„Wirtschaft“ ab 2020/21 an allen weiterführenden allgemeinbildenden Schulen in NRW Pflichtfach.
GEW gegen Schulfach „Wirtschaft“. Kein Pflichtfach „Informatik“ in NRW.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft(GEW) NRW hat sich gegen die Pläne von Schulministerin Yvonne Gebauer zur Einführung eines Faches Wirtschaft bzw. Wirtschaft/Politik ausgesprochen.

(Zur Pressemitteilung der GEW)

In Zeiten eines erstarkenden Rechtspopulismus sei vielmehr eine Stärkung der Demokratiebildung mit Hilfe eines fundierten Politikunterrichts, der von dafür ausgebildeten Lehrkräften erteilt werde, erforderlich.

Die ablehnende Haltung der GEW scheint allerdings keine Wirkung zu haben, denn, so das Bildungsministerium NRW, das Fach „Wirtschaft“ werde vom Schuljahr 2020/21 an allen weiterführenden allgemeinbildenden Schulen Pflichtfach werden.

An den Gymnasien erfolge der Start bereits zum kommenden Schuljahr 2019/20 im Zuge der Umstellung auf G9, an den Hauptschulen, Realschulen, Sekundarschulen und Gesamtschulen im darauf folgenden Schuljahr.

„Insbesondere die Pläne, die Anteile an ökonomischer Bildung aus den anderen gesellschaftswissenschaftlichen Fächern auszugliedern und in das neue Fach zu überführen“, seien, so die GEW, kontraproduktiv. Es müsse darum gehen, den Schüler*innen wirtschaftliche Themen im Zusammenhang und aus verschiedenen Perspektiven zu vermitteln.

Daher sei es nicht sinnvoll, sie auf ein eigenes Fach zu konzentrieren, erklärte in der vergangenen Woche GEW-Landesvorsitzende, Dorothea Schäfer. Wirtschaftsbezogene Themen fänden sich bereits ausreichend in den Lehrplänen der Fächer Politik und Sozialwissenschaften bzw. Arbeitslehre.

Einer Studie von Prof. Dr. Reinhold Hedtke, Universität Bielefeld, zufolge verbringen Schüler*innen an Gymnasien, Gesamtschulen und Realschulen nur 1 % ihrer Lernzeit mit politischen Themen und haben durchschnittlich nur 20 Sekunden pro Woche Zeit und Gelegenheit, ihre politische Meinung zu äußern bzw. zu diskutieren. Schon jetzt, so weist die Studie aus, ist der Anteil an wirtschaftlichen Themen deutlich größer als der Anteil an politischen Themen.

Die GEW-Landesvorsitzende sprach sich vehement für eine Stärkung der politischen Bildung an unseren Schulen aus. „Angesichts dieser Zahlen und aktueller besorgniserregender Befunde zum Thema Demokratiebildung an unseren Schulen brauchen wir dringend eine Stärkung der politischen Bildung. Gerade in Zeiten eines erstarkenden Rechtspopulismus ist ein fundierter Politikunterricht nötiger denn je. Dies bedeutet auch, dass es eine Stärkung der Ausbildung der Politiklehrkräfte braucht, denn Politik ist eines der Fächer, die am häufigsten fachfremd unterrichtet werden.“

Während die CDU/FDP-Regierung die Wünsche ihrer Klientel aus Politik und Wirtschaft aus dem Koalitionsvertrag zügig umsetzt, bleibt ein anderer Ruf ungehört:

Randbemerkung:

Das Pflichtfach Informatik, welches im Zeitalter der Digitalisierung von NRW-Bildungsexperten seit langem gefordert wird, schafft es weder in die breite Bildungsdiskussion noch in die Stundentafeln des Landes NRW.

Siehe dazu:
https://informatiktag-nrw.de/material/FG-IBN_schriftliche-Stellungnahme-PflichtfachInformatik.pdf

Sekundarschulen in der Krise?

Die in Ostwestfalen erscheinende “Neue Westfälische” (NW) veröffentlichte in dieser Woche einen Beitrag mit der Überschrift “Sekundarschulen in NRW in der Krise“.

(Der Artikel ist heute zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Danach drohe Sekundarschulen in NRW nur sechs Jahre nach ihrer Gründung wegen sinkender Schülerzahlen das Ende. Vor allem im ländlichen Raum bestünde die Gefahr, dass die Schulen geschlossen werden, so die NW.

Dies haben sogar CDU und FDP in einem Antrag an den Schulausschuss des Landtags fest gestellt.

Aktuell gebe es in NRW laut NW noch 117 Sekundarschulen, davon 22 in Ostwestfalen-Lippe. Laut Schulministerium seien bislang zehn Sekundarschulen in Gesamtschulen umgewandelt worden. In drei weiteren Kommunen seien entsprechende Beschlüsse in Vorbereitung.

Ein gravierendes Problem für Sekundarschulen ist die fehlende Oberstufe. Im Gegensatz zu Gesamtschulen sind Sekundarschulen auf die Kooperation mit einer anderen Schule angewiesen, während in Gesamtschulen das Abitur im selben System möglich ist.

Im HSK gibt es bisher 6 Sekundarschulen (an 8 Standorten) und keine einzige Gesamtschule. Alle anderen 52 Kreise und kreisfreien Städte in NRW haben jeweils mindestens 2 Gesamtschulen, einzelne ländliche Kreise (z.B. in OWL die Kreise Gütersloh und Paderborn) sogar jeweils 10.

In mehreren westfälischen Kreisen (Gütersloh, Lippe, Ennepe-Ruhr) sind sogar die Kreise selbst Schulträger von Gesamtschulen.

In Nachbarschaft zum HSK wurde erst im letzten Schuljahr in Büren eine sehr erfolgreiche Gesamtschule neu gegründet, trotz mehrerer Gymnasien am Ort.

Im HSK beginnen bekanntlich viele Entwicklungen etwas später und dauern etwas länger. Aber auch hier wird die CDU bald ihren Fundamental-Widerstand gegen die Einrichtung von Gesamtschulen aufgeben müssen, wenn der HSK nicht bildungspolitisch abgehängt werden soll.

Schulministerin Löhrmann: Hauptsache gutes Abitur

Die Grünen-Politikerin über Turboabi und Lehrermangel in NRW



Was ist besser: acht oder neun Jahre bis zur Hochschulreife, Turboabi oder aber eine längere Schulzeit bei kürzeren Tagen? NRW ist sich so uneinig wie der runde Tisch zur Schulreform, der Ende vergangenen Jahres kein Ergebnis brachte. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) meint nun: einfach beides! Schüler sollten die Wahl haben und ihr individuelles Lerntempo selbst bestimmen können.

Von Bastian Schlange (correctiv.ruhr)

Der Wahlkampf hat begonnen. Im Mai wird NRW über die kommende Landesregierung bestimmen. Eines der emotionalsten Themen ist sicherlich der Streit um das sogenannte Turboabi: Die Parteien können sich auf kein einheitliches Konzept einigen. Rund 80 Prozent der Eltern wollen laut einer Umfrage zurück zur G9-Regelung – also wieder Abitur nach 9 Jahren Gymnasium. Anfang Januar brachte eine Elterninitiative hierfür sogar ein Volksbegehren auf den Weg und will innerhalb eines Jahres über eine Million Unterschriften sammeln.

Für NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann ein schwieriges Thema. Verständnis für die inhaltlichen Kritikpunkte der Elterninitiative hat sie nicht. Weder Musik- noch Sportvereine hätten Einbußen wegen der langen Schultage verzeichnet. Auch die Leistungsergebnisse in NRW hätten mit der Umstellung der Gymnasien von G9 auf G8 nicht gelitten, sagt die Ministerin. „Eine gute Schule ist keine Frage von acht oder neun Jahren, sondern von der Art wie das Team ist, wie die Schule geführt ist und wie die Schüler und Schülerinnen beteiligt sind.“

Abitur um jeden Preis?

Die Grünen-Spitzenkandidatin plädiert deswegen auf größere Flexibilität und individuellere Förderung der Schüler. Im Klartext: für eine Wahlmöglichkeit zwischen G8 oder G9 nach der sechsten Klasse. „Es ist eigentlich egal, wie lange Kinder zum Abitur brauchen. Hauptsache sie machen ein gutes Abitur.“ Ein Satz, der bei genauem Hinhören komisch nachhallt – Abitur um jeden Preis? Egal wie lange?

Dass sich eine individuellere Betreuung der Schüler zu Lasten der Lehrer auswirken könne, erwartet Löhrmann nicht. „Wir haben im Bereich der Gymnasien und Gesamtschulen im Großen und Ganzen eine gute Lehrerbesetzung. Daran wird das Modell nicht scheitern.“ Genauso wenig befürchtet die Grünen-Politikerin durch das zweispurige System größere Konkurrenz unter den Schülern oder stärkeren Druck durch die Eltern.

Verfolge das gesamte Interview mit NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann bei uns im Video.

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Diese Strukturveränderungen werden allen Beteiligten mit durchaus interessanten Einstandsprämien (kleine Klassen, Stundenreduzierung, Teamarbeit, …) versüßt. Wenn es denn so weiterginge, ließe sich für die Zukunft eine durchaus attraktive, inklusive Schullandschaft erträumen.

Der süße Schlaf könnte allerdings ein rasches Ende finden. Ein sogenanntes Effizienzteam soll, so die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Landesregierung Sparvorschläge unterbreiten.

Der Finanzminister gebe in einem Schreiben an den Haushalts- und Finanzausschuss einen erschreckenden Zwischenbericht:

„Allein im Hinblick auf sinkende Schülerzahlen stellt der Schulbereich den Verwaltungszweig, mit den größten prognostizierten Demografiegewinnen dar. Nach Feststellung des Beratungsunternehmens PriceWaterhouseCoopers, das vom Finanzministerium beauftragt wurde, um ausgewählte Aufgabenbereiche auf mögliche Finanzminderbedarfe zu untersuchen, ergeben sich im Zeitraum bis 2020 Demografiegewinne von annähernd 1,4 Mrd. EUR. Davon entfallen rd. 1,25 Mrd. EUR auf den Schulbereich; diese sollen nach der Entscheidung der Landesregierung bis zum Jahre 2015 einschließlich (rund 750 Mio. EUR) im Bildungssystem verbleiben.“

Das Schreiben von Norbert Walter-Borjans vom 25. September ist hier im Netz zu finden.

Siehe dazu auch den Kommentar vom Juli 2011 hier im Blog:

„Es darf wieder gespart werden und zwar dann bei der Sekundarschule aka Gemeinschaftsschule. Das Gymnasium wird als letztes angetastet werden.“