Deponie „Am Meisterstein“ – Teil 3: Klärschlamm und kein Ende?

Bauschutt- und Bodendeponie „Am Meisterstein" legal mit Klärschlamm verfüllt?
Bauschutt- und Bodendeponie „Am Meisterstein“  Klärschlamm verfüllt.

Wurde die Bauschutt- und Bodendeponie „Am Meisterstein“ legal mit
Klärschlamm verfüllt?

Diese Ansicht vertritt jedenfalls die Abteilung Abfallwirtschaft und Bodenschutz
des Hochsauerlandkreises.

In meinem Briefkasten fand ich heute folgenden Bericht:

Mehrfach hatte die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste Anfragen und Anträge bzgl. der still gelegten Müllkippe „Am Meisterstein“ in Winterberg-Siedlinghausen gestellt. Die SBL-Fraktion ist der Ansicht, dass von der alten Deponie Umwelt-Gefahren ausgehen können. Die Kreisverwaltung ist anderer Meinung und hält derzeit eine Beprobung für nicht erforderlich. Auch Auskünfte von unabhängigen Sachverständigen, Mitarbeitern städtischer Kläranlagenbetreiber, zertifizierter Untersuchungslabore sowie der Bezirksregierung hält die Kreisverwaltung für wenig sachdienlich.

Etliche Fragen, die die SBL-Fraktion am 26.03.09 schriftlich bzgl. der
Deponie gestellt hatte, wurden im Juli von der Kreisverwaltung
beantwort.

Die Antworten besagen, dass auf der Boden- und Bauschuttdeponie nach der Genehmigung der Klärschlammentsorgung im Jahr 1984 für zwei Jahre entwässerte Klärschlamme abgekippt wurden. Insgesamt seien „nur“ 1.400 Kubikmeter Klärschlamm „Am Meisterstein“ deponiert worden. Voraussetzung war, laut Antwort der Kreisverwaltung, eine entsprechende Entwässerung der Schlämme. Wie genau die Klärschlämme entwässert wurden, sei nicht mehr genau zu bestimmen. Während der aktiven Betriebsphase wäre die Bezirksregierung für die Überwachung der Sicherheitsstandards, auch im Zusammenhang mit den Klärschlammablagerungen, zuständig gewesen.

Die Überwachung sei vom damaligen Amt für Wasser- und Abfallwirtschaft durchgeführt worden. Einzig die Boden- und Bauschuttdeponie „Am Meisterstein“ habe seinerzeit im Kreisgebiet die Zulassung für die
Deponierung von kommunalen Klärschlämmen gehabt.

Standfestigkeitsprobleme am Deponiekörper seien bisher nicht festgestellt worden. Die Deponie würde regelmäßig begangen. Setzungen und größere Abbrüche hätte man bislang nicht festgestellt. Heute sei
die Deponierung kommunaler Klärschlämme auf keiner im HSK betriebenen Abfallentsorgungsanlage aufgrund des hohen Organikanteils mehr zulässig, schreibt die Kreisverwaltung.

Aus alten Akten, die der SBL-Fraktion vorliegen, ergeben sich manche
Merkwürdigkeiten. Beispielsweise ist den verstaubten Papieren folgendes zu
entnehmen:

In der damaligen Zeit (den 80er Jahren) erfolgten auch (durch wen?)
illegale Müllablagerungen wie undichte Ölfässer und Sperrmüll. Es ist
wahrscheinlich, dass die Klärschlämme und der „Rest“-müll von oben
nach unten (statt von unten nach oben) abgekippt wurden. Dieses Vorgehen
soll zu den Instabilitäten geführt haben, die dazu führten, „dass ein
LKW beim Abkippvorgang abstürzte“, wie es in einem Behördenpapier vom
Februar 2009 heißt. „Bedauerlicherweise kam der Fahrer ums Leben.
Des Weiteren gab es eine Ordnungsverfügung gegen den Deponiebetreiber
(Mitteldeutsche Hartstein-Industrie GmbH). Der Grund war, dass nicht
genügend geeignetes Material zur Verfestigung des Klärschlammes zur
Verfügung stand. Aus dem Schreiben vom Staatlichen Amt für Wasser- und
Abfallwirtschaft mit dem Datum vom 24.02.1987 geht auch hervor, dass
Klärschlamm in den Wald gekippt worden ist. Es heißt da wörtlich: „Es
handelt sich eindeutig um einen Verstoß gegen die Auflage 4.3. des
Genehmigungsbescheides vom 06.06.1983. Weiter ist in dem Schreiben zu
lesen: „Gemäß der Auflistung der abgekippten Materialien beträgt der
Anteil des Klärschlammes am Gesamtvolumen für das Jahr 1986 ca. 62 %.
Das ist etwa doppelt so viel Klärschlamm wie Bodenaushub und
Straßenaufbruch.“
Außerdem gibt es Hinweise, dass bereits in früheren Jahren Klärschlämme
„Am Meisterstein“ abgekippt worden sind.

Das hört sich alles nach „Schnee von gestern“ an. Doch es bleibt die
Frage, ob es zu einer Kontamination des Grundwassers durch Sickerwasser
gekommen ist bzw. immer noch kommt. Alte Deponien sind nach unten hin
nicht abgedichtet. Und eine grüne Hülle um einen Müllhaufen hat leider
keinen positiven Einfluss auf das Sickerwasserproblem.
Wie die Kreisverwaltung in ihrer Antwort mehrfach schrieb, war damals
die Bezirksregierung zuständig. Schade, dass der Antrag der
Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste, einen Vertreter der
Bezirksregierung im Umweltausschuss zu diesem Thema zu hören, schon zweimal vom Landrat und von der Mehrheit des Kreistags abgelehnt worden ist.

5 Gedanken zu „Deponie „Am Meisterstein“ – Teil 3: Klärschlamm und kein Ende?“

  1. Wenn vor etwa 15 bis 20 Jahren Klärschlamm dort abgekippt wurde, ist der in der Zwischenzeit so erdähnlich geworden, dass keine Sickerwasserbelastung befürchtet werden muss. selbst wenn der eine oder andere Wert für Kupfer oder Zink damals etwas erhöht gewesen sein sollte, ist durch die Bildung von Huminstoffen eine sichere Rückhaltung gegeben. Wenn doch etwas ausgetragen wurde, ist dies nach über 20 Jahren wohl auch erledigt
    Auch organische Schadstoffe (Benzol, Kohlenwasserstoffe aus Mineralölprodukten etc.) sind nach so langer Zeit durch Mikroorganismen abgebaut (natural attenuation) oder ebenfalls zwischenzeitlich ausgespült.

    Bitte etwas mehr Augenmaß bei der Diskussion!!!

  2. Ein Blick nach Bayern

    Dort wurde die
    Gesellschaft zur Altlastensanierung in Bayern mbH
    gegründet.

    Im Netz fand ich dazu folgenden Text:

    „Der Unterstützungsfonds
    – Aktuelles zu stillgelegten gemeindlichen Hausmülldeponien –
    Dr. Juliane Thimet, Bayerischer Gemeindetag

    Im Jahr 1973 ging in Bayern die Zuständigkeit der Abfallentsorgung von den Gemeinden auf die Landkreise und kreisfreien Städte über. Dabei wurde auf Grund eines „Webfehlers“ im Gesetz die Zuständigkeit für die Sanierung der bis 1977 stillzulegenden gemeindlichen Hausmülldeponien nicht mit übertragen. Während also die 25 kreisfreien Städte für die Abfallentsorgung zuständig wurden und die entsprechenden Maßnahmen an den stillgelegten Deponien über die Abfallgebühren unmittelbar beim Bürger refinanzieren, müssen die 2031 kreisangehörigen Gemeinden die ihnen entstehenden Kosten für die Erkundung und Sanierung der gemeindlichen Hausmülldeponien aus dem Haushalt schultern. Etwas anderes gilt nur, wenn die Landkreise oder kreisfreien Städte als neue entsorgungspflichtige Körperschaften die Inhaberstellung für die früher von kreisangehörigen Gemeinden betriebenen Deponien übernommen haben.

    Art. 13 a BayBodSchG

    Seit dem 1. Mai 2006 hat der bayerische Landesgesetzgeber in Art. 13 a Bayerisches Bodenschutzgesetz (BayBodSchG) einen Erstattungsanspruch für die den Gemeinden für die durch die „alten Lasten“ entstehenden Kosten vorgesehen. Die Ausführungsverordnung (UStützV) trat am 1. Juni 2006 in Kraft. Die Förderrichtlinien und ein Mustervertrag sind ausgearbeitet. Damit sind die Probleme aus der Vergangenheit keineswegs gelöst, aber wenigstens – wie folgt – geregelt:

    Unterstützungsfonds

    Für die Laufzeit von fünf Jahren stellt der Freistaat Bayern jährlich 5 Mio. Euro zur Verfügung. Spiegelgleich müssen Bayerns Kommunen ebenfalls 5 Mio. Euro jährlich an Beiträgen an den Unterstützungsfonds aufbringen. Bei der Bereitstellung der Mittel wurde also eine Kooperation zwischen dem Freistaat und den kreisangehörigen Gemeinden mit einem Gesamtvolumen von 50 Mio. Euro gesetzlich verankert. Dies setzt – wie bei einer Versicherung – voraus, dass Bayerns Gemeinden auch untereinander solidarisch ihren Beitrag an den Unterstützungsfonds leisten. Ausnahmsweise kann der Beitrag einer Gemeinde zur Vermeidung einer besonderen Härte bis auf Null reduziert werden. Hier wurde an solche Gemeinden gedacht, die sämtliche auf dem Gemeindegebiet liegenden stillgelegten Hausmülldeponien bereits auf eigene Kosten saniert haben und deshalb nicht mehr in den Genuss einer Förderung kommen können. Liegt dagegen in einem Gemeindegebiet keine Hausmülldeponie, so hat diese Gemeinde dennoch Abfall produziert und deponiert und muss daher ihren Solidarbeitrag leisten. Zuständig für die Entscheidung über einen Härtefall beim Leisten des Beitrags an den Fonds ist das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, § 1 Abs. 3 UStützV.“

    Für alte Boden-, Bauschutt- und Klärschlamm-Deponien gilt diese Regelung nicht, sondern -nur- für ehemalige Hausmülldeponien. Das ist aber vermutlich kein Indiz dafür, dass man in Bayern glaubt, von den restlichen alten Müllkippen gingen keine Umwelt-Gefahren aus!?

  3. Moin moin an alle,
    das ist ja ein interessanter Kommentar und eine noch interesantere Antwort.
    Wenn ich das mal kurz zusammenfassen kann:
    Egal was ich wann, wo hin geschüttet habe, die Natur in NRW bzw. im Sauerland schafft das schon.
    Da wird dann aus giftigen Klärschlämmen guter Mutterboden auf dem dann die Erdbeeren wachsen.
    Zumindest bei uns im Sauerland!!
    In Soest wird das PFT Feld saniert, der Boden ist ca. 1m tief abgetragen worden, in Brilon wird das Sickerwasser gefiltert. Das unterschiedliche Vorgehen liegt wohl darin begründet, im HSK gibt es die alles fressenden Bodenbakterien und im Kreis Soest nicht??!!
    In Bayern gibt es die Bodenbakterien anscheinend auch nicht, warum sonst sollte der ‚Frei Staat‘ Bayern so viel Geld ausgeben?
    Ich glaube ich bin im falschen Film!!!!
    Das höhrt sich so an wie: Ich kann alles im Boden vergraben und es wird gut.
    Ich dachte das Stadium hätten wir in Deutschland hinter uns gelassen, aber da habe ich falsch gedacht. Oder liegt es nur am Sauerland, gehen da die Uhren anders??

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