Die taz und das Sauerland: Was darf die Satire? Alles … nur nicht schlecht sein …

Stöckchen aus dem Sauerland
Stöckchen aus dem Sauerland zur gefälligen Auswahl. (archiv: zoom)

Der heutige Aufreger im Sauerland ist der taz-Artikel von Maik Söhler: „Wo die Katholiban hausen. Zwei Flugzeuge sind zusammengekracht, zwei Menschen gestorben. Das ist bitter. Dafür kann das Sauerland nichts. Es ist trotzdem ein Hort des Grauens.“

Der Artikel entpuppt sich als gefällige Kultur-Satire über das Sauerland:

„Katholiban“ – Wortspiel, darf er machen, der Maik Söhler.

„Saufen, prügeln, Freiwillige Feuerwehr – fertig ist das Sauerländer Kulturprogramm an 365 Tagen im Jahr.“ – Warum nicht?

1919 fragte Kurt Tucholsky: „Übertreibt die Satire?“ und er antwortete sogleich: „Die Satire muß übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird, und sie kann gar nicht anders arbeiten als nach dem Bibelwort: Es leiden die Gerechten mit den Ungerechten“.

Das bisschen Wahrheit, das Maik Söhler im Sauerland wohl fand, hat er gewaltig aufgeblasen – streckenweise lustig.

Was darf Satire? Alles … nur dumm und dämlich darf sie nicht sein.

Leider ist der Artikel von Maik Söhler dumm und dämlich, alldieweil er die übel missglückte und für zwei Menschen tödliche Übung der Bundeswehr als Aufhänger missbraucht.

Maik Söhler kennt ein paar schlechte Witze und er hat sie irgendwie noch nicht an den Mann oder die Frau bringen können.

Gestern starben zwei Menschen in Elpe und der taz-ler kann das Wasser nicht halten.

„Warum sind unsere Witzblätter, unsere Lustspiele, unsere Komödien und unsere Filme so mager?“, fragt Ignaz Wrobel aka Kurt Tucholsky. „Weil keiner wagt, dem dicken Kraken an den Leib zu gehen, der das ganze Land bedrückt und dahockt: fett, faul und lebenstötend.“

Lieber Maik Söhler, der dicke Krake ist in diesem Falle nicht der Sauerländer, sondern die Bundeswehr, die über dem „menschenleeren Hochsauerland“ Terrorismus-Abwehr übt.

Nicht bemerkt? Schade! Thema verfehlt, Satire verspielt.

14 Gedanken zu „Die taz und das Sauerland: Was darf die Satire? Alles … nur nicht schlecht sein …“

  1. Maik Söhler hat schlecht recherchiert.
    Über Ortsbezeichnungen wie „Faule Butter“ und „Mosebolle“ hätte sich auch noch wohlfeil sudeln lassen.
    Dumm schwätzen ist simpel – Satire ist Königsdisziplin …

  2. Volle Zustimmung! Euer schönes Sauerland mal niedermachen – immer gern. Aber dies als Beitrag zu diesem Unfall zu nehmen – eine Ungezogenheit. Nicht nur, dass zwei Menschen ums Leben gekommen sind. Gerade von der taz hätte man erwarten können zu hinterfragen, warum solche Übungen über „unbewohntem Gebiet“ (O-Ton Bundeswehr) durchgeführt werden, das mit Glück direkt hinterm Gartenzaun begonnen hat. Stattdessen bewältigt der Autor ein Jugendtrauma, das man sich im übrigen auch andernorts zuziehen kann.

  3. Hofberichterstattung der Westfalenpost:

    „Das Flugzeugunglück in Elpe hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg quasi vor Ort miterlebt. Denn am Montag, als der Learjet bei einem Luftwaffenmanöver verunglückte, war er in Brilon bei der Schnad.“
    http://www.derwesten.de/wp/staedte/nachrichten-aus-brilon-marsberg-und-olsberg/suedwestfalens-politiker-verteidigen-manoever-mit-kampfjets-id9518916.html

    Brilon liegt 21 km von Elpe entfernt und im Gegensatz zu Elpe gehört Brilon NICHT zum Tiefflugkorridor, den Herr Sensburg auf keinen Fall in Frage gestellt wissen möchte. Herr Sensburg sitzt also an seinem Wohnort im Trockenen, während er andere den Gefahren des Tiefflugkorridors aussetzen will. Von wegen „vor Ort“.

  4. @Johanna
    Das eigentliche Problem sind nicht Sensburg samt seiner Phrasendrescherei. Der Mann wird demokratisch gewählt, aber von den heimischen Medien nicht kontrolliert.

    Im übrigen gilt die Sauerländer Induktion:

    Für jede n-blödsinnige Äußerung unseres heimischen CDU-Abgeordneten, findet sich stets ein Sauerländer, der sich n+1-blödsinnig äußert.

  5. @Johanna

    Herr Sensburg perfektioniert halt den Begriff Opportunismus.

    Wäre er ein Vertreter für Landmaschinen, hätte er garantiert kein Problem einem Kleinbauern ne elektrische Melkmaschine zu verkaufen und dafür dessen letzte Kuh in Zahlung zu nehmen.
    Hauptsache, „ich kann nach oben glänzen“ als Prinzip.

  6. Ein paar Gedanken zum Thema Katholiban. Natürlich ist es ein „besonderer“ Journalismus wenn ein Flugzeugabsturz mit Toten zu einer Abrechnung mit dem Sauerland genutzt wird.
    Über die Qualität der hier vor Ort vertretenden Zeitung wird ja ausgiebig diskutiert und hier die „Schlagzeilen“ von zwei Tagen WP im Regionalteil:
    1. Wichtige Impulse aus dem Kirchenkreis
    2. Gemütliches Pfarrfest
    3. Gottesdienst im Freien
    4. Glaube als Firmvorbereitung
    5. Fastenbrechen im Rathaus

    Tag 2:

    1. Inspirierende Texte und Klänge
    2. Spirituelle Musik
    3. Kapelle errichtet
    4. KiBiWo (Kinder Bibel Woche)
    5. Einladung zum New Ground Gottesdienst
    6. Einladung ins Stadion Gottes
    7. Offene Meditation

    Schützenfestnachrichten waren nicht im Angebot, da die Auswahl der Nachrichten nicht an einem Montag begonnen hat.

    Hofberichterstattung oder doch Katholiban? Wie sehen die Nachrichten im Münsterland oder in Bayern aus?

  7. @Der Steiger

    Das ist ja alles richtig und bei Gelegenheit sollten wir uns diesem Teil der Sauerländischen Wirklichkeit widmen.

    Es ist nun allerdings etwas passiert, was ich in den letzten beiden Absätzen meines Artikels schon angedeutet hatte:

    Alle reden von der taz, niemand vom Unglück über Elpe.

    Alle regen sich über einen Journalisten in Berlin auf, niemand mehr über die Verantwortung und Äußerungen unserer (heimischen) Politiker.

    Wäre ich Spin-Doktor in Berlin, ich hätte genau diesen Artikel in Auftrag gegeben:

    Alle gewinnen, nur nicht die Elper.

    1. Die taz bekommt Klicks

    2. Das Unglück ist aus der Schusslinie

    3. Es kann „der Sauerländer“ konstruiert werden, der nun gegen den „äußeren Feind“ mobilisiert wird.

    4. Die Sauerländer Politiker sind aus der Schusslinie

  8. @zoom – @steiger – so sehe ich das auch. Die Kritik an der Lokalberichterstattung in der WP ist ja umfänglich, bekannt und nimmerendend, wie es scheint. Aber deshalb nicht endend, weil die Verantwortlichen der WP selbst nichts verändern. Deswegen lesen wir (fast) alle gerne andere Zeitungen (Spiegel, SZ, die Zeit , taz) und auch sie werden kritisiert. Mit dem Unglück über Elpe ist es so wie beschrieben. Es war nur eine Frage der Zeit, dass dies passieren musste und auch für die Zukunft ist so etwas nicht ausgeschlossen.
    Das Militär gibt sich gern geheim, die Lokapolitiker trauen sich nicht so und Terror-Abwehr kann gemeinhin für so manches herhalten.
    Wo es doch schon mal so eine „Sauerländer Zelle“ gab… Wer weiß, was man beim rasnaten Überfliegen hier noch so alles entdecken kann.
    Und manchmal @zoom wünschte ich, Sie wären Spin-Doktor in Berlin oder auch in winterberg 🙂

  9. Anwohner berichteten von teilweise extrem niedrigen Flügen von Bundeswehrjets oder Hubschraubern über ihre Orte. Die Tieffluggrenze von 300m wurde nach Angaben der Beobachter z.T. deutlich unterschritten. Da nur geschätzt, sind diese Angaben mit einer gewissen Versicht zu betrachten.

    Sicher ist hingegen, dass Windräder und Tiefflugzonen sich nicht sehr gut vertragen. Windräder sind bis zu 200m hoch und bereits im vergangenen Jahr berichtete die Zeitschrift WiWo, dass die Bundeswehr ihre Tiefflughöhe bei Nachtflügen wegen der Windräder nach oben anpassen musste.

    http://www.wiwo.de/technologie/umwelt/tieffluege-stromschlaege-kuriose-folgen-der-energiewende/6661338.html?slp=false&p=2&a=false#image

    Wenn also unser Bundestagsabgeordneter Sensburg uns in einen Tiefflugkorridor verbannt, so könnten Windräder uns zu ein bisschen mehr Sicherheit verhelfen. Dinge gibts, die gibts gar nicht.

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