Die Fracking-Abstimmung im Bundestag – mehr Fragen als Antworten. Update: Eine Antwort von Dirk Wiese.

Merkel in Neheim 2012
Meschede vor 4 Jahren: Physikerin Angela Merkel 2012  auf ihrem Zukunftsplatz? Initiative wollte damals vor den Wahlen Fracking in den Vordergrund rücken. (archiv: hesse)

Vorspann: Einen Gesetzentwurf der Grünen/Linken für ein Verbot der umstrittenen Fracking-Methode haben CDU/CSU und SPD mehrheitlich abgelehnt. Fünf Unions- sowie ein SPD-Politiker stimmten mit der Opposition.

Der Hintergrund wird bei Abgeordnetenwatch erläutert:

Das Abstimmungsverhalten unserer heimischen Abgeordneten Patrick Sensburg (CDU) und Dirk Wiese (SPD):

Patrick Sensburg: Enthaltung
Dirk Wiese: Dagegen

Das bedeutet Enthaltung zum Gesetzentwurf der Grünen (Sensburg) und Ablehnung des Gesetzesentwurfs zum Fracking-Verbot (Wiese).

Für den Piraten Florian Otto ist dieses Abstimmungsverhalten Anlass auf Facebook zu fragen:

Warum enthält sich Patrick Sensburg, wenn er doch gegen Fracking ist? (http://www.patrick-sensburg.de/…/112-sensburg-gegen-frackin…)
Und warum stimmt Dirk Wiese dafür, wenn er es doch eigentlich verbieten will? (http://dirkwiese.de/…/ramsauer-will-fracking-erlauben-klar…/)
Das sind also die Leute, die unser Sauerland in Berlin „vertreten“. ?#?fracking?

Dirk Wiese begründet sein Votum in einer Pressemitteilung und auf seiner Website wie folgt:

Erklärung nach § 31 GO BT zu der Gesetzesvorlage von Bündnis 90/ Die Grünen und dem Antrag der Linken zum Thema Fracking

Ich habe immer wieder deutlich gemacht, dass Fracking im Sauerland, ja in ganz NRW, nichts zu suchen hat. Hierzu stehe ich ohne Wenn und Aber. Trinkwasser und Gesundheit haben absoluten Vorrang. Die Risiken für Mensch und Natur sind viel zu hoch und nicht verantwortbar. In der großen Koalition wird schon seit längerem an einem entsprechenden Gesetz gearbeitet. Ich erwarte von unserem Koalitionspartner jetzt endlich, dass er seine Blockadehaltung aufgibt. Ich will darüber hinaus ein Gesetz, das die Umweltstandards für die bereits vorhandene Erdgasförderung verschärft. Ich will klare und rechtssichere Regelungen für die Bürgerinnen und Bürger und Behörden. Dafür stehe ich ein.Der Gesetzentwurf von Bündnis 90/ Die Grünen und der Antrag der Linken am heutigen Tage sind rein taktisch motiviert. Sie sind an keiner Lösung interessiert, sondern möchten das Parlament nur für Ihre Inszenierung nutzen. Das ist ihr gutes Recht als Opposition. Dies erkennt man insbesondere gut daran, dass sie nicht einmal eine Debatte beantragt haben, sondern nur abstimmen wollen, um dies medial gegen uns zu verwenden. Dies wird immer wieder vorkommen. Darum lehne ich solche taktischen Winkelzüge ab. Das Thema ist für die Menschen zu ernst, um auf deren Rücken Spiele zu spielen. Entsprechenden Gesetzesvorlagen oder Anträgen zur politischen Instrumentalisierung stimme ich daher nicht zu.

 

Florian Otto:

tut mir leid, aber das klingt doch alles sehr nach „kommt von den anderen, deswegen sind wir dagegen“. und auch wenn der gesetzesentwurf wohl nicht weit genug geht, wäre das immer noch mehr als die regierungskoalition bisher zustande gebracht hat. eine nicht zugelassene „diskussion“ im plenum als inszenierung zu bezeichnen, finde ich sehr falsch. schließlich wird im plenum nicht mehr diskutiert, sondern es werden nur noch (teils scheinheilige) stellungnahmen abgegeben, weshalb man für oder gegen etwas stimmt. ich denke, du dürftest sogar besser als ich wissen, dass die diskussionen – wenn überhaupt – im vorfeld stattfinden und sich niemand mehr wirklich im plenum umstimmen lässt.
kommt selber in die pötte und bringt ein gescheites frackinggesetz zur abstimmung, dann werde ich das auch gerne entsprechend honorieren.

Ich selbst hatte dann noch folgenden Gedanken:

Ich möchte zur Zeit nicht in der SPD sein. Da muss man schon ziemlich hartgesotten sein.

Noch mal zur Fracking Abstimmung. Die Argumentation der SPD ist anscheinend:

wir sind gegen Fracking, aber die CDU blockiert in den Ausschüssen einen Gesetzentwurf. Die Grünen wollten uns auf der anderen Seite durch eine Abstimmung ohne Debatte nur vorführen.

Hast du eine Ahnung, ob oder warum die Abstimmung ohne Debatte durchgeführt wurde?

Ja, das politische Geschäft ist mühsam, und ja, kein Gesetz kommt so aus dem Bundestag heraus, wie es hinein ging, aber hier scheint die SPD doch in einer nahezu absurden Klemme zu stecken:

Obwohl wir gegen Fracking sind, stimmen wir nicht gegen Fracking ab, denn die Abstimmung wurde von Grünen und Linken initiiert. Die wollen uns nur vorführen, und da wir uns nicht vorführen lassen wollen, müssen wir gegen den Antrag gegen Fracking stimmen. Denn wir stecken ja außerdem in den Ausschüssen fest, in denen eine Gesetz gegen Fracking mit der CDU verhandelt werden soll. Da allerdings werden wir von der CDU hingehalten.

Abgeordnetenwatch:

„Derzeit befindet sich der Regierungsantrag in den zuständigen Fachausschüssen des Bundestages, wo bislang keine Einigung erzielt wurde. Die CSU-Bundestagsabgeordnete Andrea Lindholz schrieb kürzlich in einer Antwort auf abgeordnetenwatch.de, es sei „unklar ob bzw. wann das Gesetz im Bundestag verabschiedet werden wird.““

Der SPD geht es noch schlechter als Buridans Esel, der sich nicht zwischen zwei Heuhaufen entscheiden konnte und darob verhungerte. Die SPD scheint im Gegensatz zu Buridans Esel in der „Fracking-Frage“ überhaupt keinen Heuhaufen zu haben.

Kleine Pointe zum Schluss: der Vertreter der „Bremser-Partei“ CDU Patrick Sensburg hat sich immerhin(!?) enthalten.

Update 29.04.2016, 6:20:

Dirk Wiese erläutert in einer Nachricht auf Facebook die Hintergründe aus seiner Sicht

Guten Abend aus Berlin, habe ihren Post bei Facebook im Hinblick auf die Frage „Warum keine Debatte“ heute beim wichtigen Thema Fracking gelesen.

Hier die Erklärung: Im Nachgang zu den heutigen Namentlichen Abstimmungen zum Thema Fracking möchte ich zur Frage der Behandlung „ohne Debatte“ noch etwas klarstellen:

Zu Beginn der Wahlperiode wurde zwischen den Fraktionen eine Struktur der Tagesordnung vereinbart, die es in die Entscheidungsfreiheit jeder Fraktion legt, ihre Tagesordnungspunkte mit vorgegebenen Debattenzeiten oder aber ohne Debatte aufzusetzen. In dieser Woche gab es verschiedene Tagesordnungspunkte der Linken und der Grünen, die sie mit Debatte auf die Tagesordnung gesetzt haben, darunter z.B. auch die Themen „Heute für morgen helfen – Engagement für Geflüchtete stärken“ oder „Tag der Befreiung muss gesetzlicher Gedenktag werden“. Zu keinem Zeitpunkt haben Linke und Grüne eine Debatte zu den beiden Vorlagen zu Fracking angekündigt oder beantragt. Die Behauptung der Opposition, wir hätten eine Debatte verhindert, ist deshalb schlicht falsch. Richtig ist, dass Linke und Grüne die beiden Vorlagen bewusst ohne Debatte auf die Tagesordnung gesetzt haben, weil es ihnen nicht um die parlamentarische Auseinandersetzung ging, sondern darum, sich eine Vorlage für eine durchsichtige Kampagne in den betroffenen Wahlkreisen zu verschaffen.