Brauchen wir eine Heimat-Diskussion? SBL/FW-Kreistagsfraktion möchte den Begriff „Heimat“ zur Diskussion stellen.

Beschriftung in einer Sauerländer Schützenhalle. (foto: zoom)

Wird der Begriff „Heimat“ missbraucht?

(Diese Frage stellt die Sauerländer Bürgerliste auf Ihrer Website.)

Angesichts von Digitalisierung, Globalisierung und der Vereinnahmung des Begriffs „Heimat“ u.a. auch durch die kommerzielle Werbung, vor allem aber durch rechtsradikale Parteien, Gruppen und Bewegungen, hält die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) es für sinnvoll und gut, sich einmal mit dem Thema „Heimat“ intensiv auseinander zu setzen und es ggf. neu zu bestimmen. Nach Meinung der SBL/FW bietet der Kulturausschuss ein gut geeignetes Forum.

Thema für den Kulturausschuss
Fraktionssprecher Reinhard Loos richtete sich daher am 16.10.2018 mit einem Antrag an Landrat Dr. Karl Schneider:

“Sehr geehrter Herr Landrat,
die Fraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) stellt folgenden Antrag:

Referat und/oder Präsentation eines Experten zur Deutung und Verwendung des Begriffs „Heimat“ in einer der nächsten Sitzungen des Kulturausschusses”

Eine Frage des Gefühls? Eine Frage der Deutung?
Sich mit dem Thema „Heimat“ intensiver auseinander zu setzen, ist vielleicht schon lange überfällig!? Konkret stammt die Anregung, diesen Antrag zu stellen, übrigens von der Sachkundigen Bürgerin der SBL/FW im Kulturausschuss.

Wir sind auf die Sitzung des Ausschusses und auf viele und womöglich sehr verschiedene Deutungsvarianten und Lesarten von „Heimat“ gespannt.

Nur wegen euch: zwei Bilder von der Negerbrücke

Schild an der Brücke über die Neger im Ort Brunskappel. (foto: zoom)

Wegen der Kommentare von gp und Rüdiger unter meinem gestrigen Blogeintrag „Moin! So sieht es aus, wenn ich zur Arbeit radele …“, habe ich heute auf dem Rückweg von der Arbeit mein Rad auf der Brücke über die Neger in Brunskappel geparkt und zwei Fotos gemacht.

Die Neger ist ein Fluss, der auf Wikipedia beschrieben wird:

https://de.wikipedia.org/wiki/Neger_(Ruhr)

Eine sprachlich exakte Ableitung des Namens habe ich noch nicht gefunden, aber es soll vor über 700 Jahren eine Kirche namens Negere gegeben haben:

https://de.wikipedia.org/wiki/Negerkirchen

Den Gedenkstein für die Kirche (Negerkirche) kann man heute noch auf dem Weg zum großen Bildchen auf der linken Straßenseite sehen. Hier vor acht Jahren im Schnee:

https://www.schiebener.net/wordpress/laufen-im-schnee-von-siedlinghausen-zum-grosen-bildchen/

Auf meinen Mountainbike-, Jogging- und Wandertouren komme ich häufiger an den Negerquellen vorbei. Hier und da habe ich das im Blog dokumentiert:

https://www.schiebener.net/wordpress/laufen-im-hochsauerland-die-hunau-ist-fast-wieder-schneefrei-heute-negerquellen-hundegrab-und-hunauspur/

Die engagierte Siedlinghäuser Hauskapelle für Schützenfeste, Oktoberfeste und all die anderen Anlässe, auf denen der 4/4-Takt das Heben der Warsteiner-Gläser unterstützt heißt: Negertalmusikanten:

https://negertalmusikanten.jimdo.com/wir-%C3%BCber-uns/

Ich denke, dass der seit langen Jahren von mir sehr geschätzte Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch die Neger nicht in „African Valley“ umbenennen wird, denn auch wenn es im Negertal Rassismus gegen einige dunkelhäutige Mitbürger gibt, haben die nichts mit dem Flüsschen Neger zu tun.

Schloss Wildenberg in Brunskappel an der Neger. (foto: zoom)

Der Rest ist wie immer schnell, oft und billig erzählt:

In Siedlinghausen fließt die Neger mit der aus Winterberg kommenden Namenlose zusammen. Der resultierende Lauf heißt weiterhin Neger und vereinigt sich bei Steinhelle mit der Ruhr, die dann als Ruhr durch das Ruhrgebiet in den Rhein mündet.

Eigentlich, so die kalauernden Lokalgeografen, sei die Neger (plus Renau) bis zum Zusammenfluss in Steinhelle länger als die Ruhr, und deswegen müsste der resultierende Fluss weiterhin Neger heißen, die dann durch das Negergebiet von Dortmund bis Duisburg fließe.

Negergebiet, statt Ruhrgebiet – das allerdings wäre dann ein Fall für den Berliner Sprachwissenschaftler. Die Kumpel kamen schwarz aus dem Schacht. Black-Facing?

Ab hier wird unser Eis sehr, sehr dünn …

Umleitung: Vom R1 entlang der Fulda über Sprache, AfD, historische Denkmäler und den Klimawandel zu den Revier-Fotografien von Albert Renger-Patzsch und mehr ….

Melsungen an der Fulda, im Vordergrund das Rathaus, haben wir am Sonntag mit dem Rad besucht. (foto: zoom)

Das Wetter ist zur Zeit fantastisch und für das Radfahren sogar besser geeignet als im Sommer. Am Sonntag hat uns eine kleine Tour auf dem R1 von Kassel nach Melsungen gebracht.

Obwohl die Strecke entlang der Fulda verläuft, haben wir es geschafft, uns zu verfahren und uns orientierungslos auf einem Berg wiederzufinden.

Ein zufällig vorbeifahrender Mountainbiker konnte uns schließlich den Weg zurück auf den R1 weisen. Der unfreiwillige Umweg hatte einen großen Mehrwert, nämlich einen fantastischen Ausblick über das Fuldatal.

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Doch was ist in der Zeit in den Nachbarblogs und anderen Websites passiert?

Anatol Stefanowitsch: Unsere Sprache ist weniger diskriminierend geworden … planetinterview

Christoph Butterwegge: „Die Agenda 2010 war ein Nährboden für den Rechtspopulismus“ … zeitonline

Climate change: We have 12 years to limit climate change catastrophe, warns UN … guardian

IPCC Sonderbericht zu 1,5 Grad Erwärmung: Es lohnt sich, die SPM (Zusammenfassung für Entscheidungsträger) und FAQs (häufig gestellte Fragen) zu lesen, bevor man sich meinungsstark über den Nutzen oder die Auswirkungen dieses Berichts äußert … scilogs

Naziszene-Vernetzungen im Nordosten: Die Zahl der Rechtsextremisten in Mecklenburg-Vorpommern ist leicht angestiegen, knapp die Hälfte davon gilt als gewaltorientiert – zu beobachten ist zunehmend der Aufbau eigener Wirtschaftsstrukturen insbesondere aus NPD-Kreisen … bnr

AfD – keine Alternative für Juden! Gemeinsame Erklärung jüdischer Verbände gegen die Gründung der Bundesvereinigung „Juden in der AfD“ … doppelwacholder

Auf ein Neues mit Ex-Kanzler Schröder: Die Kaste der Politiker zerfällt in drei Gruppen: die Standardvariante ohne Mandat, die Prämiumvariante mit Mandat und die Oldtimer, die einmal ein Mandat hatten. Sie alle verbindet eines: Sie brauchen Öffentlichkeit, um sich zur Geltung zu bringen. Sie hilft ihnen, prominent zu werden und zu bleiben. Einer deckt alle drei Kategorien von Politikern ab: der Ex-SPD-Chef und Ex-Kanzler Schröder … postvonhorn

“Vergangenheit” entfernen: Debatten über staatliche Erinnerungsorte. Wie sollen Regierungen mit den Forderungen, historische Denkmäler zu entfernen und Erinnerungsorte umzubenennen, umgehen? Welche Rolle könnte Geschichtsbewusstsein in diesen Debatten spielen? … publicHistory

USA: Abschusserlaubnis für private Drohnen. Nach einem neuen Gesetz wird es für US-Behörden künftig erheblich leichter, unbemannte Flugobjekte abzuschießen, wenn sie als gefährlich angesehen werden … netzpolitik

Brett Kavanaugh has lied his way onto the Supreme Court: The House has a duty to do what the Senate has failed to do: investigate this shameful jurist and hold him to account … nation

Dinslakens Menschen bewegte in der 40. Woche 2018: Wolfsgebiet Kreis Wesel, Feinstaub … fotoaufnahme

Stadt Bochum steigt im Kulturranking zum vierten Mal in Folge: jetzt auf Platz 12 von 30 Städten in ganz Deutschland … pottblog

Wie eine späte Heimkehr: Essener Ruhr Museum zeigt stilbildende Revier-Fotografien von Albert Renger-Patzsch … revierpassagen

„Der Andere“ von Anton Svensson: Nach “Der Vater” von Anton Svensson kam jetzt “Der Andere” zur Tage. Ein Thriller Buch welches Lust versprühte gelesen zu werden aber es nur auf den ersten Seiten schaffte ein Thriller zu bleiben … rebrob

Sorgenkind ÖPNV: Hier geht es um eine Anfrage der Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) vom 18.08.2018 zur Einstellung der Buslinie S80 (Brilon – Paderborn) und die Antworten der Kreisverwaltung und des Nahverkehrsverbunds Paderborn/Höxter … sbl

Hörprobe: Oscar Romero „Aber es gibt eine Stimme die Stärke ist und Atem …“

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=-TGvnCbxcL0

 
 
Am 27. September hatte Peter Bürger hier im Blog unter anderem sein Hörbuch zu Oscar Romero vorgestellt. Ich hatte ihn damals nach einer Hörprobe gefragt, denn wer will schon die Katze im Sack kaufen.

Seit Anfang Oktober ist ein zehnminütiger Ausschnitt auf Youtube eingestellt, den ich oben verlinkt habe. Hört ihn euch an und überlegt, ob ihr 10 Euro für ein Stück interessanter Zeitgeschichte übrig habt.

Die Hörprobe habe ich ebenfalls in den Ursprungsartikel eingebaut, aber wer scrollt schon in einem Blog über mehrere Seiten. 😉

Umleitung: von der Talbrücke Nuttlar über die Bildzeitung, Feyerabend, @die_reklame, RWE, Sojabohnen, eine Stadtführung für Geflüchtete in Hagen zu Haus Hövener in Brilon und mehr …

Die Talbrücke der A46 bei Nuttlar ist nahezu fertiggestellt. (foto: zoom)

In den letzten Wochen habe ich die Verlinkung zu anderen Blogs und Websites vernachlässigt. Dabei war der Vernetzungsgedanke gerade ein Grundpfeiler der Blog-Szene. Lang, lang scheint es her.

Viele Blogs frönen inzwischen ein solitäres Dasein und die Diskussionen sind zu Facebook abgewandert. Dort ist es ja auch leichter, mal eben seine Meinung zu hinterlassen, ohne die vielen Extra-Eingaben auf einem Blog. Name? E-Mail? Einverstanden mit xy? Hat man dann den ganzen Prozess durchlaufen, muss irgendein Admin den Kommentar auch noch freischalten oder gar löschen, denn die Herausgeberin des Blogs haftet nicht nur für die Artikel, sondern auch für die Kommentare. Übel wollende Mitmenschen werden eher den kleinen Blogger/die kleine Bloggerin um die Ecke anpissen, als sich mit den Rechtsabteilungen von Facebook & Co anzulegen.

Sei’s drum. Hier ein Blick in benachbarte Blogs, wobei Nachbarschaft nicht nur geografisch gemeint ist.

Ein Letztes noch. Die Talbrücke Nuttlar (Bild oben) habe ich heute Abend auf einem kleinen Spaziergang fotografiert:

Die im Grundriss gekrümmte Brücke ist insgesamt 660 Meter lang. Sie hat sieben Felder mit Stützweiten von 77,00 m + 95,00 m + 95,00 m + 115,00 m + 97,50 m + 97,50 m + 83,00 m. Die Breite beträgt 28,60 Meter.[3] Der Überbau ist eine Stahlverbundkonstruktion.

Es wurden sechs Pfeilerpaare errichtet. Die Pfeiler sind maximal 108 Meter hoch. Sie sind paarweise leicht zueinander geneigt und durch Querriegel verbunden.

Der Schlebornbach wird an der höchsten Stelle bei 115 Metern überbrückt. Dies ist die höchste Überbrückung in Nordrhein-Westfalen.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Talbr%C3%BCcke_Nuttlar

Sechs Wochen als Gehbehinderter – oder: Von der Zerrissenheit der Gesellschaft … welchering

BILD – Vorfeldorganisation der AfD: Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Bild-Zeitung nicht versucht, die Institutionen und Repräsentanten des Staates verächtlich zu machen und ihre Leser gegen sie aufzuhetzen … sprengsatz

Aguma, Harburg und die Sojabohne: „Lebensmittel“ aus Harburg …harbuch

Now we’re done! (It’s time for Feyerabend) / Jetzt aber Feyerabend: Paul Feyerabends Essay “Against Method” von 1975 taucht selten auf, wenn Wissenschaftler*innen versuchen, ihr jeweiliges spezifisches Forschungsprojekt zu kontextualisieren und zu begründen. Ich meine, es als positiven Bezug in einem zu begutachtenden Antrag noch nicht gelesen, in einem Vortrag noch nie gehört zu haben … publicHistory

Ein paar Gedanken zur @die_reklame: Nach einigen Monaten @die_reklame und tausenden Werbeanzeigen haben sich ein paar Erkenntnisse angesammelt. Zuerst die wichtigste: Das Projekt entwickelt sich durchaus erfolgreich und steht momentan bei ca. 1300 Followern auf Twitter. Das sind mehr als wir gedacht haben und es macht auch immer noch richtig Spaß … schmalenstroer

RWE gegen den Rest der Welt: der Hambacher Forst und die Braunkohle-Debatte … demokratiefsinn

Lachen und lernen vom Weinberg bis in den Weltraum: ein kleines Loblied auf die unverwüstliche „Sendung mit der Maus” … revierpassagen

Hagen kennenlernen – Stadttour für Geflüchtete: Zu einer Stadttour, um Hagen kennenzulernen und sich besser zu orientieren, lädt die Volkshochschule Hagen (VHS) geflüchtete Menschen am Donnerstag, 11. Oktober, von 16 bis 18 Uhr ein. Der Treffpunkt ist vor dem Eingang des Ratskellers und die Teilnahme kostenfrei … doppelwacholder

SBL/FW besucht das Museum Haus Hövener: Wer ein Faible für Altes hat … sollte sich einen Besuch im Museum Haus Hövener in Brilon auf keinen Fall entgehen lassen, und auch nicht die Führung durch Carsten Schlömer, den jungen wissenschaftlichen Mitarbeiter des Hauses! Klasse! … sbl

Saisonabschluss: Mit dem Rad nach Münchhausen. Was war mit den V2-Raketen in Bromskirchen?

Rastplatz oberhalb von Züschen am Bahntrassen-Radweg von Winterberg nach Hallenberg. (foto: zoom)

Gestern war ein perfekter Sonntag zum Radfahren. Nach einigem Hin- und Herüberlegen -Schmallenberg, Meschede, Dortmund oder dann eben doch Richtung Nordhessen- bin ich gemütlich von Siedlinghausen über Winterberg, Hallenberg, Allendorf, Birkenbringhausen nach Münchhausen geradelt.

Beim Losfahren hat mich ein Nachbar gebeten, am Fledermaustunnel in Bromskirchen etwas nachzugucken. Ihm sei gesagt worden, dass dort im Tunnel am Ende des zweiten Weltkrieges eine V2 von den Nazis vor den Amerikanern versteckt worden wäre. Es gäbe angeblich eine Tafel. Ich solle mal schauen, ob das stimme.

Ich bin schon häufiger durch den Fledermaustunnel unterhalb von Bromskirchen geradelt. Eine V2-Infotafel hatte ich bisher nicht gesehen, aber Nachbarschaftsaufträge nehme ich ernst.

Hinter dem Tunnel habe ich das Rad und den Blick gewendet und die Info-Tafel links entdeckt. (foto: zoom)

Als ich am Anfang des Tunnels keine Tafel entdecken konnte, habe ich bei der Durchfahrt die dunklen Wände gemustert. Nichts zu sehen.

Am Tunnelausgang erinnerte ich mich an das Zitat von Francis Picabia: „Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.“ Ich habe dann gleich das ganze Rad gedreht und mir die Informationstafel, an der ich sonst immer vorbeigerauscht war, genauer angeschaut und die V2 gefunden.

Es war nicht nur eine V2, es waren derer gleich 10.

Rad gewendet und eine Teil der Geschichte entdeckt. (foto: zoom)

Unter der Überschrift „Heikler Fund“ steht allerdings nichts von einem Versteck im Tunnel. Auf dem letzten Abschnitt meiner Tour nach Allendorf und weiter über die Wasserscheide Rhein/Weser hinter Birkenbringhausen mit Ziel Münchhausen wusste ich, dass ich abends in Siedlinghausen noch ein bisschen würde recherchieren müssen.

Bis dahin aber 15°C, blauer Himmel, bunte Blätter, Herbst und gute Laune.

Lange Rede, kurzer Sinn und eine Antwort für meinen Nachbarn:

Im Fledermaustunnel bei Bromskirchen wurde nach meinem jetzigen Kenntnisstand keine V2 versteckt.

Das war woanders, nämlich in Hartenrod. Dort ist es schief gegangen, weil der Zug zu lang für den Tunnel war.

Zug mit V2-Raketen in Bromskirchen

Im Jahr 1945 wurde Bromskirchen kurzfristig weltweit bekannt, als ein kompletter Zug mit V2-Raketen in Bromskirchen von Truppen der US-Armee erbeutet wurde. Dieser Zug war am frühen Morgen des 22. März von Driedorf (Westerwald) kommend als überlanger Militärzug über Herborn in die Aar-Salzböde-Bahn eingebogen. Er war über einen Kilometer lang und wurde von zwei Lokomotiven (Typ G 8) gezogen, eine weitere befand sich in der Mitte, eine vierte schob von hinten. Bei Bicken wurde er gegen acht Uhr und später bei Bischoffen von amerikanischen Jagdbombern angegriffen und eine Lok beschädigt (Kesseldurchschuss), bei heftiger Gegenwehr durch die mitgeführten Vierlingsflaks. Der Zug wurde danach in Bischoffen in zwei Teile geteilt und erreichte gegen Abend den 700 m langen Tunnel bei Hartenrod, wo er jedoch vorne heraus ragte. Zwei Tage später wurde er Richtung Marburg abgefahren. Nach einer Irrfahrt über Marburg, Wetter, Frankenberg und Allendorf erreichte der Raketenzug auf dem Weg nach Winterberg am 29. März den Bahnhof Bromskirchen. Dort stoppten ihn gegen neun Uhr amerikanische Panzer, als die Loks im Bahnhof Bromskirchen Wasser tanken wollten. Den Amerikanern fielen mit diesem V2-Eisenbahnbatteriezug der Gruppe Süd-Art.Rgt.(mot.)z.V.901, Abt.Ia unter Planen getarnt, zehn komplette V2-Raketen einschließlich Treibstoff, Eisenbahnabschussrampen, gepanzerten Mannschafts- und Flakwaggons sowie die Bedienungsanleitungen in die Hände. Drei Tage später ließen die Amerikaner den Beutezug nach Antwerpen bringen. Von dort wurde die Ladung nach Amerika verschifft und trug damit ganz wesentlich dazu bei, die amerikanische Raketentechnik aufzubauen. Bis dahin war den Amerikanern die V2 nur aus ihren Bruchstücken nach dem Einschlag bekannt. Die Erbeutung dieses Zuges wurde auch ausführlich in alliierten Wochenschauen thematisiert.“

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Bromskirchen

Hier die Berichterstattung (Film) über den Fund in „A Digest Of War News 1945“, gleich an zweiter Stelle:

https://www.britishpathe.com/video/a-digest-of-war-news

Über den 700m-Tunnel in Hartenrod mit dem 1-km-Zug und dessen Irrfahrt liest man auf Wikipedia folgendes:

„Am frühen Morgen des 22. März 1945 bog von Driedorf (Westerwald) kommend ein überlanger V2-Eisenbahnbatteriezug einer deutschen Spezialeinheit über Herborn in die Aar-Salzböde-Bahn ein. Er war über einen Kilometer lang und wurde von zwei schweren Lokomotiven (Preußische G 8) gezogen, eine weitere befand sich in der Mitte, eine vierte schob von hinten. Bei Bicken wurde er gegen acht Uhr und später bei Bischoffen von amerikanischen Jagdbombern angegriffen und eine Lok beschädigt (Kesseldurchschuss), bei heftiger Gegenwehr durch die mitgeführten Vierlingsflaks. Bei dem Angriff kam der Dorfgendarm ums Leben. Der Zug wurde danach in Bischoffen in zwei Teile geteilt und erreichte spät am Abend den 700 Meter langen Tunnel bei Hartenrod, wo er jedoch hinten und vorne herausragte. Die Bevölkerung musste auf dem Anstieg zum Tunnel, um ein Durchdrehen der Antriebsräder der Loks zu verhindern, Sand auf die Schienen streuen und Buchenscheite für die Feuerung der Loks herbeischaffen; Kohle gab es nicht mehr.

Zwei Tage später wurde der Zug in Richtung Marburg abgefahren. Er sollte weiter über Cölbe nach Westen in Richtung Biedenkopf in eine neue Stellung gebracht werden, wurde nach Norden umgeleitet und am 29. März 1945 im Bahnhof Bromskirchen von den Amerikanern bei einem Halt gestoppt. Die unerwartete spektakuläre Kriegsbeute, bestehend aus zehn kompletten V2-Raketen, wurde anschließend in die USA verschifft.“

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Aar-Salzb%C3%B6de-Bahn

Das ist nun alles von Tafeln, Wikipedia und anderen Websites zusammengeklaubt. Ob es wissenschaftlich 100% sauber ist, weiß ich nicht, aber wir sind nahe dran.

Oscar Romero, Stimme der Armen und Fürsprecher einer anderen Globalisierung – Zwei Neuerscheinungen

ABER ES GIBT EINE STIMME, DIE STÄRKE IST UND ATEM …
Ein Hörbuch von Peter Bürger (bild: Cover)

Am 24. März 1980 lässt die winzige Minderheit der Reichen in El Salvador in der Hauptstadt Erzbischof Oscar Romero ermorden. Die von ihm vertretene Kirche der Armen wird als Angriff auf die herrschenden Besitzverhältnisse und Privilegien verstanden.

(Pressemitteilung von Peter Bürger)

Heute ist Romero Fürsprecher einer anderen Globalisierung unter dem Vorzeichen von Empathie, Solidarität und Gerechtigkeit: Teilen, nicht töten oder „absaufen“ lassen!

Die zentralen Botschaften der Predigten Romeros lassen uns aufhorchen ob ihrer drängenden Aktualität in einer Welt, in der wenige Individuen über mehr Besitztümer verfügen als die ärmere Hälfte der gesamten Menschheit.

Nachfolgend werden zwei Neuerscheinungen vorgestellt, die mit Blick auf die offizielle „Kanonisation“ in Rom am 14. Oktober den ungezähmten – politischen – Romero und dessen „Heiligsprechung durch die Armen“ in den Mittelpunkt stellen.

OSCAR ROMERO -
ABER ES GIBT EINE STIMME, DIE STÄRKE IST UND ATEM ...
Ein Hörbuch von Peter Bürger. – Onomato-Verlag
Gesamtspielzeit 78 Min. - ISBN 978-3-944891-67-5
Preis 10,- € [Auslieferung ab 01.10.2018]
https://www.onomato.de/detail/index/sArticle/432/number/SW10136?number=SW10136 
Autor & Textredaktion: Peter Bürger; Aufnahmetechnik & Gestaltung: Axel Grube; Sprechende: Gabriele Inhetvin, Peter Bürger, Peter Wege, Axel Grube; Musik: Detlef Klepsch und Axel Grube.

Mit freundlicher Unterstützung durch: Christliche Initiative Romero; Institut für Theologie und Politik; Solidarische Kirche im Rheinland; Wir sind Kirche; Bodo Bischof, Willem Lueg, Marco A. Sorace, Christian Weisner.

Das neue Hörbuch vermittelt die Geschichte Oscar Romeros, seinen Weg zur Kirche der Armen und Unterdrückten. Zeugnisse über den „Märtyrer der Gerechtigkeit“ und Selbstaussagen ermöglichen es, seine Wandlung und den Weg einer Pastoral an der Seite der Unterdrückten nachzuvollziehen.

Papst Franziskus will den Klerikalismus überwinden und sehnt sich nach einer Kirche der Armen. Auch an diesem Punkt kann Romero als Vorbild für einen neuen Aufbruch betrachtet werden. Der ehedem verschlossene und ängstliche Seelsorger erkannte seine Berufung, Sprachrohr zu sein für jene, die keine Stimme haben. Seine Predigten entstanden im Dialog. Er lernte das Zuhören und ließ sich von den kleinen Leuten stark machen. So wurde Romero trotz Todesdrohungen zu einem glücklicheren Menschen und glaubwürdigen Anwalt der Armen.

Hörprobe aus dem 10. Kapitel

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=-TGvnCbxcL0

 
 
„Sie wollen nicht, dass auch nur eine Stimme von der Stimme der Mächtigen abweicht, sie wollen keine Worte, die für die eintreten, die keine Stimme haben, und erst recht keine Taten, die die Schutzlosen und Verfolgten in Schutz nehmen.“
(Oscar Romero, 27. Juli 1977: Brief an Bischof Leonidas Proaño in Ecuador)

„Aber es gibt eine Stimme, die die Wahrheit im Namen dieses ganzen leidenden Organismus fordert und ausspricht, eine Stimme, die Stärke ist und Atem. Und ich fühle, meine Schwestern und Brüder, dass ich diese Stimme bin und dass wir ganz bestimmt eine Mission erfüllen.“
(Oscar Romero: Predigt vom 8.5.1977)

„Transzendenz bedeutet, sich auf das Kind, auf den Armen, auf den in Lumpen Gekleideten, auf den Kranken einzulassen, in die Elendshütten und Häuser zu gehen und mit ihnen allen zu teilen. Transzendenz bedeutet, aus der Mitte des Elends selbst diese Lage zu überschreiten, den Menschen zu erheben, ihn voranzubringen und ihm zu sagen: Du bist kein Abfall. Du gehörst nicht an den Rand. Das Gegenteil ist der Fall: Du hast eine große, große Bedeutung.“
Oscar Romero

„Es gibt keinen Gegensatz zwischen dem Bild Gottes und dem Menschen. Wer einen Menschen foltert, wer einen Menschen beleidigt, der beleidigt das Bild Gottes.“
Oscar Romero

Romero-Hoerbuch-Infoblatt (PDF)

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„Gedenkt der Heiligsprechung von Oscar Romero durch die Armen dieser Erde“ (Buchcover)

„Wer stört, wird umgebracht!“ predigte Oscar Romero, um die Unterdrückung in El Salvador zur Sprache zu bringen. Ihn selbst traf bald darauf die Kugel eines Auftragskillers.

Die Besitzlosen des Kontinents, „Gottes Lieblinge“, sprachen den Bischof sofort heilig. Jahrzehnte später wird unter Bischof Franziskus von Rom jetzt auch die kirchenamtlichen Kanonisation (2015/2018) nachgeholt. An das „Lehramt von unten“ erinnert der im vorliegenden Buch dokumentierte Ökumenische Aufruf zum 1. Mai 2011:

„Wir bitten Euch, der Heiligsprechung des Märtyrers San Oscar Romero durch die Armen Lateinamerikas und durch Freundinnen und Freunde Jesu auf dem ganzen Erdkreis zu gedenken. (…) Diese ‚Beatifikation‘ ohne ein teures Verfahren von Kirchenbehörden verbreitet eine frohe Kunde unter dem Wehen des Gottesgeistes: ‚Das Beispiel unseres Bruders San Oscar Romero zeigt uns, wie schön und mutig wir Menschen werden können, wenn wir beginnen, der Botschaft Jesu zuzuhören‘.“

Der neue Buchband erschließt alle Begleittexte, Zuschriften und Sprachversionen zum internationalen Aufruf „San Romero“, die Namen der unterzeichnenden Christinnen & Christen und Organisationen aus über 20 Ländern sowie die Impulse eines Ermutigungsabends.

Über Romeros Weg und Bedeutung informiert ein „Lesesaal“ mit Beiträgen von Norbert Arntz, Andreas Hugentobler, Willi Knecht, Martin Maier SJ, Paul Gerhard Schoenborn, Stefan Silber u.a. – Vertreter einer basiskirchlichen Perspektive zeigen auf, dass Establishment und Traditionalisten das Zeugnis Romeros zähmen wollen. Doch dieser Märtyrer ruft uns zum Aufbruch in einer Kirche der Armen.

„Gedenkt der Heiligsprechung von Oscar Romero
durch die Armen dieser Erde“
Dokumentation des Ökumenischen Aufrufes zum 1. Mai 2011 – Zuschriften – Lesesaal

Herausgegeben von Christian Weisner, Friedhelm Meyer & Peter Bürger.
Mit Beiträgen von Norbert Arntz, Andreas Hugentobler, Willi Knecht, 
Martin Maier SJ, Paul Gerhard Schoenborn, Stefan Silber u.a.

ISBN: 978-3-7460-7979-0
(Paperback, 268 Seiten, mit farbigen Abbildungen, Preis: 9,99 €)
Mit Angabe der ISBN-Nummer überall im Buchhandel bestellbar.
Leseprobe/Inhaltsverzeichnis (oben links anklicken) beim Verlag:
https://www.bod.de/buchshop/gedenkt-der-heiligsprechung-von-oscar-romero-durch-die-armen-dieser-erde-9783746079790

Abenteuer Antiquariat
Grandiose Werke zum 1. Weltkrieg und zur Revolution 1918 ff.

Jaroslav Hašek 1922

Vorweg dies: Der heiße Sommer 2018 trieb mich (und treibt mich noch) an die Küsten der Nord- und Ostsee, und auch hier zumeist in den kühleren Schatten. Dabei entdeckte ich eine Leidenschaft wieder, das freie Lesen. Das auch vor dicken Schwarten nicht zurückschreckt, wenn der Hunger erst einmal geweckt ist.

(Der Artikel von Christian Gotthardt ist im September zuerst im Harbuch erschienen.)

Wenn allein die Spürnase und der Magen des Trüffelschweins regieren. Eine Freundin nannte das einst treffend „entpragmatisiertes Lesen“, Lesen ohne Zeit und Raum, ohne Zwecksetzung eigener oder äußerer Herkunft. Von Erlebnissen, die dabei entstehen, soll diese neue Rubrik der Website nun hin und wieder berichten.

 

Jaroslav Hašek: Die Abenteuer des braven Soldats Schwejk. 2 Bände, zusammen rund 730 Seiten, geschrieben 1921 bis 1923. In Versandantiquariaten zu haben für 4-5 Euro.

Eigentlich sollte dieses Werk ja jeder längst gelesen haben, und eine Empfehlung wäre demnach Unsinn. Es mag die Schuld Fritz Muliars (und seiner Drehbuchautoren, Regisseure und Produzenten) gewesen sein, dass dem vermutlich nicht so ist. Muliar hatte in den 1970er Jahren in einer ZDF-Serie einen wachsweichen Schwejk gegeben, kauzig, verschmitzt, aber doof. Ich jedenfalls habe den Kasten damals ausgeschaltet und das Werk nicht angefasst.

Nun doch. Und siehe da: Nach 100 Seiten Eingewöhnung merkte ich, dieser Text bietet keine ermüdenden Schelmen-Geschichten a la Muliar, sondern eine knallharte, aufrüttelnde, oft blutige Kritik der österreichischen Gesellschaft zur Zeit der KuK-Monarchie. Hašek wusste, worüber er schrieb. Er war 1914, da seine Heimat Böhmen damals zu Österreich gehörte, in dessen Armee eingezogen worden und kam an die Ostfront. Dort lief er zu den Russen über, kämpfte als Soldat der Tschechischen Legion auf der Seite der Entente gegen die Mittelmächte Deutschland und Österreich. 1918 ging er in die Rote Armee, wurde Mitglied der KP Russlands und Politkommissar. 1920 kehrte er nach Prag zurück.

Hašek schildert die schreiende Inhumanität des österreichischen Militärs, zugleich ihre Unfähigkeit im selben Ausmaß. Konkrete Verbrechen, die historisch belegbar sind, zum Beispiel Massaker an der serbischen Bevölkerung in der Anfangsphase des Krieges. Das alles gestaltet in der Sprache eines „kleinen Mannes“, der gewiss keine Mitschuld trägt. Der nämlich Widerstand leistet, und sogar Solidarität mit Leidensgenossen beweist, in den seltenen Momenten, in denen dies in einem repressiven Staat überhaupt möglich ist. Brecht hat diesen Text geliebt, ich verstehe jetzt warum.

Der Text ist die bewegende Studie einer korrupten Gesellschaft. Er zeigt, dass die Flucht einer solchen Gesellschaft in den Krieg nur der letzte Akt des Niedergangs ist. Was für Niederlagen! Eine Wiederholung des Desasters von Louis Bonapartes Feldzug 1870 gegen Deutschland: In den Krieg ziehen und nach kurzer Zeit untergehen.

 

Alfred Döblin, November 1918, 4 Bände. Zusammen rund 2200 Seiten, geschrieben 1938 bis 1942 im Exil in Frankreich und in den USA. Die in der DDR von Rütten und Loening hervorragend besorgte gebundene Ausgabe von 1981 ist in Versandantiquariaten ab 50 Euro zu haben, die dtv-Taschenbuchausgabe von 1978, die ich in den 1980ern für 15,- DM geschossen habe, im Moment gar nicht mehr. Wegen des anstehenden Jubiläums?

Ja, Döblin, ich hatte immer schon eine Leidenschaft für ihn. Wegen Franz Biberkopf sowieso, und dann wegen seines lebenslangen Bekenntnisses zum Berliner Osten, zum Proletariat, zu den Armen. Er war dort Jahrzehnte Armenarzt wie mein Vater im Harburger Phoenixviertel. Döblins Berliner Kiez – Kreuzberg-Neukölln, zwischen Urban Krankenhaus am Landwehrkanal im Norden, Mehringdamm im Westen und Karl Marx Allee im Süden – kenne ich gut. Da habe ich mal gewohnt. Und mich sauwohl gefühlt, als Harburger. Denn das Quartier war im Grunde nichts anderes als Harburg hoch 2.

Aber diese Revolutionstetralogie, diese unendlich vielen Seiten, wo ich doch als Historiker sowieso eine kräftige Abneigung habe gegen historische Romane. Und alles sowieso besser weiß. Das lag wie Blei im Bücherregal, oft angeblättert, und immer wieder weggestellt.

Jetzt endlich gelesen und – Plop! – gefangen. Döblin ist eben Döblin, ein magischer Erzähler. Allein die Idee, den Roman in der Provinz, im Elsass beginnen zu lassen, im Mikrokosmos eines Militärlazaretts, er hatte dort seinen Kriegsdienst abgeleistet und kannte sich aus, darin die Gewalt der Niederlage Deutschlands zu schildern, genial. Dann der Sprung nach Berlin, die Einfühlung in die Würstchen Ebert, Scheidemann, Noske, die wirklich finale Abrechnung mit dem Verrat der deutschen Sozialdemokratie.

Und mehr noch: eine ebenso kundige Schilderung der Revolutionäre, vor allem ihres Führungspersonals, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg. Sie waren Zauderer aus Döblins Sicht, Liebknecht als Idealist und Dandy, Luxemburg als Dogmatikerin. Wie sich in einer tatsächlichen Revolution verhalten? Lenin scheint als Alternative durch, ohne dass Döblin sich zu ihm bekennt. Nun, die deutsche Revolution war eben auch kraftloser als alle zuvor, die französischen und die russischen allemal. Insgesamt ein sehr realistischer, zugleich sehr offener Text. Der einlädt zum Prüfen konservierter Einschätzungen und zum Lernen neuer Sichtweisen. Seine erzählerische Einfühlung in die Psyche der herausragenden Akteure wie ebenso in die der Massen bestätigten und klärten viele der Gedanken, die mir beim Studium der Revolutionszeit in den letzten Jahren in den Kopf kamen.

Manches aber will man nicht lernen. Die Vollendung des Manuskripts „November 1918“ fiel zusammen mit der Konversion des Ehepaares Döblin zum Katholizismus. Den Hintergrund bildete ein Erweckungserlebnis Alfreds im französischen Exil. Resultat war, wie sein Freund Ludwig Marcuse urteilte, dass sich zu den großartigen Passagen des Romans solche auf dem Niveau religiöser Traktätchen mengten. Beschäftige sich damit, wer es mag, ich habe diese Passagen überblättert.

Brecht, Döblins Nachbar in Los Angeles damals, äußerte sich dazu verständnisvoll: Sorge um zwei der vier Söhne, verschollen in Frankreich, Krankheit und Verzweiflung auf der Flucht, eine zuweilen bedrückende Ehe (aus BB Sicht). Doch er hat sich auch fremdgeschämt für diese Konversion, in erheblichem Maße. Wir verdanken dieser Episode Brechts treffendes Wort von der „Verletzung der irreligiösen Gefühle“ seiner Freunde und Gefährten, die Döblin damit begangen habe.

Kurzum und trotzdem: Ein Riesenwerk, überwältigend, Stoff für langes Verdauen.

Dazu, als historisches Nebenwerk zum Nachlesen der Ereignisgeschichte und zum tieferen Verständnis der Gestaltungsweise Döblins, sei das seit kurzem bei der Bundeszentrale für politische Bildung erhältliche Buch von Mark Jones: Am Anfang war Gewalt, Bonn 2017, empfohlen (432 Seiten, 4,50 Euro). Es ist exakt der gleichen Zeitspanne gewidmet wie Döblins Kernerzählung: den Wochen von Anfang November 1918 bis Ende März 1919 in Berlin. Stone folgt darin einem sehr engen, politologisch eingehegten Gewaltbegriff, den ich nicht teile. Aber er arbeitet, wie bei britischen Historikern üblich, sehr souverän und bietet aussagekräftige Quellen in reichhaltiger Darbietung. Und er zerlegt meisterhaft (vielleicht ohne es zu wollen) die sozialdemokratische Revolutionslegende, die wir alle schlucken mussten als Schüler und auch späterhin: dass Ebert damals einen Spartakusputsch bekämpfen musste, und dass er damit die Demokratie gerettet habe. Nein, es war kein Spartakusputsch, und nein, Ebert hat nicht die Demokratie gerettet, sondern die Macht des preußischen Militarismus und damit die Basis des deutschen Faschismus. Das genau war auch Döblins Sicht.

Lustig aktuell: Die SPD löst ihre historische Kommission auf. Die wollte eigentlich Ende 2018 eine dicke Konferenz zur Revolution 1918 machen. Was der Parteivorstand wohl kapiert hat: Wenn man schon eine Scheißgeschichte hat, dann besser nicht drüber reden.

 

Zum Schluss noch ein kurzer Hinweis auf eine Autobiographie, die sich wie eine Fortsetzung des Döblinschen Romans lesen lässt: Franz Jung, Der Torpedokäfer, Neuwied und Berlin 1972 (499 Seiten, antiquarisch erhältlich inzwischen für rund 20 Euro. Alternativ sind textgleiche Ausgaben unter dem ursprünglichen Titel „Der Weg nach unten“ für 9 bis 15 Euro zu haben). Der Schriftsteller und Journalist Jung, bei den Berliner Kämpfen Anfang 1919 selbst beteiligt, schildert die revolutionären Nachfolge-Aktionen der Jahre bis 1922 aus Sicht der von ihm mitgegründeten „Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands“ KAPD, einer linken Abspaltung der KPD mit zeitweilig erheblichem Massenanhang.

 

Bildnachweis

Die Titelphotographie von J. Hašek entstammt Wikipedia und ist gemeinfrei, alle übrigen Aufnahmen Archiv Gotthardt.

Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) lädt am Montag, dem 24.09.2018 zum Museumsbesuch und zur öffentlichen Fraktionssitzung nach Brilon ein

Die Mitglieder der Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) gehen wieder auf Tour durch den Hochsauerlandkreis. Diesmal machen sie in Brilon Halt.

In der alten Hansestadt stehen zuerst Einblicke in die Sauerländer Historie auf dem Programm, danach Informationen über das aktuelle kommunalpolitische Geschehen.

Besuch des Haus Hövener
Am Montag dem 24. September öffnet in Brilon am Marktplatz das Haus Hövener abends um 18.00 Uhr für die Mitglieder der SBL/FW und selbstverständlich auch für andere interessierte Gäste noch einmal Haustür und Ausstellung. Die Besucher des heimatkundlichen Museum haben die Gelegenheit, einen Dinosaurier aus Nehden, Fossilien und andere Einblicke in die Erdgeschichte rund um Brilon, alte Dokumente über die Stadtgeschichte und sogar einen denkmalgeschützten Lustgarten und vieles mehr kennen zu lernen.

Fraktionssitzung
Anschließend – um 20.00 Uhr – laden die beiden Kreistagsmitglieder der Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) Reinhard Loos und Stefan Rabe ganz in der Nähe des Museums in die Pizzeria Nido, Derkere Straße 6 zur turnusmäßigen öffentlichen Fraktionssitzung ein.

Zu den brandaktuellen politischen Themen gehören beispielsweise der Neubau des AWO Waldkindergartens Hollenkinder in Brilon, das Konzept der Musikschule Hochsauerlandkreis, zwei Wasserschutzgebiete wie das in Marsberg-Westheim, der Rettungsdienst und – auf Antrag der SBL/FW – die Aufschaltung der Notfallnummer 116 117 für den ärztlichen Notdienst zur Leitstelle in Meschede anstatt zu einem Call-Center in Duisburg.

Anregungen, Hinweise, kontroverse Meinungen und Diskussionen sind von der SBL/FW ausdrücklich erwünscht und zwar nicht nur an diesem Abend!

Wer beim Museumsbesuch dabei sein möchte, bitte möglichst bis zum 20.09.2018 bei der Geschäftsführerin der SBL/FW anmelden unter:

0 29 03/44 97 00 oder 0170/347 22 24 oder per Email unter
gjoch-sbl-2018@gmx.de

Für die Teilnahme an der Fraktionssitzung ist keine Anmeldung erforderlich.

Was von der Woche blieb … der Jüdische Friedhof in Winterberg sieht wieder passabel aus

Das üppige Unkraut ist weg und die Hecke ist geschnitten (foto: zoom)

Anfang August hatte ich mich hier im Blog über den Zustand des Jüdischen Friedhofs in Winterberg echauffiert. Der Buschfunk hat mir gemeldet, dass sich Lokalpolitiker über den Beitrag empört hätten. Ich könne, wenn es mich denn störe, selber mit anpacken.

Das ist ziemlich albern, denn die Lokalpolitiker sollten nicht die Überbringer der schlechten Nachricht beschimpfen, sondern dafür sorgen, dass der Mangel abgestellt wird.

Nach meinen Informationen kümmern sich Bauhof und Junge Union Winterberg um den Friedhof. Ich finde das gut, aber wenn es zuviel Arbeit sein sollte, könnten die Beteiligten überlegen, ob man das Engagement nicht verbreitern sollte.

Was ist mit dem Heimat- und Geschichtsverein? Könnten Geschichtsprojekte von Sekundarschule und Geschwister-Scholl-Gymasium nicht unterstützend tätig werden? Die anderen Parteien?

Geschichte geht uns alle an.