Gewalt gegen Frauen: Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen gegen Patrick Sensburg wieder auf. Kommentar auf Facebook: „hat mal jemand an das Opfer und die Frauen vorher gedacht?“

Der Fall Sensburg ist immer wieder für eine neue Überraschung gut. Wie heute BILD, Tagesspiegel, Spiegel und Westfalenpost meldeten, nimmt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den Briloner CDU-Politiker erneut auf.

Laut Westfalenpost zeigt sich der Politiker erstaunt: Die geänderte Einschätzung der Staatsanwaltschaft sei überraschend wie unverständlich, „da mich die richterliche Vernehmung meiner Verlobten und weiterer Zeugen vollkommen entlastet hat.“

Auf Facebook postet Patrick Sensburg sein Unverständnis:

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat meinem Rechtsanwalt Prof. Dr. Björn Gercke am Morgen des 25.02.15 mitgeteilt, dass das gegen mich geführte Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdacht eingestellt werde. Wie üblich werde es noch einige Tage dauern, bis die schriftliche Einstellungsverfügung vorliegt. Dies, so die Staatsanwaltschaft, könne mein Rechtsanwalt mir schon einmal mitteilen. Mit Fax vom 02.03.2015 erinnerte mein Anwalt an die Übersendung der zugesagten Einstellungsverfügung. Gestern teilte die Staatsanwaltschaft meinem Anwalt mit, dass bei der Ausarbeitung der Einstellungsverfügung entschieden wurde, das Ermittlungsverfahren doch fortzusetzen. Man habe seine Meinung geändert. Dies habe nichts mit dem Vorliegen etwaiger neuer Beweismittel zu tun. Man bewerte den gleichen Sachverhalt jedoch nunmehr anders. Mein Anwalt hat die Staatsanwaltschaft aufgefordert, ihren Sinneswandel zu begründen. Auf diese Begründung warten wir noch. Da mich die richterliche Vernehmung meiner Verlobten und weiterer Zeugen vollkommen entlastet hat, ist die geänderte Einschätzung der Staatsanwaltschaft ebenso überraschend wie unverständlich.

Die Kommentare auf der Facebook Seite reichen von Zuspruch und Verständnis bis hin zu kritischen Bemerkungen und Häme.

Pro: „Wie lächerlich und undurchschaubar – ich drücke die Daumen, daß sich die Sache endlich bald in Luft auflöst und man sich auf allen Seiten um Wichtigeres kümmern kann!“

„unglaublich…. leute wie edathy und berluscony werden freigesprochen… wo bleibt da die gerechtigkeit“

Kontra:Es ist wirklich traurig, hat mal jemand an das Opfer und die Frauen vorher gedacht? Wie müssen die sich fühlen? Gut das die Staatsanwaltschaft nochmal prüft. Wenn nichts dran ist kann PS ja sorgenlos bleiben“

„Semper aliquid haeret. Sauber bleiben, dann passiert so etwas erst gar nicht.“

Häme: „Hättest lieber mal ne Frau suchen solln die darauf steht!!! eine Shades of Grey Verfilmung“

Sensburg selbst kommentiert in eigener Sache:

„Die fehlen mir ausnahmsweise auch gerade.“ (zum Kommentar „Ohne Worte!“)

„BILD schreibt es so: „Die bearbeitende Abteilung hatte eine Einstellung angeregt, doch nach interner Prüfung wurde das Ermittlungsverfahren fortgesetzt“. Aha!“

„Danke! Aber das ist schon ein Hammer!“

„Ganz herzlichen Dank!“

Wir sagen:
Für Patrick Sensburg ist es unserer Meinung nach nicht vorteilhaft andauernd -wie schon beim CDU-Kreisparteitag- als Anwalt in eigener Sache aufzutreten. Es könnte sein, dass sich der Sauerländer um Kopf und Kragen redet. Er hat zwar einen Anwalt mit Professorentitel, aber anscheinend keine guten Berater.

Wir können leider nur mit Frank Zappa dienen: „Shut Up ’n Play Yer Guitar“

13 Gedanken zu „Gewalt gegen Frauen: Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen gegen Patrick Sensburg wieder auf. Kommentar auf Facebook: „hat mal jemand an das Opfer und die Frauen vorher gedacht?““

  1. Kommentar bei der Westen, Torsten Droop:

    Dass der Druck hoch war, machte sein Auftritt auf dem CDU-Kreisparteitag in Meschede klar: Warum sonst hätte er siegesgewiss kundgetan, dass die Ermittlungen quasi eingestellt seien – statt still abzuwarten und die Staatsanwaltschaft diesen Job machen zu lassen.

    Dass sie nun ihre Arbeit fortsetzt, meinte Sensburg sogleich öffentlich kritisieren zu müssen: Der Druck muss tatsächlich hoch sein. Sensburgs Fallhöhe ist es nicht minder.

    http://www.derwesten.de/meinung/laengst-nicht-auf-der-sicheren-seite-id10445856.html

  2. Interessante Entwicklung. Ich hoffe, es steckt mehr dahinter als z.B. eine Staatsanwaltschaft, die beleidigt ist, weil er ihr Ergebnis vorab verkündet hatte. Kann mir eigentlich mal ein Jurist erklären, wie so ein Verfahren eingestellt werden kann, wenn die Verletzungen ärztlich dokumentiert wurden und es Zeugenaussagen gibt?

  3. Aber, er sei immer noch „verlobt“… Möchte mir im Einzelnen nicht vorstellen, wie diese „Beziehung“ funktioniert und was es beide „kostet“. Es gibt ja viele Heuchler auf dieser Welt, aber Prof. Sensburg hat diesen Begriff kultiviert.

  4. @Googler:
    Zu „Kann mir eigentlich mal ein Jurist erklären, wie so ein Verfahren eingestellt werden kann, wenn die Verletzungen ärztlich dokumentiert wurden und es Zeugenaussagen gibt?“
    hier der Erklärungsversuch eines Nicht-Juristen, wie bereits vor einigen Tagen an anderer Stelle in diesem Blog.
    Entgegen weit verbreiteter Meinung sind Staatsanwaltschaften keine neutralen und unabhängigen Institutionen, sondern weisungsgebundene Behörden, streng hierarchisch organisiert.
    Im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) heißt es dazu:
    § 146
    „Die Beamten der Staatsanwaltschaft haben den dienstlichen Anweisungen ihres Vorgesetzten nachzukommen.“
    § 147
    „Das Recht der Aufsicht und Leitung steht zu:

    2. der Landesjustizverwaltung hinsichtlich aller staatsanwaltschaftlichen Beamten des betreffenden Landes;
    3. dem ersten Beamten der Staatsanwaltschaft bei den Oberlandesgerichten und den Landgerichten hinsichtlich aller Beamten der Staatsanwaltschaft ihres Bezirks.“
    Da können also jederzeit die Chefs der Generaltaatsanwaltschaften Anweisungen erteilen. Am längsten Hebel sitzen die Landesjustizminister, die können die Arbeit aller Staatsanwälte bestimmen.
    Die könnten also aus beliebigen Gründen die Aufnahme oder das Einstellen von Ermittlungen anordnen…
    Die Staatsanwaltschaften bestreiten zwar häufig, dass es hierarchische Anweisungen gibt, aber aus eigener Erfahrung (z.B. Akteneinsicht bei Gericht) kenne ich das anders.

  5. @gp

    „Der Untertan“ – in der Tat. In Heinrich Manns Roman begründet der ehrenwerte Diederich Heßling, warum es mit der Ehe nichts werden kann:

    „Mein moralisches Empfinden verbietet mir, ein Mädchen zu heiraten, das mir seine Reinheit nicht mit in die Ehe bringt. … Kein Mensch kann von mir verlangen, daß ich so eine zur Mutter meiner Kinder mache. Dafür hab ich zuviel soziales Gewissen.“

  6. @Reinhard Loos: Das wäre wohl wirklich eine Erklärung. Ich vermute ja, dass überhaupt nur ermittelt wurde/wird, weil es die Berliner Staatsanwaltschaft ist. In NRW wäre es bestimmt nicht so weit gekommen (an welcher Hochschule ist PS Professor?). Aber auch in Berlin sitzt die CDU in der Regierung. Nun ja, abwarten, ob noch etwas passiert.

    Übrigens, stand nicht irgendwo, die beiden hätten sich zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung etwa drei Monate gekannt? Verlobt man sich immer so schnell im Sauerland?

  7. @Googler:
    Wahrscheinlich fand die Verlobung ja in Berlin und nicht im Sauerland statt …….
    Und eine gesetzliche Mindestdauer für das persönliche Kennen vor einer Verlobung gibt es weder im Sauerland noch in Berlin, man dürfte sich also bereits am ersten Tag verloben…
    Rein formal betrachtet ist die Bekanntgabe einer Verlobung eine einseitige Erklärung eines der beiden Partner, solange der andere nicht ausdrücklich und öffentlich widerspricht. Zeugen und Beurkundungen gibt es nicht; andere Beteiligte wirken nicht mit…

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