WDR kritisiert laxen Umgang mit Altdeponien. Was passiert im HSK?

Problem bekannt
Mit der Industrialisierung wurden Müllkippen zu einem Problem. Der Grund: Der Einsatz von gefährlichen Chemikalien in der Produktion. Und weil es offenbar kein Problembewusstsein gab, entsorgte man die Chemikalien oft einfach in die Landschaft. Quelle: WDR-Bericht vom 06.12.2017

(Der Artikel ist gestern zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Wir zitieren weiter aus der WDR-Reportage:
„Aber nicht nur Schadstoffe gelangten so in den Boden. Viele Kommunen kippten ihren Müll auf sogenannten “Bürgermeisterkippen” einfach vor der Stadt ab, Schrottautos und Bauschutt inklusive. Erst 1972 wurde ein erstes Abfallbeseitigungsgesetz verabschiedet, das ungeregelte Deponien verbot. …“

Problem noch nicht gebannt
„ … Die Bestimmungen waren aber auch nach dem Verbot noch ziemlich lax: Viele der neuen Großdeponien waren nicht nach unten abgedichtet, so dass Schadstoffe ins Erdreich und dann ins Grundwasser austraten. Das Gesetz wurde als “Kreislaufwirtschaftsgesetz” immer wieder nachjustiert, auch wegen neuer EU-Vorgaben: Seit 2005 müssen Siedlungsabfälle thermisch und mechanisch behandelt werden. So sollen die Mengen reduziert und Schadstoffe beseitigt werden: Organische Abfälle werden verbrannt, Schwermetalle landen in den Filterstäuben und dann auf der Sondermülldeponie. …“

Klick:
https://www1.wdr.de/wissen/technik/muell-deponie-nrw-100.html

Vor 9 Jahren
In einem Schreiben vom Juli 2009 teilte der Hochsauerlandkreis aufgrund einer Anfrage der Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) mit, dass es im Hochsauerlandkreis 265 alte Deponien gibt!

Vor 1 ½ Jahren
Aufgrund einer Gefahrensituation ordnete das NRW-Umweltministerium Ende 2016 den Rückbau der Alt-Deponie „Lattenberg“ im Stadtgebiet Arnsberg an.

Klick:
http://www.blickpunkt-arnsberg-sundern.de/alt-deponie-lattenberg-fruehwarnsystem-installiert/

Vor knapp einem ¾ Jahr
Mit Schreiben vom 22.08.2017 griff die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) einmal mehr das Thema Altdeponien auf. SBL-Sprecher Reinhard Loos schickte Landrat Dr. Karl Schneider folgende Fragen:

1. Hat sich die Anzahl der Alt-Deponien zwischenzeitlich verändert?

2. Welche Alt-Deponien wurden seit Anfang des Jahres 2012 bis heute beprobt?

3. Wurden dabei Auffälligkeiten festgestellt?

4. Wenn ja, welche?

5. Gibt es außer der Deponie „Lattenberg“ weitere alte oder noch im Betrieb befindliche Deponien, von denen Gefahren für Menschen und Umwelt ausgehen?

6. Wenn ja, um welche Deponiestandorte handelt es sich?

Vor ein paar Tagen
Die Antwort aus dem Kreishaus ließ dann mehr als ein halbes Jahr (!) auf sich warten. Sie ist datiert auf den 13.03.2018 und erreichte uns vor wenigen Tagen.

Kernaussagen des HSK
Bei den 265 Altdeponien im HSK handele es sich überwiegend um Altablagerungen, die nicht dem Deponierecht, sondern dem Bodenschutzrecht unterliegen.
Eine regelmäßige Überwachung erfolge daher nicht.
Zu gegebener Zeit würden die Altablagerungen im Detail betrachtet.
Danach würde über die Notwendigkeit weiterer Untersuchungsmaßnahmen entschieden.
(Die bereits im Jahr 2009 genannte Zahl 265 trifft also offenbar noch zu.)

Die Erstbewertung erfolge an Hand einer Prioritätenliste.
Erstbewertet wären in 6 Jahren (seit Anfang des Jahres 2012) 29 Ablagerungen.
Bei allen 29 Ablagerungen sei keine Beprobung erfolgt.
Der Abfallentsorgungsbetrieb des HSK beprobe jährlich die Altdeponien in Schmallenberg (Wormbacher Berg), Marsberg (Jittenberg), Brilon (Am Östenberg) und Meschede (Waldstraße)
(Altdeponien werden also offenbar so gut wie gar nicht beprobt? Insofern erübrigte sich auch die Frage nach Auffälligkeiten.)

Im HSK befänden sich derzeit 13 Boden- und Bauschuttdeponien in der Ablagerungsphase.
Weitere 6 Bauschuttdeponien seien in der Stilllegungsphase.
Weitere 5 Bauschuttdeponien wären in der Nachsorgephase.
(Summa summarum handelt es sich also um 24 Boden- und Bauschuttdeponien im HSK.)
Boden- und Bauschuttdeponien der Deponieklasse (DK) 0 würden auch in der Stilllegungsphase vom Fachdienst 34 regelmäßig überwacht.
Diese Überwachungen erfolgten jedoch bis auf wenige Ausnahmen ohne Beprobungen.
(Boden- und Bauschuttdeponien werden also offenbar so gut wie gar nicht beprobt? Insofern erübrigte sich auch die Frage nach Auffälligkeiten.)

Für Detail-Versessene die Antwort der Kreisverwaltung komplett

„Ihre Anfrage gern. § 11 GeschO für den Kreistag des Hochsauerlandkreises;

hier: Beprobung von Alt-Deponien, Anfrage vom 22.08.2017

Sehr geehrter Herr Loos,
Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:

1. Hat sich die Anzahl der Alt-Deponien zwischenzeitlich verändert?
Um die Zahlen und Entwicklungen einordnen zu können, ist es notwendig, strikt zwischen bodenschutzrechtlich relevanten Altablagerungen und tatsächlichen Deponien zu unterscheiden.

Wie bereits seinerzeit erläutert, handelt es sich bei den von Ihnen angeführten 265 „Altdeponien“ überwiegend um Ablagerungen (Bürgermeisterkippen, kleine Werkskippen), die nicht dem Deponierecht in seiner heutigen Form unterlagen bzw. unterliegen, sondern als Altablagerungen dem Bodenschutzrecht unterfallen. Eine regelmäßige Überwachung dieser Ablagerungen, die allesamt vollständig abgedeckt und rekultiviert wurden, erfolgt daher nicht.

Im Rahmen der von hier bodenschutzrechtlich durchzuführenden Erstbewertungen aller Altlastenverdachtsflächen werden auch diese Altablagerungen zu gegebener Zeit im Detail betrachtet. Danach wird entschieden, ob weitere Untersuchungsmaßnahmen notwendig sind. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass auf Grund der Vielzahl der im Hochsauerlandkreis erfassten Altstandorte und Altablagerungen die Erstbewertungen an Hand einer Prioritätenliste erfolgen. Daher sind in der Vergangenheit zunächst die Ablagerungen im Bereich von Kindergärten, Spielplätzen, etc. (erste Prioriät) betrachtet worden. Zu den seit 2012 erfolgten Bewertungen dieser bodenschutzrechtlich zu betrachtenden „Altdeponien“ verweise ich auf die Ausführungen zu den Fragen 2 und 3.

Auch nach einer Erstbewertung verbleiben diese Ablagerungen zunächst im Altlastenkataster, so dass sich ihre Anzahl nicht verringert.

Nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz i.V.m. der Deponieverordnung (§ 2 Nr. 3) sind Altdeponien Deponien, die sich am 16. Juli 2009 in der Ablagerungs-, Stilllegungs- oder Nachsorgephase befinden.

Derzeit befinden sich im Hochsauerlandkreis 13 Boden- und Bauschuttdeponien in der Ablagerungsphase (9 DK 0-Deponien und 4 DK I-Deponien). Der Hochsauerlandkreis ist für die DK 0-Deponien und die Bezirksregierung Arnsberg für die DK l-Deponien zuständig. Weitere 6 Boden- und Bauschuttdeponien befinden sich in der Stilllegungsphase und 5 in der Nachsorgephase. Auch für die Überwachung dieser Deponien ist der Hochsauerlandkreis zuständig.

2. Welche Alt-Deponien wurden seit Anfang des Jahres 2012 bis heute beprobt?
Im Bereich des Bodenschutzes wurden in diesem Zeitraum 29 der hier relevanten Ablagerungen erstbewertet, eine Beprobung erfolgte hierfür nicht.

Der Abfallentsorgungsbetrieb des Hochsauerlandkreises als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger beprobt seit Jahren die von ihm ehemals betriebenen Altdeponien in SchmalIenberg (Wormbacher Berg). Marsberg (Jittenberg), Brilon (Am Östenberg) und Meschede (Waldstraße). Die Untersuchungen finden jährlich statt.

Die Boden- und Bauschuttdeponien (DK 0) werden – auch in der Stilllegungsphase – vom FD 54 regelmäßig überwacht (siehe auch Beschluss des Kreistags vom 08.10.2010). Diese Uberwachungen erfolgen jedoch im Hinblick auf die abgelagerten Stoffe und das damit verbundene geringe Gefährdungspotential bis auf wenige Ausnahmen ohne Beprobungen.

3. Wurden dabei Auffälligkeiten festgestellt?
Besondere Auffälligkeiten wurden dabei bisher nicht festgestellt.

4. Wenn ja, welche?
Siehe Antwort zu Frage 3.

5. Gibt es außer der Deponie „Lattenberg“ weitere alte oder noch im Betrieb befindliche Deponien, von denen Gefahren für Menschen und Umwelt ausgehen?
Bei der ehemaligen Deponie Lattenberg handelt es sich um eine Altablagerung, die dem Bodenschutzrecht und nicht mehr dem Deponierecht unterliegt. Der Rückbau der ehemaIigen Deponie erfolgt nur im Hinblick darauf, dass die Standsicherheit nicht zu 100 % gewährleistet werden kann. Es handelt sich somit um einen Sonderfall, der keine Auswirkungen auf die Betrachtung der übrigen Deponien im Kreisgebiet hat.

Die übrigen aktiven und ehemaligen Deponien werden vom FD 34 und vom Abfallentsorgungsbetrieb des Hochsauerlandkreises entsprechend der gesetzlichen Anforderungen überwacht. Auffälligkeiten oder Gefährdungen für Mensch und Natur sind mir dabei bisher nicht bekannt geworden.

6. Wenn ja, um welche Deponiestandorte handelt es sich?
Siehe Antwort zu Frage 5.“

Wenn es passiert, passiert`s. Wenn nicht, dann nicht. Hoffen wir das Beste!

Anfrage der Sauerländer Bürgerliste zu Altlasten: 6800 verdächtige Flächen im Hochsauerland. Der Kreis beantwortet nicht alle Fragen konkret.

Welche Flächen im HSK sind belastet? Keine konkrete Antwort (foto: zoom)
Welche Flächen im HSK sind belastet? Keine konkrete Antwort des HSK (foto: zoom)

Die Sauerländer Bürgerliste (SBL) stellte Anfang Oktober 2012 diese schriftliche Anfrage zum Stand der Sanierung belasteter Flächen an den Landrat (siehe auch hier im Blog):

  1. Wie viele Flächen im Hochsauerlandkreis sind nach aktuellen Erkenntnissen mit Altlasten kontaminiert und welche Größe haben diese Flächen insgesamt in etwa?
  2. Bei welchen 10 Flächen ist eine Sanierung am dringlichsten?
  3. Welche Maßnahmen und Vorstellungen gibt es seitens des HSK dieses Gefährdungspotential zu reduzieren?
  4. Wie viele belastete Flächen sind in den letzten 2 Jahren saniert worden?
  5. Wie groß war dafür der finanzielle Aufwand?

Nun liegt die Antwort der Organisationseinheit Abfallwirtschaft/Bodenschutz vor. Wir fassen kurz zusammen:

Antwort zu 1.:
Nach jetzigen Erkenntnissen 61 Altlasten – Die Größe der betroffen Flurstücke beträgt insgesamt rd. 66 ha – Bei weiteren ca. 6.800 Flächen besteht der Verdacht, dass es sich um eine Altlast handeln könnte (davon zwei Drittel Altablagerungen, ein Drittel Altstandorte) – Erfahrungsgemäß wird sich bei der großen Mehrheit dieser Flächen der Altlastenverdacht nicht bestätigen

Antwort zu 2.:
Die Beurteilung von Verdachtsflächen erfolgt nach einer Prioritätenliste (Nähe zu Wasserschutzgebieten, Kinderspielplätzen, etc.) – Die Verdachtsflächen werden systematisch abgearbeitet – Sanierungserfordernisse ergeben sich aber auch tagesaktuell (z.B. Ölunfall) – Hinweisen und Beschwerden aus der Bevölkerung wird umgehend nachgegangen

Antwort zu 3.:
Systematische Abarbeitung – Bei Bedarf Sanierung unter Beachtung der rechtlichen und technischen Vorgaben

Antwort zu 4.:
40 Sanierungsverfahren wurden begleitet bzw. selbst durchgeführt – Es sind noch nicht alle Verfahren abgeschlossen (z. B. PFT-Sanierung)

Antwort zu 5.:
170.000 Euro sind für 2012 im Haushalt des HSK für Sanierungs- und Untersuchungsmaßnahmen veranschlagt – 99.000 Euro Landeszuschüsse stehen dem gegenüber – 49.000 Euro sind zudem für Erfassung und Erstbewertung von Verdachtsflächen veranschlagt – Der Betrag reichte in den Vorjahren nicht, insbesondere wegen der Investitionen für die PFT-Behandlungsanlage in Brilon – Ein Großteil der Sanierungen wird von den Privaten durchgeführt (die als Verursacher oder als Grundstückseigentümer haften) – Daher kann der Gesamtaufwand nicht ermittelt werden – Größere Sanierungsmaßnahmen verursachen oft mehrere 100.000 Euro Aufwand

Das Thema „Altlasten“ ist und bleibt heikel. Die SBL bedauert, dass  sie keine konkrete Antwort auf ihre konkrete Frage Nr. 2 erhalten hat.

Und zwar ist das die Frage nach den 10 Flächen, bei denen eine Sanierung am dringlichsten ist. Ob sie in Arnsberg, Marsberg, Schmallenberg, Winterberg oder in Pusemuckel sind, das wissen wir also immer noch nicht. Sie sind weiter „nebulös“.

Die Idylle ist trügerisch: vergiftete Flächen im Hochsauerland?

Die Idylle trügt. Viele Flächen im Hochsauerland sind kontaminiert. (foto: zoom)
Die Idylle trügt. Viele Flächen im Hochsauerland sind kontaminiert. (foto: zoom)

Aus allen Regionen Deutschlands berichten die Medien immer wieder über die zahlreichen mit Altlasten vergifteten Flächen und deren Sanierung. Auch im Hochsauerlandkreis befassen sich Behörden und manche Lokalpolitiker schon seit geraumer Zeit mit diesem Problem.

Die Sauerländer Bürgerliste (SBL) hat in den letzten Jahren mehrmals bei der Kreisverwaltung nachgefragt, wie es mit der Überprüfung der möglicherweise kontaminierten Flächen, wie alten Deponien und Industriegeländen, weiter geht und welche Maßnahmen gegebenenfalls ergriffen worden sind.

Im Februar 2012 teilte die Kreisverwaltung aufgrund einer Anfrage der SBL mit, dass in den letzen zwei Jahren keine Altdeponien überprüft worden sind. Im Jahr 2009 wurden laut Verwaltung noch 130 Altstandorte und Altablagerungen „betrachtet“, davon 10 ehemalige Deponien.

265 alte Deponien gibt es im Sauerland. Davon wurden bisher nur eine Handvoll beprobt, obwohl es zu einer Vielzahl von Problemen bei den Altstandorten mit Altlasten, Sickerwasser und vielem mehr kommen kann.

Ein Mitarbeiter der Kreisverwaltung stellte dazu Anfang dieses Jahres fest: „Die bisherigen Untersuchungsergebnisse der Altdeponien waren jeweils unauffällig und besitzen keine hohe Priorität.“

Klar, die Sanierung der diversen Flächen ist teuer. Stellt sich aber die Frage, ob da nicht am falschen Ende gespart wird. Alle wissen, vergiftetes Wasser, vergiftete Böden können eine Gefahr für die Umwelt und damit auch für unsere Gesundheit sein.

Die Sauerländer Bürgerliste schickte Anfang Oktober 2012 eine weitere Anfrage zum Thema „Flächen mit Altlasten“ an den Landrat. Hier die Fragen:

1. Wie viele Flächen im Hochsauerlandkreis sind nach aktuellen Erkenntnissen mit Altlasten kontaminiert und welche Größe haben diese Flächen insgesamt in etwa?
2. Bei welchen 10 Flächen ist eine Sanierung am dringlichsten?
3. Welche Maßnahmen und Vorstellungen gibt es seitens des HSK dieses Gefährdungspotential zu reduzieren?
4. Wie viele belastete Flächen sind in den letzten 2 Jahren saniert worden?
5. Wie groß war dafür der finanzielle Aufwand?