Marion bei den Mexis, Teil 27: ein Einbruch, ein Drogentunnel und ein langer Ritt zum Vulkan.

Dieser Artikel ist der 27. Teil einer persönlichen Serie über das Leben in Mexico und Mexico-City. Heute berichtet unsere Autorin über einen Einbruch in ihre Wohnung, einen Drogentunnel in Uruapan und einen langen, schmerzhaften Ritt zum Vulkan Paricutín. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen.

¡Hola a todos!

Nun ist ja schon wieder ein Monat im neuen Jahr rum und ich kann nur mit Wilhelm Busch sagen, die Zeit geht im Sauseschritt und wir gehen mit.

Also, an dieser Stelle noch einmal an alle alles Gute für die kommenden Monate.

Dass ich mich solang nicht aus Mexiko gemeldet habe, hat den banalen Hintergrund, dass ich -wie einige von euch mitbekommen haben- in Deutschland war. Und meine Rückkehr hatte auch sofort eine böse Überraschung: Bei uns ist eingebrochen worden. Aber: Es wurde fast nichts entwendet – außer einem schwarzen Hut von mir.

Eine böse Überraschung
Die Vermutung liegt nahe, dass die Einbrecher gestört worden sind, denn sie haben in dem Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite vier Wohnungen ausgeräumt und waren wohl schon einige Zeit beschäftigt gewesen. Hier wurde lediglich noch an der Wohnungstür der Nachbarin rumgefummelt, sie sind wohl dort gar nicht in die Wohnung gekommen und wie gesagt, in unserer Wohnung hält sich der Schaden auch mehr als in Grenzen. Nur das Wohnungsschloss sowie der Türrahmen mussten ausgetauscht bzw. repariert werden.

Die Erfüllung eines Mädchentraums
Nun liegt ein anderes Ereignis auch schon nun wieder etwas zurück, aber ich wollte trotzdem noch davon berichten. Denn es ging um die Erfüllung eines Mädchentraums von mir.

Beruhigen oder beunruhigen - das ist hier die Frage. Rund um den Zócalo von Uruapan nahm die Polizeidichte enorm zu. Von einer angeblichen Polizeikonferenz wusste niemand etwas. Dafür wurde ein paar Tage später ein Drogenschmuggeltunnel unter dem Platz ausgehoben. (fotos: koerdt)
Beruhigen oder beunruhigen – das ist hier die Frage. Rund um den Zócalo von Uruapan nahm die Polizeidichte enorm zu. Von einer angeblichen Polizeikonferenz wusste niemand etwas. Dafür wurde ein paar Tage später ein Drogenschmuggeltunnel unter dem Platz ausgehoben. (fotos: koerdt)

Seitdem wir in Mexiko sind, wollte ich immer zum Vulkan Paricutín im Bundesstaat Michoacán. Nun gab es ein paar freie Tage und wir machten uns auf den Weg nach Uruapan, der zum Vulkan nächstgelegenen Stadt. Das erste, das dort auffiel, war eine überdeutliche Polizeipräsenz am Hauptplatz, an dem wir nach einem Hotel Ausschau hielten.

Alles voller Polizisten: der Drogentunnel
Im ersten Hotel, das wir uns anschauten, wollte man uns weismachen, dass eine Polizeikonferenz in der Stadt sei. Von der aber in dem Hotel, in dem wir letztlich eincheckten, niemand etwas wusste. Jedenfalls waren die vier Hotels, die wir davor besichtigt haben, voll mit Polizisten. Und man nicht recht weiß, ob das nun einen beruhigen oder eher beunruhigen soll. Eine Woche später las ich dann die passende Meldung: Unter dem Kulturzentrum am Hauptplatz hatte man einen Tunnel entdeckt, durch den Drogen geschleust worden sind. Welches Kartell nun letztlich dafür verantwortlich war, weiß ich nicht.

Der jüngste Vulkan der Welt
Nun deswegen waren wir ja auch nicht dort, sondern um besagten Vulkan zu besteigen, der als der jüngste der Welt gilt. Ich hatte als Mädchen einen Kinderatlas, in dem von diesem Vulkan berichtet wurde.

Das Objekt der Begierde - der Vulkan Paricutín, der jüngste seiner Art weltweit. Hier noch in weiter Ferne und zu dem Zeitpunkt lediglich wolkenverhangen.
Das Objekt der Begierde – der Vulkan Paricutín, der jüngste seiner Art weltweit. Hier noch in weiter Ferne und zu dem Zeitpunkt lediglich wolkenverhangen.

Im Februar 1943 entdeckte ein Bauer auf seinem Feld Rauchwolken und schon ein paar Tage später, war dort ein beachtlicher Hügel von 10 Metern entstanden. Und die Gefahr wurde im wahrsten Sinne des Wortes ruchbar. Der Kegel wuchs um knappe 400 Meter an, dampfendes Geröll und Asche in die Luft schleudernd.

Da die ausgestoßende Lava sehr langsam floss, konnten die Dörfer San Juan Parangaricutiro und San Salvador Paricutín rechtzeitig evakuiert werden. Es mussten zwar keine Personenschäden beklagt werden, die Menschen hatten aber ihre Häuser und Felder hinter sich gelassen und die Regierung unterstützte sie keineswegs beim Aufbau eines neuen Lebens außerhalb der Gefahrenzone.

Neun Jahre spuckte der Vulkan und begrub dabei die beiden Dörfer unter sich. Jahrelang war der Himmel rußbedeckt und die Leute vom Stamme der Tarasken versuchten ohne jegliche staatliche Hilfe wieder Tritt zu fassen. Der Stolz der Tarasken darauf ist auch heute noch im Dorf Angahuan spüren, von dem aus die Touren zum Vulkan aus starten. Es bleibt eine gewisse Skepsis gegenüber dem Staat und auch dem Fremden begegnet man recht distanziert. Untereinander sprechen sie ausschließlich ihre Sprache: Purépecha.

Ein schmerzhafter Ritt zum Vulkan
Ich hatte mich frohgemut auf eine Wanderung eingestellt, als uns dort mitgeteilt wurde, der Vulkan läge 16 Kilometer entfernt und man könne eigentlich nur dorthin reiten und uns wurde unser Führer José vorgestellt. Ein Vorschlag, der mich regelrecht begeisterte. Nach einer halben Stunde im Sattel dann nicht mehr.

Jede Berührung mit dem Sattel tat ab da nur noch höllisch weh. Wir waren bis dahin um ein Lavafeld geritten, aus der die Kirchturmspitze herausragte, die ich bereits von Bildern aus meinem Kinderatlas kannte. Eine halbe Stunde später fragte ich José, wie weit es denn noch sei und er meinte, zum Vulkan seien es noch so drei Stunden. Ich biss mir auf die Zähne und blickte gen Horizont: Der Vulkan war wie ein Scheinriese, der nicht näher kam.

Der Scheinriese kommt nicht näher
José muss mir mein Leiden angesehen haben, denn er bot mir netterweise sein Pferd an. Dessen Sattel war um ein Vielfaches weicher, wenn auch nicht richtig weich. So trabten wir weiter.

Ross und Reiter - schon bald sollte sich zeigen, wer hier die Zügel in der Hand hatte
Ross und Reiter – schon bald sollte sich zeigen, wer hier die Zügel in der Hand hatte

Christophers Pferd hatte ziemlich schnell spitz gehabt, dass der Typ auf ihm überhaupt keine Ahnung vom Reiten hatte und so machte es eigentlich, was es wollte. José durfte das Pferd in regelmäßigen Abständen von Wiesen holen, wohin es zwecks Pausen-Snacks immer wieder hin verschwand.

Ein weiterer Blick auf den Vulkan verhieß nichts Gutes: Hinter ihm hatten sich riesige, schwarze Wolken aufgetürmt, die José lediglich mit einem „oh! oh!“ kommentierte.

Der Regen macht (fast) alles zunichte
Es kam, was kommen musste: Ein Regenschauer, der unsere Sicht auf ungefähr zwei Meter begrenzte. Und noch zwei Stunden bis zum Vulkan. Resignation überkam mich, die sich noch steigerte, als José meinte, bei dem Wetter könne man den Vulkan nicht mehr besteigen. Die Windböen seien zu heftig. Wir beschlossen umzukehren, um wenigstens noch das Lavafeld mit der Kirche zu erkunden.

Grau, grauer, am grausten - der sagenumwobene Kirchturm der Kirche San Juan vom Dorf Parangaricutiro. Mein Kinderatlas hatte allen Ernstes behauptet, es sei ein Wunder, dass ausgerechnet die Kirche der Lava standgehalten hätte. Die Wahrheit ist, wie so oft, viel banaler.
Grau, grauer, am grausten – der sagenumwobene Kirchturm der Kirche San Juan vom Dorf Parangaricutiro. Mein Kinderatlas hatte allen Ernstes behauptet, es sei ein Wunder, dass ausgerechnet die Kirche der Lava standgehalten hätte. Die Wahrheit ist, wie so oft, viel banaler.

Eine Angelegenheit, deren Spaß sich bei den Witterungsverhältnissen auch etwas in Grenzen hielt. Dort wurde mit der Legende aufgeräumt, die mein Kinderatlas (schließlich ein aufgeklärtes Buch vom Ende der siebziger Jahre) verbreitet hatte: Allein die Kirche sei von den Lavamassen verschont geblieben – ein Wunder? Wohl kaum, denn die Häuser drum herum waren nicht aus Stein gebaut gewesen, sondern einfache Holzhütten, so José. Und die konnten wohl kaum der Lava standhalten. Warum hatte mir mein Kinderatlas das verschwiegen? Jedenfalls war José sehr auskunftsfreudig und entsprach so gar nicht den Vorurteilen, die den Tarasken vorauseilen.

Nichts für „Warmduscher“ – der Schmerz geht weiter
Nach vier Stunden im Sattel kamen wir völlig durchweicht am Ausgangspunkt zurück. Es war einer der Tage, an denen ich mich auf eine heiße Dusche gefreut habe. Doch auch diese Freude wurde getrübt: Erst unter dem heißen Wasser bemerkte ich, dass sich die Haut unterhalb meines Pos völlig aufgescheuert hatte. Und ich auch noch in den kommenden zwei Wochen bei jeder Sitzgelegenheit an den Ausflug erinnert wurde. Ja, ich hatte einen Mädchentraum …