Die Zollverwaltung als „Moderne Wegelagerer“?

Im Mittelalter nahmen die Könige für sich das Zollrecht in Anspruch.

(Der Artikel ist zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

“Die mittelalterlichen Zölle waren Binnenzölle, die beim Passieren bestimmter Zollstätten an Land- oder Wasserwegen oder auf öffentlichen Märkten erhoben wurden. Stand ursprünglich der Gebührencharakter im Vordergrund (Entgelt für die Nutzung von Verkehrseinrichtungen, Schutz der Kaufleute), verstärkte sich zunehmend der fiskalische Aspekt der Zollerhebung”, können wir auf den Seiten des Bundesfinanzministeriums nachlesen.

Es sollte also mit häufig zweifelhaften Methoden mehr Geld in die Kassen der Herrschenden fließen.

Nun hat die Zollverwaltung in unserem Land ab 1. Juli 2014 die Erhebung der Kfz-Steuer übernommen. Und Teile der Zollverwaltung scheinen damit ins Mittelalter zurückgerutscht zu sein.

Ein besonders krasser Fall ereignete sich jüngst im HSK. Eine junge Mutter hatte gerade ihre einjährige Elternzeit beendet und wieder die Arbeitstätigkeit aufgenommen. Der Vater hatte nun zwei Vätermonate und hielt sich mit dem kleinen Kind in der Wohnung auf. Da drangen mehrere Zollbeamte in die Wohnung ein und forderten die Zahlung von mehr als 200 Euro für angeblich rückständige Kfz-Steuer plus Vollstreckungskosten von der jungen Mutter. Da die angebliche Schuldnerin selbst nicht anwesend war, sprachen die Zollbeamten gegenüber dem jungen Vater diverse Drohungen aus und suchten die angebliche Schuldnerin (erfolglos) in der Stadt. Und zuvor hinterließ der “Vollziehungsbeamte” G. noch ein Schreiben in der Wohnung, in dem er für den nächsten Morgen seinen erneuten ‘Besuch’ ankündigten. Weiter wurde mitgeteilt: “Als Vollziehungsbeamter darf ich auch ohne Ihre Anwesenheit und Einwilligung (oder die eines erwachsenen Mitbewohners oder Bevollmächtigten) Ihr Besitztum durchsuchen und dazu erforderlichenfalls verschlossene Türen und Behältnisse auf Ihre Kosten durchsuchen lassen.” Außerdem wurde noch mit “Freiheits- oder Geldstrafe” gedroht. Tolle Aussichten!

Dies ereignete sich am 21. Mai 2015. Doch bereits 51 Tage vorher vorher war die angeblich einzutreibende Kfz-Steuer komplett bezahlt worden, mit allen erforderlichen Angaben auf der Überweisung.

In den nächsten Tagen gab es zahlreichen Briefe und Telefonate mit dem Hauptzollamt in Bielefeld sowie Zolldienststellen in Paderborn und Arnsberg. Nach etwa 20 Kontakten erkannte dann auch die Zollverwaltung, dass sie keine Zahlung mehr eintreiben durfte. Zunächst versuchte sich die Zollverwaltung damit herauszureden, die Zahlung und die Vollstreckung hätten sich wohl zeitlich überschnitten – was aber bei mehr als 7 Wochen Zeitspanne völlig undenkbar ist.

Dann erfolgte der Rückzug. Das Hauptzollamt schrieb am 03. Juni 2015 an die zuvor von ihm verfolgte Frau:

“Ihre Überweisung in Höhe von 173,00 € ist am 31.03.2015 hier eingegangen. Sollte nach dem o.g. Datum ein Vollstreckungsversuch erfolgt sein, so bitte ich dieses Missverständnis zu entschuldigen”.

“Missverständnis”? Es handelt sich wohl eher um ein völliges Versagen der Zollverwaltung. Eine Vollstreckungsaktion ist nicht harmlos! Wer schützt uns vor solchen Behörden? Wer zieht Konsequenzen? Wenn ein Beamter Vollstreckungsmaßnahmen betreibt und gewaltsame Öffnung von Türen sowie Durchsuchungen ankündigt, sollte er sich zuvor gründlichst informiert haben. Andernfalls ist er in dieser Funktion nicht tragbar – oder der Rechtsstaat funktioniert hier nicht.