Mit einer gewissen Distanz berichtete die Journalistin Marion Schrade Ende Juni im Reutlinger Generalanzeiger über ein neues Projekt des auch in Winterberg bekannten Investors Wolfram Wäscher:
„Im Vital-Park Gomadingen soll man nach Vorstellung von Wolfram Wäscher nicht nur wohnen. Dahinter steht eine ganze Philosophie, die er wortreich darlegt, dabei aber nur wenig Greifbares liefert. Klar wird so viel: Dienstleistungen rund ums Wohlfühlen und die Gesundheit sollen breiten Raum einnehmen, Fitness, Ernährung und Nachhaltigkeit sind Schlagworte. Dafür brauchen Walser und Wäscher deutlich mehr Personal: Die Kirchengemeinde beschäftigt derzeit gut ein Dutzend Mitarbeiter im Feriendorf, künftig sollen es vier, wenn nicht gar fünf Mal so viele sein.“
Wir schrieben am 3. Juli:
„Die Vorgänge in Gomadingen beobachten auch wir hier in Winterberg schon seit einiger Zeit. Hoffentlich gibt es dort unten einige „wache Zeitgenossen“. Die Kirche scheidet wohl aus.
“Gemeinsam wollen sie in den nächsten Jahren zwischen 25 und 30 Millionen Euro in den Ferienpark in Gomadingen stecken.”
He, he – das könnte sogar zutreffen. Allerdings wird es wahrscheinlich nicht das Geld von Wäscher und Walser sein.
Wie sollen oder wollen die 2232 Einwohner von Gomadingen das Geld aufbringen?“
Wache Zeitgenossen in Gomadingen
Es gibt wache Zeitgenossen in Gomadingen. Einer von ihnen schrieb in Reaktion auf den Artikel von Marion Schrade folgenden Leserbrief an den Reutlinger General-Anzeiger, den wir hier mit seiner Erlaubnis dokumentieren:
„Wenn das Lautertal der Grand Canyon wäre“
Ein Ära geht zu Ende und die Gemeinde Gomadingen bekommt als vergiftetes Abschiedsgeschenk ein Investoren-Experiment von der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Stuttgart präsentiert. Ich habe den Eindruck, die Gomadinger wissen nicht, ob sie weinen oder lachen sollen.
Ein Investor, der sich landauf, landab marode Freizeit-Immobilien angelt und sie in millionenschweren Projekten aufpeppt und sich dabei nicht unbedingt Freunde macht, tut sich mit einem oberschwäbischen Holzbau-Unternehmer zusammen, um die versteinerte Betonarchitektur des Feriendorfs durch Holzhäuschen zu ersetzen und das bestehende Hallenbad mit einer Außensauna und Fitnessräumen zu garnieren. Nun ja. Hotelcharakter soll es bekommen, sogar mit einem »Concierge«. Man darf gespannt sein, ob das ausreicht. Was ich an dem bislang nur rudimentär bekannten Konzept vermisse, ist die große Idee. Was, um Gottes willen, sollen die angekündigten 50 bis 60 Mitarbeiter dort den ganzen Tag machen – die müssen ja auch irgendwie bezahlt werden? Holz statt Beton wäre für mich als Familienvater nicht das Hauptargument, meinen Urlaub ausgerechnet im neuen Gomadinger »Bio-Vital-Park« zu verbringen. Ebenso die mangelnde Wärmedämmung. Bei einer Ferienimmobilie gelten andere Parameter als bei einem ganzjährig durchgehend bewohnten Privathaus. Statt der Erdwärme (die auf der Alb mit ihrem Karstuntergrund ohnehin stark reglementiert ist) wäre vielleicht ein Nahwärmeanschluss an eine Biogas-Anlage sinnvoller, statt Passivhausstandard anzustreben, um dann im Sommer wieder energieaufwendig aktiv belüften zu müssen.
Da würden mich eher vielseitige Freizeitangebote (die Gomadingen ohne jeden Zweifel hat), Kinderbetreuung, Kurse, Unterhaltung etc. reizen. Aber vielleicht bin ich ja auch gar nicht die Zielgruppe? Wer dann? Unternehmen, die ihre Mitarbeiter auf Seminare schicken wollen? Oder Senioren? Zugegeben, meine erste Assoziation beim Wort »Bio-Vital-Park« waren Gesundheitssandalen und Kurangebote von Krankenkassen. Ja, vielleicht will man ja mit dem BVP ganz serviceorientiert und barrierefrei die »Best Agers« ansprechen. Aber so recht mag ich’s nicht glauben.
Mir scheint, es stand den Beteiligten erst mal ihre eigene Win-win-Situation im Vordergrund: Kirchenpfleger Beck ist endlich das lästige Feriendorf auf der Alb los, spart so 300 000 Euro im Jahr, die er gleich nolens volens in die darbenden Stuttgarter Kitas pumpen kann, Gomadingens Schultes hat, vorerst, sein Hallenband vor der Schließung bewahrt, der Schussenrieder Holzhäuschenbauer hat einen respektablen Auftrag an Land gezogen und der Hauptakteur ein neues Großprojekt auf die Beine gestellt.
Nach Fertigstellung soll das Projekt einem Hotelier aus Oberstaufen übertragen werden. Schön. Jetzt fehlt mir seitens der Initiatoren nur noch der Bezug zur Region, das Ganze wirkt ein wenig wie aus der Retorte, kein Vergleich mit dem Münsinger Campingplatz Hofgut Hopfenburg zum Beispiel. Und ich vermisse ein glaubhaft tragfähiges Finanzkonzept: 25 bis 30 Millionen Investition wollen refinanziert werden, die Personalkosten für 50 Mitarbeiter, dazu die hälftigen Betriebskosten des Hallenbads wie bisher plus die Betriebskosten inkl. Werbung und Marketing des neuen Bio-Vital-Parks müssen verdient werden. Das alte Feriendorf hatte 230 Betten, zu Glanzzeiten sogar knapp 300. Die Übernachtungszahlen lagen meist bei einigen zehntausend pro Jahr – d. h. die ganzjährige Auslastung kam nie über 30 bis 50 Prozent. Es müsste schon ein Wunder passieren, wenn man mit der neuen Anlage bei den projektierten 40 bis 60 Häuschen deutlich über die bisherige Bettenzahl und die seitherige Auslastung hinauskommen will. Betriebs- und anteilige Refinanzierungskosten geteilt durch Übernachtungszahlen ergeben einen Richtwert von dem, was jeder Gast pro Übernachtung zahlen muss, damit sich das Projekt rechnet. Nehmen wir mal drei Millionen jährliche Kosten an und 30 000 Übernachtungen, dann muss die Übernachtung 100 Euro kosten.
Hätten wir hinterm Sternberg die Niagara-Fälle oder wäre das Lautertal der Grand Canyon, wäre das ganze bestimmt kein Problem, die Massen würden strömen. Die Alb ist schön, absolut erlebenswert und bietet sehr vieles zu entdecken, aber sie taugt nicht für Großprojekte dieser Art. Wir werden vom Bio-Vital-Park sicher noch das eine oder andere hören, nicht nur gutes, fürchte ich.
Thomas Deuble, Römerstein
Ein weiterer wacher Zeitgenosse schrieb unter anderem:
„Es wäre an der Zeit, den Investoren und seine Firmen zu überprüfen, um einen eventuellen finanziellen Nachteil für die Gemeinde Gomadingen noch abwenden zu können. Jetzt ist noch Zeit.“
Da wir vom Hochsauerland aus Wirtschaft, Politik und Medien beobachten, können wir nicht beurteilen, ob die Gomadinger noch Zeit zur Überprüfung des Investors haben, denn sobald die ersten Verträge geschlossen sind, verschwinden erfahrungsgemäß Diskussionen und Informationen im Untergrund der „Geheimhaltung“ eben dieser Verträge.
Ich bin gespannt, ob die aufmerksamen Gomadinger Bürger und die offensichtlich wache Journalistin zumindest Transparenz in die Abläufe vor Ort bringen können.
Hallo Herr Schiebener,
betrifft das Thema Wäscher und SaB. Der weitere wache Zeitgenosse bin ich. Ich habe u.a. die Redakteurin der Reutlinger GEA auf Ihre Seite sowie auf die Seite aus Leimen aufmerksam gemacht. Vielleicht hat sie ihre Seite schon gekannt, sie war jedenfalls dankbar über die Hinweise.
Eine längere E-Mail an diese Redakteurin wurde im GEA am vorletzten Samstag als Leserbrief abgedruckt.
Des Weiteren bin ich Stammast in diesem schönen und kleinen Hallenbad und ein überaus kritischer Zeitgenosse.
Natürlich habe ich auch Teile des Gomadinger Gemeinderates, u.a. den CDU-Landtagsabgeordneten Röhm angeschreiben, es kam aber keine Reaktion. Vielleicht müssen diese Leute erst Schiffbruch erleiden, bis sie es dann endlich merken. Wie bei vielen Dingen im Leben.
Drannbleiben !
Mit freundlichen Grüßen,
Hans-Ulrich Pfähler
Ende September erschien folgender Artikel im schwäbischen ‚Tagblatt‘:
http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/reutlingen_artikel,-Kirche-verkauft-defizitaeres-Feriendorf-Investoren-planen-Neubau-_arid,229894.html
„… Nach längerer Suche hatte die Kirchengemeinde im Sommer einen Investor gefunden: Am 1. Januar 2014 übernimmt die Biovitalpark GmbH Feriendorf und Schwimmbad-Anteil. Zum Verkaufspreis äußern sich die Beteiligten nicht …“
Nun geht es weiter in Gomadingen:
http://www.schiebener.net/wordpress/feriendorf-gomadingen-erste-fluechtlinge-angekommen/