Nächtliche Abschiebung einer Roma-Familie – Antwort des HSK auf die SBL-Anfrage kam nach zwei Monaten

In der Nacht vom 18. zum 19. Mai 2011 schob der Hochsauerlandkreis eine Roma-Familie aus Meschede in den Kosovo ab. Die Sauerländer Bürgerliste (SBL) stellte daraufhin am 24. Mai 2011 der Kreisverwaltung etliche Fragen zum Abschiebevorgang und den Gründen für die behördliche Maßnahme und wartete und wartete und wartete … auf die Antwort.

Am 17. Juli, also nach 8 Wochen, war es soweit. Da fand die Mitarbeiterin der Sauerländer Bürgerliste (SBL) die Antwort des Hochsauerlandkreises in dem virtuellen SBL-Briefkasten vor. Bis dato hatte die Kreisverwaltung der SBL lediglich schriftlich den Eingang des Schreibens bestätigt und erklärt, dass, aufgrund der umfangreichen Fragestellungen und personeller Engpässe es leider nicht möglich sei, termingerecht – innerhalb von 2 Wochen – vollumfänglich zu antworten.

Wir fassen einige Punkte aus dem Antwortschreibens eines Mitarbeiters der Organisationseinheit Integrations- und Ausländerangelegenheiten hier nun – fast kommentarlos – zusammen:

An der Abschiebe-Maßnahme, waren, wir zitieren: “… zunächst 6 Bedienstete des Hochsauerlandkreises, 2 ehemalige Polizeibeamte (Fahrer) und ein Arzt beteiligt. Nach aggressivem Auftreten einiger Familienangehöriger wurden zudem 3 Polizeibeamte hinzugezogen.“ -Folglich waren 12 Leute an der „Überfall-Kommando“ (so der Eindruck der Betroffenen) beteiligt!-
Der Familie sei mit 1 ½ Stunden „auf eigenen Wunsch ausreichend Zeit gewährt“ worden, „um u.a. diverse Telefonate mit Rechtsanwälten zu führen, Koffer zu packen und Abschied zu nehmen.“

Die Frage der SBL, ob sich der HSK in diesem Fall des umstrittenen Gutachters Michael K. aus Bonn bediente, ist so beantwortet worden:

„Ihre einleitende Bewertung hinsichtlich des „Gutachters Michael K. aus Bonn“ teile ich nicht. Der Innenminister hat bestätigt, dass dieser bundesweit als objektiv und sorgfältig prüfender Arzt bekannt ist. Es ist richtig, dass dieser Arzt die Rückführung begleitet hat.“

Zur Frage nach weiteren Abschiebefällen, bei denen der besagte Gutachter beteiligt war, heißt es in der „Antwort“: „Hierüber wird keine Statistik geführt.“ Es würden unterschiedliche Gutachter eingesetzt, ausgewählt nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls.

Die SBL hatte auch gefragt, ob der HSK dem „Gutachter“ für seine Dienste jeweils rund 470,- Euro bezahlt. Die Antwort: “Nein, das Honorar richtet sich jeweils nach dem entstandenen Aufwand und ist von Fall zu Fall völlig unterschiedlich.“ Auf die Frage nach den Kosten für das „Fit for Fly“-Gutachten ging der HSK nicht ein, sondern verwies auf die Antwort zum Honorar. -„Fit for Fly“, der Begriff steht für Ärzte, die kranke Flüchtlinge „flugtauglich“ schreiben. So ein Gutachten soll den Ausländerämtern jeweils 470,- Euro kosten.-

Eine Vereinbarung zwischen dem HSK und dem Evangelischen Kirchenkreis, wonach aus humanitären Gründen nachts keine Abschiebemaßnahmen erfolgen sollen, besteht laut der HSK-Ausländerbehörde nicht. „Nein“, schreibt der Kreismitarbeiter auf diese Frage der SBL, „vielmehr mündete ein gemeinsames Gespräch mit dem evangelischen Kirchenkreis im Jahr 2005 nicht mit der Zusage, auf nächtliche Abschiebungen zu verzichten. Die Zusicherung des HSK, dass keine nächtlichen Abschiebungen stattfinden, stand und steht noch unter dem Vorbehalt, dass der Abflugtermin in den Mittagsstunden liegt, sodass ein betreten der Wohnung vor fünf Uhr vermieden werden kann. Der Hochsauerlandkreis hat sich beim Land NRW wiederholt dafür eingesetzt, dass die Abflugzeiten für Charterflüge in die Mittagszeit verlegt werden.

Zu den Abschiebegründen von S.Z., seiner Ehefrau und seiner 19jährigen Tochter gibt der HSK an, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels seien nicht erfüllt worden.

Humanitäre und gesundheitliche Aspekte hätte der HSK bei seiner Entscheidung nicht außer Acht gelassen, schreibt uns der Kreisbedienstete. Zweifel an der Reisefähigkeit von Herrn und Frau Z. und deren Tochter hätten zu keinem Zeitpunkt bestanden. (Der SBL ist bekannt, dass die Tochter T.Z. mit einem schweren Herzfehler geboren wurde und, dass sowohl Mutter als auch Vater ebenfalls in schlechter gesundheitlicher Verfassung waren und sind.)

Familie Z. lebte übrigens seit 20 Jahren in Meschede. Die jüngste und jetzt abgeschobene Tochter T. ist in Deutschland geboren. Der Vater soll trotz etlicher Bemühungen seinerseits nie eine Arbeitserlaubnis bekommen haben. Gilt immer noch die Regel: Ohne Arbeit keinen Aufenthaltstitel, ohne Aufenthaltstitel keine Arbeitserlaubnis? Vielleicht ist die Chance, einen Sechser im Lotto zu haben größer, als im HSK einen Aufenthaltstitel erteilt zu bekommen, zumindest wenn Mann/Frau ein/e Roma ist?

Auf Nachfrage der SBL teilte der HSK auch mit, dass zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Antwortschreibens (es trägt das Datum vom 12.07.2011), sechzehn Angehörige von Minderheiten der Roma und Ashkali oder anderer Minderheiten, die unter den Kosovo-Erlass fallen, noch im Bereich des Kreisausländeramtes leben. „Jeweils drei Personen leben in Eslohe und Brilon, jeweils zwei in Meschede und Bestwig, fünf in Schmallenberg und eine Person in Olsberg.“ Wie viele von ihnen der HSK noch beabsichtige abzuschieben, fragte die SBL. Die eindeutig uneindeutige Antwort des HSK: „Die Entscheidung erfolgt jeweils im Einzelfall und nach sorgfältiger Prüfung.“

Der letzte denkwürdige Satz im Schreiben des HSK ist dieser: „Ich bitte, die personenbezogenen Daten in diesem Schreiben vertraulich zu behandeln.“ Das tun wir selbstverständlich. Wenigstens der Datenschutz wird im Ausländeramt wohl noch beachtet ….

Antwort zur Abschiebung einer Roma-Familie steht immer noch aus

Wie wir berichteten, hat der Hochsauerlandkreis im Mai 2011 wieder drei Menschen in den Kosovo abgeschoben. Der „Rauswurf“ traf eine Roma-Familie, die seit über 20 Jahren in Meschede wohnte.

Vater, Mutter und jüngste Tochter Tatjana (19 Jahre) wurden für sie selbst und für ihre Angehörigen völlig überraschend spät abends aus ihrer Wohnung geholt und zum Flughafen Baden-Baden gefahren. Rund 15 Mitarbeiter vom Ausländeramt und Polizeibeamte hätten sich gegen 23.00 Uhr Zutritt zur Wohnung verschafft. Die Drei hätten kaum Zeit gehabt, das Nötigste für die Reise, für ihr zukünftiges Leben im Kosovo zu packen, berichteten die Verwandten.

Die Sauerländer Bürgerliste (SBL) hatte am 24.05.2011 an den Landrat eine Anfrage zu den Gründen und zum Hergang der Abschiebung gestellt. Laut Geschäftsordnung des Hochsauerlandkreises muss die Verwaltung Anfragen von Fraktionen und Kreistagsmitgliedern innerhalb von zwei Wochen beantworten. Doch bis heute (13.07.2011, also nach mehr als sieben Wochen) kam kein inhaltliches Antwortschreiben. Zwischenzeitlich schickte die Kreisverwaltung der SBL lediglich einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg zu (wir berichteten). Darin wird aber nur über die formale Zulässigkeit und nicht über die humane Rechtfertigung der Abschiebung entschieden. Als Grund für die „Noch-Nicht-Beantwortung“ der Anfrage hieß es auf telefonische Nachfrage der SBL, das Ausländeramt hätte personelle Engpässe und andere wichtige Aufgaben, z.B. im Bereich Integration.

„Integration“ ist ein gutes Stichwort. Warum hat der Hochsauerlandkreis der in Meschede geborenen und aufgewachsenen Tatjana Z. im Mai alle Wege zur endgültigen Integration abgeschnitten? „Integration“ sollte nicht nur öffentlich ausgestellt, sie sollte viel mehr gelebt werden! Gleichzeitig rühmt sich die Kreisverwaltung dafür, in ihrer Ausstellung „positive Seiten von Integration“ zu präsentieren (siehe: http://www.hochsauerlandkreis.de/presse/2008/presseservice800269.php)??

Die Abschiebung einer Roma-Familie aus Meschede. Anmerkungen zum Gerichtsbescheid.

Meschede. In der Nacht vom 19. zum 20. Mai 2011 wurde die dreiköpfige Roma-Familie Z. aus ihrer Wohnung in Meschede geholt und am Vormittag des 20. Mai über den Flughafen Baden-Baden in den Kosovo abgeschoben (siehe auch hier im Blog).

Zu diesem Sachverhalt stellte die Sauerländer Bürgerliste (SBL) der zuständigen Kreisverwaltung einige Fragen.

Am 07. Juni 2011 antwortete der Hochsauerlandkreis mit der Bestätigung des Eingangs der SBL-Anfrage und schreibt: „Es ist mir aufgrund der umfangreichen Fragestellungen und personellen Engpässen leider nicht möglich, termingerecht – innerhalb von 2 Wochen – vollumfänglich zu antworten.“

Beigefügt ist dem Schreiben des HSK ein mehrseitiger Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 19. Mai 2011 zu einem Antrag (des Rechtsanwalts der Familie) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Abschiebeschutz.

Der Antrag ist vom Gericht abgelehnt worden. Das hatte zur Folge, dass der überstürzte Abtransport der Familie Z. nicht gestoppt werden konnte. Die drei Menschen wurden trotz der personellen Engpässe der Kreisausländerbehörde „termingerecht“ in den Kosovo überstellt.

Diese Gerichtsentscheidung besagt zwar, dass Familie Z. – bei rein juristischer Betrachtung abgeschoben werden durfte. Sie sagt aber nichts zu den humanitären und sozialen Dimensionen dieser Aktion.

Und nun ein paar Worte zum Beschluss des Verwaltungsgerichts:

Demnach sollte die Abschiebemaßnahme am 19. Mai eingeleitet werden.

Auf Seite 2 steht:

„Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller zu jeweils einem Drittel. Der Streitwert wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.“

Der Nichtjurist und Laie in Sachen Abschiebung fragt sich, wer dieses stattliche Sümmchen zahlen wird? Geht das Gericht davon aus, dass die Lebens- und Erwerbsumstände der Familie im Kosovo gut auskömmlich sind? Oder werden die Verwandten in Meschede zur Kasse gebeten?

Die Begründung für die Ablehnung des Abschiebeschutzes ist viele Seiten lang. Im „Juristen-Deutsch“: Die Voraussetzungen gemäß § 58 Abs. 1 AufenthG für die Abschiebung der Antragsteller liegen vor. Letztere sind gemäß § 50 Abs. 1, 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG i.V. m. § 67 Nr. 7 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) vollziehbar ausreisepflichtig, da ihre Asylanträge unter Androhung ihrer Abschiebung in den Kosovo bestandskräftig abgelehnt worden sind. Eine Wiederholung der Abschiebeandrohungen ist – entgegen der Ansicht der Antragsteller – nicht erforderlich. …“

Die Justizbehörde führt zur Reisefähigkeit aus, es sei nicht glaubhaft gemacht, dass sie krankheitsbedingt nicht reisefähig wären. „Ein inlandsbezogenes Ausreisehindernis in Form der Reiseunfähigkeit liegt vor, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Ausreise bzw. Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich verschlechtern wird. … Der Ausländerbehörde obliegt es, ggf. durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung, die notwendigen Vorkehrungen – etwa durch ärztliche Hilfen bis hin zur Flugbegleitung – zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann.“

– Nach unseren Informationen wurde allen drei Familienmitgliedern am Flughafen in Baden-Baden von dem umstrittenen Gutachter Michael K. Reisefähigkeit bescheinigt. Selbst die lange und schwere Krankengeschichte der 19jährigen T.Z. berücksichtigte der Abschiebegutachter offenbar nicht. –

Das Gericht begründet die Zumutbarkeit der Ausreise der seit 1990 in Deutschland lebenden Familie Z. u.a. so: „Gleichwohl kann bei der gebotenen Abwägung im vorstehenden Sinne nicht davon ausgegangen werden, dass sie unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Einbindung in die hiesigen Verhältnisse, ihres rechtlichen Aufenthaltstatus, der Beachtung gesetzlicher Pflichten und Verbote schutzwürdig im Bundesgebiet verwurzelt wären. … Die seit November 2010 durch einen Sohn gewährte finanzielle Unterstützung ist in ihrem Fortbestand … nicht gesichert. … Auch über einen Aufenthaltstitel verfügten die Antragsteller zu 1. und zu 2. zu keinem Zeitpunkt. Demgegenüber ist davon auszugehen, dass sie sich im Kosovo werden reintegrieren können. …

Auch hinsichtlich der Antragstellerin zu 3. ist eine im vorgenannten Sinne schutzwürdige Verwurzelung im Bundesgebiet nicht dargetan. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass diese im Bundesgebiet geboren ist und sich bislang ausschließlich hier aufgehalten hat. Über einen gesicherten Aufenthaltsstatus verfügte sie allerdings zu keinem Zeitpunkt. …“

Weiter wird ausgeführt, die Antragstellerin hätte keinen Schulabschluss und ginge einer Beschäftigung im Imbissbetrieb ihres Bruders nach. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass dies auf Dauer gesichert sei, und angesichts des fehlenden Schulabschlusses sei nicht ohne Weiteres zu erwarten, dass die Antragstellerin anderweitig eine Beschäftigung finden können werde. „Demgegenüber“, so schreibt das Verwaltungsgericht, “wird sie im Kosovo auf die Unterstützung und Hilfe ihrer Eltern, den Antragstellern zu 1. und 2., zurückgreifen können. Angesichts dessen ist es der Antragstellerin zu 3. auch in Ansehung des von Art. 8 EMRK geschützten Rechts auf Privatleben zuzumuten, in den Kosovo auszureisen bzw. dorthin abgeschoben zu werden.

Als Nichtjurist habe ich da ein Verständnisproblem. Warum soll es den Eltern im Kosovo leichter fallen, ihre Tochter zu unterstützen, als es ihnen in Deutschland möglich war? Die Arbeitslosenquote der Roma im Kosovo soll laut Medienberichten enorm hoch sein.

Zur wirtschaftlichen Situation und Arbeitslosigkeit im Kosovo fand ich z.B. auf den Internetseiten von „Aktion 302“ folgende Meldung:

Während die allgemeine wirtschaftliche Situation schon schlecht ist (37,3 % Arbeitslosenquote in 2009 und ca. 1.759 EUR BIP/Kopf in 2008), liegt nach Auskunft der Ombudsperson Institution in Kosovo die Arbeitslosenquote unter den Roma bei ca. 98 %. Viele leben von Gelegenheitsarbeiten oder sammeln Metall und anderen wiederverwertbaren Schrott, um zu überleben.

Ein regulärer Arbeitsmarkt existiert für die Minderheiten nicht.

Nächtliche Abschiebung in Meschede

„Abschiebung auf die Müllkippe“, diese eindringliche Überschrift fanden wir bei der Suche nach Berichten über Abschiebungen in den Kosovo.

Ob der Begriff „Müllkippe“ für den Kosovo zutrifft, kann nur beurteilen, wer dort lebt oder wer in letzter Zeit vor Ort war, so wie einige Journalisten. In zahlreichen Publikationen bestätigen sie, das Leben dort ist für viele Menschen alles andere als traumhaft schön. Vor allem ethnische Minderheiten wie Roma und Ashkali haben offenbar im Kosovo „Null Chance“. Wir zitieren aus dem Artikel aus TERZ mit der Müllkippen-Überschrift:

„Die einzige Möglichkeit für die Roma im Kosovo ihren Lebensunterhalt zu verdienen, ist das Sammeln von Altmetall auf den Müllkippen“, berichtet Eva Weber von der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration (FFM) aus Berlin auf der Pressekonferenz am Flughafen. „Sie können das gesammelte Metall dann auf den Basaren für einen sehr geringen Preis verkaufen. Und selbst dieser Markt ist hart umkämpft“, so die Journalistin, die im letzen Jahr mehrmals im Kosovo war. Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte im Besuchsbericht 2009 wegen drohender Verelendung und möglicher ethnischer Konflikte von Abschiebungen abgeraten.“

Das Schicksal „Müllkippe“ bereiten die deutschen Ausländerbehörden vielen ehemaligen Bürgerkriegsflüchtlingen aus Ex-Jugoslawien. Gut 20 Jahre sind diese Menschen oft schon ununterbrochen in Deutschland, haben zwischenzeitlich Kinder die in Deutschland geboren sind und deren Muttersprache Deutsch ist. Nichts desto trotz will der deutsche Staat viele dieser Ex-Jugoslawen los werden – notfalls er Abschiebung.

In der letzten Woche kam es im Hochsauerlandkreis, genauer gesagt in Meschede, wieder zu einer Abschiebung. Die Fakten soweit sie uns bekannt sind:

In der Nacht vom 18. zum 19.05.2011 sind drei Mitglieder einer Roma-Familie von mehr als zehn Beamten in einer „Nacht- und Nebel-Aktion“ in ihrer Wohnung mit Handschellen festgenommen und sofort zum Flughafen Baden-Baden verbracht worden. Bereits am Vormittag des 19. Mai wurden sie in den Kosovo ausgeflogen. Ein einschlägig bekannter Gutachter aus Bonn hatte am Flughafen Vater, Mutter und Tochter die Reisefähigkeit bescheinigt.

Der Familienvater und seine Ehefrau lebten schon seit ca. 20 Jahren in Deutschland. Die ebenfalls abgeschobene 19jährige Tochter ist in Deutschland geboren, hat einen Schulabschluss und stand in einem festen Arbeitsverhältnis. Sozialleistungen wurden laut unseren Informationen von keinem der drei Familienmitglieder mehr in Anspruch genommen. Ungewöhnlich ist, dass der Familie letztmalig im Jahr 1999 eine Abschiebung angekündigt worden sei. Die Abschiebung kam also für die drei Menschen vollkommen überraschend.

Die ausführende Behörde, der Hochsauerlandkreis, ist nach Meinung der Sauerländer Bürgerliste (SBL) wieder einmal in einem Abschiebefall unverhältnismäßig und inhuman vorgegangen. Der HSK hat offenbar einen Paragraphen im Ausländerrecht bewusst nicht beachtet, der regelt: „Ist die Abschiebung länger als 1 Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen, die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als 1 Jahr erneuert wurde.“

Die Familie hatte im Bürgerkrieg im früheren Jugoslawien alles was sie besaß verloren. Sie steht im neuen Staat Kosovo also vor dem Nichts. Aufgrund der nicht angekündigten Abschiebung, bestand auch gar keine Möglichkeit, im Kosovo Voraussetzungen für einen erträglichen Aufenthalt zu organisieren. Ein weiteres Problem ergibt sich durch die unzureichende medizinische Versorgung in dem Balkanland. Der Gesundheitszustand von Mutter und Tochter ist sehr besorgniserregend. Ob sie im Kosovo entsprechend ihrer Erkrankungen behandelt werden können ist ungewiss.

Die Sauerländer Bürgerliste appelliert an den Hochsauerlandkreis, die Familie umgehend wieder zu ihren Verwandten nach Meschede einreisen zu lassen. Außerdem stellt die SBL eine umfangreiche Anfrage zum Abschiebehergang an den Landrat.

Pressemeldung: Ab sofort wieder Abschiebeflüge

In unserem BriefkastenMeschede: (sbl) Am 31.03.2011 lief der befristete Abschiebestopp (Kosovo-Erlass) für Roma, Ashkali und andere ethnische Minderheiten aus. Einige Tage später, am 4. April, titelt bereits die taz: „Abschiebesaison in NRW hat begonnen“.

Weiter heißt es im taz-Artikel: “Vor nicht einmal einer Woche lief der Wintererlass aus, der in den vergangenen Monaten Roma und andere Minderheiten vor ihrer zwangsweisen „Rückführung“ in das Gebiet des früheren Jugoslawiens bewahrte. Jetzt beginnt auch im rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen die diesjährige Abschiebesaison. Am Dienstag soll die erste Chartermaschine mit rund 140 unerwünschten Flüchtlingen vom Düsseldorfer Flughafen aus gen Belgrad starten. Menschenrechtsorganisationen planen Protestaktionen.“

Die flüchtlingspolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion Monika Düker hielte insbesondere die Abschiebungen in den Kosovo für „völlig verantwortungslos“. Die Lage der Roma dort sei unerträglich. Der rot-grünen Landesregierung seien die Hände gebunden, die rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft. Einen generellen Abschiebestopp könne nur die Bundesregierung veranlassen.

Wir (Sauerländer Bürgerliste) wissen, dass auch im Sauerland Menschen mit anhängigen Asylverfahren leben und manchen heute oder morgen das Schicksal der Abschiebung droht. Wir wissen aus unzähligen Publikationen, dass die Lebensumstände der bereits in den Kosovo abgeschobenen Männer, Frauen und Kinder unerträglich sind. Wir schließen uns den bundesweiten Forderungen nach einem sofortigen Abschiebestopp an!

Die Sauerländer Bürgerliste (SBL) bat am 22.03.2011 beim Ausländeramt des Hochsauerlandkreises um die Beantwortung der Fragen:

Wie viele Asylfolgeverfahren wurden erfolgreich im Sinne des Asylbewerbers abgeschlossen?
Die Antwort der Kreisverwaltung vom 04.04.2011: Ein sog. Wiederaufgreifverfahren.

Wie viele Verfahren sind aktuell anhängig?
Die Antwort der Kreisverwaltung vom 04.04.2011: Drei.

Hat sich die Zahl der Geduldeten aus dem Kosovo seit Oktober 2010 (damals 22 Personen) verändert?
Die Antwort der Kreisverwaltung vom 04.04.2011: Ja, nach dem Stand der letzten Auswertung: 26.

Hat die Ausländerbehörde zwischenzeitlich Informationen über die Lebensumstände der aus dem Hochsauerlandkreis zurückgeführten ehemaligen Flüchtlinge aus dem Kosovo erhalten, vor allem über die von Kindern und Jugendlichen?

Die Antwort der Kreisverwaltung vom 04.04.2011: Nein.

Umleitung: Fukushima, Schule, Linken-Spaltung, Nachdenkseiten, Brüderle, Erdgas und mehr.

Am Steinberg. (foto: zoom)
Am Steinberg. (foto: zoom)

Das Volk ist eine Masse, die beruhigt werden will: diesen Eindruck kann man wieder mal gewinnen, wenn man nach Fukushima blickt. Es ist wie bei der Papst-Wahl: Mal heller Rauch, mal dunkler Rauch. In dem Fall weiß man den Rauch allerdings klar zu deuten. Hängt er aber über einem der Reaktoren im japanischen Fukushima, ist das ganz anders: Es beginnt die Deutung, was den Rauch verursacht hat … endoplast

Was wir unseren Kindern in der Schule antun: Es mag ungewöhnlich sein, dass jemand ein nicht fertig gelesenes Buch (240 von 384 Seiten) rezensiert. Aber das Thema ist wichtig und es stehen ein paar wirklich triftige Grundwahrheiten in dem Buch. In die Art, wie es geschrieben ist, konnte ich mich jedoch leider nicht einfinden und das Lesen schleppte sich zäh über die Wochen, bis ich die Lektüre irgendwann abbrach … hpd

Nicht nur im Kreistag Meschede: Fraktionsspaltung bei den Linken in Hattingen … derwesten

Rechtlicher Rat gesucht: Durch eine größere Rechtsanwaltskanzlei wurde gegen die NachDenkSeiten ein Schadensersatzanspruch in beachtlicher Höhe wegen Urheberrechtsverletzungen gegenüber einer als klagefreudig bekannten Nachrichtenagentur geltend gemacht … nachdenkseiten

Rainer Brüderle: Endlich sagt mal einer die Wahrheit … ruhrbarone

Erdgasbohrungen: Noch eine „beherrschbare“ Technologie? … doppelwacholder

Abschiebestopp für Roma und andere ethnische Minderheiten: Was hat der Kosovo-Erlass bewirkt? … sbl

Briloner Anzeiger: Das hochkompetente Team möchte “neue Wege” gehen und sucht dafür “Freie Mitarbeiter”. Diese sollen sich aus Schülern, Hausfrauen und junggebliebenen Rentner mit einer gewissen Lust zum Schreiben rekrutieren, die über ihre Nachbarschaft und die sich dort zutragenden Ereignisse berichten … wiemeringhauser

Hochsauerland: Eine Rede an die Kreisausländerbehörde

RomaSundern. (msh) Ich gehe davon aus, das habe ich nie bestritten, dass die Kreisausländerbehörde nach Recht und Gesetz handelt. In der Vorlage des Hochsauerlandkreises ist die rechtliche Situation korrekt wiedergegeben. Der springende Punkt ist die Verwaltungspraxis. Und da geraten wir in einigen Punkten ganz erheblich aneinander, weil nicht nur wir, sondern insbesondere kirchliche Vertreter und ausländische Mitbürger in erheblichem Maße Vorwürfe erheben und der Kreisausländerbehörde unmenschliches Verhalten vorwerfen. Und auch im landesweiten Vergleich gilt die Kreisausländerbehörde als Hardlinerbehörde.

Ich will mich hier nicht auf eine moralische Argumentationsebene begeben – das ist Sache der Kirchen – sondern ich möchte einen anderen Aspekt hineinbringen, der auch der Grund ist, warum wir diesen Antrag gestellt haben:

Sie sprechen richtigerweise davon, das sie Vollzugsbehörde der Anordnungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sind. Sie haben das rechtliche Verfahren verdeutlicht und sehen von daher keinen Handlungsspielraum in Abschiebungsverfahren. Dies mag so richtig sein: Das Bundesamt gibt seine Weisungen nach Aktenlage. Der Ausländer mit seinem Lebenshintergrund ist dort ein Blatt Papier. Über dieses Blatt Papier wird eine Anordnung getroffen, die sie umsetzen und vollziehen müssen.

Soweit sind wird einig.

Und jetzt kommt der Punkt wo wir nicht einig sind, wo wir ihr Verwaltungshandeln erheblich in Zweifel ziehen und kritisieren: „Hochsauerland: Eine Rede an die Kreisausländerbehörde“ weiterlesen

In meinem Briefkasten: Resolution zum Bleiberecht

In meinem Briefkasten habe ich folgende Pressemeldung gefunden:

Der Soester Kreistag verabschiedete in der letzten Sitzung der
Legislaturperiode am Donnerstag, 8. Oktober 2009, eine Resolution, die sich für eine Verlängerung der Bleiberechtsregelung für geduldete Flüchtlinge über das  Jahresende 2009 hinaus und eine wirksame Verbesserung der gesetzlichen Vorgaben einsetzt.

Damit folgte das Parlament dem Beispiel vieler anderer Städte oder Kreise, die entsprechende Forderungen bereits verabschiedet haben.

Dieser Resolution sollte sich auch der Hochsauerlandkreis anschließen, meinen die Mitglieder der Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste(SBL). Daher stellte die SBL heute einen entsprechenden Antrag an den Landrat.

Bereits Mitte September hatte die SBL-Fraktion den Landrat und alle Mitglieder des Kreistags per Resolution aufgefordert, aus humanitären Gründen von der Abschiebung der im HSK lebenden Kosovo-Roma abzusehen.

Rückenwind verspüren die SBLer durch den NRW-InnenministerMinister für Generationen, Familie, Frauen und Integration Armin Laschet.

Minister Laschet fordert ein Bleiberecht für gut integrierte Kinder und Jugendliche, selbst
wenn deren Eltern illegal nach Deutschland gekommen sind.

Im Bereich des Kreisausländeramtes des Hochsauerlandkreises waren laut Antwort der Kreisverwaltung auf eine Anfrage der SBL-Fraktion am 30. April 2009 insgesamt 54 Kinder im Alter von 0-17 Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104a AufenthG., was im Klartext bedeutet, dass ihnen und ihren Familien die Abschiebung droht.

Laut Pressemitteilungen vom 19. Oktober diesen Jahres können im Kreis Steinfurt ab sofort ungefähr 1000 Personen, die bisher eine befristete Probeaufenthaltserlaubnis besaßen, eine Verlängerung beantragen. Der Hintergrund dieser Entscheidung sei ein neuer Erlass des NRW-Innenministeriums.

Anfrage der Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL) zum Thema „Abschiebung von Kosovo-Roma“

Vor knapp zwei Wochen habe ich über eine Anfrage der Sauerländer Bürgerliste an den Landrat des Hochsauerlandkreises berichtet.

Heute erreichte mich die Antwort via SBL. Interessant ist die Antwort auf die dritte Frage:

3.Beabsichtigt der Hochsauerlandkreis in nächster Zeit Kosovo Roma abzuschieben?

In nächster Zeit nein.

Über diesen Absatz lässt sich spekulieren.

Weiter im gesamten Text:

Das Ausländer- und Personenstandsregister des Hochsauerlandkreises antwortete.
Sehr geehrte Herren,

zu den einzelnen Fragen Ihrer Anfrage vom 17.09.2009 nehme ich nachstehend Stellung:

1.Wie viele Kosovo Roma leben im HSK?

Im Ausländerzentralregister und im Anwendungsprogramm „Ausländerwesen“ werden lediglich die Staatsangehörigkeitsschlüssel der ausländischen Personen erfasst. Ethnische Zugehörigkeiten sind datentechnisch nicht definiert, entsprechende Auswertungen daher nicht möglich. Eine manuelle Auswertung aller nachstehend genannten Ausländerakten ist nicht mit vertretbarem Aufwand möglich.

„Kosovo-Roma“ können unter folgenden Schlüsseln erfasst sein:

132 Serbien und Montenegro Anzahl im Bestand 657
133 Serbien einschließlich Kosovo „ 91
138 Jugoslawien „ 2
150 Republik Kosovo „ 299
170 Serbien „ 97
Gesamt 1.146

2.Welchen Status haben sie?

Von den 1.146 verfügen 1.071 über unbefristete oder befristete Aufenthaltserlaubnisse; 75 sind im Besitz einer Duldung oder Aufenthaltsgestattung.

3.Beabsichtigt der Hochsauerlandkreis in nächster Zeit Kosovo Roma abzuschieben?

In nächster Zeit nein.
Das Rückübernahmeabkommen mit der Republik Kosovo ist noch nicht in Kraft; die Modalitäten (Verfahren zur Prüfung der Identität, evtl. Rückübernahmeverhältnisse im angegebenen früheren Wohnort – Wohnung vorhanden? -, bei positiver Identitätsfeststellung: Fristen für Fluganmeldungen, Quoten für bestimmte ethnische Zugehörigkeiten, Akzeptieren der konkreten Flugliste etc.) für die Rückübernahme stehen noch nicht fest. Erfahrungen mit der Rückführung von bisher ausgenommenen Minderheiten bestehen nicht.

Kosovo-Albaner von Abschiebung bedroht?

Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste befürchtet, dass seit vielen Jahren im HSK lebende Roma akut von Abschiebung in den Kosovo bedroht sein könnten.

Das Fraktionsmitglied Matthias Schulte-Huermann richtete heute eine Anfrage an den Landrat in der es heißt(Hervorhebungen von mir):

In der Ausgabe der taz vom 16.09.2009 ist eine Titelgeschichte über die geplante Abschiebung von Kosovo-Roma erschienen. Darin wird der UNO Hochkommissar für Flüchtlinge zitiert, dass alle Minderheiten aus dem Kosovo „ernsthaften Gefahren ausgesetzt sind, die ihr Leben und ihre grundlegenden Freiheiten bedrohen“.

Es war eine alarmierende Rede, die Navanethem Pillay gestern vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf hielt. In der Bilanz des ersten Jahres ihrer Amtszeit warnte die aus Südafrika stammende UN-Hochkommissarin für Menschenrechte vor dem Erstarken des Antiziganismus in Europa. Roma seien in Ungarn „tödlichen Angriffen“, in der Slowakei „schweren Misshandlungen durch die Polizei“ und in Italien „erniedrigender Behandlung“ ausgesetzt. In Bulgarien werde die ethnische Minderheit aus dem Gesundheitssystem und in der Tschechischen Republik aus dem Bildungssystem ausgeschlossen. „Gewaltsame Vertreibungen, direkte oder indirekte Diskriminierung“ von Roma gebe es in 17 europäischen Ländern, darunter Finnland, Frankreich, Schweden und Großbritannien. „Wir müssen viel mehr tun, um all dies zu beenden“, schloss Pillay.

Amnesty International meldete am 30. Juni 2009,  Ende Mai hätte Hessen den ersten Roma in den Kosovo abgeschoben. „Die deutschen Innenminister bereiten weitere Abschiebungen von Roma vor, obwohl Roma 10 Jahre nach dem Krieg immer noch diskriminiert und mehr denn je aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Vor und während des Krieges haben mehr als 235.000 Roma und Angehörige von anderen Minderheiten durch Flucht und Vertreibung ihren Wohnsitz verloren. Etwa 23.000 Roma leben heute in Deutschland und haben hier einen Ort gefunden, der ihnen einen gewissen Schutz bietet – vorübergehend“, so Amnesty International.
Aus diesen Gründen fragt die Sauerländer Bürgerliste:

  1. Wie viele Kosovo-Roma leben im HSK?
  2. Welchen Status haben sie?
  3. Beabsichtigt der Hochsauerlandkreis in nächster Zeit Kosovo-Roma abzuschieben?