Ganztagsschulen müssen ihre Hausaufgaben machen: Lernzeiten im Unterricht, statt büffeln zu Hause

Hausaufgaben20150609Nie mehr zuhause lernen? Bedeutet das der neue Erlass „Unterrichtsbeginn, Verteilung der Wochenstunden, 5-Tage-Woche, Klassenarbeiten und Hausaufgaben an allgemein bildenden Schulen“ aus dem Schulministerium in Düsseldorf? Das wollte die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) genau wissen. Also fragte die SBL-Geschäftsführerin im Ministerium nach. Die Antwort aus Düsseldorf kam ziemlich prompt. Kurz zusammengefasst lautet sie:

„In der Schule lernen“ – Hausaufgaben sind nicht der Regelfall, sondern die Ausnahme“!

Aber nun die Antwort aus dem Schulministerium komplett:

„Der neue Erlass „Unterrichtsbeginn, Verteilung der Wochenstunden, Fünf-Tage-Woche, Klassenarbeiten und Hausaufgaben an allgemeinbildenden Schulen“ (BASS 2015/2016, Nr. 12-63)gilt grundsätzlich – wie auch schon aus der Erlassbezeichnung ersichtlich ist – für alle allgemeinbildenden Schulen.

Der neue Erlass schafft – wie Sie wissen – an einigen Stellen eine neue rechtliche Grundlage für die Umsetzung der Empfehlungen des Runden Tisches zu G8/G9 vom vergangenen November. Zudem werden mit ihm aber auch verschiedene bisherige Erlasse zusammengefasst. Das heißt er betrifft Punkte, die auch vorher schon geregelt waren. So hieß es bereits im Erlass „Hausaufgaben in der Primarstufe und in der Sekundarstufe I“ (BASS 12 – 31 Nr 1): „Ganztagsschulen sollen Hausaufgaben in das Gesamtkonzept des Ganztags integrieren, sodass es möglichst keine Aufgaben mehr gibt, die zu Hause erledigt werden müssen.“ Auch dieses „sollen“ war in juristischer Sicht mehr als nur ein Appell. Im neuen Erlass heißt es nun, dass an Ganztagsschulen „Lernzeiten an die Stelle von Hausaufgaben“ treten. Damit soll deutlich werden, dass eine Ganztagsschule nicht einfach mehr „Unterricht“ als andere Schulen hat, sondern die zusätzlichen verpflichtenden Elemente des Ganztags die klassischen „Hausaufgaben“ überflüssig machen sollen, weil sie vertiefenden Charakter haben. Das Stichwort „Lernzeiten“ (siehe Nr. 4.2 des Erlasses) ist dazu ein von einer zunehmenden Zahl von Schulen praktiziertes Konzept, das deutlich über eine „Hausaufgabenbetreuung“ hinausgeht.

Sowohl die bisherige als auch die neue Regelung lässt aber auch für Ganztagsschulen Ausnahmen zu. So hieß es bisher, dass es „möglichst“ keine Aufgaben mehr geben soll, die zu Hause erledigt werden müssen und nun, dass dies „in der Regel“ nicht mehr der Fall sein soll. Damit müssen Hausaufgaben“ im klassischen Sinne, wenn sie an Ganztagsschulen erteilt werden, eine Ausnahme bleiben. Solche Ausnahmen kann es aus ganz unterschiedlichen Gründen immer wieder geben, sie durften und dürfen aber nicht zum Regelfall werden.

Im Rahmen dieser rechtlichen Vorgabe ist von entscheidender Bedeutung, dass die Schulkonferenzen vor Ort ein Konzept für den Umgang mit Hausaufgaben entwickeln müssen (siehe Nr. 4.6 des Erlasses), das fachlichen Belangen Rechnung trägt und von der Schulgemeinschaft akzeptiert wird.“

Schauen wir mal, wie schnell sich das herum spricht …

7 Gedanken zu „Ganztagsschulen müssen ihre Hausaufgaben machen: Lernzeiten im Unterricht, statt büffeln zu Hause“

  1. Natürlich ist es wünschenswert, dass Schüler nach einem ganzen Tag an der Schule nicht am Abend lernen müssen, keine Frage.

    Aber:

    Eine deutsche Ganztagsschule ist nicht mit einer Ganztagsschule in anderen Ländern zu vergleichen. In NRW bedeutet „Ganztag“ meist Unterricht an bis zu drei Tagen pro Woche.

    Häufig fällt Nachmittagsunterricht wegen Konferenzen oder fehlender Lehrer aus, oder der gesamte Schultag wird in einen „häuslichen Studientag“ für Schüler umgewidmet, weil Lehrer die zahlreichen Innovationen der Politik an unterrichtsfreien „Pädagogischen Tagen“ an die Schulrealität anpassen sollen.

    NRW führt keine Statistik über den tatsächlichen Unterrichtsausfall, sodass dieser in der politischen Diskussion keine zu beziffernde Größe darstellt. Eltern mit schulpflichtigen Kindern wissen vermutlich, wovon ich rede.

    Der Trend ist meines Erachtens eindeutig: die Politik suggeriert Eltern und Schülern, dass ohne Hausaufgaben und häusliches Lernen bei weniger Nachmittagsunterricht in nur acht Jahren eine qualitativ hochwertiger Abschluss, das Abitur, möglich sei.

    Schüler werden durch die beschlossenen Maßnahmen vermutlich nicht besser, sondern mit weniger Wissen, Können, Bildung, Kompetenzen oder was auch immer zum Abitur antreten. Ich bezweifle jedoch nicht, dass die Politik dieser Herausforderung beherzt mit Reformen und Optimierung begegnen wird.

  2. @Johanna:

    Ein weites Feld:

    erstens gibt es an den meisten Schulen keinen verlässlichen Ganztag von, sagen wir mal, 9 bis 16 Uhr von Montag bis Freitag.

    Zweitens fällt auch an den sogenannten Ganztagsschulen Unterricht aus, weil Lehrerinnen und Lehrer Dinge tun müssen, die eigentlich die Schulbehörde entwickelt haben müsste, wie beispielsweise Lehrpläne erstellen. Dafür sitzen dann tausende von Lehrerinnen und Lehrern auf sogenannten pädagogischen Tagen ohne Unterricht in der Schule und entwerfen hundertfach irgendwelche bürokratischen Monsterpläne.

    Lehrer*innen sollten in der Klasse unterrichten.

  3. @Paulmama

    In dem WDR-Artikel werden zwei Dinge miteinander verknüpft. Erstens der Trend zum Abitur und zweitens die durch PISA(?) erzeugte Kompetenzorientierung des Unterrichts.

    Da habe ich mehr Fragen als Antworten.

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