Fragen und Antworten zum Gewinnspiel bei Radio Sauerland: Radio NRW ist nicht zur Transparenz bereit

radiosauerland20141019Alle Jahre wieder beglückt Radio Sauerland seine Hörerinnen und Hörer mit jährlich zwei Gewinnspielen. Im letzten Sommer sollte es wieder einmal Geld regnen.

(Dieser Beitrag von Gabriele Joch und Reinhard Loos ist zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Den Hörern wurde suggeriert, sie könnten durch einen Anruf bei der „Geldregen-Hotline“ bis zu 25.000 Euro gewinnen, am „Doppeldonnerstag“ sogar bis zu 50.000 Euro. Die Anrufe waren nicht kostenfrei, sondern sehr teuer; es konnten Kosten von mehr als 1 Euro je Anruf entstehen. Und ein ganz großer Teil Anrufe führte nur zu einer Automaten-Durchsage, dass man es erneut probieren sollte… Ein großer Teil der Gebühren für die Anrufe fließt über den Provider in die Taschen des Gewinnspielveranstalters: das ist Radio NRW, die Dachgesellschaft von 44 Lokalradios in NRW. Radio NRW gestaltet auch etwa 95% der Sendezeit von Radio Sauerland.

Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) hält das „Geldsegen-Spiel“ für nicht sonderlich seriös und stellte deshalb dem Landrat mehrere Fragen. Der HSK ist einer von zwei Gesellschaftern von Radio Sauerland; der andere ist die Funke-Gruppe (früher WAZ-Konzern). Diese schriftliche Anfrage liegt nun schon einige Zeit zurück. Sie ist datiert auf den 12. August 2014. Für die Antwort nahmen sich die Verantwortlichen viel Zeit. Das Schreiben erreichte die SBL/FW nach mehr als 2 Monaten, am 17. Oktober 2014. Ob die Antwort eine Antwort ist, entscheiden Sie bitte selbst! Hier sind sie, die sieben Fragen der SBL/FW, nebst den Antworten und „Antworten“:

Frage 1
Hält der Landrat diese Art von Werbung eines Lokalradios, dessen Mitgesellschafter der HSK ist, für die Teilnahme am “Sommer-Geldregen” für vertretbar?
Antwort
Ja

Frage 2
Warum beteiligt sich Radio Sauerland am aktuellen Gewinnspiel?
Antwort
Zur Reichweitenstärkung des NRW-Lokalfunks finden regelmäßig landesweit mit allen Betriebsgesellschaften und Veranstaltergemeinschaften abgestimmte sogenannte „Major-Promotions” statt. Dies ist ein etabliertes Instrument zur Hörerbindung.
Telefonmehrwert-Gewinnspiele (TMWD-Gewinnspiele) — dazu zählt auch der von Ihnen angesprochene „Sommer-Geldregen” — dienen darüber hinaus der Finanzierung der Sender und somit der Sicherung des Sendebetriebs und der Arbeitsplätze.

Frage 3
Warum wird den Hörer/innen bei der Ausstrahlung der Gespräche mit den Gewinnern der (falsche) Eindruck vermittelt, es handele sich um Live-Beiträge? In welchem zeitlichen Abstand vor der Ausstrahlung wurden die Beiträge aufgezeichnet?
Antwort
Zur Erhaltung des Programmflusses werden die Gespräche mit den Gewinnern kurz vor Ausstrahlung aufgezeichnet. Dieses im Hörfunk übliche Verfahren ist auch transparent in den Gewinnspielbedingungen aufgeführt.

Frage 4
An welchen Gewinnspielen hat sich Radio Sauerland in den letzten 5 Jahren selbst oder als Teil von Radio NRW oder als Teil eines anderen Zusammenschlusses von Lokalradios beteiligt?
Antwort
Auf landesweiter Ebene wurden und werden jährlich zwei TMWD-Gewinnspiele mit den Veranstaltergemeinschaften und Betriebsgesellschaften abgestimmt und veranstaltet.
Radio Sauerland selbst führt keine eigenen TMWD-Gewinnspiele durch.

Frage 5
Wie hoch waren bei diesen Gewinnspielen die im HSK an Hörerinnen und Hörer ausgeschütteten Gewinne (als Summe je Gewinnspiel)?
Antwort
Aus datenschutzrechtlichen Gründen lehnt radio NRW eine Beantwortung dieser Frage ab.

Frage 6
Wie viele Anrufe aus dem HSK gab es je Gewinnspiel?
Antwort
Aufgrund verschiedener Faktoren (Pendler, Frequenz-technische Versorgung, mobile Anrufe) Ist laut radio NRW keine belastbare Aussage möglich.

Frage 7
Wie hoch waren je Gewinnspiel die Erträge für Radio Sauerland bzw. die auf Radio Sauerland beziehbaren anteiligen Erträge von Radio NRW bzw. des anderen Zusammenschlusses von Lokalsendern?
Antwort
Sofern bei Gewinnspielen von radio NRW Überschüsse erzielt werden, gehen diese in die allgemeine Erlösausschüttung an die 44 Lokalradios ein.
Radio NRW ist nicht bereit, die durch einzelne Gewinnspiele erzielten Erträge insgesamt und/oder für einzelne Sender zu kommunizieren.

Fazit:
1. Für Radio NRW scheint das “Gewinnspiel” sehr einträglich zu sein; es gibt also zumindest einen “Gewinner”.
2. Ob Radio Sauerland davon irgendeinen Nutzen hat, bleibt offen. Dokumentiert wird die grOße Abhängigkeit, die Radio Sauerland von Radio NRW hat.
3. Ob es wenigstens einen einzigen “echten” Gewinner (oder gar mehrere) in der Hörerschaft von Radio Sauerland gab, bleibt offen. Vielleicht sind ja auch die Gewinner nur gefaked? Die Kosten für die Telefonanrufe sind dagegen echt…
4. Ob ein Landkreis ein Mitgesellschafter solche werbeaktionen indirekt unterstützen sollte (s. Antwort auf Frage 1), bedarf der weiteren Diskussion.

Gewinnspiel bei Radio Sauerland: Anfrage der SBL gemäß § 11 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Kreistags

In unserem BriefkastenWir veröffentlichen an dieser Stelle eine Anfrage der Sauerländer Bürgerliste (SBL) zum Thema „Gewinnspiel bei Radio Sauerland“ an den Landrat des Hochsauerlankreises. In einem vorhergehenden Artikel hier im Blog hatte Antragsteller Reinhard Loos bereits aus seiner Sicht die Hintergründe erläutert.

Sehr geehrter Herr Landrat,

die Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) kritisierte schon im Jahr 2008 die unserer Meinung nach unseriösen Gewinnspiele, die den Hörern der Lokalradios – wie Radio Sauerland – einen warmen „Geldsegen“ in Aussicht stellen.

Das aktuelle Spiel heißt „Sommer-Geldregen“ und läuft seit dem 14. Juli 2014. Den Hörern wird suggeriert, sie könnten durch einen Anruf bei der „Geldregen-Hotline“ bis zu 25.000 Euro gewinnen, am „Doppeldonnerstag“ sogar bis zu 50.000 Euro. Die Anrufe sind nicht kostenfrei. Das wird den Radiohörern auch nicht verschwiegen, wobei ein konkreter Hinweis auf die Kosten der Anrufe vom Handy aus fehlt. Doch unserer Ansicht nach werden bewusst falsche Erwartungen geweckt; denn viele Hörer und Leser von Radio Sauerland werden annehmen, dass der Geldregen für sie als Hörer bestimmt sei. Die Realität ist aber eine andere.

Dieses angebliche Gewinnspiel wird von den 45 Lokalradios in NRW durchgeführt (falls sich nicht vielleicht einzelne von ihnen geweigert haben; darüber ist uns bisher nichts bekannt). Es gibt eine “landesweite Gewinnspielhotline”, mit der Telefonnummer “01379-365000?. Dort muss man sich zunächst registrieren, jede Stunde neu. Das setzt voraus, dass man überhaupt durchkommt; meist ertönt nur eine Stimme, dass man die Registrierung erneut versuchen soll. Einmal pro Stunde wird dann eine Anruferin oder ein Anrufer irgendwo aus NRW ins “Gewinnstudio” geschaltet und kann dann wohl tatsächlich eine mehr oder weniger große Summe für sich einstreichen, je nach Risikobereitschaft und Glück.

Für jeden Anruf bei dieser 01379-Telefonnummer fallen sehr hohe Kosten an. In der Veröffentlichung von Radio S heißt es dazu: “50 Cent pro Anruf aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunkpreise weichen massiv ab”. Die meisten Anrufer rufen aber vom Handy aus an. Was bedeutet es konkret, dass die Preise bei Handyanrufen massiv abweichen? Beim Anbieter e-plus fallen z.B. außer 0,50 Euro pro Anruf noch zusätzlich 1,00 Euro pro Minute an. Wenn sich die Anrufdauer durch eine Warteschleife nur auf 61 Sekunden verlängert, kostet das den Anrufer jedes mal 2,50 Euro.

Es ist anzunehmen, dass in erster Linie die Telefongesellschaften und Radio NRW bei den Radio-Gewinnspielen gewinnen. Anzunehmen ist auch, dass die Einnahmen des Gewinnspielveranstalters Radio NRW die ausgeschütteten Gewinne deutlich übersteigen; dies gelingt bei 0137-9-Nummern besonders gut, denn sie sind teurer als fast alle anderen 0137-Nummern.

Wir bitten Sie daher folgende Fragen zu beantworten:

  1. Hält der Landrat diese Art von Werbung eines Lokalradios, dessen Mitgesellschafter der HSK ist, für die Teilnahme am „Sommer-Geldregen“ für vertretbar?
  2. Warum beteiligt sich Radio Sauerland am aktuellen Gewinnspiel?
  3. Warum wird den Hörer/innen bei der Ausstrahlung der Gespräche mit den Gewinnern der (falsche) Eindruck vermittelt, es handele sich um Live-Beiträge?
    In welchem zeitlichen Abstand vor der Ausstrahlung wurden die Beiträge aufgezeichnet?
  4. An welchen Gewinnspielen hat sich Radio Sauerland in den letzten 5 Jahren selbst oder als Teil von Radio NRW oder als Teil eines anderen Zusammenschlusses von Lokalradios beteiligt?
  5. Wie hoch waren bei diesen Gewinnspielen die im HSK an Hörerinnen und Hörer ausgeschütteten Gewinne (als Summe je Gewinnspiel)?
  6. Wie viele Anrufe aus dem HSK gab es je Gewinnspiel?
  7. Wie hoch waren je Gewinnspiel die Erträge für Radio Sauerland bzw. die auf Radio Sauerland beziehbaren anteiligen Erträge von Radio NRW bzw. des anderen Zusammenschlusses von Lokalsendern?

Mit freundlichen Grüßen

Reinhard Loos

Radio Sauerland Gewinnspiel: „Sommer-Geldregen“ – aber für wen?

Radio Sauerland: Rot-Weiße Werbung auf schwarzem Audi. (foto: zoom)
Radio Sauerland: Rot-Weiße Werbung auf schwarzem Audi. (foto: zoom)

Auch im HSK gibt es ein sogenanntes Lokalradio. Es heißt “Radio Sauerland” und hat zwei Gesellschafter: Den Zeitungskonzern Funke-Gruppe (ehemals WAZ), zu dem auch die “Westfalenpost” gehört, und den Hochsauerlandkreis selbst. Alle wichtigen Funktionen bei Radio S sind seit vielen Jahren fest in CDU-Hand.

Nun hat dieser zum Teil kreiseigene Rundfunksender wieder eines seiner Gewinnspiele gestartet. Es heißt “Sommer-Geldregen”; näheres ist hier zu erfahren.

Fast alle Hörer und Leser von Radio S werden denken, dass der Geldregen für sie als Hörer bestimmt sei. Aber: die Realität ist eine andere. Dieses angebliche Gewinnspiel wird von den 45 Lokalradios in NRW durchgeführt (falls sich nicht vielleicht einzelne von ihnen geweigert haben; darüber ist uns bisher nichts bekannt).

Es gibt eine “landesweite Gewinnspielhotline”, mit der Telefonnummer “01379-365000″. Dort muss man sich zunächst registrieren, jede Stunde neu. Das setzt voraus, dass man überhaupt durchkommt; meist ertönt nur eine Stimme, dass man die Registrierung erneut versuchen soll. Einmal pro Stunde wird dann eine Anruferin oder ein Anrufer irgendwo aus NRW ins “Gewinnstudio” geschaltet und kann dann tatsächlich eine mehr oder weniger große Summe für sich einstreichen, je nach Risikobereitschaft und Glück. Falls es die oder den Gewinner denn wirklich gibt, aber das wollen wir mal annehmen …

Für jeden Anruf bei dieser 01379-Telefonnummer fallen sehr hohe Kosten an. In der Veröffentlichung von Radio S heißt es dazu: “50 Cent pro Anruf aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunkpreise weichen massiv ab”.

Die meisten Anrufer rufen aber vom Handy aus an. Was bedeutet es konkret, dass die Preise bei Handyanrufen massiv abweichen? Beim Anbieter e-plus fallen z.B. außer 0,50 Euro noch zusätzlich 1,00 Euro pro Minute an. Wenn sich die Anrufdauer durch eine Warteschleife nur auf 61 Sekunden verlängert, kostet das den Anrufer jedesmal 2,50 Euro. Näheres über die Mobilfunkpreise erfährt man hier.

Und wer erhält die hohen Telefonkosten? Die Telefongesellschaft, die die Rufnummer betreibt, und der Anbieter des Gewinnspiels! Dafür werben einige Anbieter sehr direkt. Beispielsweise  heißt es beim Anbieter “Woopla”: “woopla schaltet Ihre Servicerufnummer … und bietet Ihnen für eingehende Anrufminuten lukrative Auszahlungsentgelte an.”

Beim Anbieter “Servicenummer4you” heißt es: “Mit einer 0137-Servicenummer des Berliner Telekommunikationsdienstleisters Servicenummer4you.de kann jeder Dienstleister, Unternehmer und Interessent mit einer eigenen 0137-Servicenummer Geld verdienen.”

Die Einnahmen des Gewinnspielveranstalters übersteigen also die ausgeschütteten Gewinne; dies gelingt bei 0137-9-Nummern besonders gut, denn sie sind teurer als fast alle anderen 0137-Nummern.

Fazit:
Im Namen des Hochsauerlandkreises als Mitgesellschafter von Radio S wird hier ein sehr dubioses Gewinnspiel durchgeführt, das bei den Hörern falsche Gewinnerwartungen weckt, aber vor allem der Mitfinanzierung des Senders dient!

Umleitung: Loveparade, Urlaubskürzung, Hartz-IV-Chip, WDR schützt Tatort, FDP – die letzte Chance, billige Journalisten und Gewinnspiele bei Radio Sauerland

Bank in Siedlinghausen (foto: zoom)
Bank in Siedlinghausen (foto: zoom)

Loveparade: Kein Zweifel – Die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Duisburg wird immer kurioser …ComCologne

Urlaubskürzung: Unverschämtheit! meint der DGB in Hagen … doppelwacholder

Hartz-IV-Chip: Gängelung der Armen … nachdenkseiten

WDR schützt „Tatort“: Kneipe muss ihren Namen ändern … ruhrbarone

FDP: die letzte Chance … sprengsatz

Warum so billig, Teuerste(r)?: Aus welchen Gründen verkaufen sich freie Journalisten viel zu preiswert an die Tageszeitungen? Infoabend zum Thema Vergütungsregeln für hauptberufliche Journalisten am 25. August 2010 im ver.di-Haus Dortmund … medienmoral

Gewinnspiele bei Radio Sauerland: Geldregen in Oberhausen? fragt sich die … sbl