ich habe den Eindruck, daß wir zusammen mit Ihnen nicht offen genug kommuniziert haben. Die neue Periode birgt nicht nur Risiken für unsere Stadtkasse (…)“

    Daraus wurde in der WP: „Nicht nur was das Oversum betreffe, habe man den Bürgern nicht so vermittelt, wie es sein sollte. Das hätte vor allem das Wahlergebnis auch auf den Dörfern gezeigt. Kräling: „Schwarz sein, genügt heute allein nicht. Aber der neue Rat habe jetzt die Chance (…)“

    Neu hinzu kamen dagegen rund 25 Artikelzeilen von Bgm Eickler über Zuversicht, Vertrauen der Bürger, nach vorne schauen, Tourismusstadt Nummer 1, Image der Stadt usw.

    Ich stimme zu, was Johanna geschrieben hat, aber fand die Ansprache von Bernd Kräling ansonsten sehr gut. Insbesondere die Botschaften die zwischen den Zeilen… Hoffentlich hat man sie verstanden.

  3. @Andreas
    Ziemlich dreist heute der Sauerlandkurier, der den Inhalt der Rede im Bericht über die konstituierende Ratssitzung erst gar nicht erwähnt.

    Dummheit? Opportunismus? Zensur?

    Ich habe jedenfalls den Kaffee auf und gehe jetzt schwimmen, um meine Empörung in vernünftigen Bahnen zu halten.

  4. @zoom:

    Mir ist es wie dir ergangen – ich bin jetzt „online gegangen“, um genau das zu posten.

    Der „Sauerlandkurier“ hat aber offenbar genug Platz im Artikel gehabt, um die Worte „Schwierigkeiten um das Oversum waren von uns nicht geplant und auch schon gar nicht verursacht.“ des Bürgermeisters abzudrucken..

  5. @zoom @Andreas

    Einfach nur k…dreist. Vor lauter Gefälligkeit merkt Autor Jörg Leske offenbar nicht einmal, wenn er nur Unfug schreibt:

    Werner Eickler bedankte sich „bei allen Wählern, und versprach (…) Vertrauen zugeben (sic!) und auch Vertrauen zurückzugewinnen.“

    Bürgermeister Eickler kann allenfalls Vertrauen geben (‚zugeben‘ könnte er seine Fehler beim Oversum – macht er aber nicht). Nun überlege ich schon die ganze Zeit, wie ein Bürgermeister seinen Wählern Vertrauen gibt. Haben wir sein Vertrauen etwa verspielt, weil viele von uns ihn nicht gewählt haben?

    Da fällt mir das schöne Zitat von Bertold Brecht aus dem Jahr 1953 ein:
    „Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?“

  6. Eigentlich war es noch schlimmer. Aber, wie schon postuliert „Auch im Sauerland leben Menschen…““
    Andererseits gilt der alte Spruch: „Der hat ja gar nichts an…“
    Aus „Des Kaiser’s neue Kleider“

  7. Doch noch ein Kommentar zur Berichterstattung in den Medien:
    Diesen Antrag stellte die SPD Fraktion, der dann namentlich von den CDU/FDP Ratsmitgliedern abgelehnt wurde. Leider haben dieses Geschehen alle Pressevertreter ignoriert!!
    Doch warum soll es in der Lokalpolitik anders sein?

    Antrag zur Tagesordnung der Ratssitzung am 25.06.2014

    Sehr geehrter Herr Bürgermeister Eickler,
    Sehr geehrte Damen und Herren,

    die SPD Fraktion beantragt für die kommende Legislaturperiode die Bildung eines
    Ausschusses für Gesundheit, Soziales und Seniorenarbeit.

    In den kommenden Jahren ist es nötig sich intensiv um die ärztliche Versorgung unsere Bürgerinnen und Bürger zu kümmern. Immer mehr Ärzte gehen in den Ruhestand und jüngere Mediziner ziehen ungern in unsere ländliche Gegend. Gleichzeitig bedarf das St. Franziskus Hospital und das MVZ der politischen Unterstützung.
    Wichtig in einer älter werdenden Gesellschaft ist die Bildung einer zentralen Anlaufstelle für Fragen zur Pflege, Betreuung und Unterstützung. Spezielle Angebote für Senioren sollten entwickelt und ggf. gefördert werden.
    Hier kann der Ausschuss notwendige Weichen stellen. Gleiches gilt für den Barriere freien Ausbau unserer Straßen und Gebäude.
    Die Ergebnisse des Demografie-Prozesses der letzten Jahre können in diesen Ausschuss einfließen.
    Der Ausschuss befasst sich mit den Leistungen der Arbeitsvermittlung und den Angeboten im SGBII Bereich der Optionskommune.
    Die Situation der Asylsuchenden Menschen in unserer Gemeinde sollte hier behandelt und beleuchtet werden.
    Angebote sozialer Einrichtungen, wie Sozialberatung, Rentenauskunft, Tagespflege, Seniorentreff, Bürgerhilfe u.v.m., sollten initiiert bzw. vernetzt werden, um sie so dauerhaft zu sichern.

    Der Ausschuss sollte mit 9 Ratsmitgliedern und 4 sachkundigen Bürgern besetzt sein.

    Mit freundlichen Grüßen

    Harald Koch
    Fraktionsvorsitzender

    Schöne Grüße aus Silbach

  8. Sehr bedauerlich, dass der Antrag von der Mehrheit im Rat abgelehnt worden ist. Ad acta legen würde ich ihn nicht.
    Wiedervorlage! Spätestens in 6 Jahren sollte er wieder gestellt werden!!!

  9. @H. Koch:
    „Wichtig in einer älter werdenden Gesellschaft ist die Bildung einer zentralen Anlaufstelle für Fragen zur Pflege, Betreuung und Unterstützung.“
    Sehr wahr! Vor 3 Jahren hatte der HSK – in Zusammenarbeit von Kreis und AOK – einen Pflegestützpunkt eingerichtet, der genau diese Anlauffunktion haben sollte und trägerunabhängig war. Nach nur 9 Monaten wurde er auf Veranlassung des Landrats aufgegeben, mit Unterstützung des Kreistags und leider auch mit den Stimmen der SPD-Kreistagsfraktion!??
    Da half der Widerstand der SBL nicht…
    Wir werden einen neuen Anlauf starten und hoffen auf Ihre Unterstützung!

  10. @Reinhard Loos

    Mit welchen Argumenten wurde die Aufgabe des Pflegestützpunktes begründet? Wie haben sich die einzelnen Fraktionen im Kreistag damals geäußert?

    1. Könnte mal jemand die Interessenlage prüfen? Erhält der Investor eventuell Geld aus Mieten etc., so dass er auch weiterhin in Ruhe leben kann, ohne dass gebaut/umgebaut wird?

  11. …auch die Berichterstattung im gestrigen „Mitteilungsblatt“ fügt sich in das Bild: Auf Seite 3 wird nur die „Amtseinführung durch den Alterspräsidenten“ erwähnt, um dann ab Seite 4 zweiseitig die gesamte Rede des Bgm abzudrucken. Diese beginnt zwar mit „Sehr geehrter Herr Kräling (…)“, aber was Herr Kräling sagte, bleibt den Leser/innen im Verborgenen. Dafür war wohl kein Platz im Mitteilungsblatt.

  12. @Andreas
    Das ist natürlich Zensur, auch wenn es denjenigen, die die Macht haben, diese Zensur auszuüben, weniger als Zensur, denn als nachbeugende Verhinderung einer Majestätsbeleidigung erscheinen mag. Ausgeübt mit einem Federstrich und einem „das muss ich mir doch in meinem eigenen Hause nicht bieten lassen.“

    Übrigens heute ein Artikel in der Süddeutschen über Macht und Autorität: Macht sei nur geliehen, Autorität hingegen erarbeitet.

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