California here I come: Reisebericht Teil VII – Death Valley Part Two

Unser Autor berichtet von seiner Fahrt durch Kalifornien. Heute geht es weiter durchs Death Valley, das Tal des Todes, wie immer mit vielen Gedanken, die übrigens jedem Enthusiasten in den Weiten des US-amerikanischen Westens einfach zufliegen. Die zahlreichen Fotos im heutigen Bericht sind der einzigartigen Landschaft geschuldet.

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Blick in das nördliche Death Valley (fotos: weber)

Das Leben ist ein Kreis. Von wo immer aus man startet, doch zieht es einen wie einen Verbrecher wieder an den ursprünglichen Tatort zurück. Im Tal des langgestreckten, nach Süden hin versinkenden Death Valley, das abschüssig und in sich zum Horizont wie eine schiefe Ebene gedreht ist, befindet sich eine Oase, in der sich salzresistente Süßwasserfische finden sollen. Sobald das Death Valley von Regen heimgesucht wird, was natürlich selten der Fall ist, überschwemmen von einem nördlich des Tals verlaufenen Fluss periodische Lachen auch das Death Valley, sodass diese besagten Fische einwandern können, die es hier sogar in der sommerlichen Bratpfanne, in die sich das Tal verwandelt, aushalten können. Dem geübten Biologenblick erschließen sich laut Hinweisschildern zig Faunaarten, die sich hier spezialisierten und adinierten.

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Das südliche Death Valley

Jenseits des Salzsees, der bei Bad Water 88m unter NN hinabfällt, was in der westlichen Hemisphäre der tiefste Punkt sein soll, wie Schilder dort stolz verkünden, befindet sich am südlich erschlossenen Rand des Tals die Durchfahrt durch den Kessel, der am berühmten Zabriskie Point vorbeiführt, der zum Spielort des mythischen Ziels eines gleichnamigen Road Movies der 1960er Jahre wurde. Eine verwunschene Landschaft mit den dunkelgelb bis ockerfarbenen Sandsteinhügeln tut sich auf, die einer Grattage Max Ernsts gleichkommen.

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Das südliche Death Valley

Ein letzter Blick ins Tal gewährt Dante’s View. Auch dieser Aussichtspunkt beweist ein ums andre Mal, wie begeistert im Grunde genommen die Namensgeber fürs Diabolische waren. Die Geier fehlten am Zabriskie Point. Das Unheimliche des Orts hat sich jedoch für uns Autoreisende ins Seltsame verkehrt, weil wir die Natur im Durchmessen des Raums beherrschen und das Klima des Tals für uns keine Gefahr mehr darstellt, wie für den Trapper vergangener Zeiten, der sich ins Tal verirrt hat, um dort an Hitzeschlag zu sterben, da im Innern im Sommer Temperaturen bis zu 54 Grad Celsius gemessen wurden.

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Blick auf die Death Valley Bergkette von Dante’s View

Nun man nach Westen dem weißen Mittelstreifen folgt, erscheint am Horizont der Ebene ein monumentaler Bergrücken, abgeschnitten von den rings umgebenden schokoladenbraunen Kordilleren, der in der Weite der abfallenden Ebene unverrückt im Raum wie eine riesige Raupe zu schweben scheint und sich stetig vergrößert, auch weil man genau drauf zurollt.

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Die „Raupe“ im östlichen Nachbartal des Death Valley

Anscheinend hat ein surrealistischer Künstler hier im Nirwana sein Ready Made abgestellt, um den Raumsinn zu kitzeln. Dahinter springen irgendwo weiße Kordilleren zur Untermalung des heroischen Gesamteindrucks in die Höhe.

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Blick von Ost nach West über das Death Valley auf die Sierra Nevada (im Hintergrund)

California here I come: Reisebericht Teil VI – Death Valley Part One

Unser Autor berichtet von seiner Fahrt durch Kalifornien. Heute geht es durchs Death Valley, das Tal des Todes, wie immer mit vielen Gedanken, die übrigens jedem Enthusiasten in den Weiten des US-amerikanischen Westens einfach zufliegen. Tipp: selber ausprobieren.
Blick auf die Bergkette im Westen. Dahinter beginnt das Death Valley. (fotos: weber)
Blick auf die Bergkette im Westen. Dahinter beginnt das Death Valley (fotos: weber)

Hinter Low Pine biegt die Straße quer zum Längstal ab und zielt in der Diagonalen südlich, wo die Hügel einen Einschnitt setzen, der den Zugang zum Nachbartal des Death Valley eröffnet. Death Valley ist eines von vielen Tälern, die im südlichen Kalifornien der Sant Andreas-Graben gerissen und zusammen- und hochgestaucht hat, aber es steht mit seinem mystischen Namen für die grandiose Landschaft, die sich einem bereits bei der Einfahrt von Norden her anbietet.

Beim Durchqueren des Nachbartals passiert man eine endlos erscheinende, schnurstracks auf die Westflanke des Death Valley zulaufende Straße, die tiefer und tiefer von der Passhöhe hinabrollt, bis auf dem Grund dieses Tals auch ein Wüstenstreifen zu durchqueren ist. Sobald man die Westflanke mit spektakulären Serpentinen erklommen hat, kann man von oben weit in den Westen schauen und die weiße Sierra Nevada mächtig aufragen sehen. Im Osten erheben sich ebensolche Drei- bis Viertausender weiß am Horizont. Der Kontrast von weiß zum Schokoladenbraun der Berge umher nimmt sich interessant aus, zumal wenn die Weite des Death Valley nach Norden sich entspannt, nachdem die Schussfahrt zum Talboden begonnen hat. Die Einfahrt ins Tal gibt atemberaubende Aussichten preis und ist die Reise sicherlich wert; ständig möchte man aussteigen, um noch und noch ein Foto zu schießen.

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Das Nachbartal des Death Valley

Im Nachbartal des Death Valley
Weit geschwungen treten die das Tal flankierenden Berge zurück und man ahnt, wie verheerend es gewesen sein muss hier mit letzten Kräften und ohne Wasser unterwegs gewesen zu sein. Im Winter stieg die Temperatur im Tal auf 20 Grad an; im Sommer soll es eine schmorende Hölle sein.

Einfahrt vom westlichen Pass ins nördliche Death Valley
Auf halbem Weg bei der Umrundung der nach Norden hin vorgelagerten Felsnasen kann man bei Sanddünen stoppen, in denen auch eine Szene des „Doors“-Film von Oliver Stone (1992) spielt. Tatsächlich wirkt die Szenerie bizarr und unwirklich, wenn man in den Dünen herumkrabbelt, als sei man bei Bordeaux auf einer kleineren Dune du Pilar an der französischen Atlantikküste, während der Ausblick ins Tal fantastisch ist: braune Bergrücken, weiß gepuderte Kordilleren an den Spitzen. Von einem Schau-Ins-Land, dem Aussichtspunkt San Antonio, kann man den herben Charme dieser seltsamen, dieser entrückt anmutenden Landschaft wohl am besten genießen: Vor einem springt das Tal in die Tiefe, dahinter weitet es sich bis zur Ferne der Berge des Talkessels, darüber steigen im zweiten oder dritten Paralleltal die weißen Ketten anderer Bergmassive und beiseite zieht sich die Nord-Süd-Achse des Death Valley mit den paar aus der Kargheit des Raumgebildes hervorstechenden, unterscheidbaren, dann eben auch touristischen Anlaufpunkten.

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Die Dünen im nördlichen Death Valley

Die Dünen im nördlichen Death Valley
Es ist ein der Zivilisation enthobener Ort, damit tendenziell mystisch und spukig, wovon die religiöse, protestantische Namensgebung für bestimmte Anlaufpunkte im Tal zeugt und welche Aura ihm dann die Popkultur der Hippies gegeben hat. So liegt etwa neben den Dünen das so getaufte „Devil’s Cornfield“, wohl wegen der seltsamen Kakteen, die mitten im salzigen Wüstenboden wachsen. Death Valley ist und bleibt eine Erfahrung des Fremden, deren Stachel allerdings zu brechen droht, indem die popkulturelle Auratisierung und der Massentourismus sie allzu leicht komensurabel zum Massenkonsum zurichtet – in den USA muss alles konsumierbar sein, sonst ist es wertlos. – Und nur breite und weite Täler ohne Glanz? Die gibt es in ganz anderen Raum-, v.a. Höhendimensionen in Südamerika in sagenhafter Hülle und Fülle, nämlich bei La Paz im 250 km breiten Hochgebirge der Anden. Die aber sind von den Bilderwelten des Kinos bisher noch unberührt geblieben.

Death Valley vom Ausgangspunkt San Antonio
Death Valley vom Ausgangspunkt San Antonio

California here I come: Reisebericht Teil V – vom Mammoth Lake zur Sierra Nevada nach Low Pine und zum Death Valley.

Unser Autor berichtet von seiner Fahrt durch Kalifornien. Seine Betrachtungen veröffentlichen wir hier. Heute geht es durch die Sierra Nevada, wie immer mit vielen Gedanken, die übrigens jedem Enthusiasten in den Weiten des US-amerikanischen Westens einfach zufliegen. Tipp: selber ausprobieren.

Wintermärchen am Lake Mary. (fotos: weber)
Wintermärchen am Lake Mary. (fotos: weber)

Endlich am Mammoth Lake
Spät nachts kam ich endlich in Mammoth Lake an. Mammoth Lake ist der Inbegriff des Skigebiets in der östlichen Sierra Nevada und besticht durch Aussichten wie aus dem Prospekt: Graue Bergketten, die unterm Schnee versinken; die Loipen führen um vereiste Gletscherseen wie die Twin Lakes oder Lake Mary herum unter schattigen, vor Eisstarre knisternden Nadelhölzern. Vom azurblauen Himmel scheint eine milde Wintersonne vor Senkrecht aufragenden Feldwänden und felsigen Kuppen und Graten. Wahrlich eine Winteridylle, die sich einem hier auftut, wenngleich der Ort touristisch überlaufen erscheint.

Schau-Ins-Land bei Mammoth Lake
Schau-Ins-Land bei Mammoth Lake

McCarthy und die deutsche Immigration
Jeder Besucher aus den großen Städten der Ostküste versicherte mir, nur weg zu wollen von den Massen, die hier um den Lift, dort vorm Bus anständen. Der Tourist mag seinesgleichen wohl nirgends. Einer aus Boston meinte, als das Thema auf die deutschen Exilierten während des Hitlerismus fiel, für sie US-Amerikaner wären eh nur Nazis gekommen. Daraufhin meinte ich, dass vor allem Sozialdemokraten in die USA exiliert seien, da der McCarthy-Ausschuss für „unamerikanische Umtriebe“ die Kommunisten abgeschreckt oder so schikaniert hätte, dass sie lieber freiwillig nach Mexiko unter dem liberalen PRI-Präsidenten Cardenal Carranza geflohen wären. Ein beistehender Snowboarder aus San Diego meinte kleinlaut und zerknirscht, sodass man sich selbst schlecht fühlte, man lebe halt im „Cultureless West“. Der Bostoner baute seinen Landsmann auf: Na ja, man wolle nicht streiten, in Boston gäbe es alles, viele Museen, an der Ostküste gäbe es alles.

Blick in die Ferne über Mammoth Lake auf die Sierra Nevada
Blick in die Ferne über Mammoth Lake auf die Sierra Nevada

Die Landschaft – bizarr und mächtig
Die Weiterfahrt entlang der Sierra Nevada entblättert die ganze Naturschönheit der Landschaft, die durch ihre Bizarrerie bezaubert, durch die sie den Blick verfremdet und dadurch fasziniert. Seltsam ist die Anmutung eher als überwältigend, was in Südamerika wegen der aufschießenden Höhe und ausrollenden Breite der Berge der Fall ist. Eher schlägt eine Mischung aus Menschenfremdheit und Erhabenheit in den Bann als eine rauhe, schroffe und rohe Natur anderer, gewaltigerer Bergwelten Südamerikas. Bizarr, auch ‚mal mächtig, wirkt die Landschaft und wo die Berge an Höhe gewinnen durchaus auch prächtig, aber mit Maßen. Verschwendet hat sich die Natur hier vor allem in die Weite der Täler und ausschwingenden Abhänge der Anhöhen.

Unterwegs zur Sierra Nevada
Unterwegs zur Sierra Nevada

Ungleichzeitigkeiten: Schnee und Wüste
Während die schokoladenbrauen Hügelspitzen linker Hand verpudert eingeschneit waren und die Sierra Nevada auf der andern Seite des Tals weiß erstrahlte, schoss die Landstraße hinab in die schief zwischen Himmel und Erde sich windende Senke, in der die Temperaturen unwirklich frühlingshaft anstiegen. Nach einer dreiviertel Stunde Fahrt wechselte man von einem Klima von 3 bis 4 Meter hohem Schnee zur Wüstenlandschaft an einem lauen Sommertag. Die Täler östlich der Sierra Nevada gehen unglaublich in die Breite, wobei der bezaubernde Anblick der Berge stets mit ihrer Wildheit lockt. Hier gehen Kinderträume, gespeist von den seligen Stunden der Lektüre Karl Mays, in Erfüllung. Man meint am Horizont hoch oben in den Bergen John Wayne, Erol Flynn, Geary Cooper, James Steward, Kirk Douglas oder Clint Eastwood reiten zu sehen und hört die Filmmelodien für Millionen, jene berauschenden, anschwellenden Akkorde mit Obertönen aus zig Western, die gleich einem Wellengang branden, just dann, wann die Bergszenerien und Landschaftspanoramen eingeblendet werden.

weiterhin unterwegs zur Sierra Nevada
weiterhin unterwegs zur Sierra Nevada

Hier nächtigten John Wayne und Erol Flynn
Nach einer gemächlichen Fahrt immer ‚gen Süden kommt der Reitende, pardon Reisende, irgendwann nach Low Pine, einem in den Fassaden der Hauptstraße nachempfundenden Westernnest, in dessen Grand Hotel eben John Wayne und Erol Flynn in den 1950er Jahren zu Drehs in den Bergen nächtigten. Nun große Teile der Filmindustrie des Konkurrenzkampfs wegen aus New York nach Los Angeles seit 30 Jahren übergesiedelt waren, zog es die Kamerateams zur hohen Zeit des Westerns in die nahen Berge, wo die Stars ihre Triumphe in den 1950er und 60er Jahren feierten. In Low Pine schmeckt das ortsübliche Steak saftig, das Bier ist kühl und herb, das Frühstück ist deftig und hält bis zum Abend vor – und Revolverhelden habe ich keine gesehen.

Die Sierra Nevada bei Low Pine
Die Sierra Nevada bei Low Pine

Mt. Whitney – 4421 Meter über NN
Die Bergkulisse um Low Pine bietet wohl auch den höchsten Berg in den kontinental-zusammenhängenden USA (außer Alaska), den Mt. Whitney, der sich aber aus dem Talgrund wohl nur 1828m erhebt, weshalb er die Bergkette um Low Pine kaum überragt, obwohl er über NN 4421m aufsteigt. Überhaupt ist die Landschaft mehr durch ihre behäbige Breite als Höhe charakterisiert, wie ja insgesamt der nordamerikanische Kontinent sehr in der Erstreckunng auseinandergeht.

Sierra Nevada (im Hintergrund) vom Death Valley aus gesehen.
Sierra Nevada (im Hintergrund) vom Death Valley aus gesehen.