Offener Brief eines Siedlinghäuser Unternehmers zur geplanten Schließung der Verbundschule an Bürgermeister und Rat.

Der offene Brief von Frank Kräling trifft den Nerv vieler Siedlinghäuser Bürgerinnen und Bürger. (Quelle: facebook [1])
Der offene Brief von Frank Kräling trifft den Nerv vieler Siedlinghäuser Bürgerinnen und Bürger. (Quelle: facebook [1])
Die geplanten Schulschließungen in Hallenberg, Medebach und Siedlinghausen[2] führen in Siedlinghausen zu heftigen Diskussionen. Befürchtet wird, dass Siedlinghausen, ein Ort mit einer guten Infrastruktur, „kaputt gemacht“ werden könnte.

Dazu muss man wissen, dass es es hier im Ort -ja ich wohne hier und bin befangen- eine für das Hochsauerland fast einmalige Infrastruktur gibt: Freibad, Hallenbad, Grundschule, Verbundschule, Tennisplätze – alles kompakt im Ortskern, dazu vielfältige heimische Geschäfte in unmittelbarer Nähe.

Wer hier wohnt, den hat das Glück geküsst. Das ist kein Euphemismus, denn, wenn ich mir auf der anderen Seite Winterberg anschaue, sehe ich: Freibad abgerissen, altes Bahnhofsgebäude abgerissen, Eissporthalle abgerissen.

Das letzte verbliebene Freibad Winterbergs liegt in Siedlinghausen. Die Stadt Winterberg hat sich aus dem Geschäft weitgehend zurückgezogen und das Bad einem Verein übertragen. Privatisiert.

Klar, der Tourismus der Kernstadt strahlt auch auf die Orte aus, aber die Ortsteile bieten den Bürgerinnen und Bürgern Arbeits- und Wohnmöglichkeiten, die Winterberg-Kernstadt nicht unbedingt bereitstellt.

Siedlinghausen will, so habe ich es in Gesprächen erfahren, keine Privilegien gegenüber den anderen Ortsteilen der Stadt Winterberg.

Die Zentralisierung und Konzentration auf die Kernstadt scheint das Programm von Bürgermeister Werner Eickler. So jedenfalls hat er es auf der Vorstellung des ALDI-Neubaus plus Bahnhofsplanung im Rathaus angedeutet.

Die Gretchenfrage ist: Gibt es angesichts der demografischen Entwicklung eine umsetzbare Alternative zur Schließung des Schulstandorts Siedlinghausen?

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[1] https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10204799268380973&set=a.1449802904502.52665.1816112101&type=3

[2] http://www.schiebener.net/wordpress/auf-der-kippe-wir-waeren-gut-anstatt-so-roh-doch-die-verhaeltnisse-sie-sind-nicht-so/

4 Gedanken zu „Offener Brief eines Siedlinghäuser Unternehmers zur geplanten Schließung der Verbundschule an Bürgermeister und Rat.“

  1. Sehr geehrter Herr Kräling,

    vielen Dank für Ihre Stellungnahme zu den geplanten und notwendigen Änderungen in der Schullandschaft in den Städten Hallenberg, Medebach und Winterberg.

    Auf die von Ihnen angesprochene Kritik möchte ich als Ratsmitglied und Bürger der Stadt Winterberg und Unternehmer in der Stadt Winterberg im Einzelnen eingehen.

    Zunächst gehen Sie auf die Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen im Zuge des Haushalts 2016 ein. Ein so genannter „tiefer Schluck aus der Steuerpulle“ wird Politikern gerne als ihr liebstes Mittel unterstellt. Um jedoch die Zukunftsfähigkeit dieser Stadt zu sichern, waren Kürzungen im Ausgabenbereich und Steuererhöhungen unausweichlich.

    Alle in den vergangenen Jahren getätigten Investitionen dienen dem Ziel, Ausgaben zu optimieren und gleichzeitig die Attraktivität des gesamten Stadtgebietes zu erhalten. Hierzu gehört im Übrigen auch die Förderung des Kunstrasenplatzes in Siedlinghausen oder der alljährliche Betriebskostenzuschuss für das Freibad in Ihrem Wohnort.

    Leider gehört es bei einer schwierigen Haushaltslage – die wir nicht selbst zu verschulden haben – und einer alternden Gesellschaft mit immer weniger Kindern aber auch dazu, sich von lieb gewonnenen Leistungen für die Bürger der Stadt zu trennen. Züschen erfuhr dies durch die Schließung seiner Grundschule, Winterberg durch die Schließung des Freibades, wir alle durch die Abschaffung der Nachtbuslinien.

    Glauben Sie mir, dass all diese Entscheidungen innerhalb unserer Fraktion und in Ratssitzungen äußerst kontrovers diskutiert werden. Erst nach Austausch aller Argumente wird fast immer eine gemeinsame Position gefunden und schließlich die „Politik gemacht“. Kommen Sie doch einmal vorbei, wenn 32 ehrenamtliche Ratsmitglieder aus unserer Stadt an einem Donnerstag bis spät abends diese kommunalpolitischen Entscheidungen treffen!

    Herr Kräling, Sie sprechen im Zusammenhang mit einer möglichen Schulschließung im Stadtgebiet Winterberg folgende Punkte an:

    „An einer Schulschließung hängen nicht nur die Arbeitsplätze der dort beschäftigten Lehrer, sondern […] auch die Infrastruktur eines Ortes. In Siedlinghausen betrifft das ca. 2.000 Bürger […]“

    Eine Schule ist zwar nicht der alleinige, aber ein wichtiger Bestandteil der örtlichen Infrastruktur. Dennoch dürfen Schulthemen nicht ortsbezogen, sondern müssen stadtweit diskutiert werden. Neben 2000 Siedlinghäusern müssen u. a. auch 2800 Einwohner aus der Hilleschiene, 1600 Einwohner aus den Höhendörfern und 3500 Kernstädter bei einer politischen Entscheidung bedacht werden – von der interkommunalen Bedeutung im Rahmen eines Schulkonzeptes mit Medebach und Hallenberg einmal abgesehen.

    Man erfahre vom Schulministerium „eindeutig, dass alleinig die Städte und Gemeinden zuständig“ seien und „vorzeitige Änderung nur auf Antrag möglich“ sei. Daher bestehe „zum jetztigen Zeitpunkt überhaupt kein Handlungsbedarf“.

    Die Bezirksregierung spielt die entscheidende Rolle. Sie war es, die auf die Bürgermeister Eickler, Grosche und Kronauge zugegangen ist. Die Bürgermeister haben sich seinerzeit direkt dazu entschlossen, eben nicht alleine zur Bezirksregierung zu gehen, sondern von Anfang an die Fraktionsvorsitzenden aller Parteien mit an den Tisch zu nehmen.

    In der Tat könnte man bis 2020 warten. Ja, man könnte auch einfach nichts tun. Dann allerdings wird die Gründung einer Sekundarschule im Gebiet der drei Städte nicht mehr von den Städten koordiniert, sondern von Arnsberg aus.

    Zur Gründung einer Sekundarschule sind mindestens 3 Klassen á 25 Schüler = 75 Schüler für eine Eingangsklasse notwendig. Dies wird im Stadtgebiet Winterberg im Jahr 2020 schwierig. Denn auch auf auswärtige Schüler kann Siedlinghausens Ganztagsschule dann nicht mehr zählen – gibt es 2020 doch überall verpflichtenden Ganztagsunterricht. Entscheidet man sich jedoch vor 2020 eine Schule zu gründen, benötigt man lediglich 3 Klassen á 20 Schüler = 60 Schüler. Tut man sich mit Medebach und Hallenberg zusammen, ist ohne Probleme eine stabile Sekundarschule mit 5 Klassen á 20 Schüler = 100 Schüler machbar und diese mit zwei Standorten!

    Von daher besteht definitiv Handlungsbedarf, um einen Sekundarschulstandort im Stadtgebiet Winterberg zu sichern! Denn Sie zitieren ja selbst das Schulministerium: „Verbundschulen können [nach 2020] auslaufend fortgeführt werden. Anschließend werden sie als Sekundarschulen geführt.“ – „Auslaufend“ bedeutet nichts anderes als: Die Schule wird geschlossen, wenn die Mindestgröße nicht gewährleistet ist.

    „Ist die vorhandene Schule in Winterberg überhaupt als Teilstandort der Sekundarschule Medebach geeignet oder sind hierfür (Um- oder Neu-)Baumaßnahmen erforderlich?“

    Das pädagogische Konzept einer Sekundarschule würde in jedem Fall Baumaßnahmen erfordern, sowohl in Winterberg, als auch in Siedlinghausen. Diese Frage ist also nicht entscheidend. Entscheidend ist, ob wir überhaupt einen zukunftsfähigen Sekundarschulstandort im Stadtgebiet Winterberg über Jahrzehnte halten können. Aus geografischer Sicht ist Winterberg in der Mitte des gesamten Einzugsgebiets von Medebach bis Langewiese und von Hallenberg bis Niedersfeld hierfür der zentralste Standort.

    „Die Fahrt von Winterberg nach Siedlinghausen beträgt lediglich 13 Minuten“

    Stimmt. Mit dem Auto, nicht mit dem Bus und seinen Wartezeiten! Die Fahrt von Züschen nach Siedlinghausen beträgt mit dem Auto übrigens 21 Minuten, von Niedersfeld nach Siedlinghausen 17 Minuten, von Langewiese nach Siedlinghausen 22 Minuten. Schaut man sich die Landkarte an, so stellt man fest: Jede dieser Routen geht über Winterberg. Ein Schulbus führe also jedes Mal am potentiellen Schulstandort Winterberg vorbei. Ein ökologischer und in Anbetracht der Fahrtkosten auch ökonomischer Irrsinn!

    „Wie sehen die tatsächlichen Schülerzahlen im Jahr 2020 aus, wenn man die aktuelle und prognostizierte Zuwanderung berücksichtigt?“

    Welche Zahlen soll man zugrunde legen? Die Zuwanderungszahlen aus dem Herbst vergangenen Jahres? Die aktuellen Zuwanderungszahlen? Mögliche zukünftige Zuwanderungszahlen? Das ist ein teurer Blick in die Glaskugel. Fakt ist: Auch Zuwanderung wird den demografischen Trend nicht aufhalten können!

    „Gibt es für den Standort Siedlinghausen keine alternativen Kooperationsmöglichkeiten,
    z. B. mit den Städten Olsberg oder Schmallenberg“

    Eine Sekundarschule Medebach-Winterberg mit dem Kooperationspartner „Gymnasium Winterberg“ stärkt den Schulstandort Winterberg und die gesamte Region des Südkreises. Dies spricht neben rechtlichen Hürden und der Tatsache, dass Olsberg eine solche Kooperation nicht nötig hätte, gegen solche Überlegungen.

    „Was passiert mit Sporthalle und Schwimmbad?“

    Bürgermeister Werner Eickler und ich sind in dieser Frage einer Meinung: Sowohl die Sporthalle, als auch das Schwimmbad sind für die Bürger und Vereine Siedlinghausens von großer Bedeutung und sollen unabhängig von der Zukunft des Schulstandortes erhalten bleiben.

    Herr Kräling, am 5. Juli tagt das erste Mal in der Geschichte ein Gremium bestehend aus den drei Stadträten der Städte Hallenberg, Medebach und Winterberg. Es wird viel zu besprechen geben. So wird Hallenberg wohl seine einzige weiterführende Schule aufgeben müssen. Die Stadt Medebach berät darüber, ihr über 100 Jahre altes Gymnasium zu schließen.

    Winterberg hat die Chance, einen Sekundarschulstandort im Stadtgebiet zu erhalten. Für mich als Bürger, Unternehmer und Ratsmitglied ist es wichtig, diese Chance zu nutzen – unabhängig von örtlichen Belangen, abhängig vom Wohl der ganzen Stadt und des ganzen Südkreises. Aus den oben genannten Gründen ist diese Chance nur mit einem Standort in der Kernstadt nachhaltig und zukunftsfähig zu nutzen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Ihr

    Sven Lucas Deimel

  2. Grundsätzliche Fragen stellt offenbar niemand. Es wird bei dieser Auseinandersetzung der Eindruck erweckt, die Vorgaben des Landes seien sozusagen sakrosankt oder alternativlos, um beim Modewort zu bleiben. Dass die demografische Entwicklung es endlich ermöglicht, in optimalen Klassengrößen von ca. 15 Schülern Unterricht zu erteilen, dass der Sparzwang (des Bundes/der Länder/der Kommunen) nicht in Stein gemeißelt ist, sondern umgekehrt werden muss, das lese ich nirgendwo. Offenbar ist in den Köpfen drin, das die Vorgaben irgendwie ja doch richtig und notwendig sind. Solange sich im Bewusstsein nichts ändert, wird sich gar nichts ändern.

  3. @Herr Deimel:
    In Ihrem Beitrag steht auch der Satz „Leider gehört es bei einer schwierigen Haushaltslage – die wir nicht selbst zu verschulden haben … „.
    Damit ist wahrscheinlich gemeinet, dass Winterberger Kommunalpolitiker nicht mitverantwortlich für die Haushaltslage sein sollen.
    Dem kann ich nicht zustimmen.
    Zwei Beispiele:
    Was haben die Fehlentscheidungen im Zusammenhang mit dem „Oversum“ die Stadt Winterberg in den letzten Jahren gekostet? Und sage keiner, dass die Entwicklung nicht absehbar gewesen wäre; es gab zahlreiche damals aktuelle Beispiele aus anderen Kommunen, dass PPP-Projekte mit demselben Investor misslungen sind.
    Und was kostet der Dauerbrenner Bobbahn in der jetzigen Gesellschaftsform die Stadt Winterberg, wenn man realistisch rechnet und auch die Kosten für die hohe und stetig wachsende Verschuldung berücksichtigt? Wann wurde ein wirksames Entschuldungskonzept gestartet?
    Für diese – und weitere – „Pannen“ ist die Winterberger Kommunalpolitik mitverantwortlich!

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