100 Jahre Waldorfschule 2019: Alan Poseners Waldorf-Propaganda im Deutschlandfunk Kultur

Das zweite Goetheanum in Dornach (1928 bis heute), Südansicht (foto: „Wladyslaw“, wikimedia, (CC BY-SA 3.0))

Der Deutschandfunk Kultur lädt den Journalisten Alan Posener (Die Welt, Axel Springer SE) zum Gespräch ein, um den 100. Geburtstag der Waldorfschule zu feiern. Was dieser dabei sagte, entsetzte hpd-Autor Andreas Lichte.

(Der Artikel ist zuerst auf der Website des Humanistischen Pressedienstes erschienen.)

„Hat Posener das wirklich gesagt?“, frage ich mich. Ich kann es nicht fassen und versuche eine Inhaltsangabe – frei, aus dem Gedächtnis –, es geht ja um „Schule“, und das ist doch eine gute Übung, Prüfung …:

  1. Bildung sollte privatisiert werden,
  2. weil Waldorfschulen besser als öffentliche Schulen sind:
  3. Waldorfschulen fördern das Individuum,
  4. deswegen waren sie im Nationalsozialismus verboten.

Boah! Was für ein Blödsinn! Aber meine Inhaltsangabe ist korrekt, wie ich beim Vergleich mit Deutschlandfunk Kultur Der Mensch im Mittelpunkt“ feststelle. Ich höre mir den Beitrag auch noch einmal an: „Dieser Individualismus (der Waldorfschulen) rekurriert auf das humboldtsche Bildungsideal“, schwärmt Posener im O-Ton.

„Individualismus“? In der Waldorfschule? Bei meiner Ausbildung zum Waldorflehrer fiel mir dieser Merksatz ein: „In der Waldorfschule steht für jeden eine Schublade offen.“

In einem Interview mit dem Bildungswissenschaftler Prof. Dr. Stefan T. Hopmann frage ich danach, Zitat:

„Lichte: Die Waldorfschulen werben damit, Kinder ‚individuell‘ zu fördern. Sehen Sie hier einen Widerspruch zu der in der Waldorfpädagogik verbindlichen ‚Jahrsiebtelehre‘ (Rudolf Steiners esoterische Einteilung der Individualentwicklung des Menschen in Abschnitte von 7 Jahren)?

Prof. Hopmann: Waldorfschulen wollen nicht im allgemein üblichen Sinne ‚individualisieren‘, d. h. die je einzigartige Persönlichkeit eines Kindes achten. Vielmehr werden entsprechend den Waldorflehren die Kinder unterschiedlichen Charaktertypen, Entwicklungsstufen, Seeleneigenschaften usw. zugeordnet, denen sich dann die jeweilige pädagogische Behandlung unterordnen soll. Gehörst du zum Typ A, richtet sich die Behandlung nach Verfahren B usw. Man kann das recht gut kennenlernen, wenn man sich ansieht, wie Rudolf Steiner selbst in seinen Lehrerkonferenzen Einzelfälle analysierte. Es ging ihm nicht um konkrete Individuen, sondern darum, jedes Kind in eine anthroposophische Kategorie zu pressen.“

Wenn es in der Waldorfschule keinen „Individualismus“ gibt, kann das auch nicht der Grund dafür sein, dass Waldorfschulen „im Nationalsozialismus verboten waren“. Waren sie das überhaupt? Alle Privatschulen wurden im Laufe der Zeit im „Dritten Reich“ verboten. Die Waldorfschulen bestanden durch nationalsozialistische Protektion aber länger als andere Privatschulen …

Posener übernimmt hier Propaganda, die über Jahrzehnte von der Anthroposophie und den Waldorfschulen verbreitet wurde – das immer wiederkehrende Muster ist: „Die Waldorfschulen waren im Nationalsozialismus verboten …“, gedacht, oder ausgesprochen weiter: „… die Anthroposophie war im Widerstand gegen den Nationalsozialismus!“

„Widerstand“? In meinem Artikel „Anthroposophie und Nationalsozialismus: ‚Die Waldorfschulen erziehen zur Volksgemeinschaft‘“ habe ich die Forschungsergebnisse des Historikers Prof. Peter Staudenmaier zur Geschichte der Anthroposophie im Verhältnis zum Nationalsozialismus zusammengefasst. Hier ein Auszug daraus:

„(…) Anthroposophen arbeiteten in allen für sie wichtigen Praxisfeldern mit nationalsozialistischen Organisationen zusammen:

  • Waldorfschulen: „Das Motto der Waldorfbewegung im ‚Dritten Reich‘ lautete: ‚Die Waldorfschulen erziehen zur Volksgemeinschaft.‘1 Ihrer Selbstdarstellung zufolge lieferte die anthroposophische Pädagogik einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau des neuen Deutschlands durch ‚die Pflege des völkischen Gedankens und die Betonung des Wesens und der Aufgaben des deutschen Geistes‘ und stand damit ‚im Einklang mit der Grundgesinnung des nationalsozialistischen Staates‘.2,3
  • Anthroposophische Medizin: „Die Vereinigung anthroposophischer Ärzte stellte eine Hauptstütze der NS-treuen ‚Reichsarbeitsgemeinschaft für eine Neue Deutsche Heilkunde dar‘. 4
  • „Biologisch-dynamische“ Landwirtschaft: „1935 wurde der ‚Reichsverband für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise‘ korporatives Mitglied der nationalsozialistischen ‚Deutschen Gesellschaft für Lebensreform‘ (Motto: ‚Die Weltanschauung der Deutschen Lebensreformbewegung ist der Nationalsozialismus‘).5 (…)“

Der von Prof. Staudenmaier durchgesehene Artikel ist bei Google auf Platz 1 der Suchergebnisse, wenn man „Waldorfschule Nationalsozialismus“, „Anthroposophie Nationalsozialismus“, „Waldorfschule Nazi“ oder ähnliches abfragt.

Weshalb also hat Posener diese schnelle Internet-Recherche nicht gemacht? Zu seinen Gunsten gehe ich davon aus, dass Posener absichtlich anthroposophische Propaganda verbreitet.


Weitere Artikel des Humanistischen Pressedienstes zu „100 Jahre Waldorfschule 2019“:


  1. Vgl. z. B. Bund der Waldorfschulen, „Wesen und Aufgaben der Waldorfschulen“ vom 2.3.1935 (BArch, R 4901, Nr. 2519, Bl. 243).
  2. (ebd., Bl. 255)
  3. Peter Staudenmaier, „Der deutsche Geist am Scheideweg: Anthroposophen in Auseinandersetzung mit völkischer Bewegung und Nationalsozialismus“, in: Uwe Puschner/Clemens Vollnhals (Hrsg.), „Die völkisch-religiöse Bewegung im Nationalsozialismus. Eine Beziehungs- und Konfliktgeschichte“,Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2012, Seite 482. „Der deutsche Geist am Scheideweg: Anthroposophen in Auseinandersetzung mit völkischer Bewegung und Nationalsozialismus“ im folgenden abgekürzt als „Staudenmaier“
  4. Staudenmaier, Seite 481
  5. Staudenmaier, Seite 489. Weiter Staudenmaier: „Mit Bartsch und seinem Kollegen Franz Dreidax wurden zwei prominente Anthroposophen in den Führerrat der Gesellschaft aufgenommen. Anthroposophische Beiträge erschienen regelmäßig in der Zeitschrift ‚Leib und Leben‘ der Gesellschaft. Bartsch konnte 1937 zutreffend behaupten, ‚dass sich die führenden Männer der Demeter-Bewegung rückhaltlos mit ihren Kenntnissen und Erfahrungen dem nationalsozialistischen Deutschland zur Verfügung gestellt haben‘.“

31 Gedanken zu „100 Jahre Waldorfschule 2019: Alan Poseners Waldorf-Propaganda im Deutschlandfunk Kultur“

  1. Andreas und Interessierte, lest mal diesen FAZ-Artikel:

    „Die große Inszenierung. Der Literaturwissenschaftler Helmut Lethen und seine Frau Caroline Sommerfeld, Autorin der Neuen Rechten, behaupten, ihre Familie sei Opfer von „Sippenhaft“ durch politisch korrekte Kreise. Ist das so?“

    https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/lethen-und-sommerfeld-und-der-vorwurf-der-sippenhaft-16020233-p5.html?printPagedArticle=true#pageIndex_4

    Da ist alles drin, Nazis, Maoisten, Waldorf, Steiner ….

    Die Manipulation der/durch die Medien. Schwindel erregend …

    1. wo die Rechte Recht hat. hat sie Recht:

      „(…) Aber die rechte Aktivistin – Caroline Sommerfeld – stilisiert sich öffentlich als die eigentliche Hüterin der Lehre Rudolf Steiners, dem Gerüst der Waldorf-Pädagogik. Diese, schreibt sie, enthalte „so richtig schön rechte Gedanken, die mitten aus dem Zeitzusammenhang der Konservativen Revolution stammen“. Bei Steiner habe ein „Volk nicht nur seine gemeinsame Abstammung, sondern auch seine gemeinsamen Mythen und eine Seele“.

      Dem ist zunächst schwer zu widersprechen. Rudolf Steiners Weltanschauung war fest im gegenmodernen Diskurs der Jahrhundertwende verwurzelt. In ihr finden sich die typischen Züge neureligiöser Bewegungen dieser Zeit: ein eklektischer Wust aus Esoterik und Spiritualität ebenso wie antiwestliches Gedankengut und sogar Rassentheorien. (…)“

      „LETHEN UND SOMMERFELD : Die große Inszenierung“, FAZ, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/lethen-und-sommerfeld-und-der-vorwurf-der-sippenhaft-16020233.html

      1. „Bei Steiner habe ein »Volk nicht nur seine gemeinsame Abstammung, sondern auch seine gemeinsamen Mythen und eine Seele«“

        Die „Volksseele“ bei Rudolf Steiner:

        „Die Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhang mit der germanisch-nordischen Mythologie“, Rudolf Steiner, GA 121, Rudolf Steiner Verlag

        eine Inhaltsangabe – unter anderem mit der rechten „Kultstätte“ „Externsteine“ gebe ich in folgendem Artikel: „Ein ‚rechter‘ Waldorflehrer soll gehen – Rudolf Steiner bleibt“, https://hpd.de/artikel/11915

  2. Interessante Hintergründe zur Waldorfschule. Da erscheint doch vieles in einem neuen Licht.

    Wer weiß, was Demeter e. V. am stecken hat?

    „Bartsch konnte 1937 zutreffend behaupten, ‘dass sich die führenden Männer der Demeter-Bewegung rückhaltlos mit ihren Kenntnissen und Erfahrungen dem nationalsozialistischen Deutschland zur Verfügung gestellt haben’.”

    1. @ Silke Nieder

      „Wer weiß, was Demeter e. V. am stecken hat?“

      Die Frage ist immer, ob man es wirklich wissen will … Demeter geht anschliessend eigentlich nicht mehr. Darüber schreibe ich auch in meinem Artikel „“Anthroposophie und Nationalsozialismus: ‘Die Waldorfschulen erziehen zur Volksgemeinschaft’”, Zitat:

      „(…)

      Autarkie Deutschlands: „Biologisch-dynamische“ Landwirtschaft

      Hier bot die anthroposophische, „biologisch-dynamische“ Landwirtschaft eine Lösung an: sie verzichtet auf industriell hergestellten Kunstdünger und Pestizide und setzt stattdessen verstärkt auf menschliche Arbeitskraft.

      „Demeter“, die „Monatschrift für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise“, stellte die NS-Bemühungen um Autarkie in der Landwirtschaft heraus, Artikel hiessen beispielsweise: „Zurück zum Agrarstaat”, September 1933, „Beitrag zum Autarkieproblem”, August 1933. Ein Bericht der „Demeter“-Ausgabe vom Februar 1939 schloss: „So scheint mir denn die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise dafür vorbestimmt zu sein, die Forderung unserer Regierung zu erfüllen: »Ernährungsfreiheit des Deutschen Volkes auf Deutscher Scholle!«”6

      „In den ersten acht Jahren des »Dritten Reiches« wuchs die biologisch-dynamische Bewegung stark an und genoß die Gunst vieler NS-Größen, etwa von Heß, Rosenberg, Ohlendorf, Baeumler, Wilhelm Frick und Robert Ley. Der biologisch-dynamische Landbau wurde in der nationalsozialistischen Presse mit auffallender Begeisterung gefeiert.“7 „Das »Dritte Reich« kann als die Zeit angesehen werden, in der die biologisch-dynamische Landwirtschaft ihre grösste staatliche Unterstützung bekam.“8

      „»Demeter« feierte die militärischen Siege Deutschlands in den ersten Jahren des Zweiten Weltkrieges und lobte Hitler. Die Ausgabe von September 1939 wurde mit folgender Erklärung eröffnet: »Die Stunde der Bewährung ist angebrochen! Der Führer hat die Verteidigung der Ehre und der Lebensrechte des deutschen Volkes übernommen.« Ein Jahr später hieß es: »Das soll unser Ziel und unsere hohe Aufgabe sein, gemeinsam mit unserem Führer Adolf Hitler für die Befreiung unseres lieben deutschen Vaterlandes zu kämpfen!«“9

      Die biologisch-dynamische Landwirtschaft hatte für ihre Bejahung des deutschen Angriffskrieges neben der weit verbreiteten, anthroposophischen Kriegsbegeisterung – die Deutschen konnten nun ihre in anthroposophischer Deutung „für den Menschheitsfortschritt unabdingbare geistige, kosmische Sendung“10 beweisen – wohl auch pragmatische Gründe: Mit dem Wachsen des unter deutschem Einfluss stehenden Gebiets wuchs auch die potentielle Anbaufläche für die biologisch-dynamische Landwirtschaft:

      „Seit Anfang des Krieges waren Anthroposophen an der Gestaltung und Durchführung von Siedlungsplänen im besetzten Osten unter Leitung der SS beteiligt. Schon im Oktober 1939 kooperierten Anthroposophen und SS an der Errichtung eines biologisch-dynamisch geführten Lehrguts auf einem enteigneten Hof in Posen, und auch nach 1941 wurde die Mitarbeit an verschiedenen Projekten weitergeführt, mit der Genehmigung Himmlers und unter Förderung von zwei hohen SS-Führern, Günther Pancke und Oswald Pohl.

      Pancke, Chef des Rasse- und Siedlungshauptamts, hielt den biologisch-dynamischen Landbau für die einzig geeignete Wirtschaftsweise »für die zukünftigen Wehrbauern und Bauern im Osten«.

      Pohl war für das Netzwerk biologisch-dynamischer Höfe bei verschiedenen Konzentrationslagern zuständig, u. a. in Dachau11 und Ravensbrück. Das Dachauer Gut wurde von dem Anthroposophen und SS-Offizier Franz Lippert beaufsichtigt, der vorher Obergärtner bei Weleda gewesen war. Die SS-eigenen biologisch-dynamischen Betriebe bestanden bis zum Kriegsende.“12

      (…)“

      Quelle (dort auch die Fussnoten): https://www.ruhrbarone.de/anthroposophie-und-nationalsozialismus-die-waldorfschulen-erziehen-zur-volksgemeinschaft/44449

      1. Danke für die zahlreichen detaillierten Infos! Eine herausragende Recherche!
        Wir haben hier in der Nähe einen Hof, der seine Produkte über Demeter vermarktet. Eine Mehrzahl der der Tiere leidet an Pseudotuberkulose (die Krankheit ist nicht meldepflichtig). Aber wenn es nur das wäre ….

        Vielleicht ist das Hintergrundwissen einmal nützlich.

  3. Nochmal ganz allgemein zu „Propaganda für die Waldorfschule“:

    da wird ein Professor interviewt, und ganz am Ende des Interviews gibt es einen Kasten, wo er „vorgestellt“ wird – reicht das, um zu verstehen, dass er befangen ist, FÜR DIE WALDORFSCHULEN SCHREIBT:

    „Zur Person

    Heiner Barz ist Professor für Erziehungswissenschaften und Leiter der Abteilung für Bildungsforschung und Bildungsmanagement der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Seine 2012 erschienene empirische Studie zu «Bildungserfahrungen an Waldorfschulen» wurde von der Pädagogischen Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen unterstützt.“

    Quelle: https://www.news4teachers.de/2019/01/steiner-war-nicht-dogmatisch-eher-seine-anhaenger-ein-interview-mit-einem-bildungsforscher/

    1. „Bildungserfahrungen an Waldorfschulen

      Empirische Studie zu Schulqualität und Lernerfahrungen

      Sylva Liebenwein ‘Heinrich-Heine-Universität’ Düsseldorf, Deutschland

      Heiner Barz ‘Heinrich-Heine-Universität’ Düsseldorf, Deutschland

      Dirk Randoll ‘Alanus Hochschule’ Alfter, Deutschland

      Die Studie wurde finanziell gefördert durch die ‘Software AG Stiftung’, Darmstadt und die ‘Pädagogische Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen’.“

      https://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/fileadmin/Redaktion/Institute/Sozialwissenschaften/BF/Barz/Kolumne/Bildungserfahrungen_an_Waldorfschulen.pdf

      „Die Software AG Stiftung“ fördert anthroposophische Projekte, ist Hauptsponsor der:

      anthroposophischen „Alanus Hochschule“, die in der Anthroposophie die Aufgabe hat, Rudolf Steiners Esoterik für die Öffentlichkeit als „Wissenschaft“ umzuetikettieren, siehe dazu beispielsweise den Artikel:

      „100 Jahre Waldorfschule 2019:

      100 Jahre Pädagogik aus dem Esoterik-Baukasten

      Im Jahr 2019 wird die Waldorfschule hundert Jahre alt. Gibt es eine andere Schulform, die so starr an den Vorgaben ihres Begründers festhält, wie die Waldorfpädagogik an der Anthroposophie Rudolf Steiners?

      In der sich nach außen hin fortschrittlich präsentierenden, anthroposophischen „Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft“ ist noch immer Rudolf Steiners esoterische „Allgemeine Menschenkunde“ aus dem Jahr 1919 im Programm. Von „2017–2020“ veranstaltet die Alanus Hochschule die, Zitat:

      „Thementage Menschenkunde“

      „Die von Rudolf Steiner 1919 begründete Waldorfpädagogik beruht auf einer anthroposophischen Menschenkunde, die Mensch und Welt in einem spirituellen Erkenntnishorizont begreift.

      Diese Menschenkunde umfasst anthropologische, (entwicklungs-) psychologische, physiologische und epistemologische Aspekte. Ihre detailliertesten Ausführungen finden sich in den Vorträgen Rudolf Steiners ‚Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik‘ und im sogenannten ‚Heilpädagogischen Kurs‘.

      Die ‚Thementage Menschenkunde‘ an der Alanus Hochschule behandeln unterschiedliche Aspekte der Anthropologie Rudolf Steiners, die sowohl für die Waldorfpädagogik als auch für die anthroposophische Heilpädagogik von zentraler Bedeutung sind. Neben der geisteswissenschaftlichen Grundlagenarbeit sollen die einzelnen menschenkundlichen Aspekte auch mit Blick auf ihre Relevanz für die pädagogische Praxis befragt werden.“1

      „… anthropologische, (entwicklungs-) psychologische, physiologische und epistemologische Aspekte“ klingt nach „Wissenschaft“, aber das ist die „Allgemeine Menschenkunde“ Steiners sicher nicht. Was dann?

      (…)“

      weiter: https://hpd.de/artikel/100-jahre-paedagogik-dem-esoterik-baukasten-15645

  4. @ A.L. und Interessierte …

    Falls am frühen Nachmittag des 23.02.2019 der Blutdruck ein wenig im Keller sein sollte, DLF einschalten:

    Campus & Karriere von der Didacta 2019 in Köln | 14.05 – 15.00 Uhr

    https://www.deutschlandfunk.de/100-jahre-waldorf-alternative-zu-bulimie-lernen-und.680.de.html?dram:article_id=441761

    „100 Jahre Waldorf – Alternative zu „Bulimie-Lernen“ und Leistungsdruck?

    Das Konzept Waldorf feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag. Einst als esoterisch verschrien, finden die Schulen vor allem in den großen Städten immer mehr Anklang. Was lockt Schüler und Eltern an? Was macht die Waldorf-Pädagogik so erfolgreich?“

    Gesprächsgäste:

    -> Nele Auschra, Vorstand im Bund der Freien Waldorfschule
    -> Franz Glaw, Waldorflehrer und Medienpädagoge
    -> Heiner Ullrich, Erziehungswissenschaftler der Uni Mainz

    Beiträge:

    Lernen von Steiner?
    Was versprechen sich interessierte Eltern oder Lehramtsstudenten von der Waldorf-Pädagogik. Umfrage am Waldorf-Stand auf der Didacta

    Gescheitert: Waldorf an der Regelschule
    In Hamburg ist der Versuch gescheitert Waldorf-Pädagogik an einer Brennpunktschule zu etablieren

    Wünsche „gute Unterhaltung“ … – und evtl. ne Schachtel „HB“-Fluppen parat legen wg. „Wer wird denn gleich in die Luft gehen?“ 😉

      1. @ gp

        Danke für den Hinweis !

        „Jetzt müsst ihr ganz stark sein …“

        um die nächste Propaganda-Sendung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu überleben …

        „Heiner Ullrich“ kenn ich natürlich: der wird im DLF immer als „Kritiker“ der Waldorfpädagogik angesagt, und hält dann eine Laudatio …

        1. mail vom 14.1.2005:

          Sehr geehrter Dr. Heiner Ullrich,

          Mit großem Interesse verfolgte ich die Sendung des DLFs zum Thema: „Was machen Waldorfschulen besser?“

          Ich habe einige Nachfragen, im Skript der Sendung lese ich beispielsweise:

          „(…) Und das, obwohl der Mainzer Schulforscher einer der schärfsten Waldorfkritiker ist.“

          Ich habe in dem gesamten feature kein einziges Waldorf-kritisches statement gehört/gelesen, höchstens „Andeutungen“:

          „Autorin: Der Schulforscher Heiner Ullrich hatte ein so positives Urteil der Schüler an Waldorfschulen nicht erwartet. Gerade die besondere Rolle des Klassenlehrers, der acht Jahre lang die Schüler eng führt, hält er für problematisch.“

          – Was ist für Sie an der Rolle des Klassenlehrers problematisch?

          – was macht Sie zu einem der „schärfsten Waldorfkritiker“?

          .
          Ich selber habe eine Ausbildung zum Waldorflehrer gemacht und in verschiedenen Waldorfschulen unterrichtet/hospitiert.
          Völlig unklar ist mir, wie man über Waldorf-Pädagogik berichten kann, ohne über die Rolle der Anthroposophie zu sprechen – sie ist bis heute bestimmend für alle Aspekte der Waldorf-Pädagogik: für ihre weltanschauliche Fundierung, ihre Ziele, die konkrete Unterrichtsgestaltung, sowie für die soziale Gestalt der Waldorfschulen.

          Im Waldorf-Seminar wurde beispielsweise ein Jahr lang Steiner/Anthroposophie unterrichtet, „Pädagogik“ als solche war hingegen kein Thema …

          .
          Mit freundlichen Grüßen

          Andreas Lichte

          1. Antwort von Dr. Heiner Ullrich:

            Sehr geehrter Herr Lichte,

            gerne gehe ich hier in aller Kürze auf Ihre Fragen ein; Sie könne mich gerne bei weiterem Interesse an einem Gedankenaustausch auch anrufen: dienstlich [Telefonnummer gelöscht], privat: [Telefonnummer gelöscht].

            Als „Waldorfkritiker“ werde ich apostrophiert, wiel ich in meiner Dissertation und einigen anschließenden Aufsätzen die anthroposophischen Grundlagen der Waldorfpädagogik einer philosophischen und psychologischen Kritik unterzogen habe – vor allem die Erkenntnistheorie sowie die Entwicklungs- und Temperamentenlehre Steiners (vgl. Ullrich: Waldorfpädagogik und okkulte Weltanschauung, Weinheim/Basel 1991). An dieser kritischen Haltung gegenüber der Anthroposophie als einer Neo-Mythologie mit einem paradoxen wissenschaftlichen Geltungsanspruch halte ich nach wie vor fest.

            In der DLF-Sendung fühlte ich mich nicht als Steiner-Kritiker, sondern als Schulforscher befragt, der sich seit längerem mit Reform- und Alternativschulen befasst (vgl. den Sammelband von Ullrich/Idel/Kunze: Das Andere Erforschen, Wiesbaden 2004). Seit Ende 2002 leite ich ein empirisches DFG-Forschungsprojekt über Klassenlehrer-Schüler-Beziehungen an Waldorfschulen, zu welchem inzwischen erste Ergebnisse vorliegen. In dieser Rolle als qualitativ forschender Erziehungswissenschaftler geht es nicht um eine kritische Auseinandersetzung mit der Waldorfpädagogik, sondern um die empirisch sorgfältige Rekonstruktion der besonderen Interaktionsprozesse der sozialen Akteure in unterschiedlich geprägten Waldorfschulkulturen.

            Ich habe, wenn sie so wollen, nicht meine Überzeugungen gewechselt, sondern nur die Perspektiven. Das ist vielleicht etwas ungewohnt, aber gleichwohl sachgemäß. Dies wäre meine erste Antwort auf Ihr hartnäckiges Fragen.

            Mit einem freundlichen Gruß nach Berlin

            Ihr Heiner Ullrich

  5. „… nach 5 Minuten im Eurythmie-Unterricht war ich SO BERÜHRT …“, sagt die ehemalige Philosophie-Studentin …

    am Stand der Waldorfschulen auf der „Didacta“ …

    ja, ich bin wohl „Masochist“, ich höre den DLF-Beitrag …

  6. “ … eine Bildungs-erfolgreiche (sic!) Elternschaft, die die Waldorfschule bewußt wählt …“, sagt Heiner Ulrich.

    Vergleiche:

    Nur das deutsche Bürgertum ist bis heute von Rudolf Steiner begeistert. Die von Steiner begründeten „Waldorfschulen“ sind erste Wahl, wenn Besserverdienende eine Schule ohne Kinder aus „sozial schwachen Verhältnissen“ und ohne Ausländer suchen: „Man bleibt gern unter sich“

    https://www.schiebener.net/wordpress/rudolf-steiner-kafkaesk/

  7. „ich bin ja auch selbst Waldorfschülerin gewesen – mein Sohn war auch auf der Waldorfschule …“, Nele Auschra, Vorstand im Bund der Freien Waldorfschule:

    einmal Sekte, immer Sekte …

  8. „… eine Waldorflehrer-Ausbildung ohne die Schriften von Rudolf Steiner kann ich mir nicht vorstellen …“, Heiner Ullrich, weiter: „.. die Lehre Rudolf Steiners ist in einem Maße bestimmend, die Aussenstehende nicht sehen …“

    na, immerhin –

    fragt sich, ob Heiner Ullrich den „Aussenstehenden“ noch erklärt, was mit der „Lehre Rudolf Steiners“ eigentlich gemeint ist …

  9. „… es ist keine Esoterik mehr, aber es KOMMT AUS DER ESOTERIK …“, Heiner Ullrich, über den „Dreischritt“ als waldorfpädagogische Methode:

    Der Lehrer soll im Unterricht bewusst Fragen offen lassen (erster Schritt), weil das „Ich“ und der „astralische Leib“ des Kindes im Schlaf die körperliche Hülle verlassen und diese Fragen außerhalb des „physischen Leibes“ im Schlaf verhandelt werden (zweiter Schritt).

    Im dritten Schritt – am Tag danach – holt der Lehrer die Antworten aus dem “Unterbewussten” und bringt sie in das Wachbewusstsein.

    Dazu schrieb der Anthroposophen-Gründer-Guru Rudolf Steiner:

    „Das Kind geht aus der Schule, schläft; sein Ich und sein astralischer Leib sind im Schlafe AUSSERHALB DES PHYSISCHEN LEIBES und des Ätherleibes.

    Dasjenige, was Sie da [im Unterricht] mit dem Kinde vollbracht haben auf dem Umweg durch den physischen Leib, auch den Ätherleib meinetwillen, das setzt sich fort im astralischen Leib und im Ich.

    Diese beiden letzteren sind aber während des Schlafes IN EINER GANZ ANDEREN UMGEBUNG. Sie machen etwas durch, was sie nur während des Schlafes durchmachen, und dasjenige, was Sie dem Kinde beigebracht haben, macht die Sache mit; macht sie mit eben in denjenigen Wirkungen, die in dem astralischen Leib und dem Ich geblieben sind.

    Sie müssen daran denken, daß Sie dasjenige, was Sie dem Kinde auf dem Umweg über das Physische beibringen, hineinleiten in den astralischen Leib, in das Ich; und daß Sie dadurch eine Wirkung ausüben auf die Art und Weise, wie das Kind VOM EINSCHLAFEN BIS ZUM AUFWACHEN LEBT, und daß Ihnen am nächsten Tag das Kind dasjenige mitbringt, was es da zwischen Einschlafen und dem Aufwachen DURCHGEMACHT HAT.”

    zitiert von hier (die Infos kommen von mir): https://blog.gwup.net/2014/08/27/lernen-im-dreischritt-weis-hamburgs-landesschulrat-rosenboom-nicht-was-eso-schlagworte-bedeuten/

  10. „… der Waldorfklassenlehrer, der 8 Jahre lang, in 8 Fächern unterrichtet … ist ein Waldorf-Unikat …“, Heiner Ullrich

    vergleiche:

    „Lichte: Ist es nicht eine Überforderung des Klassenlehrers, 8 Jahre lang alle Fächer unterrichten zu müssen? Welche Qualität kann so ein Unterricht noch haben?

    Prof. Hopmann: Natürlich hat die Konstruktion, eine einzelne Lehrkraft allzuständig sein zu lassen, zwei entscheidende Risiken: Zum einen gibt es keine Lehrkraft, die tatsächlich sämtliche Schulinhalte auf einem so hohen fachlichen Niveau beherrscht, dass sie die unterschiedlichen Lernbedürfnisse und Lernschwierigkeiten angemessen berücksichtigen kann. Die Schulforschung ist sich da ziemlich einig: Spezialisierung ist notwendig. Zum andern öffnet die Verwiesenheit auf eine einzige Bezugsperson natürlich die Möglichkeit, für psychischen (und ggf. physischen) Missbrauch.“

    „Man kann nicht nur ein ‘bisschen’ Waldorf sein“, https://www.ruhrbarone.de/waldorfschule-„man-kann-nicht-nur-ein-»bisschen«-waldorf-sein“/30117

  11. „… ohne die Lehre Rudolf Steiners käme die Waldorfschule nicht aus …“, Franz Glaw, Waldorflehrer

  12. „… fast 90 % der Waldorflehrer sich mit Anthroposophie beschäftigen, zeigen Studien …“, Heiner Ullrich

  13. @Andreas

    So viele Einzelkommentare … warum hast du nicht statt dessen einen knackigen Blogbeitrag geschrieben?

      1. @ zoom

        ich hab gerade nach einer Text-Version der DLF-Sendung gesucht, und sie nicht gefunden:

        das ist ja mitgeschrieben, vermutlich nicht fehlerfrei, das müsste man für einen Artikel/Blogbeitrag schon noch mal überprüfen …

  14. „100 Jahre Waldorfschule:

    Rudolf Steiners ‘survival of the whitest’

    „Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse“ ist ein Ausspruch Rudolf Steiners, der die vom Begründer der Waldorfschulen behauptete Überlegenheit der „Weißen“ zusammenfaßt. Der Erziehungswissenschaftler Prof. Heiner Ullrich behauptet dagegen in der Wochenzeitung „Die Zeit“: „Rassentheorien spielen meiner Einschätzung nach aber in der heutigen Waldorf-Pädagogik keine Rolle.“ Passt das zusammen?

    (…)“

    weiter bei „Humanistischer Pressedienst“: https://hpd.de/artikel/100-jahre-waldorfschule-rudolf-steiners-survival-of-the-whitest-16893

  15. „100 Jahre Waldorfschule

    „Waldorf hat den Charakter einer Sekte“

    Süddeutsche Zeitung, 7. September 2019

    (…)

    Nicholas Williams, Jahrgang 1981, kennt die Binnensicht gut. Er war Waldorflehrer in Baden-Württemberg – und hat der Schule inzwischen den Rücken gekehrt. Ein Protokoll.

    (…)

    Was ich da zuletzt erlebt habe, hat mich verstört: Es geht in den Waldorfschulen viel esoterischer zu, als ich mir das früher je gedacht hätte. Waldorf hat den Charakter einer Sekte, und mittlerweile bin ich überzeugt: Waldorf richtet Tag für Tag Schaden an.

    (…)“

    zum vollständigen Artikel der Süddeutschen Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/bildung/100-jahre-waldorfschule-erfahrung-kritik-1.4588339

  16. sehr scharfe Kritik der Waldorfschule vom rbb Politikmagazin „Kontraste“, Sendung am 26.09.2019:

    „100 Jahre Waldorf-Bewegung:

    Siegeszug einer fragwürdigen Ideologie

    Die Wiege der Menschheit liegt in Atlantis. Ein Kind ist eine wiedergeborene Seele und hat ein schicksalhaftes Karma. Mit sieben Jahren wird der Ätherleib geboren, mit 14 Jahren der Astralleib. Dies sind nur einige der Überzeugungen des Anthroposophen Rudolf Steiner, die bis heute Form und Inhalt des Unterrichts in den Waldorfschulen prägen. Kontraste hat zum 100. Waldorf-Geburtstag mit Experten, ehemaligen Schülern und Lehrern sowie Vertretern der Waldorf-Schulen über das seltsame Weltbild der Waldorf-Bewegung gesprochen.

    Anmoderation: Aber jetzt zu einem Jubiläum – das auch hier im Ersten [in den ARD-„Tagesthemen“] sehr bejubelt wurde: 100 Jahre Waldorfpädagogik – herzlichen Glückwunsch auch nochmal von unserer Seite! Vor allem zu dem heilen Bio-Bild, was jetzt viele im dazu Kopf haben: Waldorf, die Vollwert-Schule: Da zählt eher Gartenbau als gute Noten, Lernen ohne Leistungsdruck – so modern. Und so verlockend, dass viele Eltern nicht genau hingucken, wo sie ihre Kinder da eigentlich hinschicken. Andrea Everwien und Markus Pohl

    (…)“

    weiter (mit Video): https://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-vom-26-09-2019/100-jahre-waldorf.html

Kommentare sind geschlossen.