Stellungnahmen und Rückmeldungen zum neuen Nellius-Gutachten vom 27. Januar 2014

nelliuswordlePeter Bürger, gemeinsam mit Werner Neuhaus Verfasser des Nellius-Gutachtens, hat folgende Rückmeldungen zu der wissenschaftlichen Studie „Georg Nellius (1891-1952), Völkisches und nationalsozialistisches Kulturschaffen, antisemitische Musikpolitik, Entnazifizierung“ vom 27. Januar 2014 erhalten (siehe auch hier im Blog).

Mit Erlaubnis des Autors veröffentlichen wir nachfolgend diese Rückmeldungen:

Stellungnahmen und Rückmeldungen zum neuen Nellius-Gutachten vom 27.1.2014

Das Christine Koch-Mundartarchiv (www.sauerlandmundart.de) hat das nun vorliegende neue Nellius-Gutachten vor seiner Drucklegung Wissenschaftlern und Aktiven aus der Heimatbewegung vorgelegt. Bislang sind bis zum 29.01.2014 folgende Stellungnahmen und Voten bei uns eingegangen:

Roswitha Kirsch-Stracke, Vorsitzende des Kreisheimatbundes Olpe:
„Straßenumbenennungen sind in lebendigen, selbstkritischen Kommunen normale Vorgänge. In zahlreichen Städten und Gemeinden Deutschlands finden sie statt, wenn Tatsachen offenkundig werden, die eine Ehrung der Namensgeber nach neuerlicher Prüfung nicht mehr rechtfertigen. Solche Umbenennungen zeigen Lernfähigkeit und angenommene Verantwortung für das Erinnern an die (deutsche) Geschichte.

Der Rat der Stadt Sundern hat im letzten Jahr einstimmig beschlossen, die Nelliusstraße umzubenennen. Dass die Bürgerinitiative „Nelliusstraße bleibt Nelliusstraße“ diesen Beschluss nun rückgängig machen will, ist nicht nachzuvollziehen, wenn man sich mit den jüngsten Erkenntnissen zur Person Georg Nellius befasst: Die aktuellen, umfassenden Forschungen von Peter Bürger und Werner Neuhaus, die in Zusammenarbeit mit Michael Gosmann vom Stadtarchiv Arnsberg durchgeführt wurden und jetzt für jedermann einsehbar vorliegen, ergeben ein erschreckendes Bild des Sauerländers Georg Nellius. Insbesondere seine als Kulturfunktionär der NS-Zeit verfolgte rassistische Judenfeindschaft wird anhand von bislang unbekannten Originalquellen belegt. Ich bin sicher, dass durch die neue Veröffentlichung auch die Bürgerinitiative „Nelliusstraße bleibt Nelliusstraße“ zu dem Schluss kommen wird, dass ein Straßenschild mit dem Namen eines Antisemiten und frühen Anhängers von Hitler absolut nichts mit Heimatliebe zu tun hat und untragbar ist.“

Prof. Dr. Robert Jütte, Stuttgart:
„Wie ich erfahren habe, soll in Sundern die Umbenennung der Nellius-Straße durch eine Bürgerinitiative verhindert werden. Als ehemaliger Vorsitzender und jetziges Beiratsmitglied der Gesellschaft zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland, aber auch als geborener Sauerländer kann ich nicht verstehen, dass es dort noch eine Straße gibt, die nach einem als Antisemit eindeutig hervorgetretenen Musikpolitiker benannt ist. Ich appelliere an den Gemeinderat, für die Umbenennung der Nellius-Straße zu stimmen.“

Prof. Hubertus Halbfas (Mitglied im Sauerländer Heimatbund):
„Im Rahmen der aktuellen Straßennamendebatte haben Peter Bürger und Werner Neuhaus in Zusammenarbeit mit Michael Gosmann vom Stadtarchiv Arnsberg das nationalsozialistische Kulturschaffen von Georg Nellius minutiös untersucht. Die vorgelegte Forschungsarbeit bestätigt ein erschreckendes Bild antisemitischer Kulturpolitik. Dies ist der geistige Hintergrund, aus dem heraus die massenmörderische Judenverfolgung und Judenvernichtung des NS-Staates möglich wurde. Die Bürgerinitiative „Nelliusstraße bleibt Nelliusstraße“ sollte gerade angesichts der neuen Forschungserkenntnisse den Hinweis von Heinrich Lübke bedenken, „dass Menschlichkeit aus der Verantwortung für die Vergangenheit erwächst. Deshalb erweist uns keiner von denen einen Dienst, die unserem Volk zureden, es müsse nun endlich einmal Schluss gemacht werden mit dieser Schattenbeschwörung aus den Tagen einer furchtbaren Vergangenheit. Nicht wir beschwören die Schatten, die Schatten beschwören uns, und es liegt nicht in unserer Macht, uns ihrem Bann zu entziehen“.“

Prof. Dr. Dr. Reinhard Hesse, Warstein:
„Ich kann mir nicht gut vorstellen, dass die nunmehr zu Nellius vorliegenden Dokumente die Initiatoren der Bürgerinitiative nicht dazu veranlassen werden, von ihrem Anliegen Abstand zu nehmen und der Stadt Sundern somit die Ausrichtung eines teuren Bürgerbegehrens zu ersparen.“

Frau Prof. Dr. Anat Feinberg (Honorarprofessorin an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg):
„Mit Betroffenheit habe ich erfahren, dass in Sundern die Umbenennung der Nellius-Straße durch eine Bürgerinitiative verhindert werden soll. Als jemand, der ein Buch über die Rückkehr jüdischer Musiker in das Nachkriegsdeutschland geschrieben hat und zur Zeit an einem Buch über die Remigration jüdischer Kunstschaffender nach 1945 schreibt, bin ich entsetzt, dass es im Sauerland, das ich aus zahlreichen Besuchen kenne, noch eine Straße gibt, die nach einem bekennenden antisemitischen Musikpolitiker benannt ist. Als jemand, der als kulturelle Vermittlerin zwischen Israel und Deutschland für sein langjähriges Engagement zugunsten der israelischen Kultur und der deutsch-israelischen Beziehungen vom Bundespräsidenten das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen, appelliere ich an die zuständigen politischen Gremien, diesen Schandfleck rasch zu beseitigen und umgehend den Weg für eine Umbenennung der Nellius-Straße frei zu machen.“

Der Historiker Dr. Ulrich F. Opfermann (Aktives Museum Südwestfalen Siegen, Rom e.V. Köln) schreibt dem Autorenteam:
„Ihnen […] ist mit Ihrem akribischen Nellius-Gutachten ein wertvoller Beitrag zur aktuellen Benennungsdiskussion gelungen, mit Bedeutung über den in Rede stehenden Ort hinaus. Man kann nur hoffen, dass ein sachliches Wort wie dieses noch durchdringt. Ich sage Ihnen das als ein, wie Sie wissen, langjähriger landschaftlicher Nachbar aus dem Siegerland, der manchen Beitrag schrieb. Auch nach meinem Umzug bewegt mich weiterhin die Regionalgeschichte. Das schließt den Blick übers Kölsche Heck selbstverständlich mit ein. Also, noch einmal: ein herzliches Dankeschön für die gute, beispielgebende Arbeit.“

Prof. Dr. Volker Honemann (Münster und Berlin) teilt den Autoren mit:
„Ihnen […] sei sehr herzlich für Ihre mühevolle Forschungsarbeit in Sachen Georg Nellius gedankt. Daß deren Ergebnisse Nellius nun in noch schlimmerem Lichte erscheinen lassen, als man vorher wußte, zeigt, wie nötig es ist, unsere Dritte Reichs-Vergangenheit auch >vor Ort< weiterhin so nüchtern und gründlich aufzuarbeiten, wie Sie es getan haben, und wie ich es vor kurzem für die Germanistik der Westfälischen Wilhelms Universität Münster versucht habe. Tun wir dies nicht, dann wird uns diese Vergangenheit immer von neuem heimsuchen. Es ist sehr zu hoffen, daß die Sunderner Bürgerinitiative sich durch Ihre umfassende, strikt wissenschaftliche Dokumentation überzeugen läßt, daß Georg Nellius keine Ehrung durch einen Straßennamen gebührt.“

Prof. Dr. Josef Wiesehöfer (Universität Kiel) lässt uns in knapper Form wissen:
„Herzlichen Dank für diese überaus wichtige und überfällige Darstellung.“