Einwurf: Chance in der Altenpflege vertan?

Joachim Blei, für DIE LINKE im Kreistag HSK (foto: die linke)

Bei den Ausbildungen im dualen System ist durchweg kein Hauptschulabschluss erforderlich. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Berufsschule wird dieser dann automatisch erteilt.

(Gastbeitrag von Joachim Blei, DIE LINKE im Kreistag des HSK)

In der Ausbildungs- und Prüfungssordnung jedoch, welche die Zugangsberechtigung zu der nur 1-jährigen Berufsausbildung in der Altenpflegehilfe als Landesgesetz in NRW regelt, ist der Hauptschulabschluss zwingend festgeschrieben.

Zunächst werden dadurch per se und de facto so gut wie alle ehemaligen Förderschüler/-innen und Hauptschüler/-innen ohne Abschluss von der Ausbildung ausgegrenzt, obgleich ein allgemeinbildender Abschluss nur sehr wenig über die Eignung für einen Pflegeberuf aussagt. Die einjährige Ausbildung zum/zur Pflegehelfer/-in ist zudem sicher nicht so anspruchsvoll, dass diese Jugendlichen sie nicht bewältigen könnten.

Es ist jedoch auch die Möglichkeit für Modellprojekte nach Ministerialerlass gegeben, z. B. auf den HSA versuchsweise zu verzichten. Es könnten für einen Modellversuch mit Hilfe der Schulen und der Arbeitsagentur geeignete und gewillte abgehende Schüler/-innen ausgefiltert werden, die dann an so einem Projekt teilnehmen.

Wünschenswert ist auf jeden Fall, dass möglichst nur voll ausgebildete Helfer/-innen in die Pflege kommen.

Da es sich ja um eine anerkannte Berufsausbildung handelt, würde das Erreichen des Abschlusses dieser für die bisher benachteiligten Jugendlichen auch eine große persönliche Errungenschaft bedeuten, die deren sicher nicht gerade großes Selbstwertgefühl sehr stärken würde.

Eine Win-Win-Situation also zum Wohle der zu pflegenden alten und kranken Menschen und für eine berufliche Perspektive und ein selbst bestimmtes Leben der ansonsten von diesem Beruf ausgeschlossenen Schulabgänger!

Es kommen aber natürlich auch reifere Menschen ohne Hauptschulabschluss für diesen Weg der Ausbildung in Betracht, die, z. B. nach Erziehungszeiten, diesen Beruf erlernen und dann in ihm tätig sein möchten.

Ich persönlich verfolge das Ziel „Modellprojekt“ schon seit 2009, leider bisher ohne Erfolg.

Es muss also Druck auf die Regierung in NRW ausgeübt werden, damit das – wieder zusammengelegte – Arbeits-und Gesundheitsministium unter Herrn Laumann endlich einem Modellprojekt zustimmt.

Fakt ist leider auch, dass in der gegenwärtigen Situation auf dem Arbeitsmarkt wirklich Jede/-r in den Heimen als Pflegehelfer/-in, und zwar ohne jede Qualifikation, eingestellt wird. Es findet nur „learning by doing“ statt! Ich rede hier von Menschen, nicht von Vieh!

Es ist geradezu ein Wunder, dass das so oft gut geht! Ich warte eigentlich auf einen richtig schweren Unfall, der das der Gesellschaft drastisch vor Augen führt!

Ich finde, es lohnt sich darüber nachzudenken.

Für einen weitergehenden Austausch stehe ich den Leser-n und /-innen daher gern zur Verfügung.

Joachim Blei im August 2019

IT.NRW: Mehr Schulabgänger in NRW 2014 ohne Hauptschulabschluss

Schüler ohne Abschluss in Winterberg. (screenshot)
Schüler ohne Abschluss in Winterberg [1]. (screenshot)
Düsseldorf (IT.NRW). Im Sommer 2014 gingen in Nordrhein Westfalen 11 695 Schülerinnen und Schüler ohne Hauptschulabschluss von einer allgemeinbildenden Schule ab. Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als statistisches Landesamt mitteilt, waren das 4,5 Prozent mehr als 2013 (11 190).

Der Anteil der Schüler ohne Hauptschulabschluss an allen Schulabgängern stieg 2014 auf 5,5 Prozent; wesentlich bedingt durch die infolge des doppelten Abiturjahrgangs im Jahr 2013 höhere Abgängerzahl war der Anteil im Vorjahr geringer (4,4 Prozent).

6,5 Prozent der männlichen und 4,6 Prozent der weiblichen Abgänger gingen im Sommer 2014 ohne Hauptschulabschluss von der Schule ab.

Geschlecht Schulabgänger von allgemeinbildenden Schulen in NRW
insgesamt darunter Abgänger ohne Hauptschulabschluss
zusam-
men
davon
mit Abschluss im
sonderpädagogischen
Förderschwerpunkt
ohne
jeglichen
Abschluss
Lernen geistige
Entwicklung
Sommer 2013
  Mädchen 129 483 4 557 1 702 663 2 192
  Jungen 125 766 6 633 2 512 916 3 205
Zusammen 255 249 11 190 4 214 1 579 5 397
Sommer 2014
  Mädchen 104 559 4 770 1 752 744 2 274
  Jungen 106 524 6 925 2 606 1 116 3 203
Zusammen 211 083 11 695 4 358 1 860 5 477

Mehr als die Hälfte (6 218) der 11 695 Abgänger ohne Hauptschulabschluss erreichte 2014 einen Abschluss an Förderschulen; dort kann je nach Förderschwerpunkt kein Hauptschulabschluss erworben werden. 1 860 dieser Jugendlichen erzielten hier einen Abschluss im sonderpädagogischen Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ und 4 358 im Förderschwerpunkt „Lernen“.

Im Sommer 2014 verließen 5 477 junge Menschen die Schule ohne jeglichen Abschluss, das waren 2,6 Prozent (2013: 2,1 Prozent) aller Schulabgänger.

Ergebnisse für Gemeinden, Städte und Kreise finden Sie hier.

[1] Die Zahlen für Winterberg sind sehr übersichtlich und entsprechen dem NRW-Durchschnitt:

Im Jahr 2013 erhielten von 280 Schulabgänger*innen 5 Jungen und 5 Mädchen, also insgesamt 10 Schüler*innen (3,6%),  keinen Hauptschulabschluss. Ohne jeglichen Abschluss blieben vier Jugendliche.

Im Jahr 2014 erhielten von 218 Schulabgänger*innen 7 Jungen (6,7%) und 5 Mädchen (4,4%), also insgesamt 12 Schüler*innen (5,5%), keinen Hauptschulabschluss. Ohne jeglichen Abschluss blieben vier Jugendliche.