Fragmentarische Überlegungen zur Bedeutung des Zinsverbots für den modernen Antisemitismus

WordleAntisemitismus(Der vorliegende Beitrag von Dr. Werner Jurga erweitert den gestern erschienenen Artikel „Auf schmalem Grat: Antisemitismus im Briloner Anzeiger?“ um einige allgemeine Erläuterungen, Überlegungen und Hinweise.)

Die Theokratie wollte den Siegeszug des Kapitalismus von Beginn an verhindern und ist mit ihm – bei aller Kumpanei – bis heute nicht so richtig warm geworden. Wäre es ihr gelungen, die Herausbildung eines Bankensystems zu verhindern, Kreditketten erst gar nicht entstehen zu lassen: der Kapitalismus hätte sich nicht herausbilden können. Eine moderne Welt wäre verhindert worden. Hätte, hätte, Fahrradkette? Ein theoretisches Hirngespinst?

In einem Sechstel der Welt sehen wir, dass dies tatsächlich so funktioniert. In der islamischen Welt. Das Zinsverbot „gilt“ – jedenfalls theologisch. Wie gesagt: es führte zu weit, dies im einzelnen zu analysieren. All die „Umgehungstatbestände“ und Sonderfälle. Die Türkei, ein so gut wie entwickeltes kapitalistisches Land – in dem westliche Konzerne sogar Autos bauen lassen. Die ölreichen Theokraten auf der arabischen Halbinsel. Das vorübergegangene Erblühen des Libanon.

Insgesamt kann aber gesagt werden, dass das in der islamischen Welt (irgendwie) existierende Zinsverbot zu einer umfassenden und verheerenden ökonomischen Entwicklungsblockade geführt hat und führt. Ein gigantisch großes sozialistisch-kommunistisches Staatensytem mit einem de-facto-Zinsverbot nach innen bricht trotz wenig zimperlicher polizeistaatlicher Führung zusammen, weil die wenig attraktive säkulare Herrschaftsideologie nicht die ökonomische Entwicklungsblockade zu legitimieren vermag. „Fragmentarische Überlegungen zur Bedeutung des Zinsverbots für den modernen Antisemitismus“ weiterlesen

Freut ihr euch schon auf den Winter? Auf der Hunau-Loipe fehlt nur noch der Schnee.

Hunauspur
Der Einstieg in die Hunau-Loipe am „Großen Bildchen“ (foto: zoom)
Freut ihr euch auch schon auf den Winter? Auf den ersten Schnee?

Bei mir hält sich die Vorfreude in Grenzen, da ich mit den Gedanken immer noch im Spätsommer festhänge. Heute habe ich beim Laufen auf der Hunau voller Erstaunen bemerkt, dass sich sogar schon der Herbst dem Ende zuneigt. Die Wegweiser für die Skilangläufer sind aufgestellt und die Temperaturen liegen bei 3° über Null.

Jetzt fehlt nur noch der Schnee, oder?

Auf schmalem Grat: Antisemitismus im Briloner Anzeiger?

lt_Schnellen20131008
Das Stichwort der Woche vom 9. Oktober 2013

In seinem „Stichwort der Woche“ hatte sich der Briloner Anzeiger vom 9. Oktober 2013 die „Bankenmoral“ vorgeknöpft.

(Ein Beitrag von Dr. Werner Jurga und zoom)

Vorweg: Norbert Schnellen, der Autor dieses Textes, ist ein Journalist, dessen Arbeit einen wertvollen Beitrag zur demokratischen Öffentlichkeit in Brilon darstellt. Das ist für ein Anzeigenblatt nicht selbstverständlich. Kapitalismuskritik im allgemeinen und insbesondere Kritik an der Rolle der Banken in der heutigen Zeit ist nicht nur zulässig, sondern dringend geboten. Schnellens „Stichwort“ zur „Bankenmoral“ ist jedoch ein Artikel voller innerer Widersprüche, der einen üblen Nachgeschmack hinterlässt.

Nun kommen in Norbert Schnellens Artikel Juden nicht einmal vor. Jedenfalls nicht direkt. Insofern lässt er sich nicht als „antisemitisch“ bezeichnen. Es ist ein im Grunde leicht verständlicher Text – für ein an alle Haushalte verteiltes Anzeigenblatt vermutlich recht „schwerer“ – Artikel, der gegen den Zins, das Zinssystem, „die Banken“ zu Felde zieht.

Allerdings: jedes Gezeter gegen den „Finanzkapitalismus“ ist im Kern judenfeindlich. Besonders unangenehm stößt im Anzeiger-“Stichwort“ auf, dass Schnellen – nach der Einleitung (moralisierend) – ausschließlich historisch und religiös argumentiert.

Erstens ist dies der Sumpf, auf dem die übelsten „Blüten“ gedeihen können. Und zweitens redlich Beleg dafür, dass Schnellen sich intensiv genug mit der Sache befasst hat, um zu wissen, dass das aus dem christlichen Zinsverbot erwachsene Berufsverbot für Christen dem Monopol der Juden in der Finanzbranche den Weg geebnet und damit die Massenbasis für jeglichen Antisemitismus bereitet hatte. „Auf schmalem Grat: Antisemitismus im Briloner Anzeiger?“ weiterlesen

PPP in Winterberg: Wahl zwischen Pest und Cholera?

Oversum
Weiterhin kein Duchblick beim Oversum in Winterberg (archiv: zoom)

Wolfram Wäscher hat eine “Reputationsseite”, sie nennt sich “Esplorado – Der Wahrheit verpflichtet!”. Die Website hat somit ein klar formuliertes Ziel, nämlich die Position von Herrn Wäscher in der Öffentlichkeit in einem guten Licht darzustellen.

Ein Autor namens Herr Franz gibt in seinen Artikeln vor, die Interessen der Winterberger Bürger zu vertreten. In Wahrheit vertritt er jedoch die Interessen von Herrn Wäscher.

Der Reiz von Esplorado liegt darin, dass die Stadt Winterberg und der Winterberger Rat schweigen. Nach der Bürgerversammlung im April war aus dem Rathaus zum Thema Oversum nichts Substanzielles mehr zu hören.

Dieses Informationsvakuum  füllt Herr Franz/ Wäscher mit der auszugsweisen Veröffentlichung von Verträgen sowie suggestiven Texten.

Herr Franz/ Wäscher zitiert nicht näher genannte Winterberger Bürger, denen er Empörung und Wut über den Winterberger Rat in den Mund legt. Empörung über die fehlerhafte Nutzung des Oversums und den Abriss der Stadthalle. Er entwirft ein drohendes Szenario von einem Schützenfest ohne Schützenhalle und vom Oversum als Bauruine.

Herr Franz und seine “Redakteure” sowie die ihm wohlgesonnenen Kommentatoren greifen Argumente auf, die schon lange in der Diskussion um das Oversum eine Rolle spielten (Hotel ohne Bad bzw. mit öffentlichem Bad ist nicht attraktiv; die Sanierung der alten Einrichtungen als Option; Imageschaden der Stadt durch Schließung des Bades etc.)

Dabei geht es Herrn Franz/ Wäscher nicht um die Interessen Winterbergs oder der Winterberger Bürger. Worum es ihm tatsächlich geht, schreibt er recht unverhüllt in den Texten, wie beispielsweise:

Es liegt daher im ureigensten Interesse der Verantwortlichen der Stadt, nun endlich alles dafür zu tun, um den Eintritt dieses denkbar schlimmsten Falls sicher zu verhindern. Eine vernünftige Lösung kann dabei nur aus einer der beiden folgenden Alternativen bestehen:

  • die Zahlung einer ausreichenden jährlichen Subvention zur Kostendeckung des Badbetriebes an die aquasphere – was unter dem Strich nach wie vor die wirtschaftlich günstigste Lösung für die Stadt wäre
  • oder eine schnelle einvernehmliche Entflechtung des OVERSUMS

Beschreitet die Stadt dagegen weiter den Rechtsweg, um den vorzeitigen Heimfall gerichtlich durchzusetzen, kann es nach Ansicht von Rechtsexperten noch mehrere Jahre dauern, bis das Hallenbad wieder eröffnen kann – wobei die Klage der Stadt im Hinblick auf die diesbezüglichen Bestimmungen im Erbbaurechtsvertrag auf sehr wackeligen Füßen steht.

Der “schlimmste Fall” wäre nach Franz/ Wäscher die Schließung des Oversums. Verhindern ließe sich dies durch “Zahlung…zur Kostendeckung des Bades” oder die „Entflechtung des Oversums“.

Was er damit meint, schreibt der sonst sehr weitschweifige Herr nicht.

Egal was Franz/Wäscher als Wahrheit verkauft, dem Geschäftsmann Wäscher geht es um unser Geld und das Geld zukünftiger Generationen. Um an dieses Geld zu kommen, soll anscheinend mit Hilfe der Website die Winterberger Bevölkerung gegen den Rat aufgewiegelt werden.

So heißt es

…abschließend ein warnender Zuruf „Vorsicht Herr Bürgermeister – im schlimmsten Fall droht Ihnen ein neues Claassen!

oder (hier wird ein nicht genannter “Winterberger Gesprächspartner” mit den Worten zitiert:)

Dass es vielen Winterbergern mittlerweile reicht und sie Werner Eickler bei der kommenden Bürgermeisterwahl deshalb mit dem Stimmzettel deutlich machen werden, dass auch die Geduld des Sauerländers ihre Grenzen hat!

Um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen, brüstet sich Esplorado mit „Insidern“:

Bei unserem „Winterberger Gesprächspartner” handelt es sich nicht nur um eine Person. Alle unsere Gesprächspartner sind oder waren Mitglieder der Schützengesellschaft 1825 e.V. Winterberg. Mindestens einer davon sogar in maßgeblicher Position.

Die Behauptung lässt sich nicht überprüfen.

Die Crux für uns Winterberger ist, dass wir anscheinend nur die Wahl zwischen Pest und Cholera haben:

Der Rat hat ein mieses Geschäft gemacht, wichtige Teile der städtischen Infrastruktur zerstört (und ist weiterhin munter dabei, siehe Bahnhof) und ist Verbindlichkeiten in unbekannter Höhe über einen sehr langen Zeitraum eingegangen. Keiner übernimmt Verantwortung und informiert die Bürger umfassend. Unbestätigten Gerüchten zufolge gibt es einen gewissen Unwillen bei einigen Ratsmitgliedern, erneut zu kandidieren. Wir glauben es gern.

Auf der anderen Seite versucht uns Herr Wäscher mit Hilfe von Herrn Franz vor seinen Karren zu spannen. Er kann die Informationssperre der Winterberger Politiker ausnutzen und für seine „Reputationsseite“ Aufmerksamkeit erlangen.

Wäscher nützt es, wenn durch die Berichte Druck auf den Winterberger Rat ausgeübt wird, damit hiesige Politiker zu Zugeständnissen bereit sind. Zugeständnisse, die in Euro und Cent gezahlt werden, die von den Steuerzahlern aufgebracht werden müssen und die den finanziellen und politischen Handlungsspielraum in dieser Stadt auf Jahrzehnte begrenzen werden.

„Esplorado – Der Wahrheit verpflichtet!“ will weder informieren noch diskutieren. Ziel der Website ist die gezielte Manipulation zugunsten von Herrn Wäscher.

Umleitung: vom Recht für Blogger bis zum Kleinkunstschnitzeldinner …

Blitzmarathon? Kein Problem! (foto: zoom)
Blitzmarathon? Kein Problem! (foto: zoom)

Recht für Blogger: Darf ich fremde Bilder verwenden? … redaktionsblog

Massenmediale Wirkung: Warum die Manifestation kollektiver Imaginationen zu deren Vernichtung führt … endoplast

Zeit zum Lesen? Die Meinungsfreiheit ist die message, nicht die Meinung … erbloggtes

Giordano Bruno: Gedanken zur Abstammungslehre … scilogs

Huffington Post: Schrecken für die deutsche Medienlandschaft? … wiesaussieht

Tarifverhandlungen für JournalistInnen: Glücksräder für nix, nada und niente … charly&friends

„Werden wir wirklich zu alt?“ ZEIT WISSEN klärt Irrtümer zum demografischen Wandel auf … nachdenkseiten

Schuldenkrise: Währungsfonds sieht noch viel Potenzial bei Vermögenssteuern … derstandard

Reich Sein, warum nicht? Besser ist SUPERREICH … jurga

Die Kultur ist schuld: Liest man die überwiegend unterirdisch anmutenden Kommentare in der Online-Ausgabe der Hagener Presse, so ist die kommunale Finanzmisere in erster Linie auf angeblich horrende Ausgaben im Kulturbereich zurückzuführen … doppelwacholder

Die SPD stöhnt unter Schröders Altlast: Merkel herrscht schweigend … postvonhorn

Das süßliche Werben um die SPD: Günther Jauchs Talkrunde über Koalitionen … revierpassagen

Sauerländisches Kleinkunstschnitzeldinner: 30 Euro für Essen und Lachen … neheimsnetz

Eine Dienstaufsichtsbeschwerde als Fortsetzung: Der Prozess gegen Reinhard Loos – ein Lokalkrimi mit Pannen.

Im Juli diesen Jahres hatten wir über den Prozess gegen den Lokalpolitiker Reinhard Loos von der Sauerländer Bürgerliste (SBL) berichtet.

Reinhard Loos wurde inzwischen freigesprochen. Die Beweise waren kläglich und mangelhaft. Ein Tankstellen-Video (s.o.) konterkarierte viele Aussagen der beteiligten Polizeibeamten.

Reinhard Loos gab sich mit dem Freispruch nicht zufrieden, sondern wollte Aufklärung darüber, wie die falschen Aussagen zustande gekommen waren.

Die Antworten von Polizei und Landrat waren lapidar (siehe hier und hier) und nach Ansicht des SBL-Politikers völlig unzureichend.

Vor zwei Tagen hat die Sauerländer Bürgerliste e. V.  eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Leitung der Kreispolizeibehörde in Meschede gestellt.

Wir dokumentieren diese Dienstaufsichtsbeschwerde an den Innenminister des Landes NRW Herrn Ralf Jäger im Wortlaut:

„Dienstaufsichtsbeschwerde der Sauerländer Bürgerliste e.V. gegen die Leitung der Kreispolizeibehörde Meschede „Eine Dienstaufsichtsbeschwerde als Fortsetzung: Der Prozess gegen Reinhard Loos – ein Lokalkrimi mit Pannen.“ weiterlesen

Einwurf: Meint Integration Anpassung?

wordleHermes20131009Es ist eine ganz alte Geschichte, dass Einwanderung immer auch die Gesellschaft verändert, in die eingewandert wird. Auch unsere Vorfahren, die auswandern mussten, haben die Gesellschaften verändert, in die sie eingewandert sind.

(Ein Gastbeitrag von Michael Hermes, Meschede und Dortmund)

Das ist völlig normal und auch völlig in Ordnung, weil es zutiefst menschlich ist. Als Einwanderer tragen wir unsere schönsten Erinnerungen an eine Kindheit und Jugend in uns, die von uns – wenigstens im Rückblick – oft als weniger entfremdet gesehen wird als das Erwachsenenleben. Diese Erinnerungen sind mit Sprache, Liedern, Gerüchen und Essen, Kleidung und Bildern verbunden.

Wer kennt das nicht, dass ihm ein Lächeln übers Gesicht huscht und er sich gleich ein bisschen wohler fühlt, wenn er bei einem längeren Aufenthalt in der Fremde, zum Beispiel in einem langen Urlaub, die Sprache aus seinem Dorf erkennt? Wenn ein Lied aus seiner Kindheit anklingt, er einen Geruch aus Kindertagen wahrnimmt oder auf Facebook ein Bild aus den Siebzigern sieht? Die sozialen Netzwerke im Internet sind voll von wohligen Kommentaren im Angesicht solcher Bilder aus der Kindheit und Jugend der Nutzerinnen und Nutzer. Wer ein bisschen für sich sorgen möchte, der kultiviert solcherlei. Wer ein bisschen verstanden hat, wie schön und unersetzlich das sein kann, und wer die Menschen liebt, lässt auch andere das Ihre kultivieren.

Bedürfnisse und Strategien

Menschen, die in andere Gesellschaften einwandern, bringen neben den Erinnerungen, die ihre Identität ausmachen, auch Bedürfnisse mit (z. B. nach Schutz, Entwicklung und sozialer Anerkennung, nach „Geborgenheit“). Die Bedürfnisse sind dabei zu ihrer Erfüllung zunächst noch an bestimmte, bewährte Strategien gebunden. Zum Beispiel an das Leben im Familienverband, an die Einbindung in eine Religionsgemeinschaft, Wohnen im gleichen Dorf oder Viertel, Heirat und Familiengründung etc.

Es gibt Länder – und ich fürchte, es ist die große Mehrzahl der Länder – da gibt es eben noch keine wirksamen, gemeinschaftlich organisierten Sicherungssysteme, oder es gibt sie nicht mehr. Keine gut funktionierende Gesundheitsvorsorge, kein ausgeklügeltes staatliches Bildungs- und Sozialsystem zum Schutz vor Armut, keine Polizei und Justiz zum Schutz vor Kriminalität, die unterschiedslos jedem verpflichtet wären. In solchen Ländern mit quasi „vormodernen“ Gesellschaftsformationen schützt die Familie – und NUR die Familie – vor Armut und Kriminalität. Aus solchen Strukturen, aus solchen Traditionen her kommt das vielzitierte „Ich hol‘ meine Brüder!“

Das funktioniert zunächst mal, und darauf kommt es im Bedrohungsfalle an. In manchen Ländern, wo es keinen Sicherheitsapparat gibt oder er nur den Reichen hilft, ist eine Familie, die im Konfliktfall auch wirksam als Kampfformation auftritt, das Einzige, was funktioniert, um seine Leute vor Gewalt, Betrug, Ausbeutung oder übler Nachrede zu schützen. Wenn das auch im Einwanderungsland als wirksam erlebt wird, hält man zunächst daran fest.

Rolle der Religion

Das Bedürfnis nach „Geborgenheit“, nach geschützter Entwicklung und Anerkennung, kann ebenfalls in der Familie befriedigt werden, denn es funktioniert nur mit einem Gegenüber, das dauerhaft da ist, mich zunächst einmal annimmt wie ich bin und dann wachsen lässt. Wird der Mensch älter, kann eine Religionsgemeinschaft an die Stelle der Familie treten, wenn die sonstige Umgebungsgesellschaft das nicht vermag. Es gibt Länder, da gibt es eben keine freien Parteien, Gewerkschaften, Vereine etc., in denen ich mich entwickeln, Anerkennung erwerben und irgendwann einmal Verantwortung übernehmen kann.

Ich spreche jetzt mal als Arbeitsmigrant aus dem Sauerland: Dort gibt es immer noch katholische Milieus, in denen der Pfarrer entscheidet, was die Gemeinde von der Kanzel zu hören bekommt, und wo er auch in Vereine wie Kolping, KAB, Caritas, Pfadfinder etc. und in Parteien hineinwirkt. Diese Leute sorgen für sich und für einander, und das ist erstmal auch in Ordnung so.

Die Anerkennung durch Religion hat allerdings den potenziellen Nachteil, dass sie auf Gegenseitigkeit beruht: Das religiöse Milieu erkennt mich an, wenn ich auch seine Regeln anerkenne. Und die können erheblich von denen einer modernen Gesellschaft abweichen. Nicht zufällig gibt es bei den Katholiken die sogenannten Sakramente, Taufe, Kommunion, Firmung, Eheschließung etc. bis zur Krankensalbung, die dafür sorgen, dass der Mensch im Laufe seines Lebens immer wieder an die Regeln der Religionsgemeinschaft gemahnt, gleichsam „bei der Stange gehalten“ und im Falle der Regelverletzung mit sozialer Ächtung bedroht wird.

Der Preis für die Anerkennung durch das Kollektiv ist also ein Verlust an individueller Freiheit. Eine Formation, auf die der Einzelne nur einen sehr begrenzten Einfluss hat, kontrolliert mit Lockungen und Drohungen das Leben des Einzelnen. Im Idealfall zum gegenseitigen Nutzen, denn man bekommt ja auch allerhand dafür. Und mancher, der keinen allzu starken Freiheitsdrang besitzt, fügt sich drein und lebt recht gut damit. Das ist bei muslimischen Milieus der Funktion nach dasselbe wie bei katholischen, bei den bewährten Klan-Strukturen von „Zigeunern“ dasselbe wie bei politischen Parteien.

Solche Strukturen sind nicht „gut“ oder „schlecht“. Sie sind schlicht nötig und werden deswegen immer und überall entstehen, wo die Bedürfnisse der Menschen anders nicht befriedigt werden. Der Kirchturm und das Minarett, welche die Umgebung überblicken und vor Feinden warnen halfen; die Wagenburg der „Zigeuner“ in Südfrankreich oder der ausgewanderten Westfalen in Nordamerika zum Schutze gegen angreifende Ureinwohner; das ethnisch homogene Wohnviertel in der Großstadt eines Einwanderungslandes – sie haben alle dieselbe Funktion der Steuerung nach innen und des Schutzes gegen außen.

Freiheit? Mit Sicherheit

Wer die vormodernen, undemokratischen, freiheitsberaubenden und auf Unterdrückung konkurrierender Kollektive gerichteten Strukturen, die sich darunter befinden mögen, durch moderne, entwicklungsfähige, demokratische Strukturen ersetzen will, welche dieselben Bedürfnisse befriedigen, dabei aber mehr Freiheit gewähren und niemanden unterdrücken oder vernichten wollen, der sollte nicht jammern und klagen, sondern solche Strukturen entwickeln bzw. erhalten und den Menschen funktionierende Angebote machen. Wenn es gelingt, die Bedürfnisse der Menschen nach Schutz, ökonomischem Wohlstand und sozialer Anerkennung zu befriedigen und ihnen gleichzeitig ein hohes Maß an individueller Freiheit und Selbstbestimmung zu belassen, werden sich viele für die Freiheit entscheiden – für die eigene Freiheit und für die Freiheit der Anderen.

Freiheit statt Angst: PIRATEN warnen vor Überwachung in Meschede

(grafik: piraten hsk)
(grafik: piraten hsk)
Meschede. (piraten_pm) Die Stadt Meschede plant, so der Allgemeine Vetreter des Bürgermeisters Jochen Grewe, Teile der Innenstadt mit Kameras zu überwachen.

Die Aufnahmen sollen nach 48 Stunden ungesehen gelöscht werden und im Falle von Straftaten nur an Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte weiter gegeben werden.

Die Piratenpartei im HSK lehnt die Planungen der Stadt Meschede ausdrücklich ab.

„Hier wird zu tief in die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger eingegriffen. Wer garantiert oder kontrolliert gar, dass die Aufnahmen ungesehen nach 48 Stunden gelöscht werden? Wir haben große Zweifel an dieser Aussage. Videoüberwachung bekämpft keine Kriminalität, sondern sie schränkt uns in unserer Freiheit ein“, so Daniel Wagner, Büropirat im HSK und Sprecher für den West-Hochsauerlandkreis.

Die Piraten im HSK bezweifeln die Rechtmäßigkeit der Maßnahme. Nach §15a des Polizeigesetzes NRW könne die Polizei einzelne öffentlich zugängliche Orte durch Bildübertragung beobachten.

„Im § 15a ist ausdrücklich nur von der Polizei die Rede, die Stadt darf somit überhaupt nicht den öffentlichen Raum überwachen. Weiterhin müssen die überwachten Orte in ihrer Beschaffenheit die Begehung von Straftaten begünstigen. Wir sehen dies als nicht gegeben und zweifeln hiermit die Rechtmäßigkeit dieses Projektes an“, so Julius Hahn, Basispirat.

Auch das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW und der Landesdatenschutzbeauftragte zweifeln die Rechtsmäßigkeit dieses Projektes an.

Großbritannien wird nahezu flächendeckend und teilweise redundant überwacht. Keine Verbrechen? Quatsch! (foto: chris)
Großbritannien wird nahezu flächendeckend und teilweise redundant überwacht. Keine Verbrechen? Quatsch! (foto: chris)
Die Stadt Meschede möchte die überwachten Bereiche deutlich kennzeichen, da so jeder selbst entscheiden könne, ob er den überwachten Bereich betritt oder nicht.

Daniel Wagner, Sprecher für den West-Hochsauerlandkreis: „Nicht jeder kann entscheiden, ob er einen Bereich betritt oder nicht. Nehmen wir mal die Bahnunterführung als Beispiel: Sie ist für Fußgänger wichtig, um von der Nordstadt in die Innenstadt zu gelangen. Menschen die nicht gut zu Fuß sind, sind also auf die Unterführung angewiesen.“

„Durch Videoüberwachung wird den Bürgern eine Sicherheit vorgegaukelt, die praktisch nicht vorhanden ist. In vielen Fällen wurde bereits die Erfahrung gemacht, dass Kameras nur in geringem Maße abschrecken. Statt in Technik sollte das Geld lieber in Personal für die Polizei investiert werden, damit diese häufiger auf Streife gehen kann“, so Florian Otto, Büropirat im HSK und Sprecher für den Ost-Hochsauerlandkreis.

„Da ein Missbrauch der gesammelten Daten nie ganz ausgeschlossen werden kann, können hiervon auch schnell Menschen betroffen sein, die heute noch denken, sie hätten nichts zu verbergen“, so Otto weiter.

Umleitung: Mathe-MOOC, Medien, Freischreiber, Wäscher, Plagiate, Snowden und mehr …

Hummelfiguren
Kitsch as Kitsch can be Kitsch. (foto: zoom)

Mathe-MOOC – Mathematisch denken: In diesem Kurs wird deutlich, dass Mathematik eine Philosophie des Denkens ist. Wer an diesem Kurs teilnimmt, erhält seine regelmäßige Dosis an meditativen Denkaufgaben, spannenden Knobeleien und mathematischen Einsichten … iversity

Medien und Windkraft: „Wenn der Protest sich laut genug meldet, sollte man ihn anhören“ … drehscheibe

Medien und Freischreiber: Himmel und Hölle – Nominierung Nr. 1. Der Bonner Generalanzeiger … freischreiber

Oversum Projektor Wäscher in Adelberg: „Nun ist es beschlossene Sache: Die Adelberger können am 10. November darüber abstimmen, ob das Ex-Erlebnisbad Montemaris und der Campingplatz an die Investorengruppe um Wolfram Wäscher aus Friedrichshafen, zu der auch ein bis jetzt nicht namentlich genannter Adelberger gehört, für insgesamt 850 000 Euro verkauft werden soll“ … swp

Plagiate und ihre Entdecker: Robert Schmidt enttarnt – Erkenntnis verhindert … erbloggtes

Put aside some time for this: The Guardian asked novelist John Lanchester to read the Snowden files. His conclusions … guardian

Shutdown in Amerika: Irgendwie wird es schon gut gehen … jurga

Chance 2020: Die INSM will es noch einmal wissen … nachdenkseiten

Parlamentsparteien unter Druck: Die Wähler erzwingen den Wandel … postvonhorn

Das Gerücht über Frau Kraft: Natürlich wird es in Koalitionsverhandlungen jeder denkbaren Konstellation um wichtige Fragen gehen … wiesaussieht

SPD im HSK: Gerd Stüttgen zur Neuregelung der Einheitslasten … neheimsnetz

Des Wassers Kraft und/oder: Ungeklärte Fragen zum Hang- bzw. Dreckrutsch in Bestwig

Neuer Sportplatz Bestwig
Blick vom Sportplatz-Baugelände hoch über Bestwig. (fotos: zoom)

Wie wir aus der Zeitung erfuhren, geriet im August 2013 in Bestwig ein Hang heftig ins Rutschen. Der Grund war (angeblich) gleich klar. Schuld soll eine defekte Wasserleitung sein. So weit, so (un)gut.

(Crossposting: Der Artikel ist gestern auch auf der Seite der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Etwas von Brisanz ist, dass die abgerutschte Masse aus Gießereiabfällen bestehen soll, die dort für den Bau eines neuen Sportplatzes eingesetzt worden sind. Liest man einschlägige Literatur, so findet man Hinweise darauf, wonach Gießereisande wegen ihrer Instabilität für derartige Baumaßnahmen nicht sonderlich geeignet sind.

Neuer Sportplatz Bestwig
Hier wird noch gebaut. Der Hangabrutsch ist anscheinend beseitigt.

Passiert ist passiert! Daher stellte Kreistagsmitglied Reinhard Loos von der Sauerländer Bürgerliste (SBL) der Kreisverwaltung bzw. ihrer Organisationseinheit Abfallwirtschaft/Bodenschutz schriftlich einige Fragen zur Instabilität des neuen Sportplatzes.

Hier die Fragen (vom 10.09.2013) und die Antworten (vom 16.09.2013):

Ist die Ursache des Hangrutsches ermittelt? Wenn ja, was ist der Grund des Ereignisses?
„Der Hangrutsch wurde durch Wasser ausgelöst, das aus einer defekten Druckwasserleitung in erheblichen Mengen unkontrolliert ausgetreten ist. Es handelte sich um Boden, der bis auf die darunterliegenden Flächen eines Tennis- und Sportplatzes geschwemmt wurde. Die eingebauten Gießereialtsande waren nicht betroffen.“

Wie groß ist nach derzeitigen Schätzungen die abgerutschte Masse (Kubikmeter / Tonnen)?“
„Die Menge der abgerutschten Massen wurde nicht ermittelt.“

Wer haftet für den „Unfall”? Wer trägt die Kosten für die Schadensbehebung?
„Schadenshaftung und Kostentragung sind ggf. zivilrechtlich zu klären. Sie tangieren nicht die öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Hochsauerlandkreises.“

Soll das „Lawinen-Material” für den Bau des Sportplatzes Wiederverwendung finden?
Wenn nein, wie soll es entsorgt bzw. wofür soll es verwertet werden?

„Soweit das Bodenmaterial für die Wiederherrichtung benötigt wird, kann es wieder eingebaut werden. Überschussmassen sind vorrangig in anderen Baumaßnahmen zu verwerten oder auf einer dafür zugelassenen Boden- und Bauschuttdeponie im Hochsauerlandkreis zu beseitigen.“

Sind Abfälle aus Gießereisanden bereits auf anderen Baustellen im Kreisgebiet zum Einsatz gekommen? Wenn ja, gab oder gibt es dort ebenfalls Probleme mit der Stabilität?
„Die Gießereialtsande wurden auch bei der im Bau befindlichen Ostzufahrt der Martinrea Honsel Germany GmbH in Meschede eingesetzt.
Stabilitätsprobleme sind weder beim Einsatz der Gießereialtsande in der Ostzufahrt in Meschede noch beim Neubau des Sportplatzes in Bestwig bekannt geworden.“

PS I: Zwischenzeitlich ließ uns ein „Insider“ wissen, dass die Menge der abgerutschten Dreckmassen ca. 137.000 Tonnen betragen soll! Er geht davon aus, dass es die Gießereisande sind, die ins Rutschen gerieten.

PS II: Die „im Bau befindliche Ortszufahrt“ der Martinrea Honsel Germany GmbH befindet sich schon seit einer halben Ewigkeit in einem „ruhenden Bauzustand“. Ob sie jemals fertig wird, wissen wahrscheinlich nur die Götter und eventuell die Martinrea Honsel Germany GmbH?