Maria Kahle – Einblicke in Leben und Wirken einer rechtskatholischen Schriftstellerin

Dr. Hans-Günther Bracht hat ein neues Forschungswerk veröffentlicht

Titelbild des neuen Buchs über Maria Kahle

Dr. Hans-Günther Bracht (Brilon) hat soeben eine umfangreiche Forschungsdokumentation über die sauerländische Schriftstellerin und Nationalsozialistin Maria Kahle (1891-1975) veröffentlicht.

(Informationsbrief „edition leutekirche sauerland“, 30.11.2022)

Die nationalistisch-völkische Radikalisierung dieser Autorin vollzog sich schon während des ersten Weltkrieges, als bei einem Aufenthalt in Brasilien 1913-1920 ihre lebenslange Mission für das „Auslandsdeutschtum“ grundgelegt wurde.

Nach der Rückkehr aus Südamerika wirkte die erfolgreiche Vortragsrednerin vor allem als Aktivistin des Jungdeutschen Ordens. In ihrem Lyrikband „Volk, Freiheit, Vaterland“ (1923) betete sie: „Deutscher Gott, Du Gott der Freien, … Eh wir denn zu Knechten werden, … Laß uns lieber untergehen!“ (Sie stand seit seit 1921 in engem Kontakt mit dem früh zur NSDAP gehörenden Priester Lorenz Pieper, über den vor kurzem im WOLL-Verlag das Forschungswerk „Am Anfang war der Hass“ erschienen ist.)

Nach dem Putschversuch der Republikfeinde in München schrieb die Rechtskatholikin mit Blick auf Adolf Hitler: „Einst sollst du stolz uns deine Jünger heißen“. Ab 1933 erfolgte eine problemlose Integration in die NS-Kulturarbeit. Ende 1939 beantragte M. Kahle die Mitgliedschaft in der NSDAP und stellte sich als Aktivistin in den Dienst der Kriegspropaganda. Nach 1945 verhielten sich die Wahl-Sauerländerin und ihre Anhängerschaft jahrzehntelang so, „als wäre nichts geschehen …“

Seit Ende der 1980er Jahre konnte sich Hans-Günther Bracht umfassende Einblicke in Lebensweg und Wirken dieser Autorin verschaffen. Für sein jetzt vorgelegtes Buch hat er auch den seit 2014 zugänglichen Kahle-Nachlass (ULB Münster), einen langjährigen Schriftverkehr mit Ilda Schlegel (Stadtarchiv Olsberg) und die Entnazifizierungsunterlagen (Landesarchiv NRW) gesichtet. Die Erschließung der Originalquellen (u.a. revanchistische Hassverse, Hetze gegen die Demokratie, Antisemitismus, Rassenkult, „Führer“-Verherrlichung) beendet die Geschichte eines unrühmlichen Gedächtnisverlustes.

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Der Autor des neuen Forschungswerkes: Dr. Hans-Günther Bracht, geb. 1946, acht Jahre Volksschule, Abitur am Aufbaugymnasium 1966, verkürzter Wehrdienst, Lehramtsstudium an der Universität Köln Geographie, Zeitgeschichte und Sozialwissenschaft (Politik, Volkswirtschaft, Soziologie) und Diplomstudium an der Sporthochschule Köln, Abschlüsse 1972/74, Referendarszeit in Arnsberg/Neheim-Hüsten, ab 1976 Lehrer am Friedrich-Spee-Gymnasium Rüthen (2001-2013 als Schulleiter: Schwerpunkt Unterrichtsentwicklung und Einführung der 67,5 Minuten-Stunde).Geprägt von den in der NS-Zeit emigrierten und später zurückgekehrten Kölner Professoren König, Newman und Silbermann Entwicklung eines ausgeprägten Interesses an einer demokratisch-liberalen Gesellschaft. Fortbildung an der Universität Paderborn (Prof. Wolfgang Keim) zur Reformpädagogik und zur Erziehung im Nationalsozialismus. Promotion 1998 in historischer Pädagogik mit der Dissertation „Das höhere Schulwesen im Spannungsfeld von Demokratie und Nationalsozialismus. Ein Beitrag zur Kontinuitätsdebatte am Beispiel der preußischen Aufbauschule „. Mitherausgeber der Alternativ-Zeitung „das blatt für Brilon und Umgebung“ von 1985-1996. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Briloner und Rüthener Lokalgeschichte zwischen 1918 und 1950, seit 1991 regelmäßig auch Aufsätze zur Sauerländer Schriftstellerin Maria Kahle. Einige weitere Veröffentlichungen zu taktischen Fragen des Basketballspiels und zur Unterrichtsentwicklung.

Die Buch-Neuerscheinung:

Hans-Günther Bracht
Maria Kahle – Einblicke in Leben und Wirken einer rechtskatholischen Schriftstellerin
Eine dokumentarische Darstellung entlang der Originalquellen.
(= edition leutekirche sauerland, Bd. 25). Norderstedt: BoD 2022. (592 Seiten)

Auch überall vor Ort im Buchhandel bestellbar.

Hardcover-Ausgabe (fester Einband) – 592 Seiten
ISBN: 978-3-7568-8755-2 (Ladenpreis: 33 Euro)
Leseprobe und portofreie Direktbestellung beim Verlag:
https://www.bod.de/buchshop/maria-kahle-einblicke-in-leben-und-wirken-einer-rechtskatholischen-schriftstellerin-hans-guenther-bracht-9783756887552

Softcover-Ausgabe (Taschenbuch) – 592 Seiten
ISBN: 978-3-7568-8981-5 (Ladenpreis: 23 Euro)
https://www.bod.de/buchshop/maria-kahle-einblicke-in-leben-und-wirken-einer-rechtskatholischen-schriftstellerin-hans-guenther-bracht-9783756889815

Christine-Koch-Mundartarchiv begrüßt Klarstellung von Bürgermeister Dietmar Heß zu seiner „völlig verunglückten Formulierung“ „braune Farbtupfer in der Landschaft“:

In unserem BriefkastenDas Christine-Koch-Mundartarchiv am Museum Eslohe hat mit einer Dokumentation Anfang 2013 Anregungen zur Straßennamendebatte im Sauerland gegeben (www.sauerlandmundart.de). Peter Bürger, Betreuer des Archivs, begrüßt jetzt die Klarstellung von Bürgermeister Dietmar Heß zu seiner „völlig verunglückten Formulierung“ „braune Farbtupfer in der Landschaft“:

Der Finnentroper Bürgermeister hat deutlich gemacht, dass er den demokratischen Konsens gegen Faschismus und Verharmlosung von Rassismus in keiner Weise aufweichen will. Die klare Sprache seiner Presseerklärung verdient Respekt. Das Signal, in Finnentrop den Streit in eine gute Lösung umzuwandeln, ist unüberhörbar. – Braune Straßennamen sind kein geeignetes Mittel, an eine verdrängte braune Vergangenheit zu erinnern.

Arnsbergs Bürgermeister Hans-Josef Vogel (CDU) betont zu Recht, dass personenbezogene Straßennamen im Sauerland an Vorbilder oder Opfer von Gewaltherrschaft erinnern. Die Aufklärung über NS-Gefolgsleute betrifft hingegen den Auftrag von Schulen, gesellschaftlichen Gruppen, Medien und Museen. Ein Gespräch mit zwei Neonazis auf einem Bahnhof im Kreis Olpe im November 2013 hat mir erneut gezeigt, dass es bei der Geschichtsdebatte um unsere Gegenwart geht. Der Disput um Straßenschilder ist eine große Chance!

Das Christine-Koch-Mundartarchiv kündigt an, noch in diesem Frühjahr in Zusammenarbeit mit dem Kreisheimatbund Olpe zwei weitere spezielle Internetdokumentationen zu Josefa Berens und Maria Kahle zu veröffentlichen. Außer der Reihe soll auch ein Heft zu den drei großen Christen aus Finnentrop erscheinen, die ihren Widerstand gegen das Hitler-System mit dem Leben bezahlen mussten.

Peter Bürger betont, die Kommunalpolitiker, die noch in den 1970er Jahren und später Nazinamen-Straßen beschlossen haben, seien rundum entschuldbar. Nach 1945 hätten die von den Nazis propagierten „Kulturgrößen“ der Heimat im Zuge der Verdrängung noch auf Jahrzehnte hin hohes Ansehen genossen und sogar Orden erhalten. Gleichzeitig seien zahllose sauerländische Opfer sowie Frauen und Männer des Widerstandes vergessen worden.

Der Lennestädter Lehrer und CDU-Kommunalpolitiker Paul Tigges (1922-2006) habe noch Ende der 1980er Jahre bei seiner Aufklärungsarbeit heftige Gegenwehr erfahren. Am aktuellen Stand der historischen Forschung komme heute jedoch keiner vorbei.

Es gehe bei der Straßennamendebatte nicht um ein anmaßendes Urteil über die „Seelen der Judenfeinde und geistigen Handlanger des Nationalsozialismus“, das nur Gott zustehe. Umbenennungen von „braunen Straßen“ seien vielmehr ein später Akt nachgeholter Gerechtigkeit, der den Millionen Opfern des Rassenwahns die Ehre erweise und Artikel 1 der Verfassung über die Würde jedes Menschen in Erinnerung rufe.

Pressekontakt Christine-Koch-Mundartarchiv: Peter Bürger, info@sauerlandmundart.de

ZUR KLARSTELLUNG DES BÜRGERMEISTERS VON FINNENTROP VGL. IM INTERNET DIE WDR-SENDUNG „Lokalzeit Südwestfalen“ vom 15.02.2014:
http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit/lokalzeit-suedwestfalen/videolokalzeitsuedwestfalen586.html

ZUM VORANGEGANGENEN DISPUT:
http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit/lokalzeit-suedwestfalen/videolokalzeitsuedwestfalen584.html

Straßenumbenennungen in Finnentrop abgelehnt: „braune Farbtupfer“. Peter Bürger: „Schande in Finnentrop“

wordleFinnentropFinnentrop. „CDU und SPD schweigen Antrag vom Tisch„, titelt DerWesten in einem Bericht über eine Ratssitzung Anfang dieser Woche in Finnentrop.

Zu einer in der parlamentarischen Geschichte der Gemeinde einmaligen Situation wäre es im Rat der Stadt Finnentrop gekommen. CDU und SPD hätten „teilweise grinsend und schweigend“ den Antrag  der FÜR-Fraktion abgelehnt, die „Josefa-Berens-Straße“ und die „Maria-Kahle-Straße“ umzubenennen.

Kurzinfo MARIA KAHLE

Kurzinfo JOSEFA BERENS

Mit 21 Nein, 10 Ja und einer Enthaltung wurde, so Autor Gunnar Steinbach, „der Antrag vom Tisch geschwiegen“.

Braune Farbtupfer?
Der Finnentroper Bürgermeister Dietmat Heß verglich in einem Interview mit der Lokalzeit die Diener des Nazi-Regimes mit „braunen Farbtupfern“: Es sei der falsche Weg, die Gegenwart blank putzen zu wollen, indem man jeden braunen Farbtupfer aus der Landschaft entferne.

Die Lokalzeit berichtet: http://www.ardmediathek.de/wdr-fernsehen/lokalzeit-suedwestfalen/lokalzeit-suedwestfalen?documentId=19680530

WDR Studio Siegen: http://www1.wdr.de/studio/siegen/nrwinfos/nachrichten/studios29634.html

Klima der Angst?
Das Schweigen im Rat erklärt der Bürgermeister heute in der Presse mit einem „Klima der Angst“.

Eine „Schande in Finnentrop“ urteilt der Theologe und Publizist Peter Bürger. Seinen Leserbrief veröffentlichen wir hier im Wortlaut:

Zentrumsleute und Sozialdemokraten im Sauerland wussten schon vor 1933, dass Josefa Berens und Maria Kahle zu den rechtsextremistischen Feinden der Republik gehörten.

In Finnentrop stimmen nun CDU und SPD gemeinsam dafür, dass diese beiden frühen Hitler-Verehrerinnen und Judenfeindinnen vor Ort auf Straßenschildern bleiben. Hier hat die von den Nazis vor über 70 Jahren betriebene Kulturpropaganda noch einmal glorreich gesiegt. Dass es im schwarzen Sauerland, zumal im Kreis Olpe, einmal so weit kommen würde, hätte selbst Goebbels sich wohl kaum erträumen können.

Berens verehrte nach ihrem Kirchenaustritt Wotans Götterwelt. Kahle besang gut neuheidnisch einen „deutschen Gott“ und verglich das Volk Israel mit Schmarotzerpflanzen. Während andere ins KZ kamen, verdienten Kahle und Berens als NS-Predigerinnen viel Geld. Man sollte sie nicht posthum vernichten, aber auch nicht öffentlich ehren.

Finnentrop hat mit Pater Kilian, Maria Autsch und Josef Quinke gleich drei heilige Christen, die sich den Nazis nicht beugten und deshalb umkamen! Das sind unsere sauerländischen Vorbilder! Ebenso Menschen wie etwa der SPD-Mann Josef Bleser aus Finnentrop, der 1933/34 drei Monate in Nazi-Haft kam.

Was werden die Nachfahren der von den Nazis am Ort verfolgten jüdischen Familie Jakob zur Schande der verweigerten Straßennamen-Debatte sagen? Jetzt soll Judenhetze nur noch ein verzeihliches, damals eben allgemein übliches Kavaliersdelikt gewesen sein? Schämen müssen sich die sogenannten Christdemokraten und die sogenannten Sozialdemokraten von Finnentrop.

Jeder christliche oder humanistische Sauerlandpatriot, der die Geschichte unserer Landschaft kennt, kann jetzt nur noch auf höheren Beistand hoffen.

Peter Bürger (Theologe, Publizist), Düsseldorf/Eslohe

Umleitung: heute gefällt mir die Konsequenz des Olsberger Bürgermeisters, aber der Rest ist ebenfalls interessant.

Oller Tüddelkram in SchickiMicki Stadtteil (foto:zoom)
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