Journalistentag NRW 2017 Teil III – was bleibt? Datenjournalismus, Podcasts und Fake News

Kalt, rostig und windig: Blick vom Hochofen im Duisburger Landschaftspark Nord (foto: zoom)

Meine ersten subjektiven Eindrücke vom Journalistentag 2017 des DJV-NRW in der Gießerei der alten Hütte im Landschaftspark Duisburg-Nord hatte ich hier und hier geschildert.

Mein persönliches Protokoll möchte ich heute mit den Notizen zu den Workshops „Daten suchen im Lokalen“, „Podcast“ und „Fake News“ abschließen.

Daten suchen im Lokalen

Von diesem Workshop („Werkstattgespräch“) hatte ich mir Impulse für das Bloggen vor Ort und mehr versprochen. Leider spielte die Technik nicht mit. Weder der Beamer noch das WLAN funktionierten. Bei allem Verständnis für eine Großveranstaltung, bin ich der Meinung, dass solche Schnitzer nicht passieren dürften.

In der Ankündigung hieß es: „Die Arbeit mit Daten eröffnet neue Geschichten und Erzählweisen – gerade auch im Lokaljournalismus! Egal ob Servicekarte oder investigative Recherche, am Anfang steht die Frage: Welche Daten beantworten meine Frage? Wo finde ich sie? Und wie verlässlich sind sie? Strategien und Tipps für Dateneinsteiger.“

Sophie Rotgeri (Journocode, TU Dortmund) hat dann mit viel Charme und ohne Medien vorgetragen, aber letztendlich blieb am Ende nur der Hinweis, dass die Materialien bei der „LfM – Stiftung vor Ort NRW“ hochgeladen würden: https://www.vor-ort.nrw/

Und da gucke ich jetzt nach und finde:

https://www.vor-ort.nrw/2017/11/22/daten-suchen-im-lokalen/

Leider funktionieren bei mir die in die PDF eingebetteten Links nicht. Der Nutzwert des Workshops ist mit dem Stand heute immer noch gering. Meine Erwartungen sind nicht erfüllt worden.

Podcast

Auch bei diesem Workshop gab es zunächst Probleme mit dem Beamer. Die Referenten Thorsten Runte (Podcastverein) und Stanley Vitte (freier Journalist) konnten sie relativ schnell lösen.

Stanley Vitte hat den Beamer des Veranstalters doch noch gestartet bekommen. (foto zoom)

„Podcast – Das vernachlässigte Format? Was es kann und wie man es richtig nutzt“, hieß es im Programmheft.

Thorsten und Stanley gaben einen kleinen Überblick über die Szene und Technik der Podcasts („kleine Radiosendung für’s Internet“).

Ich werde mich im Nachlauf zuerst einmal auf der Website des Podcast-Vereins umschauen:
http://www.podcastverein.de/

Außerdem zum Einstieg empfohlen:

http://www.vierohren.de/

Als Software zur Tonbearbeitung werde ich weiterhin das kostenlose audacity verwenden. Alle anderen kostenpflichtigen Programme, von denen einige (Hindenburg) ebenfalls vorgestellt wurden, bleiben erst einmal außen vor.

Die weiteren nützlichen Infos des Workshops habe ich auf Papier notiert. Ich werde sie bei meinen eigenen Podcastversuchen zu verwerten suchen.

Fake News

Für diesen Workshop war als Referent Peter Welchering, den ich von Twitter kenne, angekündigt. Ich hatte mich auf ihn gefreut, weil er viele kluge Tweets und darüber hinaus in seinem Blog interessante Artikel veröffentlicht.

Leider wurde er als krank entschuldigt. Für ihn sprang Hektor Haarkötter, Professor an der HMKW Köln, ein.

Haarkötter hielt einen sehr mitreißenden Vortrag über:

„Fake News erkennen. Digitale Recherche zur Quellenprüfung nutzen und mehr.“

Hinweise für die LeserInnen und User (foto: zoom)

Für mich war es eine sehr gute Zusammenfassung über die Geschichte, Entwicklung und den heutigen Stand in Sachen Fake News.

Den Vortrag kann man hier nachvollziehen:

„Im Rahmen des NRW-Journalistentages des Deutschen Journalisten Verbands (DJV) habe ich in der pittoresken Industrieumgebung des Landschaftsparks Duisburg Nord einen Vortrag über „Fake News“ gehalten. Darin ging es nicht nur um Definitionen und Daten aus der Medienforschung zu „Fake News“, sondern auch die rechtliche Einordnung und eine Diskussion des neuen Netzwerkdurchsetzungs-Gesetzes, das nicht zuletzt von den Journalistenverbänden heftig kritisiert wurde. Am Ende des Vortrags gibt es auch noch ein paar Tipps, was sowohl professionelle Kommunikatoren als auch Ottilie Normalnutzerin tun können. Hier ist die Prezi zum Nachlesen:

http://www.kunstderrecherche.de/vortrag-zu-fake-news/

Weitere nützliche Websites:

Initiative für Nachrichtenaufklärung

Mimikama

Hoax-Info

Tagesschau Faktenfinder

Politifact

Kunst der Recherche

Bundeszentrale für politische Bildung – Fake News

Stimmt das?

Schlussbetrachtung

Der Journalistentag des DJV ist zwar nicht im engeren Sinne gewerkschaftlich (Arbeitsbedingungen, Bezahlung, Strukturen, Streiks, Medienmoral, Verleger) orientiert, aber inhaltlich gibt es für mich persönlich immer etwas zu lernen. Dabei sind nicht die großen Foren interessant, sondern die kleinen 45-minütigen „Werkstattgespräche“.

Journalistentag NRW 2017 Teil II – am Ende enttäuscht. Trotz alledem: Free Deniz!

Steffen Küßner liest die letzte Kolumne von Deniz Yücel in der taz vom 30. März 2015. (foto: zoom)

Ich werde in den nächsten Tagen noch einen weiteren Artikel über den Journalistentag 2017 schreiben, irgendwas mit Podcast, Fake News und „Daten suchen im Lokalen“.

Vorher muss ich aber noch meine große Enttäuschung loswerden, die mir seit Samstagabend quer sitzt:

Die Free-Deniz-Lesung zum Abschluss der Veranstaltung wurde von nur wenigen Journalistinnen und Journalisten besucht. Stühle, nein ganze Stuhlreihen blieben leer. Die Besucher strömten nach Hause.

Reinhard Baumgarten (SWR), Frank Stach (Vorsitzender DJV-NRW), Dr. Sascha Lehnhartz (WeltN24) und Stefan Küßner (Freundeskreis #FreeDeniz) lasen wunderbare Texte des Kollegen Deniz Yücel.

„Klagt mich endlich an“, fordert der jetzige Welt-Korrespondent Deniz Yücel, der ohne Anklageschrift seit über 9 Monaten in der Türkei in Haft ist. „Er hat eine Einzelzelle, muss allein Fußball spielen und seinen Strom selber zahlen“, schreibt die taz.

Das Foyer hat sich geleert. Einige Uninteressierte stehen an der Kaffeetheke und palavern laut.

Ich schäme mich, obwohl ich nur ein Blogger bin.

Reinhard Baumgarten und Frank Stach teilen sich einen langen fast lyrischen Text „Damit wir die Wolken nicht berühren“, Sascha Lehnartz trägt kurz und knackig Yücels Liebe zum Autokorso vor und Steffen Küßner liest die Abschiedskolumne „Mach’s gut, taz!“ vom 30. März 2015.

Die Teilnehmer der Free-Deniz-Lesung (foto: zoom)

Der Kollege Deniz Yücel sitzt in der Türkei im Knast, während die Zukunft des deutschen Journalismus im Auto oder in der Bahn nach Hause fährt.

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Freiheit für Deniz!

„Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“

(Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 10.12.1948)

Für die Freiheit von Information, Meinung, Wort und Kunst. Gemeinsam für und mit Deniz Yücel und allen zur Zeit in der Türkei inhaftierten Kolleginnen und Kollegen.

http://freedeniz.de/

Journalistentag NRW 2017 Teil I – kurz und persönlich.

Bevor ich im Duisburger Landschaftspark irgendein Gebäude betrete, steige ich auf den Hochofen und schaue mich um. (foto: zoom)

Gestern hat im Landschaftspark Duisburg-Nord der Journalistentag 2017 des DJV-NRW stattgefunden.

Letztes Jahr hatte ich auch schon teilgenommen und zuvor im Dortmunder U, und überhaupt besuche ich als (Hobby-)Blog-Herausgeber gerne die Veranstaltungen der Profis.

Wichtig ist in Duisburg stets, dass ich rechtzeitig vor Ort bin, um noch schnell auf den Hochofen mit dem traumhaften Rundumblick über das Ruhrgebiet zu klettern, denn von 11 Uhr bis 16.30 ist für mich Programm ohne Pause.

Meine Programmpunkte hatte ich mir vorher markiert. Die Free Deniz-Lesung (ohne Kreuz) habe ich am Schluss selbstverständlich auch noch besucht. (foto: zoom)

Bei der Impulsdiskussion im Foyer habe ich nichts Neues erfahren. Journalistinnen müssen entweder Eier legende Wollmilchsäue sein oder wenigstens eins von allem. Gut ist es, wenn sie jung, neugierig, abenteuerlustig, experimentell und flexibel sind, dabei stets einsatzbereit. 7/24. Die Details reiche ich eventuell später nach.

Die „Krise des Journalismus“ war kein Thema, der Akzent lag auf den Chancen. Es diskutierten Sophie Burkhardt (funk), Florian Gregorzyk (FloVloggt) und Marie Illner (freie Journalistin). Moderation Andrea Hansen.

Mein erstes angekreuztes Forum fand im Kompressorenraum statt: „Wie macht man eine gute Lokalzeitung?“ Es diskutierten Stefan Bergmann (Emder Zeitung), Benjamin Piel (Elbe-Jeetzel-Zeitung) und Martina Möller (Marler Zeitung), Moderation Katrin Kroemer.

Im Publikum ein ganzes Studienseminar Journalistik, welches mit Zukunftschancen gefüttert werden wollte/sollte.

Ich habe herausgehört, dass Print besser sei als der Ruf. Die Krise sei nicht so schlimm. Ein Journalist könne auch heute eine Familie ernähren. Die Branche habe sich nur selbst schlecht geredet. Die Verlage bildeten zu wenig aus. Wer sich in abseitigen Lokalredaktionen engagiere und profiliere, habe mit den dort erworbenen Fähigkeiten alle Chancen auf eine Stadtredaktion.

Der 33-jährige Benjamin Piel, über dessen Elbe-Jetzel-Zeitung als erfolgreiches Printprodukt in den Medien (Medien berichten über Medien) geschrieben wurde, wird demnächst Chefredakteur des Mindener Tageblatts. Oder habe ich mich da verhört?

Optimismus also auch im Kompressorenraum.

Ich bin danach zum Hüttenmagazin gehastet, denn zwischen den einzelnen Sessions lagen wie im letzten Jahr nur 5 Minuten Pause.

Dort habe ich dann fast bis zum Ende der Veranstaltung am Werkstattgespräch „Daten suchen im Lokalen“, am Workshop „Podcast“, sowie „Fake News“ teilgenommen und in kleineren Runden etwas dazu gelernt.

Davon ausführlicher im nächsten Beitrag.

Gute Nacht mit Menschlein!

Nicht mein Sport, aber warum nicht? (foto: zoom)
Nicht mein Sport, aber warum nicht? (foto: zoom)
Es ist nicht mein Vergnügen auf rostigen Röhren in luftigen Höhen herumzuklettern.

Meine eigene Höhenangst kann nicht der Maßstab für das kletternde kleine Menschlein im Landschaftspark Duisburg-Nord sein.

Sollen sie ihren Spaß haben.

Gute Nacht!

Umleitung: Vom Militär-Weißbuch 2016 zur Initiative „Mehr Demokratie“ …

Der Friedwald in Elkeringhausen. Letzte Ruhe unter den Buchen. (foto: zoom)
Der Friedwald in Elkeringhausen. Letzte Ruhe unter den Buchen. (foto: zoom)

Militär-Weißbuch 2016: Nur PR-Wortgeklingel? …telepolis

Putin und seine Opfer: Seine Regierung hat nicht, wie es ihre Pflicht wäre, Doping unterbunden, sondern gefördert und betrieben. Der Betrug flog auf … postvonhorn

Olympisches Dummschwätzen: Alice Schwarzer hat es gut. Die ehemalige Hassfigur Nummer eins aller Reaktionäre, Männerbündler und Vollidioten ist mittels BILD-Kuschelei, Auftritten im Trottelfernsehen und dauerndem Austeilen gegen alles, was sie für links hält, so weit in den deutschen Mainstream eingedrungen, dass … prinzessinnenreporter

Bildungspolitik: Vorstellung der Studie «Fünf Jahre nach dem Schulkonsens» … rosaluxemburgstiftung

Das Monster Globalisierung bändigen: Noch immer kommen uns ideologisch verbohrte Marktpropheten mit der Erklärung, dass Deregulierung und global integrierte Märkte mit so wenig Regeln wie möglich den Wohlstand aller heben und Prosperität sichern würden … misik

Der nackte Präsidentschaftsanwärter: Donald Trump als Kunstfigur … endoplast

Einladung zur Fachtagung: Eine Welt voller Verschwörungen? Verschwörungstheorien und -ideologien im Spiegel deutschsprachiger Forschung … scilogs

Kopp-Verlag in der Kritik: Wie ich einen „Sprachpapst“ zum Staatsfeind machte … uebermedien

Kritik an der „Impf-Esoterik“: Zehn Gründe, warum man seine Kinder impfen lassen sollte … psiram

Populärwissenschaft … köstlich: Um davon abzulenken, dass viel zu lange nichts mehr auf diesem Blog passiert ist hier ein kleines kulinarisches Intermezzo. In Vorbereitung auf das #histocamp haben wir am Freitag auf Twitter dazu aufgerufen alte Rezepte unter dem Hashtag #histokochen zu tweeten … GeschichteIst

Geschichtssblogs: Wer bloggt eigentlich wie viel? … schmalenstroer

Die Facebook-Agenda von Innenminister Thomas de Maizière: Mehr Überwachung und Zensurmechanismen … netzpolitik

Politkarriere, Teil 1, 2 und 3: Basis, Vernetzung, Rede – Coaching für den Aufstieg in schwerer Zeit … jurga

Jan Böhmermann ist zurück: Und? Hat er es etwa wieder getan? … revierpassagen

Fußball: Quo vadis, FC St. Pauli? … patrickgensing

Weltrekord in the making: die höchste Sandburg im Landschaftspark Duisburg Nord … wahlheimatruhr

Hagen: 2015 wurde kein Baugrund verkauft … doppelwacholder

Initiative “Mehr Demokratie”: Über CETA, TTIP, Sperrklausel und (mehr oder weniger) Demokratie – Auf Einladung der Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) nimmt der Sozialwissenschaftler und NRW-Geschäftsführer der Initiative “Mehr Demokratie”, Alexander Trennhäuser, Stellung zu den geplanten transatlantischen Freihandelsabkommen CETA und TTIP sowie zu der in NRW wieder eingeführten Sperrklausel bei Kommunalwahlen … sbl

Es gibt keine Zufälle, auch nicht auf dem Hochofen im Landschaftspark Nord.

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Gestern noch rostige Rohre, heute so. Ich glaube nicht an einen Zufall. (foto: zoom)

Ich bin gerne im sogenannten „Landschaftspark Nord“ in Duisburg-Meiderich.

Die Besteigung des Hochofens ist und war bisher Pflicht. Immer wieder entdecke ich neue Perspektiven und Ansichten.

Die rostigen Rohre im oberen Bild wurden allerdings seit meinem letzten Besuch um die Schweißnähte herum „erotisch aufgeladen“ restauriert.

Haben die Lokalmedien schon berichtet?

Die bewusstseinseinengende Droge, mit der sich der Künstler mutmaßlich in den Rausch gepinselt hat, habe ich unweit des Tatorts entdeckt.

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Heute ein König, morgen ein Pils.

Surrogate Cities Ruhr – unvorbereitet in die Kraftzentrale

Zwanzig Minuten vor Beginn. Das Orchester übte, die Ränge waren noch leer. (fotos: zoom)
Zwanzig Minuten bleiben bis zur Vorstellung. Das Orchesterrund füllt sich, die Zuschauerränge sind noch leer. (fotos: zoom)

Es gibt eine lange und eine kurze Geschichte. Die kurze Geschichte geht so: Eigentlich hatten wir gestern ein kleines Nachbarschaftsfest in unserem Sauerländer Dorf. Uneigentlich entdeckte ich einen Tag vorher die Eintrittskarte zur Ruhrtriennale an unserer Pinnwand. Surrogate Cities Ruhr, 30 Euro, Tribüne B, Reihe 14, Platz 24.

Um 19.09 Uhr saß ich auf meinem Platz, das kleine Notizbuch auf dem Schoß. Wenn schon keine Ahnung, dann ordentlich mitschreiben. Das war die Idee. In Wirklichkeit habe ich die Zuschauerränge gezählt. Zwei Tribünen mit je ungefähr 40 x 18 Plätzen. Das Buch blieb zugeklappt, der Stift in der Brusttasche.

In der Langversion war ich vorher mit dem Fahrrad im westlichen Ruhrgebiet unterwegs. Rhein, Kohlekraftwerk Möllen, Emschermündung, Wohnungswald, Döner, Friedhof, Grablichter und schließlich der alte Hochofen im Landschaftspark Duisburg Nord, 50 Meter von der Kraftzentrale entfernt.

Zwei Mal hochgeklettert. Um 19 Uhr  waren auf der obersten Plattform zum Sonnenuntergang Fotografen mit Ausrüstungen unterwegs, die gefühlt eine halbe Millionen Euro wert waren. Die Sonnenuntergangsspanner.

Ich habe mit meiner Canon-Pocketkamera auch geknipst. Ich knipse ja immer nur. Gestern flogen ein paar Heißluftballons herum. Ich habe dann einen von denen geknipst und mir vorgestellt, wie grandios das Bild werden würde, hätte ich eine dieser 5200 Euro Ausrüstungen, statt der 250 Euro PowerShot.

Immer wieder Vollkitsch. Der Hochofen enttäuscht auch eine schlechten Fotografen niemals.
Immer wieder Vollkitsch. Der Hochofen enttäuscht auch einen schlechten Fotografen niemals.

Ich schweife ab. Um 19.09 saß ich auf meinem Platz und zählte. Natürlich hatte ich einen Plan B im Hinterkopf. Der ging so: Wenn ich das alles ohne Vorwissen nicht verstünde -in der Halle hing der Geruch des Bildungsbürgertums- könnte ich immer noch bei den „Revierpassagen“ nachlesen, was ich zu verstehen hätte.

Die schlechte Nachricht zuerst. Die Revierpassagen haben mir nicht weitergeholfen, denn der Artikel dort geht nicht auf die kleinen und großen Details der Aufführung ein. Mehr so ein Rundumschlag.

Die gute Nachricht für mich. Die Aufführung dauerte kompakte 90 Minuten und entsprach damit meiner Aufmerksamkeits-Spanne. Mehr schaffe ich bei Kultur auf keinen Fall.

Die zweite gute Nachricht. Keine Pause. Kein blödes Herumstehen zwischen den Sätzen, den Szenen.

Die dritte gute Nachricht. Ich habe etwas verstanden. Noch besser. Ich habe einfach beschlossen, dass ich die Musik und die Sänger und die Schulkinder und die Laien und Profis in der Choreographie einfach für mich so verstehe, wie ich es verstehen will.

Die Musik -ich habe keine Ahnung von Musik- erinnerte mich an Smetana, Programmmusik, nur nicht Moldau und Natur, sondern Maloche und urbanes Leben gewürzt mit Döblins „Berlin, Alexanderplatz“.

Am Anfang dachte ich noch darüber nach, ob das Ganze ein Kinderkram werden würde. Mitnichten.
Am Anfang dachte ich noch darüber nach, ob das Ganze ein Kinderkram werden würde. Mitnichten. Kindliche Naivität professionell choreographiert.

Als zu Beginn die Kinder den Theaterraum stürmten und die Flächen mit Kreide bemalten, war ich skeptisch. Dann bauten sie ihre kleinen Kaufläden auf, die Jugendlichen und Erwachsenen zeichneten ihre Bewegungen auf Druckpapier nach, umtanzten die Rollen leer oder beschrieben, kämpften, liebten, rasten und …

… die Musik und die Choreographie wuchsen zusammen und entwickelten eine mitreißende Dynamik.

Ja, es gab eine großartige Sängerin (Jocelyn B. Smith)  und einen unglaublichen  Sänger (David Moss), die auf Englisch eine kleine Geschichte entwickelten. Er – das Intro. Sie – den Schluss. Zwischendurch Stimmakrobatik.

Den Anfang habe ich behalten, nur sinngemäß:

Wenn du in der Stadt etwas beginnst, weißt du nicht, ob du es noch einmal schaffst. Wenn du in der Stadt nichts beginnst, wirst du nichts schaffen.

Ein großartiger Abend in der Kraftzentrale.

Um 23:15 war ich wieder im Dorf. Auf der B 42 konnte ich mit dem Nachdenken beginnen, zu Hause alles erzählen, und erst dann habe ich nachgelesen:

http://www.revierpassagen.de/27046/metropolensound-triennale-zeigt-surrogate-cities-als-choreographie-fuer-das-ruhrgebiet/20140922_1710

http://www.ruhrtriennale.de/de/programm/produktionen/heiner-goebbels-mathilde-monnier-surrogate-cities-ruhr/

Fast vergessen habe ich, dass die Zuschauerränge schließlich proppenvoll waren.