Radtour im Dezember – Zwischenstopp Veramed-Klinik

Aus dem Radcomputer herauskopiert. Das A ist unter dem B verborgen. (screenshot: zoom)

Eigentlich wollte ich den heutigen Tag ganz gemütlich angehen, aber als morgens die Sonne schien und die Temperaturen auf 7°C kletterten, habe ich das Fahrrad aus dem Keller geschoben, die Kette geölt und den Reifen vier Bar gegönnt.

Die Touren im Hochsauerland entwickeln sich meist von Abzweigung zu Abzweigung. Das Ergebnis ist die blaue Linie auf dem Screenshot oben.

Auf der Höhe kurz hinter Einhaus. Hinten geht es nach Remblinghausen hinunter. (foto: zoom)

Der Start ‚A‘ ist identisch mit dem Ende ‚B‘ und wird von diesem verdeckt. In Bestwig habe ich mich in den Zug nach Siedlinghausen gesetzt, denn wofür habe ich das Deutschlandticket? Während ich sonst nie Probleme hatte mit dem DB-Navigator eine Fahrradtageskarte zu buchen, bin ich heute gescheitert. Der Lokführer hat es auch nicht hinbekommen, der Schaffner abgewunken. Keine Ahnung, was seit den letzten Updates passsiert ist. Die Navigation in der App erscheint mir reichlich wirr. Ende Oktober war es mir noch gelungen, ein „FahrradT24“-Tagesticket auszuwählen, jetzt finde ich es nicht mehr. Genug gejammert.

Kurz angehalten und den Blick über Remblinghausen festgehalten. (foto: zoom)

Von Remblinghausen kann man eine kleine Schleife über Beringhausen fahren. Dort herrscht kaum Verkehr und es ist idyllischer als der kurze Weg neben der Hauptstraße nach Meschede.

Schon seit Jahren (!) hatte ich vor, in Beringhausen zur alten Veramed-Klinik hoch zu radeln. Wenn nicht heute, wann dann? Noch ein paar Jahre warten?

Diese Laube stammt wahrscheinlich noch aus den Zeiten der alten „Heilklinik“. (foto: zoom)

Vor mehr als zwei Jahrzehnten war ich zum ersten und bislang einzigen Mal an der Klinik gewesen. Damals war es eine Krebsklinik hoch oben im Wald, heute ist es eine Ruine – Betreten verboten. Nach der Insolvenz flatterten die Patient*innenakten ungeschützt im Klinikgebäude herum, während Urbexe das faszinierende Innenleben des Klinikgebäudes fotografierten. Wenn man in die Suchleiste des Blogs „Veramed“ eingibt, müssten noch einige Artikel aus der damaligen Zeit zu finden sein.

Die alte Veramed-Klinik – heute eine Ruine (foto: zoom)

Den Klinik-Besuch konnte ich heute endlich abhaken und ein Foto (s.o.) aufnehmen. Auf dem Rückweg ist mir die Bushaltestelle aufgefallen. Station: Heilstätte. Wenn ich diesen Begriff lese, muss ich unmittelbar an den Tod denken.

Beim Begriff „Heilstätte“ habe ich stets ein unwohles Gefühl. (foto: zoom)

Der Rest der Tour war die übliche Routine: Herhagen, Meschede, Velmede, Bestwig. Mit dem Zug bis Siedlinghausen. Vom Bahnhof die letzten zwei Kilometer nach Haus und zack waren 48 Kilometer zusammen. Trotz Pedelec fühle ich mich erschöpft und müde und freue mich auf das Buch von Patti Smith.

Kommentar: Können Patientenakten zu Waisen werden? Veramed Klinik Meschede – Posse oder Skandal?

Vorbemerkung: Als ich gerade auf die Kommentare unter dem Artikel „Die verlassene Veramed-Klinik in Meschede und die vermissten Patienten-Akten. Die Geschichte geht weiter …“ antwortete, wurden meine eigenen Einlassungen immer länger. Ich poste sie deswegen hier als Blogartikel:

Bei allem Hin und Her um die Besitzverhältnisse kann ich persönlich mit meinem schlichten Verstand nicht begreifen, warum derartige Akten nicht sofort gesichtert werden, unabhängig von irgendwelchen Insolvenzverläufen.

So wie ich es verstehe, handelt es sich bei den Patientenakten der ehemaligen Veramed Klinik um hochsensibles Datenmaterial. Allen Verantwortlichen war seit langem bekannt, dass dieses Material ungesichert in einem verlassenen Gebäude eingesehen werden konnte und kann.

Gibt es überhaupt Verantwortliche oder müssen wir die Krankenakten als Waisen betrachten?

Kleines Gedankenspiel: in den USA hätte eine Sammelklage mit erheblichen finanziellen Konsequenzen schnell zur Klarheit geführt bzw. die Verantwortlichen wären sich dieser drohenden Möglichkeit bewusst gewesen.

Hier in Deutschland scheint niemand verantwortlich – es ist ein Trauerspiel, vielleicht eine Posse, vielleicht ein Skandal. Wir werden sehen.

Die Türen, die jetzt in der alten Klinik eingebaut werden, sind Alibi-Installationen, die das Problem nicht lösen, sondern nach außen dokumentieren sollen, dass „man sich kümmere“.

Weiteres Gedankenspiel: angenommen, das Winterberger Krankenhaus gehe Pleite, was passierte dann mit den Akten?

Kleine Rechercheaufgabe: in Bad Fredeburg ist eine Klinik pleite. Was passiert dort mit den Akten.

Kleine Anekdote am Rande: in einer mir bekannten Stadt ist ein mir bekannter Arzt Pleite gegangen. Patienten benötigen für ihre Versicherung/Rente/etc. ihre Akten. Die sind weg.

Können in Deutschland Krankenakten heimatlos werden?

Können in Deutschland Patientinnen und Patienten nicht darauf vertrauen, dass ihre Krankendaten geschützt sind?

Können in Deutschland Patientinnen und Patienten nicht darauf vertrauen, dass jemand für ihre Patientendaten verantwortlich ist?

Ich befürchte, dass dieser „Urban Explorer“ Recht haben könnte:

„Ich war in einigen Kliniken in letzter Zeit – überall liegen die Patientenakten rum – ich kenne Keine wo es nicht so ist, selbst die Personalakten mit Fotos fliegen überall rum – wer soll das denn auch wegräumen? Wenn jetzt Einer geschrieben hätte „hey ich war in ner Klinik und da lagen KEINE Akten rum“ – das wäre mal was Neues“

Die verlassene Veramed-Klinik in Meschede und die vermissten Patienten-Akten. Die Geschichte geht weiter …

Der obige Film ist Teil einer achtteiligen Serie auf YouTube. Wir verlinken ihn hier, damit sich der Leser ein Bild davon machen kann, wie leicht in den letzten Jahren der Zugang zur ehemaligen Veramed Klinik gewesen sein muss.

Insbesondere im zweiten Teil sind offen gelagerte Akten zu erkennen. Verlassene Gebäude, wie hier die Veramed-Klinik, werden gern von den sogenannten „Urban Explorern“ (kurz: Urbexen) aufgesucht.

(Der Artikel ist heute zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste (SBL) erschienen.)

Als vor fast 25 Jahren aus dem ehemaligen Knappschaftskrankenhaus in Meschede-Beringhausen die Veramed-Klinik wurde, hat sich bestimmt niemand vorstellen können, dass das schöne, idyllisch am Waldrand gelegene Gebäude irgendwann als „Gespensterhaus“ eine zweifelhafte Karriere macht.

Auch hätte wohl kein Mensch geglaubt, dass ehemalige Patientinnen und Patienten des früheren Fachkrankenhauses für Krebsnachsorge bzw. deren Kinder und Verwandte genötigt sind nach ihren eigenen Patienten-Akten oder denen ihrer Angehörigen zu suchen. Doch wer ist der richtige Ansprechpartner? Das Rätsel muss erst einmal gelöst werden.

Was ist geschehen? „Die verlassene Veramed-Klinik in Meschede und die vermissten Patienten-Akten. Die Geschichte geht weiter …“ weiterlesen

Meschede: Vergessene Patienten-Akten in der ehemaligen Veramed-Klinik.

Ehemalige Veramed Klinik in Beringhausen (foto: S. Didam, wikimededia)
Ehemalige Veramed Klinik in Beringhausen (foto: S. Didam, wikimedia *)

Es soll ja Leute geben, die liebend gern in Behörden-Texten schmökern.

Darum biete ich heute endlich mal wieder einen an, und zwar in voller Länge.  Es handelt sich um die Antwort auf die Anfrage der Sauerländer Bürgerliste zur Aufbewahrung und dem Verbleib der Patienten-Akten in der ehemaligen Veramed-Klinik in Meschede-Beringhausen:

Sachstandsbericht über die Aufbewahrung und den Verbleib der Patienten-Akten in dem Gebäude der ehemaligen Veramed-Klinik in Meschede – Beringhausen

Ihre Anfrage gemäß § 11 der Geschäftsordnung des Kreistags vom 11.01.2011

Sehr geehrter Herr Loos,

zu Ihrer o. g. Anfrage nehme ich hiermit wie folgt Stellung:

Vorbemerkung

Die E & V Fachkrankenhäuser GmbH ist Träger der Veramed-Klinik, Beringhausen 1, 59872 Meschede. Am 01.08.2008 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, der operative Geschäftsbetrieb ging zunächst weiter und wurde am 01.09.2009 nach Verlegung sämtlicher Patienten in andere Einrichtungen endgültig eingestellt. Die von mir erteilte Konzessionsurkunde nach § 30 Gewerbeordnung zum Betrieb einer Privatkrankenanstalt wurde anschließend an mich zurückgegeben.

Das Insolvenzverfahren läuft derzeit immer noch. Mit Schließung der Klinik und Rückgabe der Konzessionsurkunde an mich endete jede konzessions- und krankenhausrechtliche aufsichtsbehördliche Zuständigkeit des Gesundheitsamtes. Dieses gilt insbesondere für die Patientenakten, die selbst bei laufendem Geschäftsbetrieb ohnehin nicht Gegenstand der behördlichen Überwachung durch das Gesundheitsamt sind (vgl. Antwort auf Frage 1).

Frage 1 – Wer trägt die Verantwortung für die ordnungsgemäße und sichere Aufbewahrung der Patienten-Akten und der Röntgenbilder etc., die noch in der ehemaligen Veramed-Klinik lagern?

Ärztliche Behandlungsmaßnahmen sind zu dokumentieren. Diese Dokumentationspflicht wird als komplexe Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag und als Beleg des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient definiert und betrifft insofern nur das zivilrechtliche Innenverhältnis zwischen Arzt/Einrichtung und dem Patienten. Darüber hinaus sind Ärzte und Einrichtungen auf der Grundlage des ärztlichen des Standes- und Berufsrechts verpflichtet, Patientenakten zu führen und aufzubewahren. Das Gesundheitsamt besitzt insofern grundsätzlich keine hoheitliche ordnungsbehördliche Zuständigkeit.

Zuständig für die Aufbewahrung und Verbleib der Patientenakten ist ausschließlich deren Eigentümer (Arzt bei freiberuflicher Tätigkeit und der Träger der jeweiligen Einrichtung bei von ihr beschäftigten Ärzten).

Im Fall der Veramed-Klinik ist derzeit der Insolvenzverwalter zuständig für die ordnungsgemäße Aufbewahrung der Patientenakten.

Frage 2 – Wer ist für die Sicherung des Gebäudes zuständig?

Zuständig für die Sicherung des Gebäudes ist der Grundstücks- und Gebäudeeigentümer, in diesem Fall die Veramed-Klinik-Betriebsgesellschaft, Beringhausen 1, 59872 Meschede.

Frage 3 – Welche Sicherungsmaßnahmen wurden und werden seit Schließung der Klinik durchgeführt?

Nach Erkenntnissen des Gesundheitsamtes ist das Klinikgebäude von dessen Eigentümer nach Schließung der Klinik so verschlossen worden, dass ein freier Zugang von unbefugten Personen nicht möglich ist. Nähere Erkenntnisse liegen mir nicht vor. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir den Hinweis, dass sämtliche Personen, die im Fernsehen oder in Internetforen von einer Begehung der Klinik und den Patientenakten berichten, dort selbst zugeben, sich den Zutritt zum Gebäude in illegaler Weise und unter Verletzung von Rechtsvorschriften verschafft zu haben.

Frage 4 – Wird das Gebäude ganz oder teilweise genutzt? Falls ja, wer nutzt es?

Nach meinen Erkenntnissen wird das Gebäude derzeit nicht genutzt.

Frage 5 – Sind weitere Vorfälle aus dem Gebäude der ehemaligen Veramedklinik –außer denjenigen, über die der WDR berichtet hat – bekannt, durch die Datenschutzbelange berührt werden?

Nach eigenen Recherchen ist die Veramed-Klinik in das Visier der Betreiber und Nutzer eines Internetportals geraten. Nutzer dieser Homepage spionieren Bunker und sonstige leerstehende Gebäude der Industriekultur aus, fertigen Fotos, stellen diese in das Internetportal ein und diskutieren in einem Forum über ihre Aktivitäten.

Ein Thread beschäftigt sich mit der Veramed-Klinik Meschede, in dem mehrere Nutzer von ihren Aktivitäten berichten: Die Klinik sei gut gesichert und mit legalen Mitteln nicht zu betreten. Ein Nutzer gibt zu, unbefugt in die Räume der Klinik eingedrungen zu sein, da er „aufgrund seiner Ausbildung über Möglichkeiten verfügt, sich Zugang zu einem Gebäude zu verschaffen, ohne etwas zu beschädigen“.

Da hier der Verdacht einer Straftat besteht, habe ich bei der Staatsanwaltschaft Arnsberg Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachtes auf Hausfriedensbruch gestellt. Darüber hinaus habe ich dem Datenschutzbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen einen Bericht erstattet.

Mit freundlichen Grüßen
gez.
Dr. Schneider

* Das Bild von Stefan Didam ist der Wikimedia Commons entnommen.