Will der NSA-Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg die ausgepähten Bürger nur hinhalten?

Wolke
Patrick Sensburgs jüngster Tweet vom 24. Mai 2014 zu den wichtigen Dingen rund um den NSA-Ausschuss.

Die Welt ist kompliziert und widersprüchlich. Das wird spätestens bei der Beschäftigung mit der Arbeit des NSA-Ausschusses klar.

Der Stern veröffentlichte am 27. Mai 2014 ein ausführliches Interview mit Edward Snowden, welches auf einem wochenlangen Mailaustausch basiert. Snowden erklärt, er sei „persönlich mit der Kommunikation aus Deutschland befasst“ gewesen und Snowden spricht von einer Verletzung verfassungsmäßiger Rechte jedes Bürgers. Entsprechend titelte der Stern „Ich weiß, wann Sie ins Bett gegangen sind – und mit wem.“

Er, Snowden, habe mit Systemen bei der NSA gearbeitet, welche die deutsche Kommunikation „in großem Maßstab“ abfingen und er könne erklären, wie diese Systeme funktionieren.

Snowden drückt im Stern-Interview seine Zweifel aus, ob Bundestagsabgeordnete tatsächlich der Meinung seien, er habe keine neuen Informationen. Vielmehr vermute er, dass Teile der Bundesregierung bestimmte Informationen geheim halten wollen, da es eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen BND und NSA gegeben habe.

„Offenbar werden weiterhin Fakten verheimlicht, die in der Öffentlichkeit Empörung hervorrufen würden“, so Snowden.

Der NSA-Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg  gab eine kurze Stellungnahme ab. Die ZEIT zitiert ihn mit folgenden Worten:

„Nach den mir vorliegenden Erkenntnissen war Edward Snowden nie speziell mit der massenhaften Ausspähung deutscher Bürger in Deutschland befasst.“ – „Über das, was bereits seit Langem im Internet zu finden ist, hinaus, hat Snowden bis zum heutigen Tage nichts geliefert“, sagte Sensburg.

Außerdem wolle Sensburg, so die ZEIT, von Snowden Beweise in Form von Originaldokumenten erhalten, andernfalls verliere Snowden „jedwede Glaubwürdigkeit für den Untersuchungsausschuss“, so der CDU-Politiker sinngemäß.

Ein interessanter Widerspruch, den der NSA-Ausschussvorsitzende wohl am besten durch ein Gespräch mit dem Whistleblower Edward Snowden ausräumen könnte. Einziges Problem: Herr Sensburg scheint keinen Widerspruch zu sehen, denn er meint, dass Herr Snowden nichts wisse und keine weiteren Materialien habe.

Somit liegt es zumindest nahe, dass unsere Regierung wichtige und brisante Informationen vor uns geheimhalten will, die die Zusammenarbeit von NSA und BND betreffen könnten.

18 Gedanken zu „Will der NSA-Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg die ausgepähten Bürger nur hinhalten?“

  1. @zoom

    Deine Einschätzung Snowdens wird auch von Brian Williams von NBC geteilt: „He is blindingly smart. Pay no attention to the fact that he only has a G.E.D. from high school.” (NYT)

    Snowden im Interview darüber, was ihn besonders erschüttert habe: „People at NSA, analysts, can actually watch people’s internet communications, watch them draft correspondence, and actually watch their thoughts for them as they type.“ (min.15)

  2. NSA-Ausschuss-Vorsitzender Sensburg:
    “Es gibt derzeit keine Originaldokumente von Herrn Snowden.”

    Darüber hätte ich mich auch gewundert, wenn die Originaldokumente von Herrn Snowden stammen und nicht von NSA usw..

    Wann genau sind Daten eigentlich noch Originaldokumente?

  3. Naive Frage: Kennt Edward Snowden eigentlich Patrick Sensburg und weiss er, was Herr Sensburg macht und meint ?
    Edward Snowden hat sich, sicher mit Bedacht einen Journalisten ausgesucht und war interessanterweise an der richtigen Stelle. Glenn Greenwald saß im brasilainischen Dschungel als er die erste Mail von Snowden bekam… Da glaubte er noch, er wäre ein Spinner, wie so viele. Es sollte anders kommen. Und Greenwald wird die nächsten Dokumente von Snowden veröffentlichen. Derweil wird Herr Sensburg weiterhin in Berlin auf die Ankunft einer Brieftaube aus Moskau mit „Originaldokumenten“ warten…

  4. @gp

    Danke für den Link. Herr Sensburg wirkt ein wenig dünnhäutig, sehe ich das falsch? Gleichzeitig wiederholt er die üblichen Phrasen. Neu: „Katz- und Igelspiel“ und außerdem fragen die Journalisten endlich genauer nach.
    „Wen können wir habhaft machen?“, ist das Juristendeutsch, Nebelbombe, archaisches oder falsches Deutsch?

  5. Snowden behauptet im Interview, dass er keine Unterlagen mehr habe. Sensburg will erst einmal Unterlagen von Snowden . Catch22!

    Ein schwaches Interview, in dem Sensburg aus seinem Sprachbaukasten auch mal grammatikalisch falsche Sätze zusammenschraubt.

  6. @Johanna

    „Herr Sensburg wirkt ein wenig dünnhäutig, sehe ich das falsch?“

    Ahnungslosigkeit lässt sich bis zu einem gewissen Grad mit Geschwurbel kaschieren. Wenn dann alle Phrasen gedroschen sind – man quasi „erwischt“ wurde – greift oftmals Dünnhäutigkeit als Verteidigungsstrategie.

    Mir kommt gerade sinngemäß Dieter Hildebrandt aufs Radar: „Gemeinhin gilt, der Mensch stamme vom Affen ab – in einigen Fällen anscheinend jedoch von der Duckmaus.“

  7. 30.05.14 – 23.23 Uhr:
    Soeben läuft bei PHOENIX/Der Tag ein Interview mit Patrick Sensburg … – puuuuuh

  8. @zoom

    „Habe den Fernseher schon aus. Berichtest Du?“

    Es gibt inhaltlich nichts zu berichten, weil Murmeltier-Prosa ala Sensburg.
    So langsam wird’s mehr als peinlich …

  9. Titel, Thesen, Temperamente vom 30.06.2014
    Bericht über den Dokumentarfilm „Rumsfeld – der unbekannte Bekannte“ von Errol Morris
    http://mediathek.daserste.de/sendungen_a-z/431902_ttt-titel-thesen-temperamente/22130378_rumsfeld-der-unbekannte-bekannte

    Zitat Erroll Morris (ab Minute 2.44):

    Rumsfeld ist für mich das verstörendste Interview, das ich jemals geführt habe. Er glaubt, er muss niemandem etwas erklären. Es sind nicht nur die Plattitüden, die er einem serviert. Da ist ein verbales Nichts, das ich so niemals bei jemand anderem erlebt habe. Womöglich sollte man ihm zu seiner Leere gratulieren.“

    Nun ja, Erroll Morris sprach noch nicht mit Patrick Sensburg. Mit Blick auf die im gesamten Beitrag gemachten Einschätzungen zu den Äußerungen des Protagonisten, scheinen Rumsfeld und Sensburg „methodisch“ Brüder im Geiste zu sein.

    Der Film kommt am 03.07.2014 in die Kinos.

  10. Und immer wieder Patrick Peinlich …

    Sitzung des NSA-UA vom 03.07.2014:
    http://www.cicero.de/berliner-republik/ausschuss-posse-organisiert-die-nsa-grillabende/57880

    (…)Und die nutzte während der mehr als fünfstündigen Befragung Binneys vor allem einer: Patrick Sensburg. Fast eine halbe Stunde lang stellt der CDU-Politiker ziellose Fragen, die er im Vorfeld des Ausschusses mit ein bisschen googeln selbst hätte beantworten können. Etwa zum Lebenslauf des Ex-NSA-Technikchefs. „Wie verlief Ihre schulische Ausbildung?“ „Wann erhielten Sie Ihren Bachelorabschluss?“ Als Binney beschrieb, wie er dem Geheimdienst beitrat, bemerkte Sensburg: „Da hatte IBM noch nicht den XT auf den Markt gebracht, oder?“ Sensburg schaute amüsiert nach rechts und links im Ausschuss, doch als niemand, auch nicht der Zeuge, reagierte, wiederholte er seinen Satz – „und auch Apple noch nicht das iPhone“. Binney, höchst geduldig: „Korrekt“.(…)

    (…)Denn streckenweise glich Sensburgs Befragung einer Comedy. Der CDU-Mann wollte von Binney wissen: „Macht die NSA Grillabende für Familienangehörige?“ Obwohl dieser anfangs erklärt hatte, dass er 2001 die Agentur verlassen hatte, erkundigte sich der Ausschussvorsitzende dennoch, ob er Edward Snowden aus dem aktiven Dienst kenne.(…)

    1. @gp
      Hier hat sich jemand die Mühe gemacht, zu protokollieren, denn: „Keine Ton-, Bild- und Bandaufnahmen. Sind nicht nur nicht zulässig, sondern können auch strafrechtlich verfolgt werden“ …

      Also hier kann man insbesondere den Unfug von Sensburg nachlesen:

      https://netzpolitik.org/2014/live-blog-4-anhoerung-im-nsa-untersuchungsausschuss/

      Man kann das von Dir im Kommentar eingeführte Zitat von Errol Morris nicht oft genug lesen und es sich auf der Zunge zergehen lassen:

      Rumsfeld ist für mich das verstörendste Interview, das ich jemals geführt habe. Er glaubt, er muss niemandem etwas erklären. Es sind nicht nur die Plattitüden, die er einem serviert. Da ist ein verbales Nichts, das ich so niemals bei jemand anderem erlebt habe. Womöglich sollte man ihm zu seiner Leere gratulieren.”

  11. @zoom:

    Protokoll auf netzpolitik.org in Intervallen mit steigender Fassungslosigkeit verfolgt. Der Job ist mit Geld nicht zu bezahlen!
    Fand „Cicero“-Zusammenfassung gelungen, daher der Link darauf …

    Morris/Rumsfeld-Zitat ausgedruckt und an Wand über Schreibtisch genagelt.
    Quasi ne persönliche „Rede möglichst wenig Sch…“- Firewall

    1. @gp
      Netzpolitik und Cicero bringen es auf den Punkt. Daher sind sie auch sofort in die Umleitung gewandert.

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