Umleitung: NSU, braune Ökos, Ippens Geist, Demokratie und CDU, Dieselpreis,Trump und Mastodon, Kellerkinder in Hagen, Röhrtalbahn und wenn das Restaurant den Anwalt schickt.

Ergibt das Sinn? (foto: zoom)

10 Jahre NSU: „Es kann von uns gar keinen Schlussstrich geben.“ … blicknachrechts

Braune Ökos: Sie pflegen Fauna und Flora, hüten Land und Vieh, bemüht ökologisch und artgerecht … derrechterand

Ippens Geist: Zeitungsverleger haben einen schönen Beruf. Sie wirken daran mit, die Menschheit zu informieren und aufzuklären … postvonhorn

Der Kapitalismus im Angesicht der Klimapolitik: Der Zerfall des alten Dogmas, dass der freie Markt alles optimal zu gestalten vermag … scilogs

Demokratie im Sinne der CDU: Wahlen sind nur Wahlen wenn klar ist, wen Wahlen wählen … unkreativ

Verbraucherschutz: „Kann man das nicht einfach verbieten?“ „Was denn?“ „Den Dieselpreis.“ „Wieso das denn?“ „Der ist zu hoch.“ „Für wen?“ „Für mich.“ „Ach so.“ „Das müsste man doch verbieten!“ „Sind Sie von den Grünen?“ „Nein.“ „Dachte ich mir.“ … zynaesthesie

Mastodon: Donald Trumps neues soziales Netzwerk verletzt Freie-Software-Lizenz … netzpolitik

Wenn das Restaurant den Anwalt schickt: In diversen Foren häufen sich momentan die Nutzerbeiträge, in denen berichtet wird, dass sie von einer Anwaltskanzlei zum Löschen einer negativen Bewertung bei Google Maps & Co aufgefordert wurden. Was steckt dahinter? … schmalenstroer

Mit der EU ist das so eine Sache: Teures Mini-Päckchen nach „nebenan“ … revierpassagen

Wir Kellerkinder: Im NRW-Einkommensvergleich nähert sich Hagen immer weiter dem Ende der Tabelle … doppelwacholder

Bahn im HSK: Warum stockt die Vorplanung für die Reaktivierung der Röhrtalbahn? … sbl

Der Naturgarten: Kleinod der biologischen Vielfalt – Refugium für die heimische Tier- und Pflanzenwelt

Der Ökogarten von Norden aus gesehen. In der Bildmitte ist der Feldahorn zu sehen; er eignet sich für kleinere Gärten. (sämtliche Fotos in diesem Beitrag: Karl-Josef Knoppik)

Durch konsequent ökologische Gartengestaltung können trotz oftmals beschränkter Größe wahre Refugien für heimische Tier- und Pflanzenarten entstehen.

In unserer zunehmend homogenisierten Landschaft entstehen hier mit ein wenig Ideen wichtige Trittsteinbiotope. Letztgenannte sind inselartige, mehr oder weniger regelmäßig verteilte Biotope, denen die Aufgabe zukommt, die durch Zerstörung bzw. Entwertung naturnaher Habitate verlorengegangenen Verbindungsstrukturen zwischen noch weitgehend intakten Kern-Lebensräumen zu ersetzen.

Solche Trittsteinbiotope leisten sowohl einen Beitrag zur Arterhaltung als auch zur Neubesiedelung von Tier- und Pflanzenarten. Darüber hinaus sorgen sie dafür, daß der genetische Austausch zwischen den Tierpopulationen möglichst aufrechterhalten wird.

Gast im Naturgarten und nicht selten zu beobachten: Der Buntspecht

Je mehr Fläche ein Naturgarten aufweist und je vielfältiger das Angebot an naturnahen Lebensraumtypen ist, desto günstiger stehen die Aussichten, daß sich eine artenreiche Fauna und Flora einstellt. Der alles entscheidende Faktor ist also die Bereitstellung von geeigneten Habitaten für die heimische Tier- und Pflanzenwelt.


Amphibien wie der Grasfrosch bevorzugen Teich und Wiese in unmittelbarer Nachbarschaft.

Ausdrücklich gewarnt werden muß vor dem Aussetzen von Tierarten, seien es Fische, Kriechtiere oder Amphibien, von Exoten ganz zu schweigen, um auf diese Weise eine schnelle Besiedelung des Gartens zu ermöglichen. Das würde zu bösen Überraschungen führen. Die Fischfauna liefert dafür ein abschreckendes Beispiel: Würde man davon bestimmte Arten in einen Gartenteich einsetzen, machten die sich, solange der Vorrat an kleinen Beutetieren reicht, z. B. über die darin lebenden Molche her, bis die Nahrungsbasis schließlich aufgezehrt ist. Zudem belasten die Exkremente der Fische das stehende Gewässer mit Nährstoffen, so daß diese Organismen irgendwann selbst mangels Nahrung zugrunde gehen.

Feuchtbiotop im Frühjahr

Also bleibt folgendes festzuhalten: Entscheidend ist, daß die Lebensvoraussetzungen stimmen. Ist das gewährleistet, wandern diverse Tierarten je nach Biotopansprüchen schon ganz von selber ein. Für die meisten Arten, z. B. Vögel, dient der Ökogarten als Rast- und Nahrungshabitat. Nicht wenige anpassungsfähige, doch auch seltenere Arten, soweit man sie in der näheren oder weiteren Umgebung erwarten kann, nutzen das Biotop vor der eigenen Haustür manchmal sogar zum Brüten.

Hatten bis vor wenigen Jahrzehnten viele Arten in einer biologisch intakten Kulturlandschaft ein sicheres Zuhause, so finden sie heute keinen Lebensraum mehr. Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklung halte ich es für dringendst erforderlich, ohne Wenn und Aber mindestens 10 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Areale als ökologische Vorrangflächen für den Naturschutz auszuweisen, in denen sowohl jeder Chemieeinsatz als auch die Beseitigung naturnaher Landschaftselemente zu unterbleiben hat. Solange aber daraus nichts wird und infolge des Strukturwandels im ländlichen Raum die biologische Vielfalt immer stärker unter Druck gerät (Hecken, Feldgehölze, Kleingewässer, blütenreiche Wegränder, extensiv bewirtschaftetes Grünland), gewinnen Ökogärten als Oasen für Tiere und Pflanzen ständig mehr an Bedeutung!

Korbiniansapfel, alte Sorte, knackig, saftig, süß-säuerlich, wenig schorfanfällig

Dabei genügt es nicht Wildobst bzw. beerentragende Sträucher und Bäume anzupflanzen. Ökologisch bewußte Gärten sollten auch eine Vielzahl an Wildkräutern („Unkräutern“) aufweisen, deren energiereiche Samen als Nahrung dienen. Blühende Wildpflanzen oder am Boden belassenes Laub locken Insekten an, was wiederum für die Aufzucht von Jungvögeln unentbehrlich ist. Denn von Früchten und Beeren allein können Vogelarten nicht existieren. Sie brauchen für eine gedeihliche Entwicklung auch Nähr- und Aufbaustoffe, die früher in der kleinparzellierten Agrarlandschaft en masse vertreten waren.

Manche Experten empfehlen aufgrund des Nahrungsmangels in der Stadt und auf dem Land eine ganzjährige Fütterung. Ich meine, daß man unseren gefiederten Freunden am besten dadurch hilft, wenn man vor der eigenen Haustür aktiven Naturschutz betreibt und die entsprechenden Lebensbedingungen schafft.

Herbstliche Farbenpracht mit Haselnußstrauch, Felsenbirne (Bildmitte) und Kornelkirsche (rechts). Sie stellt eine erste wichtige Bienennahrung dar und darf in keinem Naturgarten fehlen!

Übrigens empfiehlt es sich mehr einheimische Heckensträucher und weniger Bäume anzusiedeln, da eine nicht allzu hohe Hecke aus Büschen und Sträuchern mehr Brutmöglichkeiten für Vögel bietet. In unserem Garten findet man eine ganze Palette aus heimischen Sträuchern, wie Schlehe, Weiß- und Sauerdorn, Haselnuß, Wildrosen (Hagebutte), Quitte, Gemeiner Schneeball Mirabelle und Felsenbirne. Baumartige Sträucher, wie Kornelkirsche und Salweide stellen neben anderen eine wichtige Bienennahrung dar.

Zum Baumarteninventar zählt natürlich die Eberesche (Vogelbeere), weiterhin die nahverwandte, aber seltene, Trockenheit ertragende Elsbeere, außerdem der Feldahorn und die Hainbuche.

Bedauerlicherweise prägen zu Tode gepflegte Grünanlagen mit hochgezüchteten Blumen und exotischem Gesträuch nach wie vor die bundesdeutsche Gartenlandschaft. Immer mehr Hausgärten werden in kurzgeschorene Rasenflächen umgewandelt, wo selbst Gänseblümchen das Überleben schwerfällt. Und auch dieses monotone Einheitsgrün wird zunehmend in „pflegeleichte“, aber lebensfeindliche Stein- und Geröllwüsten umgewandelt.

Quadratisch und steril sollen diese Gärten sein, mit möglichst wenig Arbeit verbunden. In Wirklichkeit rückt man akribisch jedem natürlichen Aufwuchs mit einem Instrumentarium an Gerätschaften und Chemie zu Leibe und verwendet unendlich viel Mühe darauf, alle nicht erwünschten standortgemäßen Blütenpflanzen und Kräuter vom Grundstück fernzuhalten.

Solche genormten Gärten wie aus der Retorte sind ein Spiegelbild unseres technokratischen Lebensstils und des Deutschen Vorstellung von Gründlichkeit, gerade so als handelte es sich um eine Wohnungseinrichtung. Mittlerweile sind lt. NABU die pflegeleichten Splitt- und Steingärten geradezu eine Plage geworden. „Gärten des Grauens“ werden sie auch vom Naturschutzbund Deutschland genannt.

Es besteht eine Diskrepanz zwischen dem Naturverständnis, das den Betrachter im Urlaub beim Anblick von Wildnis und Wildwuchs ins Schwärmen geraten läßt und dem ökologisch nicht konformen Verhalten im eigenen Garten, in dem der naturwidrige Ordnungssinn tonangebend ist. Die Folgen für die Natur sind überall sichtbar. Exotische Gehölze, kahle Betonmauern in regelmäßiger Langweiligkeit, schnurgerade Wege (gepflastert), öde Koniferenanpflanzungen und – wie bereits erwähnt – kurz gehaltene Rasenflächen, die selbst einem herrschaftlichen Golfplatz noch alle Ehre machen, sind unverändert die Regel, wenngleich gesagt werden muß, daß auch ein Trend zu naturnäheren Formen der Gartengestaltung zu beobachten ist. Hier hält die Natur natürlich Ordnung. Wer weder Garten noch Balkon hat, kann unserer bedrohten Tierwelt (Vögeln, Insekten usw.) dadurch helfen, indem er die biologische Landwirtschaft unterstützt, denn auf ökologisch bewirtschafteten Flächen leben weitaus mehr Tierarten der Feldflur als auf konventionellen.

Ökogärten sind das Gegenteil von durchgestylten Kunstgebilden, wie man sie auch heute noch überall „bewundern“ kann, die nur dem eigenen Hang zum Perfektionismus dienen. Sie tragen entscheidend dazu bei, die Lebensqualität des Wohnumfeldes zu erhöhen und schärfen das Interesse und das Bewußtsein für die Zusammenhänge in der Natur. Sie sind aber nicht allein Studienobjekt, sondern auch Ort der Besinnung, der Ruhe und Erholung.

Balkongarten u.a. mit Schlangen- und Gewürzgurken, Tomaten, Paprika, Winterheckenzwiebeln, Basilikum u.v.a. Wer nicht über den notwendigen Platz verfügt, kann sich einen Balkongarten einrichten. Ein Dutzend Pflanzen gedeihen prachtvoll hier in Töpfen, dem Schneckenfraß entzogen. Nur Saatgut aus Ökolandbau verwenden!

Was macht Artenvielfalt eigentlich so wertvoll? Leben braucht Vielfalt. Der Reichtum an Lebensformen garantiert, daß sich das Leben an eine sich ändernde Umwelt anpassen kann. Davon profitieren Tiere, Pflanzen und Menschen gleichermaßen.

Exotische Pflanzenarten aus fernen Ländern haben im heimischen Ökoparadies grundsätzlich nichts zu suchen. Sie lassen die einheimische Flora und Fauna nur weiter verarmen und führen ebenso zu einem Verlust an genetischer Vielfalt. Einheimische Pflanzen sind robust gegenüber Witterungsextremen, wie Trockenheit und Frösten. Mehrmaliger Standortwechsel je nach Art und Bodenbeschaffenheit erhöht die Widerstandskraft. So genannte „Schädlinge“ wie „Nützlinge“ haben im Naturgarten ihre volle Berechtigung. Die Natur kontrolliert Ökosysteme, indem sie sie durch Artenvielfalt stabilisiert. Eingriffe erweisen sich so als überflüssig. Man vertraut am besten den natürlichen Regulationsmechanismen und kann nebenbei auch noch viel Geld für allerlei Hilfsmittel sparen, an denen sich nur die Gartenbaufirmen mehrere „goldene Nasen“ verdienen – mit dem „Erfolg“, daß die Natur vor der eigenen Haustür mit einem ganzen Cocktail giftiger Substanzen ausgerottet wird.

„ Betriebsunfälle“, sprich Vitalitätseinbußen, die bis zum Totalverlust einer Pflanze reichen können, etwa Mehltau und andere Krankheiten, gibt es auch im Ökogarten. Doch bitte nicht nervös werden; Geduld und Gelassenheit sind gefragt. Unsere heimische Pflanzenwelt erholt bzw. regeneriert sich schneller als manch einer denkt. Wichtig ist, daß man folgendes beachtet: Befallene Exemplare, ich denke z. B. an die Himbeerrutenkrankheit, dürfen nicht auf den Kompost, sondern gehören in die Mülltonne.

Was versteht man nun unter heimischen Pflanzen? Als solche gelten jene, die in Mitteleuropa bis zur Entdeckung Amerikas im Jahre 1492 bei uns zu Hause waren oder nach der letzten Eiszeit einwanderten. Sie sind optimal an die hier herrschenden klimatischen Verhältnisse angepaßt. Sie führen zu einer lebendigen Vielfalt, die nicht nur Amseln und Honigbienen in den Garten locken, sondern auch spezialisierten Insekten und Vogelarten eine Heimat bieten. Im Naturgarten wird durch ein umfassendes Pflegekonzept die Lebensgrundlage für viele heimische Tiere wiederhergestellt. Als Erweiterung zu einheimischen Pflanzen bieten spezielle Gärtnereien, die sich dem Anbau von Wildstauden und Wildgehölzen verschrieben haben, ein Sortiment von Sorten an. Diese Sorten unterscheiden sich gegenüber den Wildarten durch Blütenfarbe, Blattfärbung oder Blattform, Wuchsverhalten und Fruchtgröße und –farbe.

Wie entstehen solche Pflanzen?

Durch natürliche Mutation in der Natur kommt es zu spontanen Veränderungen in der Erbanlage. Diese Erscheinungen können dann durch den Gärtner und somit für die Gartengestaltung erhalten werden. Die Nachkommen dieser Pflanzen schlagen i. d. R. wieder in die reine Wildart zurück. Aber auch durch gärtnerische Auslese, z. B. bei der Aussaat von Pflanzen, findet man immer wieder Arten, die sich von der ursprünglichen Art durch Blütenfarbe und Wuchshöhe unterscheiden. Selektiert man diese Arten über einen längeren Zeitraum aus, entstehen Sorten, die dann samenecht fallen. (www.gaertnerei-strickler.de)

Lavendel, es gibt von ihm 50 Arten; enthält wie der Salbei ätherische Öle; gedeiht auf steinigen Böden unter starker Sonneneinstrahlung, zieht viele Insekten an; analog dem Oregano (wilder Majoran) sehr bienenfreundlich. Auch Salbei, Rosmarin und andere Gewürzpflanzen besitzen eine magische Anziehungskraft auf zahlreiche Insekten inklusive Schmetterlinge!

In den letzten 20 Jahren stellte sich zunehmend heraus (und das gilt erst recht für die kommenden Jahrzehnte), daß Trockenspezialisten unter den Blütenpflanzen infolge des fortschreitenden Klimawandels immer bessere Bedingungen vorfinden, auch im einst so regenreichen Sauerland. Solche Spezialisten der mageren Standorte sind z. B. Ästige Graslilie, Frühlings-Adonisröschen, Küchenschelle, Steinkraut, Heide- und Kartäusernelke, Natternkopf oder verschiedene Malven (Wegmalve, Moschusmalve, Sigmarskraut), Golddistel, Goldhaaraster, Diptam usw. welche durch Intensivlandwirtschaft oder Überdüngung bzw. Stickstoffzufuhr aus der Luft immer stärker in Bedrängnis kommen.

Frühlings-Schlüsselblume (Primelgewächse)

Aber nicht nur die freie Landschaft ächzt unter zuviel Stickstoffeinwirkung aus der Luft. Auch im Hausgarten wird sehr häufig gesündigt. Man schätzt, daß die meisten Vorgärten hoffnungslos überdüngt sind. Zum Einsatz gelangen allerlei chemische Dünger, wie etwa das sog. „Blaukorn“ u.a., die aufgrund ihres Salzgehaltes für zahlreiche Bodenlebewesen tödlich sind. Mineralischer Stickstoff und ein Zuviel an künstlich zugeführten Nährstoffen (Eutrophierung) macht die Pflanzen jedoch anfällig für Krankheiten, ist stark wasserziehend und bringt wenig schmackhaftes Gemüse hervor. Aus diesen und allgemeinen Umweltschutzgründen sollten diese Stoffe auf keinen Fall im Garten eingesetzt werden.

Ein erfreulicher Anblick: Maikäfer im Naturgarten (Das Foto entstand zu Beginn der 2000er Jahre)

Es gibt allerdings auch Arten, z. B. unter den Schmetterlingen, wie Kleiner Fuchs, Tagpfauenauge oder Admiral, die vom Überangebot an Nährstoffen profitieren. Sie sind eine Art Krisengewinner, da ihre Raupen auf Brennnesseln als Futterpflanze angewiesen sind. Ihnen geht es auf den stickstoffreichen, nährstoffgesättigten Böden prächtig. Das gilt z. B. auch für Weg- und Kratzdistel, die dem Distelfalter als Nahrungsquelle dient und einem alten Wildgemüse, dem Guten Heinrich, oder Dorfgänsefuß genannt, welcher früheren Generationen eine wohlschmeckende Mahlzeit bescherte. Jeder Gartenbesitzer sollte deshalb in seiner Grünanlage unbedingt mehrere Bereiche einplanen, in denen sich Wildwuchs ohne die „ordnende Hand“ des Gärtners ausbreiten kann. Läßt sich für die anpassungsfähigen Schmetterlingsarten aus heutiger Sicht noch eine relativ gute Zukunft vorhersagen, sehen Fachleute andere, ohnehin seltene Schmetterlinge, wie Schwalbenschwanz, Waldbrettspiel oder Brombeerzipfelfalter weiter auf dem Rückzug. Deren Lebensräume, artenreiche Magerwiesen, Trockenrasen, Feuchtwiesen, Moore und Kiesbänke fallen immer öfter der Zerstörung anheim; oder der Klimawandel zwingt sie dazu in höhere Regionen auszuweichen (Dukatenfalter).

Bei jeder Gartenplanung ist grundsätzlich folgendes zu beachten:

Nie ausschließlich Mutterboden als Substrat verwenden. Dieser ist viel zu nährstoffreich. „Unkräuter“, die zunächst einmal unerwünscht sind, können nämlich in Massen durchstarten. Der Mutterboden muß deshalb frei sein von keimfähigen Unkrautsamen. Optimal ist eine Mischung aus Kies und sterilem Kompost. Sinnvoll ist auch die Beimischung eines gewissen Anteils von Sand. Das ermöglicht und begünstigt den Aufwuchs derjenigen Pflanzen, die nur wenig Nährstoffe (und Wasser!) benötigen. Da die Bedingungen im Garten aber nicht den natürlichen Verhältnissen entsprechen, benötigen auch trockenheitsliebende bzw. trockenheitsresistente Pflanzen in der Anwuchsphase eine bestimmte Menge an Substrat.

Derartige auf magere Standorte spezialisierte „Hungerkünstler“ sind auf sonnige Standorte angewiesen; sie verfügen über ein ausgedehntes und tiefreichendes Wurzelwerk. Ihre Blattoberfläche ist klein. Außerdem haben sie dicke Zellwände und Stützgewebe: Die sorgen dafür, daß nicht viel Wasser verdunstet.

Für alle übrigen Arten gilt:

In Zeiten der fortschreitenden Klimaveränderungen wird es immer wichtiger auf trockenresistente Pflanzen zurückzugreifen, mithin solche Arten, die den extremen Witterungsverhältnissen der Zukunft besser angepaßt sind. Das heißt natürlich nicht, daß nun Exoten zum Zuge kommen müssen; die sind für unsere heimische Tierwelt ohnehin wertlos. Unsere heimische Flora hält eine große Palette an Pflanzenarten bereit, die den hier lebenden Insekten auch bis weit in den Herbst ausreichend Nahrung bieten. In wenigen Fällen trifft das allerdings auch auf Arten zu, die im Mittelmeerraum heimisch sind. Diese können dann eventuell vorhandene Lücken im Artenspektrum schließen und die hier etablierten Arten sinnvoll ergänzen und durchaus eine Bereicherung der vorhandenen Blütenpracht darstellen.

Übrigens nehmen Wildstauden für ein optimales Gedeihen von Nutzpflanzen eine bedeutende Funktion ein: Sie erschließen nämlich mit ihren Wurzeln tiefere Bodenschichten und machen die dort befindlichen Spurenelemente und Mineralien für jene verfügbar.

Bei Trockenstreß nimmt eine Pflanze nicht so viel Wasser auf wie sie verdunstet. Die Störung des Gleichgewichts führt dazu, daß sich kleinere Blätter bilden, Triebe vertrocknen, Blätter oder Nadeln vergilben und abfallen. Damit erreicht die Pflanze, daß sie nicht mehr so viel Feuchtigkeit verdunstet.

Bei lange andauernder Trockenheit besteht die Möglichkeit, das Erdreich im Garten mit Bentonit anzureichern. Diese Substanz enthält spezielle Tonmineralien. Sie verklumpen mit Humusstoffen zu Krümeln und bilden eine Wasser bindende Struktur. Eine intakte Humusschicht, gebildet aus Mulch und Kompost mit richtiger, standortgemäßer Bepflanzung, puffert Klimaextreme ab und kann so helfen, mit Dürre oder Starkregen besser fertig zu werden. Und: Beim Humusaufbau wird der Atmosphäre viel CO² entzogen!

Beim Gießen werden lt. der bayerischen Baumschule Brenninger in Steinkirchen bei Erding (wird biologisch bewirtschaftet) die meisten Fehler gemacht. Man meint es zu gut und gießt viel zu viel. In der Folge davon verschlämmt, ja versauert der Boden, stockt die Wurzelbildung.

Viele Baumschulen können aus Erfahrung sagen, daß mindestens 8 von 10 nicht angewachsenen Pflanzen durch Bodenverdichtung und zu viel Wässern eingegangen sind. Die wichtigen Sauerstoffbakterien sterben ab. Und die ohne Sauerstoff lebenden Fäulnisbakterien vernichten in kurzer Zeit die Faserwurzeln der Pflanzen. Das beste Wachstum erhält man bei normaler Erdfeuchte.

Niemals in einen verdichteten Boden pflanzen. In einem durch schwere Baumaschinen verdichteten Boden kann eine Pflanze nur schlecht anwachsen. Luft und Wärme ist für die Wurzeln und das Bodenleben ebenso wichtig wie Wasser und Nährstoffe. Der Boden sollte jedes Frühjahr aufgelockert werden, niemals graben! Die natürliche Bodenschichtung muß beibehalten werden. Die Bodenlebewesen benötigen Dunkelheit, Feuchtigkeit und organisches Material.

Die Pflanzgrube muß groß genug sein. Wenn die Pflanze mit ihrem Wurzelwerk gerade Platz hat, ist die Pflanzgrube zu klein. Sie muß so breit und tief sein, daß die sich neu bildenden Wurzeln überall lockeres Erdreich vorfinden. Stoßen sie nämlich auf hartes, nicht gelockertes Erdreich, so führt das unweigerlich zu Wachstumsstockungen. Die Sohle der Pflanzgrube bitte lockern! Auf vernässten Standorten kann es von Vorteil sein auf die Sohle eine Schicht Kies einzubringen.

Den Bodenlebewesen hilft man, indem man die Pflanzfläche gut mit der Grabgabel lüftet und somit Sauerstoff und Wärme in den Boden bringt. Häufiges Gießen bewirkt oberflächliche Wurzelbildung, während der Verzicht aufs Gießen die Pflanzen abhärtet. Die Wurzeln wachsen dem Wasser entgegen, suchen sich das kostbare Nass.


Feuchtbiotop mit Kuckuckslichtnelken und Trollblumen

Ein Feuchtbiotop sollte in keinem Ökogartengarten fehlen. Ideal ist – je nach vorhandenem Platz – ein Naturteich, der mindestens 90 cm, besser 1 m tief sein sollte. So kann das Wasser nicht bis zum Grund durchfrieren. Bei abnehmender Tiefe zieht sich das Wasser zusammen, verringert also sein Volumen, bis es 4 Grad C erreicht hat. Bei dieser Temperatur ist die größte Dichte des Wassers erreicht. Bei weiter sinkender Temperatur dehnt es sich weiter aus. Es gefriert zuerst an der Oberfläche, dehnt sich somit dort aus, während es sich in tieferen Schichten des Teiches zusammenzieht. Auf diese Weise entsteht ein Luftpolster zwischen der Eisdecke und dem Wasser darunter. Das wirkt isolierend.

Eine Flachwasserzone ist natürlich ebenso einzuplanen, damit Amphibien, wie z. B. Erdkröten und Grasfrösche einwandern bzw. ablaichen können. Auch anderen Teichbewohnern kommt die unterschiedliche Wassertiefe zugute. Besonnte und beschattete Bereiche sorgen dafür, daß sich das Wasser nicht zu stark erwärmt und durch zuviel Algenbewuchs mit Nährstoffen überfrachtet wird. Sinnvoll ist es in unmittelbarer Nachbarschaft zum Feuchtbiotop eine (Mager)-wiese anzulegen, in die sich Frösche und Kröten zurückziehen können.

Blumenwiese in den 90er Jahren (Mai)

Ein solche Wiese sollte nur 2-mal pro Jahr gemäht werden. Nachdem die Samen ins sorgfältig vorbereitete bzw. „unkrautfrei“ gemachte Erdreich eingestreut wurden, ist nach einer gewissen Zeit ein so genannter Schröpfschnitt erforderlich, um hoch wachsende, nährstoffreiche Pflanzen kurz zu halten – bis zu deren Verschwinden. Erst danach kann sich die Vielfalt an nährstoffarmen Pflanzenarten durchsetzen. Manche Arten benötigen zudem Frost, um im Frühjahr darauf die Keimsperre durchbrechen zu können. Soviel hierzu.

Das Mähgut erst 1 bis 2 Tage nach dem Mähvorgang abtransportieren, damit sich die Samen verbreiten können. Darüber hinaus bereichern Holzstapel bzw. Reisig- und Steinhaufen die Biotopvielfalt. Hier verkriechen sich gerne Teich- und Fadenmolch. In der Trockenmauer finden solitär lebende Wildbienen Unterschlupf. So genannte Insektenhotels können die oben erwähnten, natürlicherweise vorkommenden bzw. zu schaffenden Biotopstrukturen ergänzen. Wenn der Garten naturnah gestaltet wird, finden wirbellose Tierarten, zu denen bspw. auch Hornissen zählen, ausreichend Lebensmöglichkeiten.

Gewöhnlicher Natternkopf, ein echter Trockenspezialist, beansprucht sonnige Lagen, besiedelt auch Steinbrüche und Kiesgruben

Fazit: Im Ökogarten auf die natürlichen Regulationsmechanismen vertrauen. Das ist zugleich die beste Prävention gegenüber so genannten „Schädlingen“ und diversen Krankheiten und spart darüber hinaus viel Geld. Eingriffe beschränken sich auf unumgängliche Maßnahmen, wie Rückschnitt von Gehölzen oder das Entfernen von übermäßigem Algenwuchs im Teich. Werden die Schnecken zu zahlreich, woran der Klimawandel ebenso seinen Anteil hat, ist auch hier Gelassenheit vonnöten. Es gibt ein Bündel von Abwehrmaßnahmen, die mittlerweile jedem Naturgartenbesitzer hinreichend bekannt sind. Als letztes und wirksamstes Mittel hat sich jedoch das Absammeln der „Plagegeister“ bewährt. Die großen Gehäuseschnecken stehen übrigens unter Naturschutz!

Der deutsche Wald – Ökonomische Nutzung und ökologische Nachhaltigkeit. Teil 2: Der phantastische Aufstieg der Fichte zum Brotbaum der Forstwirtschaft und ihre Entzauberung durch menschliche Ignoranz und kurzsichtiges Renditedenken

Dunkle Fichten und das helle Grün der Buchen: hier ausnahmsweise in der Mehrzahl (foto: zoom)

Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts, im Jahre 1820, hielt die forstlich attraktive Nadelbaumart Fichte bei uns im Sauerland Einzug. Dies war zugleich auch die Geburtsstunde der forstlichen Plantagenwirtschaft, die auf dem Konzept der so genannten Bodenreinertragslehre gegründet war.

(Den ersten Teil der beiden Artikel kann man hier nachlesen.)

Diese Plantagenwirtschaft hatte eine maximale Verzinsung des Bodenkapitals zum Ziel. Man wollte den Wald wie einen Acker bewirtschaften – mit Kahlschlägen und dem großflächigen Anbau nur einer einzigen Baumart. Der Altersklassenwald war entstanden.

In ihm stehen die unterschiedlich alten Bäume nicht auf einer Fläche, sondern nach Alter räumlich getrennt auf jeweils verschiedenen Flächen. Alles ganz exakt, geometrisch angeordnet und maschinell geerntet. In der Folge wurden die Flächen durch Neupflanzung wieder aufgeforstet.

Schon Heinrich Heine spottete über die Akkuratesse der Deutschen: Zitat: „In jeder Bewegung ein rechter Winkel.“

Nadelholzmonokulturen – wie vom Reißbrett – sind auch nach dem Orkan Kyrill unverändert dominant. Wieder nichts gelernt? (Foto: K. J. Knoppik)

Mit der Zeit häuften sich jedoch die Schäden durch Schnee- und Eisbruch, Sturm und Insektenfraß. Zudem verursacht der sich aus dem Altersklassenwald ergebende Kahlschlagbetrieb radikale Eingriffe in die Lebensgemeinschaften des Waldes.

Die Orkane „Vivien“ und „Wibke“, „Lothar“ und „Kyrill“ sowie verheerende Stürme in Niedersachsen bereits zu Anfang der 1970er Jahre belegen eindeutig und überall sichtbar dieses gescheiterte Waldbaukonzept. Und immer sind die Schäden dort am größten, wo die Waldbestände am wenigsten der Natur entsprechen.

Kurzsichtiges, auf schnellen Profit gerichtetes Denken zahlte sich noch nie aus. Und die Kosten für die Schäden in den labilen Kunstforsten, sog. Kalamitäten, wurden nicht etwa dem Verursacher, sondern dem Steuerzahler aufgebürdet.

Willst Du einen Wald vernichten, pflanze Fichten, Fichten, Fichten … (Foto: K. J. Knoppik)

Vom 18. Auf den 19.1. 2007 knickte der Orkan Kyrill auf einer Fläche von 27.300 ha den Wald in Südwestfalen um. Das entspricht 9 % der Waldfläche der Region, 49 % davon lagen im Hochsauerlandkreis. In ganz NRW betrug der Schaden etwa 15,7 Mio. Festmeter. Das entspricht dem Dreifachen des durchschnittlichen Jahreseinschlags im Land.

Der Privatwald war mit 72 % am stärksten betroffen. Kyrill hat vor allem die Fichte, neben der Waldkiefer der Brotbaum Nr. 1 der Forstleute und Waldbauern, auf riesigen Flächen wie Streichhölzer umgeworfen. Solche „Katastrophen“ haben ihren Ursprung in nicht standortangepaßten – dem kulturellen Prinzip der Nachhaltigkeit widersprechenden – Anbaumethoden.

Dabei lassen sich solche naturwidrigen Nadelholzplantagen mit relativ einfachen und kostengünstigen Maßnahmen in ökologisch hochwertige und stabile Wälder überführen. Gleichaltrige Fichtenbestände mit Wald gleichzusetzen, entbehrt jeder Grundlage, sind sie doch öde Holzproduktionsstätten, die unter dem Einfluß der globalen Erwärmung allgemein immer mehr an Boden verlieren. Das, was aus forstlicher Sicht lange Zeit als richtig erschien, muß also angesichts neuer Herausforderungen komplett neu überdacht werden. Unterdessen nimmt der Druck auf das grüne Drittel unserer Republik zu.

Der begehrte Rohstoff Holz wird knapper – und die Nutzung intensiviert. Dabei hat der Wald zahlreiche Gemeinwohlfunktionen zu erfüllen. Er dient der Bewahrung der heimischen Artenvielfalt; und gleichzeitig muß er auch gegen die Auswirkungen der globalen Erwärmung gerüstet sein. Denn nur vitale Ökosysteme sind in der Lage, den Auswirkungen der hauptsächlich vom Menschen verursachten Klimaveränderung einiges entgegenzusetzen.

Dennoch halten viele Waldbesitzer hier in NRW trotz aller Warnungen und noch so starker finanzieller Anreize zugunsten naturnaher Mischwälder an der Fichte fest. Es zeigt sich, daß man nicht einmal aus dem Orkanereignis Kyrill, geschweige denn aus den Fehlern vergangener Jahrzehnte, viel dazugelernt hat.

Die Häufung extremer Wetterlagen, wie Stürme, Trocken- und Hitzeperioden, ausbleibende Winter und Insektenkalamitäten haben im Sauerland bis heute nach meinem Eindruck zu keinem grundlegenden Umdenken geführt. Eine echte Abkehr vom Nadelholz, das sich auch in entsprechenden Zahlen widerspiegeln würde, ist nicht zu erkennen.

Im Gegenteil: Weihnachtsbaumkulturen breiten sich auf ehemaligen Kyrill-Flächen aus. Diese im Wald angesiedelten Kulturen dürfen noch bis 2028 betrieben werden, sofern sie vor 2013 angepflanzt wurden. Allerdings ist es dem seinerzeit zuständigen grünen Umweltminister Remmel zu „verdanken“, daß Weihnachtsbaumanbieter, die schon heute umweltverträglich produzieren, auch nach dem Jahr 2028 unverändert Nadelholzplantagen in Wäldern anlegen dürfen!

Hier ist Johannes Remmel nach seiner Bauchlandung mit dem NRW-Klimaschutzplan erneut als Umfaller in Erscheinung getreten. Zur Information sei noch erwähnt, daß unser häufigster Weihnachtsbaum, die Nordmanntanne in ihrem Ursprungsgebiet, den höheren Lagen des Kaukasus, durch massiven Holzeinschlag gefährdet ist!

Weihnachtsbaumkulturen haben mit naturnaher Waldwirtschaft nichts zu tun … (Foto: Knoppik)

Und zu allem Überfluß hat man festgestellt, daß im Sauerland Buchenwälder einfach in Fichtenbestände überführt werden, vermutlich immer noch. Überhöhte Reh- und Rotwildpopulationen verschärfen das Problem, indem diese mit ihrem selektiven Verbiß besonders der Edellaubhölzer eine erfolgreiche Begründung von naturnahen Wäldern verhindern. Es gibt in Deutschland zwar ungefähr 90 Milliarden Bäume. Eine Zahl von astronomischer Dimension! Bedenkt man jedoch, welche schädlichen und zerstörerischen Kräfte inclusive Umweltfaktoren auf das Waldökosystem einwirken, geht es dem Wald schnell an die Substanz und gewaltige Ausfallerscheinungen sind die Folge!

Bis heute haben trotz Förderprogrammen des Landes NRW nur wenige Waldbauern bzw. Waldbesitzer die Auswirkungen des Orkans Kyrill als Chance begriffen, eine zukunftsfähige, ökologisch notwendige und zugleich den wirtschaftlichen Erfordernissen Rechnung tragende Waldnutzung in Angriff zu nehmen, oder die betreffenden Flächen sinnvollerweise gleich der Natur zu überlassen. Das wäre die einzig richtige Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft, nämlich Klimaerwärmung und Erhalt der Biodiversität.

Denn auch im Privatwald muß – ebenso wie in den öffentlichen Wäldern – langfristig das 10 Prozent-Ziel gelten. Privatwaldbesitzer, die sich z. B. freiwillig für die Bewahrung alter Bäume mit Höhlen für Fledermäuse, Vögel und Käfer in ihren Wäldern engagieren, sind für ihren Einsatz angemessen zu entlohnen. Im Privatwald sind also Gemeinwohlleistungen, die über die Sozialpflichtigkeit des Eigentums hinausgehen, finanziell auszugleichen, und zwar durch Bund und Land. Zusätzlich ist ein Waldnaturschutzfonds einzurichten.

Es gilt die gute fachliche Praxis. Sie muß als Mindeststandard definiert und in sämtlichen Waldgesetzen verbindlich festgeschrieben werden. Das bedeutet: Verbot von Kahlschlägen, Biozid- bzw. Pestizideinsatz oder Einsatz gentechnisch veränderten Organismen. Lt. Richtlinien muß „die gute fachliche Praxis“ die Grundlage und Mindestanforderung für Planung, Durchführung und Bewertung von Waldnutzungsmaßnahmen bilden. Dazu zählen auch Anreize zur Umstellung auf naturnahe Waldwirtschaft, etwa durch ökologisch anspruchsvolle Zertifizierungen (FSC, Naturland).

Nadelholzplantagen breiten sich im Wald aus. Hauptsache: Sie kosten wenig und bringen viel. Aber die Rechnung geht nicht auf. (Foto: Karl J. Knoppik)

 

Naturnaher Mischwald in der Umgebung des Königssees (Foto: Karl Josef Knoppik)

Waldbauwissenschaftler und Vegetationskundler empfehlen seit langem aus ökologischen und ökonomischen Gründen als auch im Hinblick auf den Klimawandel die Nutzung sämtlicher standortheimischer Baumarten. Dabei sollte, was die Nadelhölzer betrifft, selektiv vorgegangen werden und keinesfalls wieder auf Exoten, wie die zur Invasivität neigende Douglasie zurückgegriffen werden.

Sie gedeiht sehr gut auf bodensauren, lichten und trockenwarmen Waldstandorten. Diese sind zwar forstwirtschaftlich von geringer Bedeutung, zeichnen sich aber durch einen hohen naturschutzfachlichen Wert aus. Lt. Bundesamt für Naturschutz (BfA) verjüngt sich die D. im Vergleich zu den meisten anderen heimischen Baumarten natürlich und dunkelt die oft hochspezialisierten Tier- und Pflanzenarten aus. Das ist der auf diesen Standorten höheren Konkurrenzkraft der Douglasie geschuldet, die dazu führt, daß indigene Pflanzen und darauf angewiesene Tierarten verdrängt werden, da sie in ihrer Anpassungsfähigkeit schlichtweg überfordert sind. Ganze Lebensgemeinschaften verändern sich auf diese Weise!

Aber auch Roteiche, Japanische Lärche, Küstentanne oder Schwarzkiefer bieten unserer heimischen Tierwelt keinen Lebensraum und weisen anbau- und krankheitsbedingte Risiken auf. Interessant ist, was sogar eine vom Hessen-Forst selbst angestellte Untersuchung gezeigt hat, daß nämlich die Douglasie für viele unserer heimischen Vogelarten wertlos ist.

Am Beispiel unserer größten Spechtart, dem Schwarzspecht, läßt sich eindrucksvoll belegen: Diese Vögel sind Schlüsselfiguren im Buchenwald, denn sie zimmern Bruthöhlen, die später von Nachmietern, u.a. Rauhfußkauz, Dohle oder Hohltaube bezogen werden.

Abgesehen davon, daß der Schwarzspecht fast immer Buchen anfliegt, erkannte der Autor der Studie: „Bemerkenswert ist, daß kein Nachweis der Nahrungssuche des Schwarzspechts in den auch im Untersuchungsgebiet vorhandenen Douglasienbeständen gelang.“

Hackspuren vom Schwarzspecht (Quelle: Naturfoto Heinz Tuschl)

Auch für andere Spechtarten ist nach den Erfahrungen des Verfassers Michael Hoffmann die Douglas-Tanne eine „zur Höhlenanlage äußerst unattraktive Baumart.“

Hinzu kommt, daß rindenbrütende „Schadinsekten“ in zunehmendem Maße auf dieser fremdländischen Baumart gesichtet werden und damit dieselben Probleme auftreten, die wir schon seit Jahrzehnten von der Fichte kennen.

Auch die immer ins Feld geführte Klimatoleranz der Douglasie, die ursprünglich an der Westküste der USA beheimatet ist, wird weit überschätzt. In Wirklichkeit geht es der Forst- und Holzlobby allein darum noch mehr Rendite aus dem Wald herauszuholen.

Nordamerikanische Douglasien und andere fremdländische Nadelbaumarten bergen erhebliche ökologische Risiken (Foto: Karl Josef Knoppik).

Nach Meinung von Experten des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wie auch nach meiner eigenen Auffassung sind die standortheimischen Laubbaumarten selbst bei steigenden Temperaturen in der Lage stabile Wälder zu bilden. Sie lassen sich auch wirtschaftlich nutzen.

Bezüglich der in Frage kommenden Nadelhölzer kann die schnell wachsende Weißtanne eine entscheidende Rolle im Wald von morgen spielen. Sie ist die von Natur aus am weitesten verbreitete, ökologisch und ökonomisch wertvollste heimische Nadelbaumart. Im Wesentlichen auf Süddeutschland beschränkt, erstreckt sich ihr Vorkommen bis hinauf zum Thüringer Wald. Die Tanne wäre sehr gut für ein wärmeres Klima geeignet. Sie gedeiht auf basischen Böden ebenso wie auf sauren und verjüngt sich auf den unterschiedlichsten Humusformen – vom Mull bis zum Rohhumus. Ihre flachen, gescheitelten Nadeln enthalten mehr Blattgrün als die der Buche und 6 mal so viele Reservestoffe wie jene der Fichte.

Außerdem verträgt die Weißtanne (auch Edeltanne genannt) in ihrer Jugend anhaltende Beschattung, mehr als alle anderen Wirtschaftsbaumarten. Deshalb ist sie geradezu prädestiniert für den Aufbau ungleichaltriger, stufiger Dauerwaldstrukturen. Zudem verjüngen sich Tannen von Natur nach Ausfall von Einzelbäumen oder Trupps – also keine flächigen Katastrophen durch Sturm, Insektengradation oder Feuer. Dank ihrer großen Sturmfestigkeit konnte sie – eingebunden in ungleichaltrige Buchenumgebung – damals selbst jenem über dem Schwarzwald tobenden Orkan „Lothar“ (1999) in dessen Zentrum widerstehen.

Rückkehrer auf leisen Sohlen: Der Luchs ist in einigen Waldgebieten Deutschlands wieder heimisch geworden. Die Kehrseiten dieser erfreulichen Entwicklung: Zerschneidung seiner Lebensräume. Außerdem werden immer wieder Tiere illegal getötet oder werden Opfer des Straßenverkehrs. Effekte, die große Beutegreifer, wie Luchs oder Wolf, auf das Schalenwild, oder auch kleinere Beutegreifer ausüben, können durch Jagd nicht von Menschen ersetzt werden (Foto: Heinz Tuschl).

 

Jungtannen sind besonders verbißgefährdet (Foto: K. J. Knoppik)

Vor einigen Jahrzehnten fand man im Bayerischen und Böhmerwald Tannenexemplare bis zu einer Höhe von 60 Metern und darüber und einem Stammumfang von 3 – 5 Metern am Stock.


Weißtannen sind die mächtigsten Bäume Europas. Sie erreichen eine Höhe von bis zu 65 m. (Foto: K. J. Knoppik)

Wegen ihrer überragenden ökologischen und auch ökonomischen Bedeutung plädieren Wissenschaftler schon seit vielen Jahren dafür, den Baum des Jahres 2004 außerhalb der Tannenverbreitungsgrenze überall dort in vergleichbaren Anteilen zu beteiligen, wo nach wie vor die Fichte oder Douglasie geplant sind.

Die Wiederbegründung tannenreicher Wälder macht jedoch nur dann Sinn, wenn zuvor die Schalenwildpopulationen in einem Maße reduziert werden, daß der Tannennachwuchs verbißfrei aufwachsen kann. Hier steht die mächtige Lobby der „Grünröcke“ in der Pflicht, ihre Verantwortung für gesunde und artenreiche Wälder von hoher Ästhetik endlich wahrzunehmen.

Der Rotwildbestand muß auf ein waldverträgliches Niveau abgesenkt werden. Nur dann können artenreiche Mischwälder ungehindert aufwachsen (Foto: H. Tuschl)

Entgegen anderslautender Darstellung scheitert der Aufbau naturnaher Wälder hierzulande bis auf wenige Ausnahmen an der uneinsichtigen, auf puren Eigennutz bedachten Blockadehaltung der Jäger. Dabei wäre nach Dr. Georg Meister, einem bedeutenden Vordenker des naturnahen Waldbaus, dieses Ziel mit einfachen und relativ kostengünstigen Maßnahmen bequem zu erreichen.

Sündhaft teure Abzäunungen und weitere katastrophale Einbußen durch selektiven Wildverbiß sowie Schälschäden können wir uns nicht länger leisten. Immer noch besteht ein Großteil der bundesweit vorhandenen Waldflächen aus öden Fichten- und Kiefern-Monokulturen, die in erster Linie einer irrationalen Jagdleidenschaft geschuldet sind.

Offenbar ist von Seiten der Jäger bis heute kein echter Wille vorhanden, gemäß dem Grundsatz Wald vor Wild als unabdingbare Voraussetzung für naturnahe Wälder einen ökologisch motivierten Strategiewechsel zu vollziehen.

Festzustellen ist aber auch, daß es mittlerweile Jäger gibt, die sich ihrer Verantwortung für stabile Wälder mit reicher Artenvielfalt bewußt sind und mit der Anpassung der Schalenwildpopulationen an die Waldvegetation durch eine rigide Bejagung Ernst machen.

Das selten gewordene Haselhuhn ist auf strukturreiche Laub- und Mischwälder mit reichlich Unterholz angewiesen. Mittlerweile ist es in großen Teilen seines früheren Verbreitungsgebietes verschwunden. Verbreitungsschwerpunkt sind die Alpen, Bayerischer und Böhmerwald. (Foto: Heinz Tuschl)

 


Für Reh- und Rotwild sind die kostbaren, nährstoffreichen, wohlschmeckenden und weichen Nadeln der Tanne eine Delikatesse. (Foto: Karl Josef Knoppik)

Die Vorteile der heimischen Weißtanne als Alternative zur Fichte liegen auf der Hand. Sie kommt – ähnlich wie die Stieleiche – mit nassen, schweren Böden sehr gut zurecht und ist im Gegensatz zur Fichte nicht von Rotfäule, z. B. auf staunassen Standorten oder nach Schälschäden, betroffen. Sie gilt neben der breiten Palette einheimischer Laubholzarten als wichtiger Indikator für intakte naturnahe und natürliche Waldökosysteme und ist zudem mit ihrem tiefreichenden Herz-Pfahlwurzelsystem ein unverzichtbarer Stabilitätsfaktor in unseren Wirtschaftswäldern.

Das „Tannensterben“ Ende der 70er Jahre, das aber schon seit Beginn der Industrialisierung örtlich durch Rauchschäden auftrat, sowie spätere Kalamitäten durch Lausbefall, Tannenborkenkäfer usw. wurden gerne als Anlaß hochgespielt, um von den eigentlichen Ursachen des dramatischen landesweiten Tannenrückgangs abzulenken, nämlich Wildverbiß.

Unter dem fadenscheinigen Vorwand, die Tanne sei wegen ihrer Empfindlichkeit gegenüber Umwelteinflüssen und Gefährdung durch viel zu hohe Reh- und Rotwildbestände eine „Mimose“, setzte sich der Alterklassenwald immer mehr durch, ganz im Sinne der mächtigen und einflußreichen Holz- und Jagdlobby. Denn die Fichte mit ihren spitzen, stacheligen Nadeln schmeckt dem Schalenwild nicht. Nur notgedrungen macht es sich einmal über diese Baumart her.

Weißtanne im Nordschwarzwald: Eine heimische Baumart mit guten Zukunftsaussichten in einem wärmeren Klima (Foto: Knoppik)

Doch auch der Baum des Jahres, die Fichte, hat ihre unbestreitbaren ökonomischen und ökologischen Vorzüge. Und zwar dann, wenn man sie nicht in widernatürlichen Monokulturen anpflanzt, sondern mit Augenmaß im Rahmen der naturgemäßen Waldwirtschaft, wo man vornehmlich die Naturkräfte für sich arbeiten läßt und auf standortgerechte Naturverjüngung, naturnahe Baumartenmischungen und eine schonende Aufzucht junger Bäume im Halbschatten des alten Waldes setzt. Entnommen werden nur einzelne Bäume zur optimalen Ausnutzung des Wertzuwachses alter Exemplare.

Bergfichte im Nationalpark Berchtesgaden (Foto: Karl J. Knoppik)

Daß Fichte nicht gleich Fichte ist, haben die bitteren Erfahrungen der letzten Jahrzehnte gezeigt. Dort, wo sie nämlich zum extremen Flachwurzler wird, also auf verdichteten oder staunassen Böden, fällt sie quadratkilometerweise Stürmen zum Opfer. Nicht so auf ihren natürlichen Standorten, wie im oberen Waldgürtel der Alpen oder in den Kammlagen des Bayerischen Waldes.

Hier erweist sich der „Brotbaum“ der Forstwirtschaft extremen Witterungseinflüssen gegenüber als außerordentlich stabil. Und das ist gerade dort der Fall, wo es sich um besonders sturmexponierte Lagen handelt. Die Fichte kann dort ihr Senkerwurzelsystem voll ausbilden, sie kann sich mit langen Haltewurzeln an Blöcken anbinden und in Klüften verankern. Auch haben solche stattlichen Baumindividuen, um Schneebruch so gut wie auszuschließen, spezielle Anpassungen an die rauhen Bedingungen des Hochgebirges vollzogen.

Dazu hat die Natur in einem über viele Jahrhunderte währenden Ausleseprozeß alle nicht standortgemäßen breitkronigen Fichten, die im Rahmen früherer forstlicher Nutzung eingebracht wurden, ausgemerzt, so daß daraus im Ergebnis schmalkronige Exemplare entstanden. Diese spitzkronigen Fichten, die auch am Polarkreis zu bewundern sind, bieten dem Schnee kaum eine Auflagemöglichkeit. Äste und Zweige liegen dem Stamm relativ eng an.

Solche ehrwürdigen Fichten, oder Rottannen, wie sie in der Schweiz genannt werden, gewachsen nach den Gesetzen der Natur, haben im Laufe der Zeit eine statisch belastbare, mehr kegelförmige Stammform entwickelt. Oft sind die Bäume völlig vom Schnee eingehüllt ohne zu brechen.

Darüber hinaus bietet die schmale Kronenform dem Wind nur eine geringe Angriffsfläche, wodurch auch die Windwurfgefahr deutlich herabgesetzt ist. Solche wunderbaren Baumindividuen flößen dem Betrachter Respekt ein und lassen ihn in Ehrfurcht erstarren – im Gegensatz zu den Fichtenexemplaren der Monokulturen, die – gezogen wie Zündhölzer – „meistens aus Bretterreihen bestehen, die oben mit Grün verputzt sind“, so der österreichische Schriftsteller Robert Musil.

Der deutsche Wald: ökonomische Nutzung und ökologische Nachhaltigkeit – Eine Reise durch die wechselvolle Geschichte des grünen Drittels unserer Republik – Teil 1

Natürlicher Bergfichtenwald im Nationalpark Bayerischer Wald, Aufnahme vom Oktober 1978 (Foto: Karl Josef Knoppik)

„Wald ist mehr als die Summe seiner Bäume. Mehr noch als die Atemluft, die er uns kühlt und säubert, das Wasser, das er uns filtert und bewahrt, die Stille, die er schafft, und den Boden, den er festhält, brauchen wir seine geistigen Wohlfahrtswirkungen: den Wald nämlich nicht nur als grüne Menschenfreude, sondern als den Ort, an dem das uns verlorengegangene Naturmaß bewahrt wird“.

So anschaulich und zutreffend formulierte es Horst Stern in seinem 1979 erschienenen umfangreichen und aufklärerischen Sachbuch über unsere „grüne Lunge“ oder – anders gesagt – das grüne Drittel unserer Republik, welches damals nicht nur in den Medien große Aufmerksamkeit erzeugte, sondern auch eine sehr lebhafte Diskussion in Politik und Gesellschaft hervorrief.

Die Deutschen haben von alters her eine traditionell innige Beziehung zum Wald, so hat es jedenfalls den Anschein. Das kann man vielen überlieferten Schriften und Publikationen entnehmen. Aber stimmt das so – auf die Gegenwart bezogen – wirklich?

In früherer Zeit hatte diese Aussage zweifellos ihre Berechtigung. Doch heute wird beinahe jeder Nutzungsverzicht auch im Wald mit Freiheitsentzug gleichgesetzt. So stößt etwa die Forderung nach Ausweisung neuer Nationalparks bei Teilen der Bevölkerung, der Holz- und Forstlobby, auf heftige Ablehnung und ruft wütende Reaktionen hervor. Ein engagierter Befürworter des heiß umkämpften Nationalparks Steigerwald etwa mußte vor Jahren im Anschluß an eine öffentliche Diskussionsveranstaltung unter Polizeischutz durch den Notausgang in Sicherheit gebracht werden.

Das ist – wie ich glaube – einer Industrienation, die sich damit brüstet, zu den angeblich wohlhabendsten Ländern der Welt zu gehören, in höchstem Maße unwürdig – und zeigt außerdem, auf welch geistigem Niveau diese Republik inzwischen angekommen ist, wo offenbar  Egoisten zunehmend die Oberhand gewinnen. Diese haben keineswegs den nachhaltigen, monetär nicht zu beziffernden Wert von aus der Nutzung genommenen Waldflächen im Blick. Solchen Leuten sei einmal dringend dazu geraten, andere Länder, z. B. im überseeischen Raum, ins Visier zu nehmen, die weitaus ärmer sind als wir. Dort leistet man sich zur Erhaltung der Biodiversität unter oft schwierigen Umständen viel mehr und großräumigere Nationalparks, wobei Verstöße gegen bestehende Schutzvorschriften auch noch härter geahndet werden.

Etliche Heimatdichter, Maler und Schriftsteller erlagen der Faszination des Waldes und ließen sich von seiner natürlichen Schönheit inspirieren. Adalbert Stifter, Ludwig Uhland, Caspar David Friedrich, Hermann Löns oder Joseph Freiherr von Eichendorff, von dem das Gedicht bzw. Lied stammt: „Wer hat Dich, du schöner Wald aufgebaut, so hoch da droben“, zählen zu den bekanntesten Persönlichkeiten jener Zeit.

„Vor 300 Jahren formulierte der deutsche Kammerrat und Berghauptmann Hans Carl von Carlowitz das Prinzip der Nachhaltigkeit. Nur so viel Holz kann entnommen werden, wie tatsächlich nachwachsen kann. Kurz nach der Entdeckung Amerikas durch Chr. Kolumbus und dem Beginn des Raubbaus vieler wertvoller Rohstoffe in Europa um 1500 wurde durch einen „Waldmeister“ im bayerischen Bad Reichenhall der Begriff des Ewigen Waldes geprägt. Er sollte klarstellen, daß man immer nur so viel Wald wegschlagen kann, wie an anderer Stelle nachwächst.

Daraus hat sich der forstliche Begriff der Nachhaltigkeit entwickelt, der besagt, daß man einem Wald nur so viel an Rohstoffen entnehmen darf, daß auch künftige Generationen mindestens gleichviel und gleichwertige Güter nutzen können. Die Forstwirtschaft bemüht sich seit dem 19. Jahrhundert überall um N. Dabei handelt es sich nicht nur um Holz. Einem Wasserschutzwald muß nachhaltig mindestens dieselbe Menge und dieselbe Qualität an Wasser entnommen werden können; ein Lawinenschutzwald in den Alpen muß nachhaltig denselben Schutz vor Lawinen bieten wie der Wald zuvor. So stand es bereits 1984 in dem GEO-Sachbuch „Die Lage des Waldes“.

Zeugen längst vergangener Zeit: Meiler zur Holzkohlegewinnung. Die Köhlerei wurde bei uns noch bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts im Rahmen der Niederwaldbewirtschaftung praktiziert. (Die Aufnahme entstand nahe Föckinghausen bei Bestwig-Velmede) (Foto: Karl Josef Knoppik)

Zu Beginn der industriellen Revolution wurde die erneuerbare Ressource Holz nur dadurch vor der endgültigen Vernichtung bewahrt, die nachhaltige Nutzung des Waldes also nur dadurch möglich, daß Stein- und Braunkohle die Holzkohle ersetzten. Hieraus folgt die Erkenntnis, daß derjenige, der im Wald wirtschaftlichen Erfolg anstrebt, zunächst einmal den übergeordneten Aspekt der ökologischen Nachhaltigkeit respektieren muß. Denn ökonomische Nutzung kann nur im Einklang mit den ökologischen Waldbauzielen erfolgversprechend sein.

Sündhaft teure wildabweisende Zäune garantieren dem schießfreudigen Jagdpächter kontinuierlich hohe Reh- und Rotwildbestände. Nur hinter dem Zaun kann sich eine paradiesische Vielfalt an Pionierpflanzen und Mischbaumarten breitmachen. (Foto: Karl Josef Knoppik)

Es gab im Laufe der langen Waldgeschichte immer wieder hoffnungsvolle Ansätze und Bestrebungen in Richtung einer naturgemäßen Waldwirtschaft. Diese scheiterten jedoch wiederholt an den Interessen der Holz- und Jagdlobby. Fortschrittliche Waldbaupioniere, wie Carl Gayer (Waldbauprofessor aus Wien) oder Alfred Möller (Begründer der Idee des Dauerwaldes und Vordenker einer ökologischen Wende in der deutschen Waldwirtschaft), konnten die Fehlentwicklungen aber nicht aufhalten. Die Waldwende fand nicht statt. Die „moderne“ Forstwirtschaft betrachtete sich ausschließlich als Holz- und Rohstoffversorger.

Weihnachtsbaumplantagen mit Nordmanntannen, Blaufichten und anderen Exoten prägen nach wie vor maßgeblich die Landschaft. (Foto: Karl Josef Knoppik)

Heute nutzen immer mehr Menschen dieses Großökosystem, das für etliche Tier- und Pflanzenarten Heimstätte und Rückzugsraum ist, zur Erholung und für Freizeitaktivitäten. Sie überziehen ihn – oft mehr als er verkraften kann – mit immer neuen Forderungen und Ansprüchen.

Und entgegen der offiziellen Verlautbarung ist der Zustand des Waldes nach wie vor höchst beklagenswert. Er stirbt vor sich hin, heimlich, still und leise, und zwar in seiner Gesamtheit, wenn auch je nach Baumart mehr oder weniger schnell. Mehr als 2/3 der Bäume in deutschen Wäldern sind nach der neuesten Waldinventur geschädigt, bei den Buchen sind es sogar 90 Prozent.

Eine der Hauptursachen für die katastrophale Situation bilden die den Stickstoffverbindungen zugehörigen Ammoniak-Emissionen aus der industriellen Landwirtschaft, Stichwort Gülle!

Geballte Schadstoff-Cocktails aus Ammoniak, das mit 65 % für den weitaus größten Anteil der Nährstoffüberfrachtung unserer Wälder verantwortlich ist, und den übrigen Stickstoffquellen aus den Bereichen Straßenverkehr und Kraftwerken nebst Feuerungsanlagen setzen das Ökosystem unter Dauerstreß und nehmen ihm sprichwörtlich die Luft zum Atmen.

Doch von der Politik kommt zu all dem nichts. Man verharmlost die Situation in gewohnter Manier und stellt – wie der zuständige Agrarminister Minister Schmidt von der CSU – den Waldschadensbericht lediglich auf seine Homepage. Eine Bundespressekonferenz wurde erst gar nicht mehr anberaumt und somit die Tradition seiner Vorgänger abrupt beendet. Offenbar scheut man davor zurück, unangenehme Wahrheiten an die große Glocke zu hängen. Dabei müßten Herrn Schmidt gerade die besorgniserregend hohen Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft zutiefst beunruhigen und ihn schnell zur Tat schreiten lassen. Aber es tut sich nichts.

Dabei sind nur ¼ der Eichen und nur jede 10. Buche gesund. Doch gerade Buchenwälder sind als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie für die Stabilisierung des Klimas von unschätzbarem Wert! Das Ökosystem Wald mit seinen lebenswichtigen Funktionen, seiner ihm innewohnenden Vielfalt an Beziehungen und Abhängigkeiten untereinander ist durch allerlei Umwelteinflüsse devitalisiert. Von einer durchgreifenden Besserung kann bis heute also nicht die Rede sein. Im Boden tickt eine Zeitbombe. Es liegt an uns Menschen hier entschieden gegenzusteuern.

Steht für Wildnis und Urnatur: Canis lupus. Langsam breitet sich die Art in Mitteleuropa wieder aus. Aber der Wolf hat nur dann eine gesicherte Zukunft, wenn ihn die Menschen im Grundsatz akzeptieren und geeignete Lebensräume nicht noch weiter zerstört werden. Gegenüber ausgerotteten Tierarten, wie dem Wolf, der durch die Berner Artenschutzkonvention streng geschützt ist, haben wir eine moralische Pflicht zur Wiedergutmachung. (Foto: Tuschl)

Früher bestand der allergrößte Teil Deutschlands aus Wäldern. Rodungen für Siedlungsbau, Landwirtschaft und Holznutzung drängten die „grüne Lunge“ auf heute nur noch 1/3 der Landesfläche zurück. Urwälder – völlig unbeeinflußt vom Menschen – sind so gut wie nicht mehr vorhanden. Nur in Niederösterreich (Rothwald – ein seit der Bronzezeit nicht mehr genutzter Wald im Privatbesitz) und im Schweizer Wallis (Derborence) findet man noch Relikte. Kleine Bestände gibt es auch noch in Tschechien (Boubin/Kubany),der Slowakei, Rußland, der Ukraine und vor allem in den Karpaten.

Das Auerwild ist ursprünglich ein Vogel der Taiga und ähnlicher Waldformen. Gleichaltrige, undifferenzierte und aufgeräumte Wälder ohne Unterholz, Jungwuchs und Beerenkräutern machen ihm den Garaus, deshalb im Sauerland längst ausgestorben. Wiedereinbürgerungsversuche in den 80er Jahren scheiterten. (Foto: Heinz Tuschl)

Letztgenanntes Hochgebirge weist bis heute die größten Flächen an Urwäldern auf. Noch lassen sich dort unbeeinflußte Waldstrukturen beobachten und studieren, außerdem im nördlichen Iran sowie in Japan. Leider sind aber auch diese noch verbliebenen Urwälder oder urwaldähnlichen Bestände akut von der Zerstörung bedroht oder sind bereits Opfer des Raubbaus durch illegalen Holzeinschlag geworden. Etwa in Rumänien, wo in den letzten 20 Jahren ca. 400.000 ha unersetzliche, als Nationalparks geschützte Waldareale der Motorsäge zum Opfer fielen, darunter Urwälder. Gleiches ist in den Nationalparken bzw. Wildnisgebieten der Ukraine zu beobachten.

Vergraste, eintönige Fichtenforste: Von einer „Waldwende“ kann bisher nicht die Rede sein. (Foto: Karl Josef Knoppik)

Wie so oft sind Korruption und ein eklatantes Vollzugsdefizit bei der Einhaltung der Schutzvorschriften für dieses Massaker verantwortlich. Aber zum Glück wächst auch der Widerstand gegen den skrupellosen Kahlschlag durch multinational operierende Holzkonzerne – und zwar sowohl auf Seiten heimischer Umweltaktivisten als auch von befreundeten Umweltorganisationen aus den westlichen Nachbarländern. Z. B. unterstützen die Stiftung Europäisches Naturerbe (Euronatur) sowie die Zoologische Gesellschaft Frankfurt die Nationalparks dabei, ihre ökologisch hoch bewerteten Wälder zu erhalten. Worin unterscheiden sich nun Urwälder von Naturwäldern?

Der Begriff Urwald bezieht sich auf ausgedehnte Waldkomplexe, deren Standorte, Vegetation, Baumartenmischung und Aufbau seit jeher durch natürliche Standortfaktoren bestimmt wurden. Er besteht somit aus einem in jeder Hinsicht natürlichen Waldbeziehungsgefüge.

Neben einer nach Arten und Anzahl natürlichen Pflanzen- und Tierwelt ist eine derart große Flächenausdehnung erforderlich, daß sich die Einflüsse der durch den Menschen geprägten Umwelt im Innern des Waldes verlieren.

Bergurwald – Wir brauchen in Deutschland und Mitteleuropa unbedingt mehr Wildnisgebiete. Regulierende Eingriffe, wie Jagd, finden dort nicht statt (Foto: Heinz Tuschl).

Urwälder, die all jene Voraussetzungen erfüllen, gibt es in Mitteleuropa nicht mehr. Im Urwald wirken Kräfte der Reorganisation und Regeneration. Diese, wie auch die unterschiedlichen Lebensraumansprüche der verschiedenen Baumarten führen eine ungeheure Strukturvielfalt und deren ständigen Wechsel herbei. Zahlreiche seltene, z. T. vom Aussterben bedrohte Tierarten sind an diese Strukturen angepaßt. Am so genannten Totholz lebt in den einzelnen Entwicklungsstadien eine große Fülle von Insekten, Käfern und Pilzen. Allein in Urwäldern läßt sich feststellen, wie das Ökosystem Wald ohne menschliche Eingriffe funktioniert.

Im Gegensatz dazu steht der Begriff des Naturwaldes. Das sind Wälder, die nach Aufgabe der forstwirtschaftlichen Nutzung der natürlichen Entwicklung überlassen bleiben. So ein Wald ist ausschließlich aus einer rein natürlichen Vegetationsfolge hervorgegangen, der zumeist noch Merkmale früherer menschlicher Einwirkung erkennen läßt, oder der auf Neuland, Brachland oder nicht mehr genutzten Flächen entstanden ist (Prozeßschutz, Klimaxwald, d.h. womit ein bestimmter Endzustand angestrebt wird.

Der Hirschkäfer ist stark gefährdet (Kategorie 2). Er besiedelt alte Eichenwälder. Seine Larven benötigen durch Pilzbefall zermürbtes Totholz, besonders von Eichen. (Foto: Heinz Tuschl)

Gerade die vom Menschen unbeeinflußten Wälder sind es ja, in denen der Artenreichtum am größten ist. Solche Waldkomplexe machen gerade einmal 2 Prozent der Waldfläche aus (Nationalparke, Bannwälder, Naturreservate, Naturdenkmäler). Weniger als 1 Prozent des Waldes ist derzeit in Deutschland gesetzlich geschützt. Ein beschämendes Zeugnis, wie ich meine. Im internationalen Vergleich bilden wir damit als eines der reichsten Länder das Schlußlicht bei den sich selbst überlassenen Waldarealen. Das ist auch der Grund dafür, daß so unscheinbare Lebewesen, wie Pilze, holzbewohnende Käfer, Moose und Flechten stark gefährdet oder gar vom Aussterben bedroht sind.

Baum- oder Edelmarder: Je urwüchsiger der Wald, desto wohler fühlt er sich und je zahlreicher sein Vorkommen. (Foto: Heinz Tuschl)

Für den Schutz der biologischen Vielfalt benötigen wir deshalb auf mindestens 10 Prozent der öffentlichen Waldflächen Naturwälder (die Urwälder von morgen), wie bereits im Jahre 2007 von der Bundesregierung beschlossen. Mindestens die Hälfte davon müßte bis 2020 ausgewiesen werden. Der Wert des Waldes, nicht der des Holzes, muß also weitaus stärker in den Fokus gerückt werden. Leider sieht es z. Zt. aber nicht danach aus, als würde genug unternommen, um das von der Bundesregierung angestrebte Ziel zur nationalen Biodiversitätsstrategie zu erreichen, nämlich 5 Prozent der gesamten Waldfläche bis 2020 für natürliche Waldentwicklung bereitzustellen. Im Gegenteil: Nach Erkenntnissen des BUND werde dieses (ohnehin nicht sehr anspruchsvolle) Ziel auch mit dem neuen Naturschutzgesetz verfehlt.

Der giftigen Rote Fingerhut gedeiht in Massen: Er wird vom Schalenwild verschmäht. (Foto: Karl Josef Knoppik)

Der Landesbetrieb Wald und Holz, Forstbehörden und staatliche Forstverwaltungen machen permanent Front gegen die Ausweisung neuer Wildnisgebiete, Nationalparks und anderer aus der Nutzung genommener Areale. Dabei wird völlig ignoriert, daß der Eigenwert der Natur längst im Grundgesetz festgeschrieben ist.

Die Natur ist der beste Baumeister schöner und zugleich stabiler Wälder. (Foto: Karl Josef Knoppik)

Darüber hinaus wurde der wissenschaftliche Beweis erbracht, daß Naturwälder, läßt man sie wachsen, mindestens doppelt so viele Holzvorräte anreichern als Wirtschaftsforste. In Naturwäldern werden die Bäume 400 bis 600 Jahre alt. Das Durchschnittsalter in deutschen Wäldern liegt bei 77 Jahren. Borkenkäfern und Stürmen erliegt die Hälfte der Kunstforste. „Würde auf 5 Prozent der Fläche keine Nutzung stattfinden, so der langjährige Leiter der Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald, Dr. H. Bibelriether, ergäbe das eine viel höhere CO²-Bindung als in Wirtschaftsforsten“. Von der überreichen Arten- und Strukturvielfalt ganz zu schweigen.

Nirgendwo läßt sich der ewige Kreislauf der Natur so gut beobachten wie einem Nationalpark. Fremd und mystisch wirkt die Landschaft. Wind und Wetter zeigen immer neue stimmungsvolle Bilder. Aus dem ständigen Wechselspiel von Licht und Schatten, aus Wachstum, Altern und Zusammenbruch und dem Nebeneinander von Lichtung, Jungwald und Altbestand entsteht die Vielfalt des Naturwaldes. Je artenreicher und damit naturnäher ein Wald ist, desto stabiler erweist er sich gegenüber „Schädlingen“ und Umwelteinflüssen.

Mischbestand im Hochsauerland mit Waldkiefern und Rotbuchen. (Foto: Karl Josef Knoppik)

Von Natur aus würde im Nadelholz dominierten Sauerland – wie anderswo auch – die Rotbuche auf großen Flächen das Waldbild prägen, entweder im Reinbestand oder mit anderen Laubhölzern vergesellschaftet. Unsere ehemals waldreiche Landschaft, bestehend aus dichten Urwäldern (um 800 v. Chr.) wurde durch den Einfluß des Menschen zu Moor und Heide umgewandelt, während ein wesentlich größerer Teil als Niederwald bewirtschaftet wurde. Diese historische Nutzung der Waldbewirtschaftung diente vorwiegend der Brennholzgewinnung, aber auch der Rindennutzung sowie der Produktion von Getreide. Sie war somit eine klassische Kombination von Wald- und Feldbau. Im Siegerland war die Niederwaldwirtschaft mit der daran gekoppelten Holzkohlegewinnung unter dem Begriff „Haubergwirtschaft“ bekannt.

Verschneiter Fichtenforst im Vogelsanggebiet bei Meschede in den 80er Jahren. Durch reichlich anfallenden Naßschnee infolge der Klimaerwärmung sind heute auch die Hochlagen des Sauerlandes vermehrt von Schneebruch betroffen. (Foto: Knoppik)

Wo Eichen u.a. Baumarten vertreten waren, die nicht zu viel Schatten erzeugen, sprach man von Mittelwald. Sie wuchsen zu Bauholz heran und lieferten Eicheln für die Viehmast (Schweine). Ferner wurde auch Eichenrinde produziert, die als Gerbmittel für die Lederverarbeitung Verwendung fand, vor allem in den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein.

Bevor sich mit einer drastischen Klimaverschlechterung vor etwa 7.000 Jahren die Rotbuche bei uns durchsetzen konnte, dominierten in der nacheiszeitlichen Warmzeit Eichenmischwälder. Die erwähnte Haubergwirtschaft gab es noch bis ca. um das Jahr 1920. Danach entstand der aus Samen hervorgehende Hochwald – im Wesentlichen mit der forstlich interessanten, vielseitig verwendbaren Fichte bestockt. Hier bei uns hielt diese begehrte Nadelholzart erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts Einzug. Sie wurde im Jahre 1820 – aus Skandinavien eingebracht – im Sauerland heimisch.

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Teil 2 folgt hier.

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In den 1970 und 1980er Jahren war die öffentliche Meinung wesentlich von der immer stärker aufkommenden Umwelt- und Friedensbewegung beeinflußt bzw. geprägt. Der Naturschutz hatte nach meinem Eindruck einen höheren Stellenwert als heute.

(Unser Autor blickt pessimistisch und zornig auf die heutige Politik und die gegenwärtige Politikergeneration. Er behandelt viele Themen in einem zusammenhängenden Gedankenbogen, weswegen wir den Text auch nicht in einzelne Artikel aufspalten. Der Text ist „in einem Rutsch“ lesbar.)

Ökoprotagonisten, wie etwa Horst Stern, Herbert Gruhl oder Konrad Lorenz, schufen durch ihre teilweise aufsehenerregenden Filme, Presse- und Buchveröffentlichungen ökologisches Bewußtsein und eine bei den Bürgern wachsende Sensibilisierung gegenüber Umweltproblemen. Doch das war einmal.

Heutzutage mangelt es den Naturschutzverbänden an einer Integrationsfigur, die an die oben genannten Vordenker anknüpfen kann. Um bei Stern zu bleiben: Es hat seit den frühen Anfängen der Öko- und Friedensbewegung niemanden mehr gegeben, der die Profitgier in unserer Gesellschaft so angeprangert hat wie er.

Dennoch wird allen Warnungen zum Trotz dem „Wachstum“ gehuldigt wie nie zuvor. Politiker und Ökonomen beten zu diesem Moloch wie zu einem alleinseligmachenden Fetisch – mit der Konsequenz, daß unser räumlich begrenzter Planet weiter hemmungslos ausgeplündert wird.

Parteipolitisch eingefärbte Zeitungen und Hochglanzbroschüren, die noch vor wenigen Jahrzehnten den Naturschutz und die sich für ihn einsetzenden Aktivisten verhöhnt und lächerlich gemacht hatten, protzen heute im Digitalzeitalter mit schier unendlich vielen Natur- und Tiermotiven und suggerieren eine heile (Natur)-Welt.

Daraus könnte man den Schluß ziehen, daß nicht zuletzt wegen der überall in den Medien hervorquellenden Informationen über Natur und Umwelt ein hoher Wissensstand in der Bevölkerung vorhanden ist – und dementsprechend ein großes Interesse an diesen Themen. Um den ökologischen Zustand unseres Planeten kann es doch gar nicht so schlecht bestellt sein.

Leider ist die Wirklichkeit eine andere. Derzeit dreht sich in der Hauptsache fast alles um Wirtschaft, Finanzen, Börsenkurse, Banken- und Eurorettung, DAX und Geschäftsklimaindex.

Vergleichsweise unwichtige Dinge, wie Sportereignisse, erfreuen sich reger Anteilnahme, während ökologische Vorsorge, Klimawandel und Artensterben wenig Beachtung finden. Zwar sendet auch das Fernsehen, zum Beispiel im Rahmen von politischen Magazinen, häufig sehr kritische und skandalträchtige Beiträge über ökologisch-soziale Themen. Doch kranken diese Magazine daran, daß 1.) ihre Sendezeit nur 1/2 Stunde beträgt und 2.) daß sie erst um 21.45 Uhr ausgestrahlt werden. Also viel zu spät, um eine Vielzahl an Zuschauern zu erreichen. Dahinter steckt meiner Meinung nach Absicht.

Oscar Wilde hat einmal gesagt: „Wir kennen den Preis von allem, aber den Wert von nichts!“ Damit sind wir beim Wert der biologischen Vielfalt weltweit. Diese ist nämlich monetär nicht zu beziffern. Und sie schwindet in atemberaubendem Tempo, weil die menschliche Gier nach begrenzt vorhandenen Rohstoffen, nach gnadenloser Ausbeutung bzw. ungezügelter Nutzung von natürlichen Ressourcen kein Ende nehmen will. Bis in den letzten Winkel der Erde! Das sakrale Mißverständnis des biblischen Ausspruchs „Machet Euch die Erde untertan“ hat noch nichts an Bedeutung eingebüßt.

Weltweit ist zwischen 1970 und 2005 ca. 27 % der globalen Vielfalt verloren gegangen. 60 % aller Ökosysteme sind geschädigt und werden übernutzt. Und von 1950 – 2000 hat sich die Fläche der tropischen Regenwälder halbiert. Jährlich wird eine Waldfläche von 13 Mio. ha zerstört (= dreifache Größe der Schweiz).

Internationale „Klimagipfel“ scheitern regelmäßig. Der Raubbau an den natürlichen Lebensgrundlagen Wasser, Land, Luft und Ökosystemen geht also unvermindert weiter. Dennoch ist das Interesse der Parlamentarier an umweltbezogenen Debatten im „Hohen Hause“ zu Berlin auch im Jahre 2014 erschreckend gering. Je überzeugender die Argumente, je eindringlicher die Warnungen vor einem drohenden Kollaps, desto magerer fällt der Beifall aus und desto leerer das Plenum.

Es wird nach wie vor mechanisch gedacht, nämlich in Zahlen, Mengen und Währungen, und das alles zusammengestellt im Bruttosozialprodukt. Bis heute denkt die Politik nicht in organischen Abläufen. Denn diese sind weder eindimensional noch ständig nur nach oben gerichtet, quasi bis in die Unendlichkeit aufwärts, wie das die Fortschrittstheorie annahm.

Als Gegenpart zu dem von Ökonomen verklärten, materiell ausgerichteten Bruttosozialprodukt (BSP), in dem sich beispielsweise auch Kosten von Arbeits- und Verkehrsunfällen, Umweltschäden durch Produktion und Konsum, oder der Verbrauch von nicht regenerierbaren Ressourcen absurderweise als Positivposten niederschlagen, also wachstumssteigernd auswirken, wurde in den 80er Jahren ein Ökosozialprodukt definiert. Dieses versteht sich als Gradmesser für immaterielle Werte, die sich im Wohlbefinden des Menschen, seiner Gesundheit, der Lebensqualität einer Landschaft und einer intakten Umwelt wiederspiegeln. Selbst die FAZ behandelte das Thema seinerzeit in ihrem Wirtschaftsteil und erregte damit für eine Weile die Aufmerksamkeit der Politiker.

Dies führte allerdings nicht dazu, daß sich in den Köpfen der Politiker ein neues Denken eingestellt hätte. Nein! Nichts änderte sich. Es blieb dabei, daß das industriefreundliche BSP in seiner bisherigen Funktion als Indikator und Maßstab für quantitative Steigerungsraten seine Fortsetzung fand.

Aber nicht nur nach Meinung von Union und SPD soll es weiter aufwärts gehen. Auch die Grünen tragen dieses antiquierte Konzept brav mit und unterscheiden sich dadurch nicht grundsätzlich von den großen Parteien inklusive der völlig indiskutablen FDP. Waren die Grünen einst noch entschiedene Gegner der Wachstumstheorie, sind sie längst in der Wirklichkeit angekommen und mit dem tödlichen Virus infiziert. Wo bleibt eigentlich die nach der Bundestagswahl von der Ökopartei angekündigte verstärkte Hinwendung zu den grünen Urthemen?

Wer hoch und heilig so etwas verspricht, müßte logischerweise auf Konfrontationskurs sowohl zur CDU/CSU als auch zu den Sozialdemokraten gehen. Sie tun es aber nicht. Schließlich träumt man ja immer noch von einer schwarz-grünen Koalition auf Bundesebene. Und um dieses Ziel nicht aus den Augen zu verlieren bzw. zu gefährden, möchte man zu allzu radikalen Positionen doch lieber auf Distanz gehen.

Da hat die „linke“ Konkurrenz wieder mal mehr Mut zur Wahrheit und stellt fest:

„Das gegenwärtige Wirtschaftsmodell ist ökologisch blind, produziert groteske Ungleichheit und wird gelenkt von perversen Finanzstrukturen. Dieses Modell kann und darf keine Zukunft haben. Wer mit seinem Green New Deal nur auf die Umwälzung der Technologien setzt und die Veränderung von Wirtschaft und Gesellschaft vergißt (oder nicht wagt), der springt zu kurz.

SPD und Grüne konzentrieren sich auf technische Veränderungen und schwärmen von einer neuen, von grünen Investitionen getragenen Welle des Wachstums. Gemeinsam gehen alle vier genannten Parteien davon aus, daß die Wirtschaftsordnung trotz der ökologischen Gefährdungen keiner grundlegenden Erneuerung bedarf.

In Anlehnung an Albert Einstein könnte man sagen: Probleme kann man niemals mit derselben Wirtschaftsweise lösen, durch die sie entstanden sind. Und weiter: Nicht Renditen und Zinsen gehören ins Zentrum der politischen Aufmerksamkeit, sondern die ökologischen Herausforderungen.“

In den vergangenen Jahren hat der globale Ausstoß von Kohlendioxid neue Rekordwerte erreicht. Das Ziel, die Erderwärmung auf maximal 2 Grad C zu begrenzen, ist kaum noch zu erreichen. In vielen Regionen der Erde sind die Folgen des Klimawandels bereits deutlich spürbar. Hinzu kommt der Kampf um knapper werdende Rohstoffe, die zunehmend in ökologisch sensiblen Gebieten gefördert werden. Wenn der Mensch nicht endlich zur Besinnung kommt und aus den immer dramatischeren Folgen des Klimawandels nicht die überfälligen Konsequenzen zieht, wird die Natur den Homo sapiens zwingen, daß er sie wieder respektiert. Und eine solche erzwungene, radikale Anpassung ist kein Zucker schlecken; sie würde sehr weh tun und träfe auch die Industrie mit voller Härte.

Zum Teil geschieht das ja auch schon in unseren Breiten. Denn Land- und Forstwirtschaft, Tourismus und Energiewirtschaft werden durch sich häufende, extreme Wetterlagen zunehmend vor massive Probleme gestellt. Nicht zu reden von den Verhältnissen bspw. in Amerika und Asien. Das von Hochwasserkatastrophen, Dürren und Hitzewellen arg gebeutelte China sieht sich neuerdings sogar genötigt, im Alleingang seine CO²-Emissionen zu reduzieren (wie ehrgeizig diese Ziele auch sein mögen); und in Kalifornien leistete man sich jahrzehntelang den Luxus der Wasserverschwendung, nach dem Motto: Das begehrte Lebenselement kommt ja aus dem Kran. Nun bekommt man für diese Verschwendungsorgie die Quittung präsentiert. Die globale Erwärmung tut ein übriges; deren Auswirkungen sind immer deutlicher zu spüren. Das ganze Land sitzt auf dem Trockenen, wird an seinem Lebensnerv getroffen. Aber soweit muß es erst kommen!

Obwohl jeder Politstratege den Ernst der Lage inzwischen erkannt haben müßte, werden die Erfolgsaussichten für neue Klimakonferenzen als äußerst gering eingestuft. Das Beispiel Polen beweist, daß es keinen Sinn macht, so genannte „Erdgipfel“ einzuberufen, wenn von Seiten der Teilnehmerstaaten Fortschritte schon im Ansatz blockiert werden. Der unter Protest von Nichtregierungsorganisationen gegen die Tatenlosigkeit der anwesenden Staaten erfolgte Auszug aus der 2013 in Warschau stattgefundenen internationalen Klimakonferenz führt uns die Sinnlosigkeit derartiger Showveranstaltungen vor Augen.

Substanzielle Fortschritte, die bisher schon kleinkariertem, fruchtlosem Gezänk geopfert wurden, rücken somit in noch weitere Ferne. Meines Erachtens wurde unser osteuropäisches Nachbarland nicht ohne Grund zum Treffpunkt der Weltgemeinschaft auserkoren. Es liegt der Verdacht nahe, daß die Wahl bewußt auf Polen fiel, um dessen zu 90 % auf dem Energieträger Kohle sich gründende Energieversorgung abzusichern bzw. zu zementieren.

Man sollte nun aber bei aller berechtigten Kritik an Polen nicht nur die Regierung in Warschau für ihre rückwärtsgewandte Haltung in der Klimapolitik geißeln, ohne auf die Mißstände bei uns in Deutschland hinzuweisen. Vor allem SPD-Politiker reden der Kohlenutzung das Wort und leisten dem Umwelt- und Klimaschutz einen Bärendienst. Sie beschwören zwar unablässig eine Energieversorgung, die weitgehend aus erneuerbaren Quellen, Einsparung und Effizienz bestehen soll. In der Praxis besorgen sie jedoch ungeniert das Geschäft der Kohlelobby, womit gewährleistet ist, daß diese Dreckschleudern noch auf Jahre hinaus gewaltige Mengen an Treibhausgasen ausstoßen dürfen und die Betreiber solcher Anlagen horrende Gewinne erzielen können. So wird die Energiewende von einflußreichen Wirtschaftslobbyisten, darunter Nordrhein-Westfalens Minister Duin, konterkariert und die ohnehin nicht sehr anspruchsvollen Klimaziele aufs höchste gefährdet.

Hauptverantwortlich für ein solches Desaster ist freilich SPD-Chef und Vizekanzler Gabriel. Er ist es nämlich, der auf Bundesebene die Weichen zugunsten einer Energiepolitik stellt, von der ganz im Sinne unserer Bundeskanzlerin und ihrer CDU große Konzerne profitieren, während private Haushalte, sowie klein- und mittelständische Unternehmen wieder mal die Zeche zahlen müssen. Ein untragbarer, auf Konflikt angelegter Zustand.

Um von den wahren Intentionen der Koalitionäre abzulenken und bei den Bürgern die Akzeptanz für die Energiewende zu erhöhen, wird nun das allseits bekannte schwere Geschütz „Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft“ aufgefahren. Wenn es auch verständlich klingt, daß eine gewisse Zahl von Betrieben, die im internationalen Wettbewerb stehen, in den Genuß von Ausnahmeregelungen bei der EEG-Umlage und der Ökosteuer kommen muß, so gehört doch die zum Selbstzweck gewordene Wettbewerbslogik endlich mal auf den Prüfstand. Als ob es in einer vielfältigen und noch dazu globalisierten Wirtschaft nur Gewinner geben könne.

Ich finde, daß die Langsamkeit (der Natur) wieder eine stärkere Rolle dabei spielen muß.

Apropos Globalisierung: Aus Sicht der Ehrenvorsitzenden des BUND, Dr. Angelika Zahrnt, ist die Globalisierung ein „utopisches Konzept, um für die Mobilität von Kapital und Gütern eine durchgängige, grenzenlose Welt zu schaffen, mit dem Ziel, weltweit größtmögliche Effizienz zu erreichen. Dieses rein ökonomische Konzept stößt an die Grenzen der Belastbarkeit von Erde und Menschen!“

Und die tägliche Praxis zeigt ja auch, daß ökonomische Interessen immer weit über die berechtigten Ansprüche der Allgemeinheit triumphieren. Politiker betätigen sich in vorauseilendem Gehorsam als Erfüllungsgehilfen mächtiger Lobbyverbände.

„Bestes“ Beispiel ist kein geringerer als Frau Merkel. Sie widersetzte sich damals den Anweisungen der EU für strenge Auflagen bei den PKW- CO²-Grenzwerten und sprang der Autoindustrie freundschaftlich zur Seite. Dafür erhielt sie als Gegenleistung prompt Großspenden von Autofirmen, wie BMW. Damit ist doch der Beweis erbracht, daß die Regierungschefin käuflich ist.

Gleichzeitig verharrt unsere stiefmütterlich behandelte, dahin dümpelnde Deutsche Bahn, – verglichen mit Staaten, wie etwa der Schweiz oder Österreich, bis heute teilweise auf dem Niveau eines Entwicklungslandes. Und obwohl bei der Deutschen Bahn sehr vieles im argen liegt, wird fast nichts unternommen, um dieses umwelt- und klimaverträglichste Massenverkehrsmittel wieder zur tragenden Säule der Verkehrspolitik werden zu lassen und zukunftstauglich zu machen.

Geradezu skandalös und moralisch verwerflich ist weiterhin die Befürwortung des deutsch-amerikanischen Freihandelsabkommens TTIP durch Frau Merkel. Die Kanzlerin setzte sich unlängst in einem Interview noch einmal vehement für dieses Abkommen ein, indem sie erklärte, daß es uns nützt und zudem Arbeitsplätze schaffe. Man höre und staune!

Doch wen meint sie eigentlich mit „uns“? Gewiß nicht die oder auch nur einen Bürger der BR Deutschland, für den ein solches Abkommen nur katastrophale Nachteile bringt. Aber die Schattenseiten von TTIP werden wohlweislich ausgeblendet. Kein Wunder: Das Freihandelsabkommen hebelt Demokratie und Rechtsstaat aus, dient ausschließlich den Interessen der Konzerne, öffnet Privatisierungen Tür und Tor, begünstigt weitere Deregulierungen von Banken, bedroht unsere Gesundheit und bedeutet eine Kampfansage an Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz sowie die bäuerliche Landwirtschaft.

Doch nicht nur das: Auch beim Thema „Fracking“ werden zur Beruhigung der Menschen Nebelkerzen geworfen, um zu verschleiern, daß eine Erlaubnis dieser höchst umstrittenen, von zahlreichen Bürgerinitiativen heftig bekämpften Technologie längst beschlossene Sache ist. Nicht nur in diesem Punkt stehen Union und SPD Seite an Seite.

Politiker brechen laufend ihren Amtseid, Schaden vom Deutschen Volks abzuwenden. Trotzdem sitzt die Kanzlerin laut Umfragen fester denn je im Sattel, was immer man auch von solchen Umfragen hält.

Geht es um Wirtschaftsbelange, kann man sich darauf verlassen, daß unsere „Angie“ zur Stelle ist und als treibende Kraft gilt. Auch dort, wo die Ausbeutung von Bodenschätzen in Drittländern ohne jede Rücksicht auf Mensch und Umwelt erfolgt.

So sah Angela Merkel während eines Staatsbesuchs 2012 in der Mongolei bei der hochgiftigen Förderung der „Seltenen Erden“ große Chancen auf eine Zusammenarbeit. Daß die Bevölkerung durch diesen Raubbau massive Gesundheitsschäden davonträgt und ökologische Zerstörungen in Kauf genommen werden, interessiert sie offenbar nicht.

Wie wenig den Vertretern der „Großen Koalition“ das Thema Saubere Luft am Herzen liegt, die ja schließlich zum Atmen da ist, zeigt auch das Beispiel Filter-Nachrüstung für Diesel-PKW. Und es zeigt exemplarisch, daß Wahlversprechen nicht das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben stehen. Zur Erinnerung: Ein entsprechendes Förderprogramm von Umweltministerin Barbara Hendricks wurde entgegen den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag von Sozis und CDU/CSU abgeschmettert. Nicht nur, daß es sich hierbei um einen dreisten Wortbruch handelt. Auch wird abermals deutlich, wer in der Bundesregierung das Sagen hat. Nicht die Umweltministerin, sondern der Finanz- und Wirtschaftsminister.

Sämtliche bisher amtierenden Umweltminister, egal welcher Coleur, waren nach meiner Einschätzung nie etwas anderes als Konkursverwalter des von der Industrie als Verfügungsmasse betrachteten, unter den Kesseln der Konjunktur verheizten Naturkapitals, sondern fungierten quasi als Reparaturbetrieb des Wirtschaftswachstums. Denn ein Verzicht auf materielles Wachstum ist ja viel effizienter als jede Umweltgesetzgebung, die meist nur Symptome kurieren kann.

Der einem Machtmißbrauch gleichkommende, von sämtlichen Parteien gegenüber der Wirtschaft beharrlich verfolgte Schmusekurs, gipfelt häufig in der beliebten Redewendung, Ökonomie und Ökologie seien keine Gegensätze; sie gehörten zusammen. Diese bei jeder passenden Gelegenheit heruntergebetete Phrase soll meiner Ansicht nach nur eines bezwecken, nämlich daß in der Öffentlichkeit sehr umstrittene Projekte leichter durchgesetzt werden können.

Würde man es anders sehen, müßte zwangsläufig die Politik des permanenten Wachstums gestoppt werden. Und dies könnte ja die politischen Entscheidungsträger zu einer grundsätzlichen Kursänderung zwingen. Denn je erfolgreicher eine auf Wachstum fixierte Politik betrieben wird und der DAX, also das Stimmungsbarometer für börsennotierte Unternehmen, nach oben weist, desto schneller nehmen Armut, Ausbeutung, soziales Elend und Naturzerstörung zu.

Sogar Lebensmittel werden mittlerweile zum Spekulationsobjekt. Der globale Trend, Ackerland als solches zu erwerben, hat Deutschland erreicht. Konzerne, Kapitalfonds und finanzkräftige Privatinvestoren kaufen Land in der Hoffnung auf satte Gewinne. Auch der wachsende Bedarf an Lebensmitteln und die Förderung von Biogasanlagen locken Investoren. Besonders in Ostdeutschland kaufen sich branchenfremde Konzerne in die Landwirtschaft ein. Traditionelle Bauern können mit der finanzkräftigen Konkurrenz nicht mehr mithalten.

Grundsätzlich ist zu konstatieren, daß Reiche und Wohlhabende in diesem Staat sich alles einverleiben können und nicht daran gehindert werden.

Finanzielle Mittel wären genügend vorhanden, um den Ärmeren und Benachteiligten bei uns und anderswo ein auskömmliches Leben zu sichern. Viele von ihnen werden jedoch mit ihren Sorgen und Nöten im Stich gelassen. Sie müssen sehen, wie sie über die Runden kommen, zumal das Leben für die Mehrheit der Bürger ständig teurer wird bzw. immer größere Anstrengungen erfordert.

So müssen Menschen, die ihre Krankenversicherung bezahlen, trotzdem für den Erhalt ihrer Leistungen kämpfen, auf die sie Anspruch haben. Kein einziger Politiker, der sich „christlich“ nennt, kommt ihnen zur Hilfe, weshalb oft die Medien einspringen müssen, um ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen. Und zu allem Überfluß sollen sie dann auch noch die Konjunktur durch verstärkten Konsum auf Trab bringen.

Aber irgendwann, so besagt es eine Binsenweisheit, hat man genug, hat jeder genug, ist der Markt gesättigt. Das Geld sitzt bei den Bürgern ohnehin nicht mehr so locker, so daß es sich viele von ihnen drei Mal überlegen, ob sie etwa eine Urlaubsreise antreten, oder bei der Anschaffung diverser Gebrauchsgegenstände klugerweise Zurückhaltung üben, und auf welchen überflüssigen Schnickschnack sie ganz verzichten können.

Der eingeengte finanzielle Spielraum bringt die Leute zum Nachdenken. Der Oberklasse in diesem Land geht es doch nur deshalb so gut, weil sie auf Kosten derer lebt, die Tag für Tag ihre Pflicht tun, treu und redlich für sich und ihre Familien sorgen, den Staat nicht über Gebühr in Anspruch nehmen, und deren Lebensunterhalt häufig mit einem Job nicht zu bewerkstelligen ist.

Nach wie vor auf taube Ohren stößt bei den Verantwortlichen indes die von Sozialverbänden und „linken“ Politikern lautstark geforderte Umverteilung von oben nach unten. Durch die „Agenda 2010“ des Altkanzlers Gerhard Schröder stieg im Laufe der Jahre die Anzahl derjenigen Menschen, die zu Bittstellern wurden, dramatisch an. Das wiederum führt bei den Betroffenen zu einem Verlust des Selbstwertgefühls und dazu, daß sie völlig frustriert und demotiviert zur Arbeit gehen.

Um von ihrer Unfähigkeit einerseits und Sympathie für bestimmte Klientelgruppen andererseits abzulenken, lassen unsere Parlamentarier keine Gelegenheit aus, sich volksnah zu präsentieren.

Das ist beispielsweise beim Anstechen der Bierfässer in Festzelten zu beobachten, beim öffentlichkeitswirksamen Anpflanzen von Bäumen oder patriotisch gewürzten, die eigene Person und Partei beweihräuchernden Reden. Z

Zur Selbstdarstellung und damit verbunden Steigerung der Popularitätswerte bieten sich natürlich auch Fußball- Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele vortrefflich an. Damit lassen sich Handlungsdefizite, politische Fehlleistungen und Versäumnisse übertünchen bzw. vergessen machen. Aber nur vorübergehend. Denn die Bürger kann man nicht mehr so leicht für dumm verkaufen.

Andererseits – und auch das muß gesagt werden -, tragen aber auch Teile der Wählerschaft eine Mitschuld an dem ganzen Dilemma, in dem dieses Land steckt. Wähler sind nämlich immer auch ein Spiegelbild der herrschenden Politik.

Oder will jemand behaupten, die Wahlresultate mancher Abstimmungen auf Bundes- und Landesebene seien das Ergebnis intensiven Nachdenkens? Sollten die vor einigen Wochen durchgeführten Meinungsumfragen des ARD-Deutschlandtrends der Wahrheit entsprechen, wäre demnach ein Großteil der Bevölkerung mit der Arbeit der „GroKo“ zufrieden. So ein Urteil zeugt nicht gerade von Realitätssinn. Dazu paßt auch die immer noch von einer beträchtlichen Anzahl Menschen vertretene (irrige) Auffassung: „Man kann ja doch nichts ändern.“ So zum Beispiel in Sachen Fracking.

Diese durch nichts zu rechtfertigende, pessimistische Grundhaltung bringt uns jedoch keinen Schritt weiter. Es heißt nicht umsonst: Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren. In der Tat wäre Resignation fatal!

Erfreulich ist zwar, daß die Menschen (notgedrungen) wacher geworden sind und sich mehr von ihnen in Bürgerinitiativen oder Umweltverbänden engagieren, woran auch das Internet seinen Anteil hat, durch das man heutzutage auf schnellstem Wege hochaktuell informiert wird und ebenso schnell reagieren kann. Doch die Zahl derer, die ihren Protest auf irgend eine Weise artikulieren und den Politikern die rote Karte zeigen, muß noch erheblich zunehmen. Solange es zu viele Leute gibt, die nach dem St. Florians-Prinzip nur gegen solche Bau- und Verkehrsprojekte protestieren, die ihr eigenes Wohnumfeld in Mitleidenschaft ziehen (so verständlich das ist), bleibt ihr Protest unglaubwürdig.

Wie verlogen die Politik ist, beweist auch das Märchen vom angeblichen Atomausstieg, der am 30. Juni 2011 als Reaktion auf die Reaktorkatastrophe von Fukushima beschlossen wurde. Bis Ende 2022 sollen lt. Beschluß alle deutschen AKW`s abgeschaltet sein. Aber der so genannte Atomausstieg ist eine Mogelpackung. Denn laut Experten von ROBIN WOOD wird Deutschland auch weiterhin eine entscheidende Rolle in der Kernenergie spielen – bei der Anreicherung von Uran und der Produktion von Brennstäben.

Jedes Jahr rollen rd. 10.000 geheime Nukleartransporte durch Deutschland. Meist kommt die strahlende Fracht per Schiff in den Hamburger Hafen und wird von dort auf der Autobahn oder über die Schiene quer durch die Republik transportiert. Mal sind es Container mit Uranerzkonzentrat, das aus den Uranminen in der ganzen Welt nach Deutschland importiert wird, mal Tanks mit Uranhexafluorid, aus dem in Gaszentrifugen angereichertes Uran entsteht. Diese hochgiftigen Stoffe werden für die Herstellung von Brennstäben benötigt. Also findet dieser Atomausstieg bisher nur auf dem Papier statt.

Damit steht fest, daß auch der rot-schwarze Koalitionsvertrag die Handschrift diverser Lobbyverbände trägt. Die Weigerung von Merkels industriehöriger CDU, ökologisch schädliche Subventionen nicht abbauen zu wollen, fügt sich nahtlos in dieses Schema ein.

Lieber plant man übereifrig neue Autobahnen und Bundesstraßen und verschwendet dafür Steuergelder in Milliardenhöhe. Was jeden Normalbürger in diesem Staat aufhorchen läßt. Steuerbetrüger werden hierzulande bestraft. Das setzt man jedenfalls voraus und sollte für alle gelten. Steuerverschwender können dagegen ihr Unwesen treiben und werden nicht zur Verantwortung gezogen.

Was ist eigentlich an der CDU/CSU noch christlich und was an den Sozialdemokraten noch sozial? Wenn es um puren Machterhalt geht, werden Fundamentalpositionen notfalls im Schnellverfahren geräumt, die einstmals mit Zehen und Klauen verteidigt wurden. Probleme werden dadurch „gelöst“, daß man sie im Konsens weglächelt. Kaum einer, der noch auf seiner Meinung beharrt. Man macht sich gegenseitig etwas vor und handelt nach der Devise: Wer es vermeidet sich die Finger zu verbrennen, wer also nicht aneckt, kann auch nichts falsch machen.

Ich bin der festen Überzeugung, daß die Parteiendemokratie abgewirtschaftet hat. Von den zur Zeit regierenden Politikern sind keine bahnbrechenden, mutigen Weichenstellungen zu erwarten. Es gibt nirgendwo große Persönlichkeiten mit Weitblick mehr, die Visionen hätten und die dem nutzungsorientierten Lobbyismus die Stirn bieten, die uns und vor allem kommende Generationen mit begründetem Optimismus in eine lebenswerte Zukunft führen. Welchen Sinn macht es beispielsweise den „Tag der Artenvielfalt“ feierlich auszurufen, wenn kein Wille besteht sich von dem verhängnisvollen Wachstumszwang zu lösen.