Hamburg stimmt noch bis morgen über G9 ab.
9,8,9,8,9,8 … ist die Länge wirklich so wichtig?

Volksbegehren G9 in Hamburg. (foto: hannah)
Volksbegehren G9 in Hamburg. (foto: hannah)
Bis morgen läuft in Hamburg noch das Volksbegehren „G9-Jetzt-HH„.

„So bald wie möglich sollen Schülerinnen und Schüler in Hamburger Gymnasien ihre weitere Schulzeit wieder in 13 Jahren absolvieren können.

Nach dem Vorbild von Schleswig-Holstein, Hessen und Baden Württemberg und demnächst Niedersachsen sollen auch Schüler und Schülerinnen unserer Hamburger Gymnasien – genau wie schon an den Stadtteilschulen – das G9 wählen können.“

Ich frage mich, ob das Problem unseres Schulsystems wirklich in der Dichotomie von G8 und G9 liegt. Als G8 in Nordrhein-Westfalen eingeführt wurde, war ich dagegen, nicht wegen der 8 Jahre, sondern weil ich hinter der Umsetzung der Verkürzung der Oberstufe um ein Jahr kein vernünftiges bildungspolitisches Konzept entdecken konnte: Die Aussage, dass die Jugendlichen „früher dem Arbeitsmarkt zu Verfügung stehen“ müssten, hat mich nicht vom Hocker gerissen.

Auch verwaltungstechnisch konnte ich kein System entdecken. Waren die Lehrpläne angepasst als die „Reform“ umgesetzt wurde? Soweit ich mich erinnere – Nein!

Das Motto schien „Erst mal verkürzen und dann sehen, was die Akteure aushalten und was verändert werden muss“.

Ein Hühnerstall, in dem alle vom sogenannten „PISA-Schock“ aufgescheuchten Bildungspolitiker wild herum flatterten.

Schulreformen scheinen sich in Deutschland als Verwaltungshandeln fern einer notwendigen gesellschaftlichen Diskussion, wie beispielsweise in den 70er Jahren des vorigen Jahrtausends, durchzusetzen.

Das System lernt nicht.

10 Gedanken zu „
Hamburg stimmt noch bis morgen über G9 ab.
9,8,9,8,9,8 … ist die Länge wirklich so wichtig?

  1. Wie ich das Hamburger Volksbegehren verstehe, geht es um G9 UND G8. Gymnasien sollen Schülern beide Wege zum Abitur ermöglichen.

    Hamburg hat sein Schulsystem konsequent auf zwei Säulen gestellt: Stadtteilschulen mit Abitur nach 9 Jahren und Gymnasien mit Abitur nach 8 Jahren. Wenn das Abitur nach 9 Jahren auch am Gymnasium möglich wäre, so verschwände die Trennschärfe zur Stadtteilschule. Warum sollten Eltern ihre Kinder dann noch an der Stadtteilschule anmelden?

    Für NRW gibt es außer der Gesamtschule keine allgemeinbildende Schulform, die das Abitur nach 9 Jahren anbietet. Hier wurde in einem vermeintlich historischen Schulkompromiss die amputierte Sekundarschule ohne Oberstufe und somit ohne Abitur beschlossen. Bis heute gibt es im Hochsauerlandkreis keine Gesamtschule und somit keine Alternative zum Turbo-Abitur.

    Gymnasiasten in NRW haben auch weiterhin die Wahl zwischen G8, G8 und G8. Und obwohl sich bei Umfragen rund 75% der Befragten in NRW GEGEN G8 aussprachen, bleibt das Turbo-Abitur. Denn Demokratie in NRW sieht so aus:

    „NRWSchulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) hatte 45 Eltern-, Lehrer-, Schüler-, Politik- und Wirtschaftsvertreter zum Meinungsaustausch nach Düsseldorf eingeladen. Eine Mehrheit sprach sich für eine Beibehaltung von G8 aus – unter der Voraussetzung, dass die Schülerinnen und Schüler entlastet werden.“ http://partner-fuer-schule.nrw.de/forum-schule/meldungen/panorama/detail/vorerst-keine-rueckkehr-zu-g9/7d9b7f5e50343dcb74d110811c0fb15c.html

  2. Absolut richtig. 9 oder 8 Jahre sind nicht entscheidend. Es ist das System, und es bräuchte ein völlig neues Konzept. Aber unter den gegebenen Umständen ist G9 einfach deshalb besser, weil es nicht ganz so stresst. Zeitlich.
    Und „Demokratie in NRW sieht so aus“ gefällt mir 😉

  3. Richtig, nicht 9 oder 8 Jahre sind entscheidend, sondern ein Gesamtkonzept unter Einbezug der möglichen sich anschließenden Ausbildung (Bachelor, etc.). Leider wird wie in vielen anderen Bereichen auch, nur Aktionspolitik ohne langfristige Betrachtung und Konsequenz betrieben. Natürlich auf Kosten der Kinder, bzw. letztlich auf Kosten der Gesellschaft, die die Konzeptlosigkeit an anderer Stelle wieder ausbaden und ausgleichen muss.

  4. Handelt es sich wirklich um „Konzeptlosigkeit“? Ich glaube nicht. Es gibt ein Konzept:

    „Vor dem Hintergrund der Ergebnisse internationaler und nationaler Schulleistungsstudien sowie der mittlerweile durch umfassende Bildungsforschung gestützten Qualitätsdiskussion wurde in Nordrhein-Westfalen wie in allen Bundesländern sukzessive ein umfassendes System der Standardsetzung und Standardüberprüfung aufgebaut.
    Neben den Instrumenten der Standardüberprüfung wie Vergleichsarbeiten, Zentrale Prüfungen am Ende der Klasse 10, Zentralabitur und Qualitätsanalyse beinhaltet dieses System als zentrale Steuerungselemente auf der Standardsetzungsseite das Qualitätstableau sowie kompetenzorientierte Kernlehrpläne, die in Nordrhein-Westfalen die Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz aufgreifen und konkretisieren.
    Der Grundgedanke dieser Standardsetzung ist es, in kompetenzorientierten Kernlehrplänen die fachlichen Anforderungen als Ergebnisse der schulischen Arbeit klar zu definieren. “

    So die Worte von Frau Löhrmann im Vorwort zu den Kernlehrplänen für die Sekundarstufe II (z,B, hier http://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/lehrplaene/upload/klp_SII/ch/GOSt_Chemie_Endfassung.pdf).

    Um ein Gefühl für die Lautmalerei des aktuellen Schulkonzepts zu erhalten, empfehle ich lautes Vorlesen.

    Begriffe wie Pädagogik, Erziehung und Bildung scheinen aus einer anderen Zeit zu stammen und stehen auf jeden Fall für ein anderes Konzept.

  5. Statt immer auf Leistungen, Testergebnisse und Abschlüsse zu starren, sollte man die Schule danach beurteilen, ob die Kinder glücklich sind.

  6. @ zoom

    die WiWo im Volksaufstand ?

    was soll das denn, Klassengrenzen einreißen ?

    daran hat die Republik jahrzehntelang gearbeitet, dass immer die gleichen das Sagen haben, und die anderen keine Chance !

    (ich kenn den Klassenkampf aus eigener Erfahrung: der Berliner Geld-Adel, die sogenannte „Elite“, in der Rudolf Steiner Schule Berlin Dahlem – und neulich meine Hospitation in einer öffentlichen Schule in einem „Problemviertel“)

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